Alfred Flechtheim (Wohnhaus)

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Alfred Flechtheim, Porträt von Jacob Hilsdorf

Alfred Flechtheim (* 1. April 1878 in Münster, Westfalen; † 9. März 1937 in London) war ein deutscher Kunsthändler, Kunstsammler, Publizist und Verleger.


Alfred Flechtheim entstammte einer in Westfalen verwurzelten jüdischen Kaufmannsfamilie; er wurde 1878 in Münster als Sohn des Getreidegroßhändlers und Besitzers des Flechtheimspeichers Emil Flechtheim (1850-1933) und dessen Ehefrau Emma Flechtheim, geb. Heymann (1856-1935), geboren und absolvierte zunächst eine Kaufmannslehre in Paris. Volontariate in London, Liverpool und Odessa folgten, und im Jahre 1902 wurde er Teilhaber des väterlichen Unternehmens, welches seit 1895 seinen Hauptsitz in Düsseldorf hatte. 1910 heiratete er die vermögende Dortmunder Kaufmannstochter Betti Goldschmidt (1881-1941). Die Ehe blieb kinderlos, beider Erbe wurde der 1933 nach England emigrierte Neffe Heinz Alfred Hulisch (1910-1992).

Bereits kurz nach der Jahrhundertwende trat Flechtheim erstmals öffentlich als Kunstliebhaber und -sammler in Erscheinung; anlässlich einer 1906 in Düsseldorf veranstalteten Ausstellung von Werken aus Privatbesitz zur Düsseldorfer Malerschule wurden unter anderem auch Werke aus der Sammlung Flechtheim gezeigt. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg besaß Flechtheim Werke unter anderen von Vincent van Gogh und Paul Cézanne, kaufte zeitgenössische Kunst, allen voran die französische Avantgarde, darunter wichtige Frühwerke von Pablo Picasso, Georges Braque und Andre Derain, und stand in Verbindung sowohl mit den Mitgliedern des Blauen Reiters (Wassily Kandinsky, Maurice de Vlaminck, Alexej Jawlensky, Gabriele Münter und andere) als auch mit den Rheinischen Expressionisten (unter anderen Heinrich Campendonk, August Macke, Heinrich Nauen, Paul Adolf Seehaus sowie den Künstlern der Brücke. 1909 wurde Flechtheim Mitbegründer und Schatzmeister des Düsseldorfer Sonderbundes und war maßgeblich an der Organisation und Umsetzung der Kölner Sonderbund-Ausstellung von 1912 beteiligt. 1913 eröffnete er in der Düsseldorfer Königsallee seine eigene Galerie; Dependancen an der Galeriemeile Lützowufer in Berlin, in Frankfurt, Köln und Wien (Galerie Würthle) folgten. Als ehemaliger aktiver Kavallerieoffizier im besetzten Rheinland durch ein Missverständnis auf eine Fahndungsliste geraten, siedelte Flechtheim 1921 nach Berlin über, wo er, neben seiner umfassenden Ausstellungstätigkeit die Kunstzeitschriften Der Querschnitt (1921) und Omnibus (1931) gründete, sich publizistisch betätigte und gesellschaftlich repräsentierte. Seine Soiréen, Ausstellungseröffnungen und Bälle im Berlin der Zwanziger Jahre waren legendär und galten als gesellschaftliche Ereignisse.

Wie der deutsche Kunsthandel insgesamt durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 1929 bereits finanziell angeschlagen, führten jedoch insbesondere die gegen ihn als einen der prominentesten Verfechter der kurz darauf als „entartet“ und „verfemt“ denunzierten Kunst gerichteten politisch und rassistisch motivierten öffentlichen Anfeindungen und Verunglimpfungen seiner Person durch den aufkommenden Nationalsozialismus ab dem Jahre 1930 zu Flechtheims wirtschaftlichem Niedergang. Nachdem seine letzten Ausstellungen (Sammlung Paul Multhaupt) und Versteigerungen in Düsseldorf im März 1933 von NSDAP-Anhängern gestört und zum Abbruch gebracht worden waren, Hetzartikel gegen ihn in der nationalsozialistischen Presse erschienen waren und nachdem Flechtheims langjähriger Mitarbeiter und Geschäftsführer, „Stahlhelmer“, SA- und NSDAP-Mitglied Alex Vömel im selben Monat die Düsseldorfer Galerieniederlassung übernommen („arisiert“) hatte, flüchtete Flechtheim bereits Ende Mai 1933 über die Schweiz zunächst nach Paris, später, 1934, nach London.

Sein bis Anfang 1937 noch fortbestehendes Kunsthandlungsunternehmen wurde, um den drohenden Konkurs abzuwenden, ab Ende 1933 liquidiert, der galerieeigene Bestand an Kunstwerken dabei unter Wert verkauft, Kommissionsware „verschleudert“, und auch Flechtheims private Sammlung, die er zum Teil ins Ausland schaffen konnte, wurde aufgrund von Flucht, Emigration und wirtschaftlicher Not bis zu seinem Tod weitestgehend aufgelöst, gelangte unter ungeklärten Umständen in fremden Besitz oder wurde nach dem Suizid von Flechtheims Witwe Betti am 15. November 1941 in Berlin von der Gestapo beschlagnahmt. Nach gescheiterten Versuchen, im Exil als Kunsthändler nochmals Fuß zu fassen, starb Alfred Flechtheim an den Folgen einer krankheitsbedingten Notoperation am 9. März 1937 in London.

In der Düsseldorfer NS-Propaganda Ausstellung „Entartete Kunst“ wurde 1938 posthum ein großes Foto von Flechtheim gezeigt, das ihn und die von ihm vertretene Kunst mit dem Kommentar „Der Jude, der Großmanager dieser Kunst“ diffamierte. Weitere posthume Diffamierungen folgten, so durch Wolfgang Willrich mit dessen Publikation: „Säuberung des Kunsttempels. Eine kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste norddeutscher Art“ (1937).

In seiner Geburtsstadt Münster wurde ihm der Alfred-Flechtheim-Platz nahe der Lambertikirche gewidmet.


Adresse: Bleibtreustraße 15 (Berlin-Charlottenburg)



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Jacob Hilsdorf

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