Alte Pfarrkirche Lichtenberg

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Dorfkirche mit schweren Kriegsschäden um 1948

Die Alte Pfarrkirche Lichtenberg, die alte Lichtenberger Dorfkirche, ist ein frühgotischer rechteckiger Feldsteinbau im Berliner Ortsteil Lichtenberg. Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde mehrmals umgebaut, zerstört und wieder aufgebaut. Die Kirche ist neben dem Gemeindezentrum Am Fennpfuhl eines von zwei Kirchengebäuden der Evangelischen Kirchengemeinde Lichtenberg, die zum Kirchenkreis Lichtenberg-Oberspree im Sprengel Berlin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz gehört. Sie steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

Die Lichtenberger Dorfkirche, seit der Reformation in Brandenburg 1539 evangelisch, wurde in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts aus relativ sorgsam gequaderten Feldsteinen errichtet. Sie hatte zunächst keinen Turm, der Kirchenraum war mit einer flachen Decke versehen. Wie bei allen mittelalterlichen Dorfkirchen Brandenburgs ist davon auszugehen, dass der Steinbau einen hölzernen Vorgänger hatte, weil in der Regel mindestens 30 Jahre vergingen, bis die Mittel für den teueren Steinkirchenbau angesammelt waren. Die Portale und Fenster waren spitzbogig. Der verputzte Ostgiebel zeigt seit 1954 drei gotische Blendnischen. Auf der Südwand des Saals sind Reste von zwei Portalen zu erkennen: das eine mit Backsteinfassung und sehr wahrscheinlich spitzbogig, während sich weiter rechts ein mit überwiegend schwarzen Feldsteinen zugesetztes Portal zeigt, das einen rundbogigen Abschluss andeutet. Der Befund ist jedoch nicht eindeutig, weil der komplette Bogen nicht mehr vollständig vorhanden ist.

Im Jahre 1391 kaufte die Stadt Berlin das Dorf Lichtenberg und erlangte dadurch zugleich das Patronatsrecht über die Kirche. 1459 hatte die Kirche noch einen eigenen Pfarrer und gehörte zur Propstei Berlin. Mit dem Übertritt des Landesherrn, des Kurfürsten Joachim II., 1539 vom Katholizismus zum lutherischen Glauben wurde die Kirche ebenfalls evangelisch. Bereits 1541 war Lichtenberg eine Filialkirche von Rosenfelde. Die damals sehr kleine Lichtenberger Gemeinde wurde vom Rosenfelder Prediger mit betreut. In der Spätgotik, um 1500, erfolgte eine durchgreifende Erneuerung des Innenraumes im damaligen Zeitgeschmack: Ein zweischiffiges Kreuzgewölbe wurde eingezogen; dafür mussten im Kirchenraum zwei zusätzliche Pfeiler errichtet werden.

Im Jahr 1792 wurde dem Gebäude ein überproportionierter quadratischer Kirchturm mit einer achteckigen Laterne und einer helmbekrönten Haube aufgesetzt, der mehrmals baulich verändert wurde. Wahrscheinlich wurde beim Bau dieses hohen, aus rechteckigen Ziegelsteinen gemauerten Turmes das Grundgebäude zur statischen Sicherung mit massiven Strebepfeilern an der Westwand verstärkt. Bei der um 1880 durchgeführten Renovierung bekam der Turm der Kirche das Aussehen, das er bis zum Zweiten Weltkrieg behielt.[2]

Um 1816/1820, als das Leben der Gemeinde nach den Befreiungskriegen wieder in geordneten Bahnen verlief, konnten im Kircheninneren wieder Instandsetzungs- und Sanierungsarbeiten für 2300 Taler ausgeführt werden. Das Geld wurde teilweise von der Kirchengemeinde aufgebracht und der Rest durch Zuschüsse der Stadt Lichtenberg bereitgestellt. Die Gewölbe aus dem 16. Jahrhundert beseitigte man 1846 wieder. Das Gebäude erhielt damals einen neuen Eingang auf der Ostseite, die Fenster wurden verbreitert, der Altar wurde nach Westen umgesetzt und eine kleine Orgel eingebaut. Ab 1850 hatte die Lichtenberger Gemeinde wieder einen eigenen Pfarrer.

In den Archiven findet sich ein großer Sittenscandal im Jahre 1860: der Lehrer und Küster Musehold wurde bei einem Schäferstündchen mit einer Dienstmagd ausgerechnet im Kirchturm erwischt und verlor daraufhin seine Ämter.

Da wegen des starken Wachstums von Lichtenberg und seiner Einwohnerzahl um die Wende zum 20. Jahrhundert die kleine Dorfkirche nicht mehr ausreichte, wurde zwischen 1903 und 1905 eine neue größere Kirche, die Glaubenskirche, gebaut. Die Gemeinde nannte sich in der Folge nach ihren beiden Kirchen Evangelische Kirchengemeinde der Pfarr- und Glaubenskirche. 1912 ließ der Architekt Haase an der Ostseite der Pfarrkirche eine Vorhalle im neogotischen Stil für den neuen Kircheneingang anbauen.

Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Kirche durch Bombentreffer schwer beschädigt, Brand und Holzdiebstahl taten das ihre. Ein Gutachten aus dem Jahr 1949 gibt eine Beschädigung von 85 % an. Nur mühsam konnte das Gotteshaus zwischen 1950 und 1954 wieder repariert und rekonstruiert werden, wobei der Kirchenraum spartanisch modern umgestaltet wurde, die Fenster wurden regotisiert, das heißt wieder verengt. Statt der großen Haube erhielt der Kirchturm zunächst ein flaches Dach, um 1965/66 nach Plänen des Architekten Wollenberg dann einen kleineren spitzen Helm aus Kupferblech in gotischer Form.

Beim Wiederaufbau nach den Kriegszerstörungen im 20. Jahrhundert bekam der Altar wieder seinen Platz im Osten des Kirchenraumes, der Eingang und die Vorhalle an dieser Seite verschwanden wieder. 1964 baute der Potsdamer Orgelbaumeister Alexander Schuke die heutige Orgel. 2009 wurde für rund 300.000 Euro das Dach der Alten Pfarrkirche saniert.[3]

Links vom Eingang der Kirche steht seit Oktober 2001 an auffälliger Stelle auf einem steinernen runden Podest eine Urne aus weißem Marmor als Denkmal für Anna Katharina (Catharina) Schadow, die Mutter des berühmten Bildhauers Johann Gottfried Schadow, das dieser mit der Widmung Der guten Mutter errichten ließ. Anna Schadow, die Witwe eines Schneiders, war 1788 mit ihren Kindern nach Lichtenberg gezogen und 1797 in diesem Ort gestorben. Das Originaldenkmal war das letzte erhaltengebliebene Grabmal des Kirchhofes, der die Kirche früher umgab. Es ging im Krieg verloren und wurde für rund 18.000 Euro neu hergestellt und direkt neben dem Eingang der Kirche aufgestellt.

Der Kirchenbau

Die Lichtenberger Alte Pfarrkirche ist ein schlichter rechteckiger Feldsteinbau ohne Chor mit einem Satteldach. Der quadratische Turm trägt einen kleinen spitzen Helm aus Kupferblech in gotischer Form. Neben dem Haupteingang am Turm von Westen gibt es einen Nebeneingang von Osten durch eine auf der Nordseite angebaute kleine Sakristei. Auch die relativ schmalen rekonstruierten gotischen Spitzenbogenfenster sind schlicht, lediglich zwei Fenster nach Osten zu beiden Seiten des Altars tragen einfache figürliche Glasmalereien, die übrigen nur farbige Rautenbänder.

Im leicht erhöhten östlichen Teil des Innenraums steht der Altar mit einem großen schlichten Holzkreuz, das die Aufschrift VIVIT (lat. er lebt) trägt, eine gemauerte Kanzel und der ebenfalls gemauerte Taufstein mit einer versilberten spätmittelalterlichen Messing-Taufschale, die eine versilberte Inschrift aus dem Jahr 1767 trägt, dem einzigen erhaltenen Teil der alten Innenausstattung. Die hölzernen Kirchenbänke und eine hölzerne Verkleidung des Daches prägen den Innenraum.

Unter dem Turm befindet sich eine Empore mit einer kleinen Orgel, die 1964 von der Potsdamer Orgelbaufirma Alexander Schuke gefertigt wurde. Das Instrument wurde in Anlehnung an barocke Bauprinzipien erbaut und disponiert. Es hat 10 Register auf zwei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind mechanisch.[1]


Bild: Wikimedia/Rudolf Eglinski

Text: Wikipedia

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