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Alte Nikolaikirche

Ansichtskarte der Nikolaikirche

Die spätgotische Alte Nikolaikirche ist eine evangelische Kirche in der Altstadt von Frankfurt am Main. Ihr Namenspatron ist der Heilige Nikolaus, der Schutzheiligen der Fischer. Sie liegt nahe dem Main am Römerberg und ist als Teil eines charakteristischen Ensembles auch über Frankfurt hinaus bekannt. Der Mitte des 12. Jahrhunderts als Hofkapelle begründete Bau stammt in seiner heutigen Erscheinung aus dem 15. Jahrhundert und wird als eine der acht Dotationskirchen Frankfurts seit 1949 als Gotteshaus von der Evangelischen Paulsgemeinde genutzt.


Die staufische Eigenkirche und ihre Rechtsstellung (Mitte 12. Jahrhundert bis 1264)

Im Gegensatz zu den meisten anderen mittelalterlichen Kirchen in Frankfurt am Main, von denen Entstehungszeit, Gründer, Gründungsmotiv und Zweckbestimmung dokumentiert oder zumindest glaubwürdig überliefert sind, stellt sich die Quellenlage im Falle der Alten Nikolaikirche für die Frühzeit äußerst dürftig dar. Vielen älteren Geschichtswerken galt das Weihedatum des 28. Mai 1142 in den Annalen des Klosters Disibodenberg als die erste schriftliche Erwähnung der dem heiligen Nikolaus von Myra geweihten Kapelle. Schon 1853 konnte der Historiker und damalige Leiter des Frankfurter Stadtarchivs, Johann Friedrich Böhmer, dies als eine Falschauslegung entlarven, da die in den Annalen erwähnte „capella sancti Nycolai“ zweifelsfrei auf das Kloster Disibodenberg und nicht auf Frankfurt zu beziehen ist. Die bis heute bekannten geschichtlichen Quellen zeigen nun für weit über hundert Jahre keine weitere Nennung des Gebäudes auf.

Aufgrund der fehlenden Schriftzeugnisse suchte die Frankfurter Geschichtsforschung schon um die Wende zum 20. Jahrhundert in der geographischen Lage und der Nähe zum Saalhof – hinter dem man seit dem 16. Jahrhundert die karolingische Königspfalz Frankfurt vermutete – eine Erklärung für die Existenz des Sakralbaus. Man nahm an, dass er für die vermeintlich bereits vorhandene, kleine Kapelle des Saalhofs ein Ausweichquartier bei Hochwasser oder gar ein vollständiger Ersatz für die königlichen Beamten gewesen sei.

Grabungen von Heinrich Bingemer in den 1930er und Otto Stamm in den 1960er Jahren brachten allerdings zu Tage, dass der Saalhof eine rein staufische Königsburg des 12. Jahrhunderts war, und die Saalhofkapelle sogar erst um 1200 errichtet wurde. Die ältesten noch aufrecht stehenden bzw. sichtbaren Teile der Nikolaikirche stammen rein stilkritisch jedoch aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und somit für Frankfurt klar nachstaufischer Zeit. Otto Stamm vertrat daher noch 1979 die Auffassung, dass die Kapelle somit ohne Vorgängerbauten und einen Bezug zum Saalhof um 1270 in einem Zuge errichtet worden sei.

Erst archäologische Grabungen des Jahres 1989, die nach Bodenfunden bei umfassenden Renovierungsarbeiten veranlasst wurden, konnten die Baugeschichte endgültig erhellen. Sie förderten unter der heutigen Nikolaikirche die Fundamente einer Ost-West-orientierten Saalkirche mit abgeschnürten Rechteckchor zu Tage, die zumindest sicher in das 12. Jahrhundert datiert werden konnte. Da für eine Kapelle in der Nähe des Saalhofs in dieser Zeit der Klerus aus rechtlichen, das Bürgertum aufgrund seiner damals noch geringen Bedeutung jedoch kaum in Frage kommt, beantworteten die Funde über die Entstehungszeit hinaus auch die Frage nach dem Gründer, der letztlich nur der König selbst gewesen sein kann.

Demnach entstand die Nikolaikapelle zusammen mit dem Saalhof wohl in der Regierungszeit des ersten Stauferkaisers Konrad III., der zwischen 1140 und 1149 vier Fürstenversammlungen nach Frankfurt einberief. Als Hofkapelle war sie Standort von geschichtlich bedeutenden Ereignissen wie Hof- und Reichstagen und wohl sogar Königswahlen. Die erst ein halbes Jahrhundert später entstandene Saalhofkapelle hat dagegen nur als Familienkapelle und Aufbewahrungsort der Reichsinsignien gedient. Die bei den Ausgrabungen gefundenen Grundmauern des Vorgängerbaus der Alten Nikolaikirche sind heute im Fußboden markiert und geben so einen Eindruck von den Dimensionen des zwar kleinen, aber für die Frankfurter Frühgeschichte bedeutenden Sakralbaus.

Rechtlich stand die Kapelle anders als die übrigen Frankfurter Kirchen seit ihrer Gründung als Eigenkirche ausschließlich dem königlichen Hof und seiner Burgmannschaft, den milites, zur Verfügung, die auch während des Interregnums ihre Vorrechte wahrten. Nach dem Eigenkirchenrecht war der Kaplan direkt vom König eingesetzt, unterstand nach dem kanonischen Recht aber in seiner Amts- und Lebensführung dem Erzbischof von Mainz, der die Aufgabe zudem auch an andere Geistliche, etwa solche des Bartholomäusstifts delegieren konnte. Dieses Delegationsrecht stand auch dem König zu, der es zum Beispiel über den städtischen Schultheißen ausüben lassen konnte. Es ist allerdings zu bemerken, dass das Eigenkirchenrecht bereits seit Papst Gregor VII. als Simonie bekämpft und im Rahmen des Investiturstreits schließlich vollständig zurückgedrängt wurde, so dass einzig die Nutzung als Hofkapelle die späte Gründung als Eigenkirche noch logisch und als kirchenrechtlich unbedenklich erscheinen lässt.


Ausbau und Inkorporation im 13. Jahrhundert (1264 bis 1292)

Mit einer Urkunde vom 24. September 1264 setzen die schriftlichen Quellen über den Sakralbau ein. Das Kapitel des Bartholomäusstiftes bezeugte gemeinsam mit der Stadtgemeinde, dass ein Ritter Rudolf von Praunheim dem Kantor Cristan und dem Kaplan Godeschalk von St. Nikolai einen Hof verkauft habe. Sechs Jahre später vermachte der Frankfurter Bürger Wicker auf der Brücke „beati Nycolai“, in der Urkunde in einer Aufzählung mit den anderen damals existierenden Sakralbauten Frankfurts genannt, einen regelmäßigen jährlichen Zins von sechs leichten Pfennigen. Somit ist rein von den Quellen her erst ab diesen Zeitpunkt, dem Mai 1270, eine Nikolaikapelle als eigenständiges Gebäude in Frankfurt gesichert (terminus post quem). Das Datum ist zugleich der erste echte Beleg für ein bürgerliches Engagement um die Nikolaikapelle, was die ab Mitte des 13. Jahrhunderts stark ansteigende Bedeutung des Bürgertums reflektiert.

Ungefähr um dieselbe Zeit entstand als erste Erweiterung des Ursprungsbaus der Kirchturm, der im Norden an den Rechteckchor des ersten Kirchenbaues anschloss. Sein Erdgeschoss mit spätromanischen, noch rundbogigen Fenstern, sowie die beiden darüber anschließenden, bereits in frühgotischen Formen gestalteten Geschosse stellen heute den ältesten Teil der Kirche dar. Ferner erhielt der Rechteckchor nun im Osten eine halbrunde Apsis und das Langhaus wurde nach Westen verlängert. Die Errichtung des Turms kann durchaus in Zusammenhang mit einem Wunsch der aufstrebenden Bürgerschaft gesehen werden, weniger einen Kirchturm denn eine Überwachungsplattform für das Markt- und Messgeschehen am Römerberg wie am Mainufer zu schaffen, wofür der Turm der Nikolaikirche ideal geeignet war. Dies erscheint auch vor dem Hintergrund des Privilegs von 1240 logisch, das der Frankfurter Messe zu der enormen Bedeutung verhalf, die sie geradezu sprichwörtlich die folgenden Jahrhunderte prägte.

Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts kam es während der Regierungszeit Rudolfs von Habsburg zu einem vollständigen und größeren Neubau des Langhauses. Die neue Kirche wurde dabei um die alte Kapelle herum gebaut und deren Mauern dann nach Abschluss der Bauarbeiten eingerissen. Der Neubau war 1290 vollendet, am 30. Oktober desselben Jahres wurde ein Hochaltar des heiligen Nikolaus geweiht. Zwei frühgotische Tympana aus dem Umfeld des Naumburger Meisters, wohl der vorangegangenen Umbauphase um 1250 zuzurechnen und nun nicht mehr benötigt, wurden an der östlichen und südlichen Außenwand der Kirche eingemauert, wo sie bis heute zu sehen sind. Am 30. Oktober 1292 übertrug Rudolfs Nachfolger Adolf von Nassau die Kirche dem Bartholomäusstift mit dem Vorbehalt des Kollationsrechts (Beneficium Collationis).

Im Stiftsbesitz wurde der Umbau mit der Neuerrichtung des Chores in bereits klaren gotischen Formen bis etwa 1300 abgeschlossen. Warum so kurz vor dem Übergang der Kirche an das Bartholäusstift nochmals eine derart tiefgreifende Umbaumaßnahme an der Kapelle stattfand, ist rätselhaft, zumal das Interesse des Königs an dem Gebiet bereits 1282 erloschen war, als dieser den Saalhof verlehnte. Ebenso nicht mehr zu klären ist der Grund für die Fertigstellung des Umbaus unter dem Bartholomäusstift, da auch dieses den Bau in der Folgezeit stark vernachlässigte. Es erscheint einzig als nicht direkt zu belegende Möglichkeit, dass die Fertigstellung des Baus Bedingung des Königs für die Schenkung war. Darauf deutet auch der 1297 erstmals sichere Nachweis einer Kirchenfabrik, die sich der Errichtung, Ausstattung und Erhaltung des Kirchenvermögens sowie des Sachbedarfs für den Gottesdienst widmete. Der Vorbehalt des Patronatsrechts durch den König spricht nach damals geltenden Kirchenrecht zugleich dafür, dass er verhindern wollte, dass die gesamte Baulast an das Stift als Inkorporationsherren fiel, sondern vielmehr genau zwischen beiden aufgeteilt wurde.


Nikolaikirche als Ratskapelle (1292 bis 1530)

Nach ihrer Inkorporation verlor die Nikolaikapelle zunächst die große Bedeutung, die sie einst als Pfalzkapelle gehabt hatte. Das Bartholomäusstift zeigte wenig Interesse an seiner neuen Filialkirche, da der Kaplan ja weiterhin vom König präsentiert wurde. Ein vom Dompfarrer am 24. September 1310 beim Mainzer Erzbischof erwirktes Mandat beweist, dass die Kapelle vom Stift sogar als lästige Konkurrenz angesehen wurde. Der Text mahnt nämlich den Vollzug der Exkommunikation gegen einige Frankfurter an, die sich weigerten, den Gottesdienst in der Bartholomäuskirche zu besuchen, und stattdessen an den Heiligen Messen in der Alten Nikolaikirche und der Leonhardskirche teilnahmen.

Der Konflikt spiegelt sich auch darin wider, dass es im gesamten 14. Jahrhundert sowohl nach der Überlieferung als auch nach dem tatsächlichen Befund wohl keinerlei bauliche Unterhaltung oder Erweiterungen der Kirche gab. Dabei muss dem Stift allerdings zugestanden werden, dass es im selben Jahrhundert das für die Verhältnisse der Zeit gigantische Projekt des hochgotischen Domneubaus durchführte und daher wohl wenig anderweitige Ressourcen zur Verfügung standen. Die zentrale Lage am Römerberg sicherte der Kapelle dennoch einen ausreichenden Gottesdienstbesuch, der im Laufe des Jahrhunderts vor allem im Zusammenhang mit den aufblühenden Messen ebenfalls zunahm. Zeitgleich kamen durch Stiftungen von Frankfurter Bürgern bis 1374 insgesamt vier neue Altäre hinzu, wodurch die Zahl der Gottesdienste weiter stieg. Die bereits im 13. Jahrhundert beobachtete Tendenz eines bürgerlichen Engagements um die Kirche setzte sich also fort und wurde durch das Desinteresse des Bartholomäusstifts nur noch verstärkt.

Anfang des 15. Jahrhunderts verlagerte sich der Mittelpunkt des städtischen Lebens vom Pfarreisen, also dem heutigen Domplatz, wo das 1288 erstmals erwähnte alte Rathaus der Stadt stand, in die unmittelbare Nähe der Nikolaikapelle. 1405 erwarb der Rat hier die Steinhäuser Römer und Goldener Schwan von den Gebrüdern Konz und Heinz zum Römer und ließ diese zum neuen Rathaus ausbauen, das man 1407 bezog. In dem Maße, in dem sich der Rat nun zunehmend um mehr Einflussnahme auf Sankt Nikolai bemühte, nahm offenbar das Interesse auch des Königs ab, die ihm noch immer zustehenden Rechte auszuüben.

Als es 1426 zu einem Streit zwischen den Kaplan und dem Bartholomäusstift kam, wurde die Stadt vom König gebeten, auf das Stift einzuwirken, dass es den Kaplan ungestört lasse. Dies war auch das letzte nachweisbare Engagement des Königs. Schon seit 1404 ließen sich je zwei vom Rat bestellte Pfleger der ja schon seit spätestens 1297 existierenden Kirchenfabrik nachweisen. Daraus konnten die Stadtväter jedoch kaum Rechte auf die Kapelle ableiten, gibt es doch kein Zeugnis dafür, dass sie sich über die Verwaltung des Vermögens hinaus zu diesem Zeitpunkt schon finanziell engagierten.

Die Geschichte des Übergangs der Nikolaikapelle von einer Filialkirche des Bartholomäusstifts, deren Kollationsrecht der König niemals abgegeben hat, zu einer Ratskapelle ist insofern höchst problematisch, als es für diesen Übergang keine direkten schriftlichen Zeugnisse gibt und vermutlich auch nie gab. Das bedeutendste Zeugnis für den Übergang ist der Erwerb eines Privilegs von Papst Sixtus IV. am 4. Januar 1477. Dieses gestatte den Stadtoberen, nach Belieben Geistliche zwecks Abhaltung der Gottesdienste, dem Singen der Horen und dem Predigen an Sankt Nikolai einzusetzen. Es ist unbewiesen, liegt aber nahe, dass der Rat dafür die Baulast an der Kirche übernahm, woraus er dann Eigentumsrechte ableitete, denn direkt erwerben konnte er die Kirche aufgrund des Simonieverbots ja nicht.

Einige Handlungen des Rats, die bereits Jahrzehnte vor dem Papstprivileg liegen, lassen jedoch kaum Zweifel, dass der Rat bereits weit früher das ausübte, was dann 1477 nur noch eine Niederschrift und Bestätigung fand. So beauftragte er beispielsweise 1448 den Stadtbaumeister Eberhard Friedberger mit dem Bau eines Lettners für die Kapelle, den er jedoch kurz vor der Fertigstellung 1451 wieder stornierte. Unter Friedberger zur Ausführung kam 1458–59 ein neuer Turmaufsatz ab dem zweiten Obergeschoss, nachdem der damals knapp 200 Jahre alte Vorgängerbau einzustürzen drohte. Der radikalste Umbau erfolgte dann 1466–67, als der gesamte Dachaufbau abgebrochen und mit der noch heute zu sehenden Maßwerkgalerie versehen wurde. In diesem Zusammenhang wurde auch das Langhaus stark umgebaut, so u.a. die Strebepfeiler erhöht und die Fenster im Sinne der Spätgotik wesentlich vergrößert.

Äußerlich befand sich die Kirche nun in ihrem noch heute zu sehenden Zustand. Durch die Galerie und die an Wehrbauten erinnernden Ecktürme erweckte sie ab dato mehr den Eindruck eines steinernen Patriziersitzes wie etwa des namensbildenden Steinernen Hauses oder Haus Fürsteneck denn den eine Sakralbaus. Dies war unzweifelhaft als zusätzlicher programmatischer Anspruch des Rates zu sehen, der Stadtgemeinde nicht nur in weltlichen, sondern auch in kirchlichen Dingen vorzustehen. Die Tatsache, dass die Ratsherren mit ihren Familien auf der Galerie den Turnieren, Passionsspielen und anderen Veranstaltungen auf dem Römerberg „von oben herab“ beiwohnten, verstärkt diesen Eindruck nur noch. 1498 vermerkte der Rat im Bürgermeisterbuch gar die Bestimmung, dass den Schlüssel für das Dach nur „Ratsfreunde“ erhalten, und auch dem Tür- und Turmwächter befohlen werden solle, sonst niemanden hinaufzulassen.

Ab 1499 fanden in der Kapelle die von Wicker Frosch bereits 1493 gestifteten Ratsmessen statt, was auch als endgültige Anerkennung der Eigentumsübertragung von Seiten des Stifts betrachtet wird. Vor den zweimal wöchentlich stattfindenden Ratssitzungen, jeweils dienstags und donnerstags, traten ab dato die Ratsherren paarweise in einer Prozession aus dem Römer morgens in der Kirche zum Gottesdienst zusammen. Bereits seit 1428 bestand das Almosen zu St. Nikolai, eine Stiftung Frankfurter Bürger. Dadurch war die Kirche zugleich eine Art von Sozialstation. Durch die Gelder der Stiftung wurde vor der Kirche Nahrung an bedürftige Frankfurter Einwohner verteilt. Wer das Frankfurter Bürgerrecht hatte, einen guten Leumund und seine Bedürftigkeit nachweisen konnte, erhielt pro Woche zwei Laib Brot.


Reformation und Neuzeit (1530 bis 1899)

Die Reformation bedeutete einen Einschnitt in der Geschichte der Nikolaikirche. 1530 wurde die katholische Messe und damit die Ratsgottesdienste in Frankfurt abgeschafft. Die Kirche wurde geschlossen, ihre Altäre 1543 abgebrochen. Auch nach dem Augsburger Interim 1548, das die Rückgabe des Domes und der Stiftskirchen an die Katholiken bedeutete, wurde die kleine Nikolaikirche nicht mehr für den lutherischen Gottesdienst der Bürgergemeinde benötigt. Für über 150 Jahre wurde sie verpachtet und als Archiv des städtischen Schöffengerichts sowie zu Messezeiten zeitweise als Warenlager genutzt. Auf dem Turm war ein Trompeter stationiert, der ankommende Kähne auf dem Main durch Hornstöße ankündigte. Vor der Abfahrt des Mainzer Marktschiffes hatte er den Choral In Gottes Namen fahren wir zu blasen.

1719 wurde der Pachtvertrag gekündigt und die Kirche nach einer Restauration 1721 erneut eingeweiht. Seither wird sie als evangelische Kirche genutzt, zunächst als Garnisonkirche für das Militär und für ein Waisenhaus. Nachdem 1786 die alte gotische Barfüßerkirche am Paulsplatz abgerissen worden war, diente die Nikolaikirche bis zur Einweihung der neuen Paulskirche als Ausweichquartier. 1805 plante der Frankfurter Stadtbaumeister Johann Georg Christian Hess bereits ihren Abriss, um sie durch ein klassizistisches Messehaus zu ersetzen, doch unterblieb dieser Neubau aus Geldmangel. Allerdings war auch für die dringend notwendige Restaurierung der baufälligen Kirche kein Geld vorhanden.

Erst 1838 wurde die Kirche gründlich erneuert. Das bislang geschlossene, zum Samstagsberg weisende Nordportal wurde geöffnet, Dach, Galerie und Ecktürmchen erneuert. Die Turmspitze wurde abgetragen und durch einen achteckigen, durchbrochenen Maßwerkhelm aus Gusseisen nach dem Vorbild des Freiburger Münsters ersetzt.

1840 wurde die Nikolaikirche im Tausch gegen die abgerissene Heiliggeistkirche in die Dotation aufgenommen. Bis heute steht sie deshalb im Eigentum der Stadt Frankfurt, die für ihre Erhaltung verantwortlich ist.

Von März 1848 bis Juni 1852 musste die Nikolaikirche wiederum aushelfen, während die Paulskirche Sitz der Frankfurter Nationalversammlung war und anschließend eine umfassende Renovierung benötigte.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war der gusseiserne Turmhelm so beschädigt, dass er 1903 abgerissen und 1904 durch das noch heute bestehende spitze Kupferdach ersetzt wurde. Dieses orientierte sich in seiner Gestaltung am durch historische Abbildungen überlieferten tatsächlichen Zustand des 16. Jahrhunderts.


Nikolaikirche als Gemeindekirche (1899 bis heute)

Am 27. September 1899 wurde die Kirchengemeinde- und Synodalordnung für Frankfurt am Main erlassen, in der die Vereinigung des bis dahin getrennten lutherischen und reformierten Konsistoriums und die Aufteilung des Stadtgebiets in sechs lutherische Gemeinden und zwei reformierte Gemeinden festgelegt wurde. Bislang hatten die evangelischen Frankfurter Familien selbst zu wählen, zu welcher Kirche oder zu welchem Prediger sie sich halten wollten; nunmehr wurden auch in Frankfurt Parochien eingeführt.

Zu den neu gegründeten Gemeinden zählte auch die Nicolaigemeinde. Sie erhielt zunächst die Nikolaikirche als Gottesdienststätte, obwohl sich ihr Gemeindegebiet weit entfernt im dichtbesiedelten Ostend befand. Zudem erwies sich die Nikolaikirche bald als zu klein, so dass die Nicolaigemeinde 1909 einen Neubau in der Waldschmidtstraße am Frankfurter Zoo bezog, die Neue St. Nicolaikirche.

Im Zweiten Weltkrieg gehörte die Alte Nikolaikirche zu den ganz wenigen historischen Gebäuden in der Frankfurter Innenstadt, die im Luftkrieg von Fliegerbomben weitgehend verschont blieben. Beim ersten großen Bombardement der Stadt im Oktober 1943 sowie den Märzangriffen 1944, die die gesamte Altstadt vernichteten, brannte das Dach durch die Einwirkung von Brandbomben nieder, durch einen Angriff mit Sprengbomben am Südrand wurden einige Kubikmeter Werk- und Bruchstein auf Höhe der Galerie herausgesprengt. Die Gewölbe hielten jedoch stand, so dass das Innere nur geringe Schäden am Putz erlitt. Die Ausstattung war bereits zuvor durch Auslagerung gerettet worden, wichtige Bauplastik wie das Tympanon an der Nordseite durch einen Zementüberzug gegen Splitterwirkung geschützt. Einzig die Orgel des 19. Jahrhunderts war trotz Einmauerung durch die Kriegseinwirkungen aus nicht näher beschriebenen Gründen unbrauchbar geworden. Der im Sommer 1947 begonnene Wiederaufbau des Gebäudes war vergleichsweise schnell Ende Dezember 1948 abgeschlossen.

Durch die Zerstörungen war die Wohnbevölkerung der Altstadt stark zurückgegangen. Die ausgebrannte Paulskirche wurde daher nicht mehr als Kirche benötigt. Als Nationaldenkmal dient sie seit ihrem Wiederaufbau 1948 vornehmenlich für Ausstellungen und staatliche oder städtische Veranstaltungen. Die Paulsgemeinde erhielt 1949 die Alte Nikolaikirche als Gemeindekirche zugewiesen. Bei der feierlichen Übergabe und Einweihung 1949 predigte der Kirchenpräsident Martin Niemöller.

1989 bis 1992 fand die bislang letzte umfassende Renovierung der Kirche statt, bei der erstmals die mittelalterliche Baugeschichte im Rahmen der Ausgrabungen dokumentiert werden konnte.



Text: Wikipedia

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