Auswärtiges Amt

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Wilhelmstraße 76 (1880)

Auswärtiges Amt

Das Auswärtiges Amt befand sich in der Wilhelmstraße 76 von Berlin.

Siegelmarken

Bis 1888

1888-1918

Kolonialabteilung

Weimarer Republik

1933-1945

Geschichte

Norddeutscher Bund

Die Entstehung des Auswärtigen Amtes ist auf das durch Publikandum vom 16. Dezember 1808 und Verordnung vom 27. Oktober 1810 geschaffene, selbständige „Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten“ Preußens zurückzuführen, das schließlich 1871 zum „Auswärtigen Amt des Deutschen Reiches“ umbenannt wurde; der neue Gründungsprozess des Auswärtigen Amtes als Behörde des Norddeutschen Bundes vollzog sich bereits 1870. Die Behörde wurde von einem Staatssekretär geleitet, ebenso wie später das Auswärtige Amt des Deutschen Reiches. Minister gab es im Reich erst seit 1919. Bis heute hat sich die Bezeichnung erhalten, obgleich das „Auswärtige Amt“ ein Bundesministerium wie die anderen darstellt. Die Bezeichnung wird aus Tradition weitergeführt.


Deutsches Reich (1871–1918)

Im Kaiserreich war das Auswärtige Amt ein Reichsamt, das sich federführend um die Außenpolitik kümmerte. Es entstand 1871 nach der Gründung des Kaiserreiches und hatte seinen Sitz in der Berliner Wilhelmstraße 76.

Das Reich übernahm das Auswärtige Amt vom Norddeutschen Bund in unveränderter Form als Reichsbehörde des preußischen Staatsministeriums, die von einem Staatssekretär geleitet wurde. Obwohl das Auswärtige Amt nun als Behörde einer gesamtdeutschen Außenpolitik fungierte, behielten die deutschen Bundesstaaten ein beachtliches Maß an Eigenständigkeit in ihrer jeweils eigenen Außenpolitik. Otto von Bismarck prägte mit seiner Außenpolitik den weltweit guten Ruf dieses Amtes, durch seine Bündnispolitik wurde das Auswärtige Amt zu einer der meistbeachteten Behörden Deutschlands. Obwohl nach Bismarcks Entlassung unter Wilhelm II. die meisten außenpolitischen Entscheidungen vom Kaiser selbst getroffen wurden, behielt das Auswärtige Amt die Schlüsselfunktion in der Deutschen Diplomatie und stellte sogar eine gewisse Opposition gegen Wilhelms Zickzackkurs in der Außenpolitik dar.

Im Auswärtigen Amt gab es zunächst zwei Abteilungen, welche den beiden streng getrennten Laufbahnen Diplomat und Konsul entsprachen.


Abteilung I

Die erste Abteilung war die politische, die sich mit den Angelegenheiten der höheren Politik, Personalien, Generalia, Zeremonien, Ordenssachen, Etats, Kassensachen, Angelegenheiten der Schulen und Kirchen etc. beschäftigte. Leiter dieser Abteilung war ein Staatssekretär, der zugleich als ständiger Vertreter des Reichskanzlers im Auswärtigen Amt fungierte. Der Reichskanzler besaß die oberste Verantwortlichkeit in außenpolitischen Belangen, weswegen der Staatssekretär ihm gegenüber weisungsgebunden war. Stellvertreter des Staatssekretärs war wiederum ein Unterstaatssekretär.


Abteilung II

Die zweite Abteilung war für die Bearbeitung der Angelegenheiten des Handels, Verkehrs, Konsulatswesens, Staatsrechts, Zivilrechts, der Kunst und Wissenschaft, der Privatangelegenheiten Deutscher im Ausland und der Gegenstände, die das Justiz-, Polizei- und Postwesen, die Auswanderung, die Schiffsangelegenheiten, die Grenzsachen und Ausgleichungen mit fremden Staaten etc. betrafen, zuständig. Sie war dem Direktor des Auswärtigen Amtes unterstellt.


Einrichtung weiterer Abteilungen

1885 verlor die zweite Abteilung die Zuständigkeit für Rechtssachen, da eine neue Abteilung III als Rechtsabteilung aus der Taufe gehoben wurde. Fünf Jahre später folgte eine eigene Kolonialabteilung, die 1907 zum Reichskolonialamt wurde. Des Weiteren schuf man 1915 im Ersten Weltkrieg eine Abteilung IV, welche die Funktion einer Nachrichtenabteilung übernahm.


Deutsches Reich (1919–1933, Weimarer Republik)

1919 wurde das Amt, das seine traditionelle Bezeichnung beibehielt, ein Reichsministerium (während Preußen seine auswärtigen Angelegenheiten fortan selbst regelte), und an seine Spitze trat ein auch dem Reichstag verantwortlicher Reichsaußenminister. Ein Staatssekretär verblieb als wichtigster Beamter im Ministerium.

Nach einer ersten Phase mit geringen Erfolgen und eher geringer Bereitschaft, mit den Westmächten zusammenzuarbeiten, trat der ehemalige Reichskanzler Gustav Stresemann im November 1923 das Amt des Außenministers an. Er sorgte bis zu seinem Tod im Oktober 1929 für eine Verständigung der Weimarer Republik mit dem Westen und erreichte auch den deutschen Beitritt zum Völkerbund unter sehr günstigen Bedingungen. Die wichtigsten Früchte seiner Arbeit, wie die Räumung des besetzten Rheinlandes 1930, erlebte Stresemann nicht mehr. In der Folge verhielten die Reichskanzler und Außenminister sich dem Ausland gegenüber wieder forscher.


Deutsches Reich (1933–1945, Zeit des Nationalsozialismus)

Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten war nach der allgemein bis 2010 überwiegenden Auffassung die Personalpolitik des Auswärtigen Amtes der Gleichschaltungspolitik der NSDAP ausgesetzt, ebenso wie alle anderen Reichsministerien. Dennoch gingen aber auch aus dem Auswärtigen Dienst Widerstandskämpfer hervor, wie Rudolf von Scheliha, Ilse Stöbe, Adam von Trott zu Solz und Ulrich von Hassell.

Die „Unabhängige Historikerkommission – Auswärtiges Amt“ kommt in ihrem Buch Das Amt und die Vergangenheit jedoch zu dem Ergebnis, dass Mitarbeiter des Amtes weniger Opfer, sondern vielmehr Akteure im Nationalsozialismus gewesen sind; so zusammenfassend Ernst Piper:

„Das Auswärtige Amt war […] kein Hort des Widerstands. Es war auch kein Refugium altgedienter Ministerialbürokraten, die unter einer schlechten Regierung ihr Land nicht im Stich lassen wollten und einfach weiter ihren Dienst verrichteten. Es gab auch keine gezielte Infiltration durch Nationalsozialisten, die war gar nicht notwendig. Kennzeichnend für das AA war vielmehr die ‚Selbstgleichschaltung‘. Zwischen den Beamten in der Wilhelmstraße und der Regierung Hitler herrschte ein antidemokratischer und ein antisemitischer Konsens, wobei die meist adeligen Diplomaten den traditionellen Oberschichtenantisemitismus vertraten, der weniger radikal war als der genozidale Erlösungsantisemitismus der Nationalsozialisten. Aber beide wollten den ‚Schandfrieden‘ von Versailles überwinden und Deutschland wieder zur Großmacht machen. Nur in der Beurteilung des Kriegsrisikos gab es Differenzen.“

1933 richtete das Amt ein „Deutschlandreferat“ ein, zuständig für innerdeutsche Angelegenheiten, zu denen infolge der antijüdischen NS-Gesetzgebung die Staatenlosen sowie Ausbürgerungs- und Emigrantenangelegenheiten gehörten. Als Verbindungsstelle zur NSDAP gab es ab 1938 ein „Sonderreferat Partei“ im AA. Beide Referate wurden 1940 zur „Abteilung D“ (Deutschland) zusammengefasst. Im „Referat D III“ (Judenfrage, Rassenpolitik) wirkte Franz Rademacher, der Urheber des Madagaskarplans.

Am 31. März 1933 wurde offiziell das von Alfred Rosenberg geleitete Außenpolitische Amt der NSDAP (APA) in Konkurrenz zum Auswärtigen Amt gegründet, um das vorhandene „traditionell-konservative Instrumentarium“ der Außenpolitik durch ein „revolutionäres“ zu ersetzen. Das APA diente mit Blick auf das AA vor allem dem Zweck, die offiziellen diplomatischen Stellen zu umgehen. Nach Rosenbergs Wunsch, sollte das AA vom APA aus gleichgeschaltet und reorganisiert werden. Da gerade das AA als ein Zentrum des konservativen Widerstandes gegen die neuen Machthaber galt, wurde es dementsprechend bespitzelt. Am 15. Mai 1934 schrieb Rosenberg in sein Tagebuch, dass Adolf Hitler ihm gesagt habe, dass er das AA als „eine Verschwörergesellschaft“ betrachte, die erst nach dem Tod von Paul von Hindenburg unter seine Kontrolle gebracht werden könne.

In der Folgezeit wurde in der Reichsleitung der NSDAP eine „Ortsgruppe Auswärtiges Amt“ gebildet. Ab etwa Herbst 1935 bestand die Aufgabe dieser Ortsgruppe darin, „Einfluss auf Ernennungen zu nehmen“ sowie „eine geheime Kontrolle über die Angehörigen von Botschaften und Konsulaten auszuüben“.

1939 erließ das Amt einen förmlichen Runderlass über Die Judenfrage als Faktor der Außenpolitik mit den Kernsätzen:

„Die Erkenntnis, daß das Judentum in der Welt stets der unversöhnliche Gegner des Dritten Reiches sein wird, zwingt zu dem Entschluß, jede Stärkung der jüdischen Position zu verhindern. Ein jüdischer Staat [gemeint ist: in Palästina] würde aber dem Weltjudentum einen völkerrechtlichen Machtzuwachs bringen.“

Die im Oktober 2010 veröffentlichten Forschungsergebnisse der 2005 vom damaligen Außenminister Joschka Fischer einberufenen Unabhängigen Historikerkommission zeigen, dass „nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 das Auswärtige Amt die Initiative zur Lösung der ‚Judenfrage‘ auf europäischer Ebene“ ergriffen hatte. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte der Marburger Historiker und Sprecher der Kommission, Eckart Conze: „Das Auswärtige Amt war an allen Maßnahmen der Verfolgung, Entrechtung, Vertreibung und Vernichtung der Juden von Anfang an aktiv beteiligt. […] Die Zielmarke ‚Endlösung‘ war schon sehr früh erkennbar.“

Mitarbeiter des Auswärtigen Amts in der Zeit des Nationalsozialismus waren unter anderem: Eberhard von Thadden, Georg Ferdinand Duckwitz, Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld, Franz Rademacher, Fritz Kolbe, Hilger van Scherpenberg, Paul Karl Schmidt, Horst Wagner, Karl Klingenfuß, Kurt Georg Kiesinger, Otto Bräutigam und Ernst von Weizsäcker. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden eine Reihe von führenden Mitgliedern des Amtes im sogenannten Wilhelmstraßen-Prozess angeklagt und verurteilt.


Deutsche Demokratische Republik

In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) vertrat von 1949 bis 1990 das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR im Ostteil von Berlin die Außenpolitik der dortigen Regierung.


Bundesrepublik Deutschland

In Westdeutschland verging nach dem Zweiten Weltkrieg einige Zeit, bis 1951 in der Bundesrepublik Deutschland die Wiedereinrichtung des Auswärtigen Amtes erfolgte, zumal ihr von 1949 bis 1955 zwar ein „größtmögliches Maß an Selbstregierung“ zugesprochen wurde, aber sie immer noch unter dem alliierten Besatzungsstatut stand und erst 1955 ihre innerstaatliche Souveränität wiedererlangte. Zuvor lag eine Notwendigkeit eines solchen Amtes nicht vor.


Bonn

Mit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und der Zurückerlangung der außenpolitischen Souveränität 1951 wurde das Amt am 15. März 1951 in der neuen Bundeshauptstadt Bonn wieder eingerichtet und behielt den Namen. Damit bekannte sich die Behörde in der Bundesrepublik – als mit dem Deutschen Reich identischer Staat – eindeutig zu ihrer Tradition und Kontinuität bis hin zu Bismarck. Zunächst mit Hauptsitz in der Villa Ingenohl, zog das Auswärtige Amt 1955 in einen architektonisch schlichten Neubau am Rande des künftigen Regierungsviertels. Das Gebäude war einer der ersten Ministeriumsneubauten in Bonn und zum Eröffnungszeitpunkt der größte Verwaltungskomplex in Deutschland.

Federführend beim Wiederaufbau des Auswärtigen Dienstes agierten Beamte, die bereits in der Zeit des Nationalsozialismus im Außenministerium beschäftigt waren. Schon 1951 schrieb Michael Mansfeld darüber für die „Frankfurter Rundschau“ eine Serie, die zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses führte. Auch im 1965 von der DDR herausgegebenen Braunbuch ist von angeblich 520 Diplomaten mit NS-Vergangenheit im Auswärtigen Amt die Rede. Der Umfang des Einflusses ehemaliger NSDAP-Mitglieder und in Verbrechen gegen die Menschlichkeit verstrickte Diplomaten ist Gegenstand der Untersuchung durch eine im Jahre 2005 eingesetzte internationale Historikerkommission. Die Forschungsergebnisse der von Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann geleiteten Unabhängigen Historikerkommission liegen seit dem 21. Oktober 2010 als Buchpublikation unter dem Titel Das Amt und die Vergangenheit vor. Danach gehörten 1950 von 137 Mitarbeitern des höheren Dienstes 58 der NSDAP an, das waren 42,3 Prozent. Bis 1954 stieg die Anzahl ehemaliger NSDAP-Mitglieder im höheren Dienst auf 325 Personen. Da der Personalkörper im höheren Dienst des Amtes aber auf über 900 Mitarbeiter gewachsen war, sank der prozentuale Anteil der NSDAP-Mitglieder. Zum Vergleich, 1953 waren unter den 487 Abgeordneten des 2. Deutschen Bundestages 129 ehemalige Mitglieder der NSDAP, was einem Anteil von 26,5 % entsprach. Dennoch, so die Forscher, „[ist] das Bonmot, nach dem Krieg habe es mehr Pgs im Amt gegeben als vorher, nicht ganz abwegig“. So wurde z. B. 1953 der Jurist und Diplomat Otto Bräutigam als Leiter der Ostabteilung im AA wiedereingestellt. Bräutigam, der zwischen 1941 und 1945 „Abteilungsleiter Allgemeine Politik im Ostministerium“ von Alfred Rosenberg gewesen ist, schrieb am 18. Dezember 1941 zustimmend: „In der Judenfrage dürfte inzwischen durch mündliche Besprechung Klarheit geschaffen sein“, womit der Gesamtplan zur Judenvernichtung in Europa gemeint war. Die Außenminister Scheel und Genscher waren vormals NSDAP-Mitglieder.

Bei den Koalitionsregierungen der Bundesrepublik Deutschland seit 1966 wurde der Außenminister vom jeweils kleineren Koalitionspartner gestellt und bekleidete dabei gleichzeitig das Amt des Vizekanzlers, mit der Ausnahme der Vizekanzlerschaften von Jürgen Möllemann, Franz Müntefering und Philipp Rösler.

Im Jahre 1991 erhielt die deutsche Diplomatie mit dem Gesetz über den Auswärtigen Dienst eine eigene rechtliche Grundlage.

In den Jahren 1992 und 1993 hatte der Auswärtige Dienst etwa 8000 bis 9000 Angehörige, wobei rund 1600 dem höheren Dienst angehörten. Etwa ein Drittel davon arbeitete im Auswärtigen Amt, der Rest an den zu diesem Zeitpunkt vorhandenen 237 diplomatischen und konsularischen Vertretungen im Ausland.


Berlin

1999 verlegte das Auswärtige Amt seinen ersten Dienstsitz nach Berlin, wo es die Räume des ehemaligen Zentralkomitees der SED im Haus am Werderschen Markt, dem früheren Erweiterungsbau der Reichsbank bezog (die unmittelbar danebengelegene Reichsbank wurde bei den Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg restlos zerstört). Das Gebäude wurde seit August 1996 durch den als Generalplaner beauftragten Berliner Architekten Hans Kollhoff für 288 Mio. DM umgebaut und im Dezember 1999 fertiggestellt. Aus Platzgründen wurde ein zusätzlicher Erweiterungsbau auf dem Nachbargrundstück notwendig. Der 168 Mio. DM teure Neubau der Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann, in Form eines Kubus mit drei Lichthöfen, konnte im November 1999 eingeweiht werden. Die Schlüsselübergabe für den Gesamtkomplex erfolgte am 20. Januar 2000. Im Bonner Gebäude wurde ein Zweitsitz behalten, in dem nach wie vor über 450 Mitarbeiter beschäftigt sind.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Um 1800 - Band II, Verlag F. Bruckmann München, 1908

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