Anker-Steinbaukasten

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Der Anker-Steinbaukasten ist ein früher weltbekannter Klassiker deutschen Kinderspielzeugs.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken von Anker-Steinbaukasten sowie der Firma F. Ad. Richter.

Geschichte

Erfunden wurden die Bausteine von den Brüdern Otto und Gustav Lilienthal, die sie zunächst auch herstellten. Der Unternehmer Friedrich Adolf Richter erwarb die Idee und ließ sie sich patentieren. Er produzierte die Bausteine ab 1882 in seiner pharmazeutischen Fabrik in Rudolstadt.[1] Später folgte ein langwieriger Patent- und Konventionalstreit. Letzteren gewann Richter schließlich.

In der „Kunstanstalt“ in Rudolstadt entwickelten Künstler, Illustratoren und Architekten die Pläne bzw. Bauvorlagen für die Baukästen. Es entstand ein ausgeklügeltes Erweiterungs- und Ergänzungssystem, das es erlaubte die Kästen beliebig zu kombinieren. Seit 1895 war der „Anker“ offizielles Markenzeichen, die „Anker-Steinbaukästen“ gewannen zahlreiche internationale Auszeichnungen. Nahezu 40.000 Baukästen verließen um die Jahrhundertwende pro Jahr das Werk an die gut betuchte Kundschaft aus aller Welt, von St. Petersburg bis New York. Als Richter im Jahre 1910 verstarb, gab es Niederlassungen in ganz Europa, den USA und Japan. In Österreich-Ungarn wurde das Spielzeugunternehmen F. Ad. Richter & Cie. k.u.k. Hof- und Kammerlieferant des Kaisers und der Mitglieder der kaiserlichen Familie sowie Hoflieferant weiterer europäischer Höfe.[2] Für Österreich bestand über 40 Jahre hinweg eine Fabrik in Wien. Sie befand sich im Bezirk Hietzing im Bereich Wenzgasse / Larochegasse und zwar am Areal des heutigen Sportplatzes und der Sporthalle 1 des Bundesgymnasiums XIII Wenzgasse.

Nach langen Jahren komplizierter Streitigkeiten um das Erbe Friedrich Adolf Richters führte die Inflation nach dem 1. Weltkrieg zum völligen Verlust der Rücklagen des Unternehmens. 1921 wurde die Firma grundlegend reorganisiert und in zwei staatliche Aktiengesellschaften aufgeteilt[3]. In der DDR wurden die Firma und die Marke 1953 in den volkseigenen Betrieb „VEB Anker-Steinbaukasten“ umgewandelt. Die Bausteine wurden bis in die 1960er Jahre in Rudolstadt hergestellt, am 31. Dezember 1963 wurde die Produktion offiziell beendet. Von 1880 bis zur Schließung 1963 sollen ca. fünf Milliarden Ankerbausteine verkauft worden sein.

Die Wiederaufnahme der Produktion erfolgte 1995 durch die Anker Steinbaukasten GmbH. Der Ankerstein-Liebhaber Georg Plenge konnte unterstützt durch Mittel der EU und des Landes Thüringen in diesem Jahr mit 26 Mitarbeitern die Produktion eines Grundbaukastens aufnehmen. Bill Clinton übermittelte dem Unternehmen seine Begeisterung über die Ankersteine schriftlich: „Just wonderful“. Bereits Berühmtheiten wie Albert Einstein, Erich Kästner, Walter Benjamin oder Walter Gropius schulten ihre Kreativität mit den bunten Steinen.

Aufbau und Idee

Anker-Bausteine sind Formteile mit sehr geringen Maßtoleranzen, die aus Sand, Schlämmkreide und Leinöl gepresst und gebacken werden. Sie werden in den drei Farben rot, gelb und blau hergestellt, entsprechend den drei Baumaterialien Ziegelstein, Sandstein und Schiefer (Dach). Die Bausteine haben eine glatte Oberfläche, liegen schwer in der Hand und kommen ohne Noppen oder Verklebung aus. Das Zusammenhalten der Gebäude basiert allein auf der Statik.

Die Idee des Baukastens basiert auf dem didaktischen Ansatz der Spielgaben des Pädagogen Friedrich Fröbel und entwickelt diese zum Architektur-Modellspiel. Durch ein System aus aufeinander aufbauenden Ergänzungskästen mit beiliegenden Bauanleitungen gilt der Anker-Baukasten als Prototyp des Systemspielzeugs.

Das erste Systemspielzeug

Die Baukastenserie basiert auf einem System von Grund- und Ergänzungskästen. Die Grundkästen 4 oder 6 können durch den Kauf von Ergänzungskästen (gekennzeichnet durch ein „A“) nach folgendem Prinzip auf den nächsthöheren Kasten erweitert werden: 6 + 6A = Kasten 8; 8 + 8A = Kasten 10 usw. Ungerade Kastennummern gibt es bei der modernen Kastenserie nicht. Um ein Gebäude nach den Plänen eines Ergänzungskastens zu erstellen wird der Besitz aller vorangehenden Grund- und Ergänzungskästen vorausgesetzt, so enthält der Ergänzungskasten 16A das Planheft des Kastens 18, das den Steinbestand der Kästen 6, 6A, 8A, 10A, 12A, 14A und 16A verwendet.

Die Kästen aus der Zeit Richters sind in der Systematik bedeutend komplexer, da Richter zahlreiche, auch parallele Varianten von Kastenserien vertrieb. Mit der Nummer der Kästen nimmt die Komplexität der Gebäude und damit auch der Baupläne zu. Für ein Bauwerk aus Kasten 14 benötigt man vier bis sechs Stunden Bauzeit. Begleithefte

Jedem Baukasten liegen zwei Hefte mit Plänen bei. Ein Heft enthält perspektivische Ansichten der Gebäude, das zweite die Grundrisse und Schnittdarstellungen. Die „Spielidee“ der Kästen besteht darin, die Pläne in Bauwerke umzusetzen. Die heutigen Planhefte sind unveränderte Neudrucke der ursprünglichen Planhefte aus der Zeit vor und um 1900. Sie geben keine real existierenden Gebäude wieder, sondern prototypische Bauformen: „der“ Pavillon, „der“ Aussichtsturm, „die“ Kapelle, „der“ Dom.

Mitglieder des „Clubs der Ankerfreunde“ erweitern die Palette mit eigenen Plänen und Schnittzeichnungen. Einige der neuen Pläne geben reale Vorbilder wieder, wie die Torre de Belém und die Frauenkirche in Dresden.

Ankerwerk

Das Ankerwerk, heute von Anker Steinbaukasten GmbH betrieben, ist ein traditionsreiches Werk für chemisch-pharmazeutische Präparate und Heilmittel und später die Anker-Steinbaukästen. Das Werk befindet sich in Rudolstadt in Thüringen.

Geschichte

Gründung

Das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, zu welchem Rudolstadt damals gehörte, hatte das deutsche Arzneimittelrecht von 1871 nicht ratifiziert. Deshalb sah der aus Herford stammende Friedrich Adolf Richter in Rudolstadt größere unternehmerische Möglichkeiten als anderswo. 1876 gründete er sein Unternehmen als F. Ad. Richter & Cie. Fabrikation und Vertrieb chemisch-pharmazeutischer Präparate und Heilmittel. Außerdem waren Grundstoffe für seine pharmazeutischen Produkte aus der Umgebung Rudolstadts bedeutungsvoll für die Wahl Rudolstadts als Firmenstandort.

Bald breitete Richter seine Produktpalette aus. Neben Schokolade, Musikautomaten und Druckerzeugnissen führten die Anker-Steinbaukästen (eine Erfindung der Brüder Otto und Gustav Lilienthal) zur raschen Expansion des Unternehmens. 1880 errichtete Richter ein neues Gebäude für ihre Produktion. In einer angeschossenen Kunstanstalt für Illustratoren und Architekten wurden die Bauvorlagen für die Baukästen entwickelt. In Wien, St. Petersburg, London und New York entstanden Niederlassungen und Zweigbetriebe für das erste Systemspielzeug der Welt. Als k.u.k. Hof- und Kammerlieferant erreichte Richter auch kaiserliche Kinderzimmer.

Nach 1910

Nach dem Tod Friedrich Adolf Richters im Jahr 1910 sollte das Werk auf Wunsch der Erben in mehrere Einzelfirmen aufgeteilt werden. Von 1921 bis in die 1930er Jahre wurde die AG durch den Hauptaktionär Alfred Eversbusch in einzelne Gesellschaften aufgeteilt, die durch seine Person verbunden blieben.

Nach Kriegsende wurde die Produktion von Kosmetik, Pflaster (Ankerplast) und Heilmitteln unter Alfred Eversbusch wieder aufgenommen. Nach der Enteignung Eversbuschs wurde der Volkseigene Betrieb 1953 in VEB Ankerwerk Rudolstadt umbenannt. Ab 1969 wurden Augentropfen produziert, ab 1970 zusätzlich Aerosole und Sprays. 1974 wurde die Firma in das Pharmazeutische Kombinat Arzneimittelwerk Dresden eingegliedert.

Nach 1990

1990 ging das Unternehmen in den Besitz der Treuhandanstalt und wurde 2003 als Aeropharm GmbH in die Hexal-Gruppe aufgenommen, die 2005 von Novartis übernommen und in die Sandoz integriert wurde. Im Rahmen des neuen Firmenverbundes ist die Aeropharm GmbH zuständig für die globale Entwicklung und Produktion von Asthma-Sprays und Augentropfen.

Der Volkseigene Betrieb VEB Anker-Steinbaukasten wurde bereits 1963 aufgelöst. Durch eine Initiative des Akustikprofessors Georg Plenge, sowie die Unterstützung durch die EU und das Land Thüringen konnte 1995 die Produktion der Anker-Steinbaukästen wieder aufgenommen werden. Das Unternehmen firmiert heute als Anker-Steinbaukasten GmbH. 2009 übernehmen Gerhard Gollnest und Fritz-Rüdiger Kiesel die Anker-Steinbaukasten GmbH. Die Anker Bausteinkasten GmbH gehört damit zur Firmengruppe Gollnest & Kiesel, die mit ihren Spielzeugmarken goki, HEIMESS, HOLZTIGER und ’cause traditionelles Spielzeug herstellt und vertreibt.

Auf der Internationalen Spielwarenmesse 2010 in Nürnberg wurden erstmals neu entwickelte Kinderspielzeuge aus Ankerstein vorgestellt. In der klassischen Serie wird ein Starter-Baukasten ausgestellt, mit dem erste einfache Bauten entwickelt werden können und der den Einstieg in das System der ANKER Steinbaukästen erleichtert wird. Die Steine können auch für spätere Bauten mit den „großen“ Steinbaukästen weiter verwendet werden. Im April 2010 bezieht das Ankerwerk das neue Herstellungsgebäude in der Breitscheidstraße 95. Der Büro- und Ausstellungstrakt umfasst 400 Quadratmeter. Eine neue automatische Presse ergänzt die Produktionsstraße und ermöglicht mit einfacheren Arbeitsabläufen die Herstellung einer größeren Stückzahl Steine. Der Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg legte 2012 den Abschlussbericht einer einjährigen Studie über die pädagogische Bedeutung des Bauspiels und speziell der Anker-Steinbaukästen vor.


Text vom Ankerwerk: Wikipedia

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Text von Anker-Steinbaukasten: Wikipedia

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