Bad Tölz

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Bad Tölz (bis 1899 Tölz) ist die Kreisstadt des oberbayerischen Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Die Kurstadt liegt an der Isar rund 50 Kilometer südlich von München und zählt gut 19.000 Einwohner. Sie stellt das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Altlandkreises Bad Tölz dar und ist für ihre Altstadt, die Nähe zu den Bergen und die Tölzer Leonhardifahrt bekannt.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Bad Tölz.

Georg Greck

Sonstige

Stadtführer

Historische Informationen von Bad Tölz

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(c) Karte: CC-BY-SA OpenStreetMap.org contributors

Geschichte

Frühgeschichte und Mittelalter

Ab 550 siedelten erstmals Bajuwaren auf dem Gebiet des Ried, dem heutigen Mühlfeld, am östlichen Isarufer. Im 7. Jahrhundert wurden diese heidnischen Bajuwaren von Rupert von Salzburg zum Christentum bekehrt, der dort zudem ein St.-Michaelis-Baptisterium errichtete.[4] Diese Siedlung, Reginried genannt,[5] fiel jedoch marodierenden Ungarn zum Opfer. Neben dieser Ansiedlung auf dem Mühlfeld, entstand mit dem Gries am Isarufer eine zweite, wo sich vor allem Flößer, Kalkbrenner und andere Handwerker niederließen. Im Ried siedelten vor allem Schmiede und Wagner, die von der Lage an der Salzstraße, aus Reichenhall und Hallein Richtung Allgäu, profitierten. Ab dem 9. Jahrhundert entstanden dort viele Wetzstein- und Sägemühlen am Ellbach, worauf sich der Name Mühlfeld bezieht.[5]

Tölz wurde 1155 erstmals urkundlich als „Tolnze“ erwähnt. Zurück geht der Name auf Hainricus de Tolnze (Heinrich von Tollenz), der aus einem Ort nahe Pressath in der Oberpfalz, dem heutigen Döllnitz, stammte. Urkunden von 1198 und 1202 erwähnen ihn auch als „Dominus Tolnzar de Hohenburc“. Um 1180 vermählte er sich mit Irmingard, der Tochter Gebhards von Hohenburg aus dem Geschlecht der Richer, der auf der Hohenburg in Lenggries beheimatet war.[6] Durch seine Teilnahme an Reichs- und Landtagen galt Heinrich von Tollenz als angesehener herzoglicher Lehensträger. Auf dem Gebiet der heutigen Stadtpfarrkirche ließ er ab 1180 die erste Tölzer Burg errichten, daneben die erstmals 1262 als „Kapella Tolnze“ erwähnte Kirche.[4]

Ludwig I. beauftragte Heinrich mit der weiteren Erschließung des Isarwinkels. Dadurch wuchsen die beiden Siedlungskerne an Gries und Mühlfeld zusammen, verbunden durch den Sämerpfad, wo vor allem Lager- und Wirtshäuser entstanden. Aus diesem Sämerpfad wurde später die Marktstraße, bekam diesen Namen aber erst 1624, als der Ort ein staatliches Salzamt erhielt. Laut Stephan Bammer sei die Marktstraße aber im 13. Jahrhundert planmäßig errichtet worden.[7]

Georg Westermayer, der Verfasser der erstmals 1871 veröffentlichten „Chronik der Burg und des Marktes Tölz“, wofür er 1879 mit dem Ehrenbürgerrecht ausgezeichnet wurde,[8] nennt jedoch andere Ursprünge von Tölz. Laut Westermayer geht der Ort auf eine römische Siedlung names Tollentium oder nach anderen Quellen Tollusium zurück.[9] Dabei beruft er sich auch auf Johannes Aventinus und dessen „Annales Bojorum Lips.“ sowie Karl Roth und seine „Beiträge zur deutschen Sprach-, Geschichts- und Ortsforschung“,[10] der die frühen Ortsnamen tholanza sowie dolanza erwähnt. Des Weiteren beschrieb Westermayer die keltische Besiedlung der Region. Funde und Bodendenkmäler zeugen von dieser keltischen (etwa das Koronafeld bei Gaißach, Funde aus der Hallstattzeit) und später römischen Besiedlung des Gebietes, der Ortsname leite sich von keltischen tol für Tal ab.[11] Eine römische Siedlung bestätigte der Historiker Wilhelm Schmidt. Diese bestand zumindest seit der Zeit des Germanicus.[12] Diese römische Ansiedlung soll bereits ein wichtiger Knotenpunkt an mehreren Römerstraßen gewesen sein.

Hainricus de Tolnze stammte laut Westermayer nicht aus der Oberpfalz, sondern aus Schäftlarn. Er beweist ihn als Zeuge einer Schenkung 1180 von Rudiger von Lindahe und verweist auf Erwähnungen in einer Urkunde des Klosters Schäftlarn von 1182,[13] wo er auch als Tolnzar mit seinen Rittern erwähnt wird. Andere Quellen sprechen ebenfalls gegen eine oberpfälzische Herkunft, so Stephan Glonners „Geschichtsnotizen fürs Isarthal“ der verwandtschaftliche Beziehungen zu früheren Herren der Hohenburg erwähnt, sowie Lang in seiner „Bavaria“, der ihn einem altansässigen Geschlecht zuordnet und dessen Verschwägerung mit Bernhard dem Jüngeren von Weilheim benennt. Heinrich von Tollenz verwaltete mehrere Burgen und aufgrund seines Ansehens begleitete er Otto von Wittelsbach bei dessen Verhandlungstagen. Diese führten ihn erst in die Oberpfalz, nach Amberg und Regensburg, neben den Grafen von Wasserburg und Falkenstein. Heinrich von Tollenz stand auch in der Gunst von Kaiser Heinrich VI., der ihn unter den berufenen Zeugen schon als „oberbayerischen Ritter“ erwähnt.[14] Auch bei Ludwig dem Kelheimer fand sich Heinrich von Tollenz regelmäßig ein.

In seiner 2017 veröffentlichten „Kurzen Geschichte von Bad Tölz“ bezweifelt der Kulturwissenschafter Stephan Bammer aber die These des römischen Ursprungs von Tölz. Westermayer habe sich zu sehr auf Mutmaßungen von Aventinus gestützt. Bammer hingegen verweist auch auf den quellenkritischeren Historiker Josef Katzameyer. Die früheste Erwähnung eines auf „Tölz“ bezogenen Ortsnamen lässt sich erst ab dem 12. Jahrhundert nachweisen, tatsächlich sei der Ursprung aber weiterhin in der Siedlung Reginried zu suchen.[15] Als Reginprehtesried wurde der Ort bereits 1073 erwähnt. Der Name bezieht sich dabei auf den Rodungsplatz (Ried) eines Reginbrecht. Zu dieser Zeit unterlag der Ort der Herrschaft Hohenburgs.[16] Noch bis 1214 wurde die Bezeichnung Reginried genutzt.

Das älteste Urbar des Herzogtum Bayerns von 1240 erwähnt Tölz und Hohenburg nicht als grundbare Ortschaften des Herzoghofs, da beide noch im Besitz des Tölzer Geschlechtes waren. Das Landesurbar von 1281 bezeichnet Tölz als „herzogliches Amt von ansehnlichem Umfange“ und nennt es als eines der bedeutendsten der 55 bayerischen Ämter.[17] Um 1245 entbrannte eine Fehde zwischen Herzog Otto II. und Otto von Meranien. Letzterer musste als Vogt der Klöster in Benediktbeuern und Tegernsee Überfälle erdulden. Neben diesen Klöstern und weiteren kleineren Ortschaften, konnte auch Tölz den Angriffen der rund 500 Mann starken Söldnertruppe des Herzoges nicht entgehen.[18] Im Verlaufe des Mittelalters stand Tölz weiterhin mehrmals im Zentrum von Fehden. So 1301 zwischen Konrad von Egling zu Hohenburg und Philipp von Waldeck, die beide Güter im Isarwinkel besaßen.[19] Vor 1262 übernahm Konrad I. von Tölz und Hohenburg das Gebiet.[20] 1281 wurden im Urbar des Herzogtums Baiern das Gries, die Burg und die Mühlen am Ried als „Markt“ bezeichnet, obwohl Tölz das Marktrecht erst 1331 durch Kaiser Ludwig den Bayern verliehen wurde.[4][20] Etwa um 1200 entstand die erste Isarbrücke über den damals noch reißenden Fluss. Sie lag rund 100 Meter flussaufwärts der heutigen Brücke und verband die heutige Römergasse mit dem anderen Ufer. Aufgrund der Hochwasserschäden musste diese Holzbrücke alle sechs bis acht Jahre ersetzt werden.[21] Nach dem Tod der letzten Erben derer von Tollenz fielen Tölz und Burg an die Wittelsbacher. Die prekären Vermögensverhältnisse des Herrscherhauses brachten Herzog Rudolph am 5. August 1300 dazu, Tölz und Umgebung an Freising zu verpachten.[22] Nach zehn Jahren sollten Rudolph oder ein Erbe das Pfand wieder auslösen, ansonsten würde es „auf ewig“ an Freising fallen, jedoch war der Bischof von Freising auch nach 15 Jahren noch Besitzer von Tölz. 1328 bekundete der Tölzer Pfleger Konrad der Maxlrainer, dass man sich „wegen der Veste Tölz verglichen habe“ und der Ort fiel wieder an die Wittelsbacher.[23]

Die Wälder der Umgebung waren Grundlage für das Gewerbe der Flößerei. Die Zunft der Flößer verfügte über 24 Meister und zahlreiche Gesellen in Tölz. Bereits 1320 war die Tölzer Flößerzunft mächtig genug, den umliegenden Bauern die Flößerei ihres eigenen Holzes zu verbieten.[24] 1374 wurde das erste Siegel des Tölzer Marktes, das „Sigillum Civium In Tollentze“ verliehen, das heutige Stadtwappen. Durch die Lage an mehreren Handelswegen, der Salzstraße zwischen Allgäu und Reichenhall, sowie dem Wasserweg auf der Isar Richtung München und Donau, gelangte Tölz zu Wohlstand. „Der große Brand“ vernichtete 1453 die Marktstraße, Stadtpfarrkirche, Burg und Teile des Grieses. Nach dieser Feuersbrunst wurde die Marktstraße in Stein planmäßig neu errichtet mit großer Hilfe von Herzog Albrecht III., der diesen Wiederaufbau aus eigener Kasse bezahlte und insbesondere durch seine Liebe zu Agnes Bernauer bekannt wurde.[25] Ab 1460 entstand eine neue Burg. Nach dem Brand leiteten Kaspar I. Winzerer, sowie später dessen Sohn Kaspar II. Winzerer und Enkel Kaspar III. Winzerer als Pfleger und Burghüter die Geschicke von Tölz. Noch 40 Jahre vor dem Erlass des bayerischen Reinheitsgebotes begann im Jahre 1476 in Tölz die Biersiederrei. Bereits zu Ende des 15. Jahrhunderts hatte der Ort seine maßgebliche Größe erreicht, die er bis Ende des 19. Jahrhunderts beibehielt.[20]

1492 gaben die Herzöge Wolfgang und Christoph die Losung „nach Tölz“ auf und ließen Ort und Schloss von ihren Söldnern plündern. Grund dafür war, dass sie sich von Albrecht IV. für ihren Thronverzicht als zu gering entschädigt ansahen. Beide sandten an Märkte und Städte Schreiben mit der Aufforderung zur Huldigung. Nur die Pfleger von Tölz, damals Kaspar II. Winzerer, Kelheim und Schwandorf verweigerten das und sandten das Schriftstück an ihren Herzog.[26] Albrecht IV. nahm das Treuebekenntnis der Tölzer 1491 wohlwollend an und forderte Tölzer für seine Streitkraft gegen den Löwlerbund an, was allerdings die Verteidigung des Ortes schwächte.

Frühe Neuzeit

Während des Dreißigjährigen Krieges forderte Maximilian I. 3000 Gulden von Tölz für seine Kriegskasse.[27] Wurden bereits ab 1618 ausgewählte Tölzer und Benediktbeurer eingezogen, um den „neuen Modus“ unter Hauptmann Hannibal von Herliberg zu vollziehen, so wurde im Mai 1622 das „Fenndl (Fähnlein) zu Töltz“ abgezogen, um bei Rain zu Tillys Heer zu stoßen. Dabei waren die Tölzer bei der Eroberung Heidelbergs beteiligt.[28] Am 20. Mai 1632 erreichten die ersten schwedischen Truppen Tölz. Da tags zuvor Wolfratshausen von diesen verwüstet wurde, wagten die Tölzer keinen Widerstand. Bei Unterhandlungen mit dem Pfleger Cäsar Crivelli forderten die Schweden 600 Gulden, um Tölz vor Brandschatzung zu schonen. Da der Markt diese Summe selbst nicht aufbringen konnte, wurde die Summe von Bürgern bezahlt und die Schweden stellten daraufhin einen Accordschein aus, der Tölz vor künftiger Plünderung bewahren sollte, der sich aber rasch als wertlos erwies.[28] Bereits am nächsten Tag erschienen weitere schwedische Truppen mit Geschützen, die erneut 2000 Gulden verlangten. Nach Bitten und Flehen senkten sie zwar ihre Forderung auf 500 Gulden, doch konnten auch diese nicht aufgebracht werden, so dass Schloss und Markt geplündert und verwüstet wurden. Die Schweden beschossen den Markt zudem vom heutigen Kalvarienberg aus und zündeten ihn an drei Stellen an.[29] Auf der Hohenburg in Lenggries war man beschäftigt, sich gegen die Schweden vorzubereiten, als Tölzer eintrafen und um Hilfe beim Kampf gegen das Feuer und die Schweden baten. 200 Mann zogen daraufhin nach Tölz und „schlugen die Schweden todt“. Auf Bitten verblieben die Hohenburger in Tölz, Crivelli sammelte seine Truppen und am 26. Mai wurden die abziehenden Schweden bei Kirchbichl und Dietramszell geschlagen. Die Pestjahre 1633 (27 Erwachsene) und 1634 (von April bis Juni 100 Erwachsene)[30] entvölkerten den Ort jedoch weiter. Die Blütezeit der für ihre Kunstschreiner bekannten Handwerker- und Flößerstadt (Tölzer Kästen) wurde dadurch beendet.

1631 gab es in Tölz bereits 22 Brauereien, mit Absatz bis ins Werdenfelser Land und nach Tirol. Hauptabnehmer wurde die Stadt München (8.730 Eimer Bier im Jahr 1782, 5600 Hektoliter). Nach der Schlacht am Kahlenberg bat Max Emanuel am 11. Februar 1686 Tölz um 1.000 Gulden für sein Heer, um die Türken aus Ungarn zu drängen. Zudem forderte er 90 Tölzer für seine Streitkraft an.[31] Auf mit Vorräten beladenen Floßen begaben sich die Tölzer im April 1686 auf Isar und Donau zum Lager der bayerischen Hilfsarmee vor Ofen und am 2. September wurde die Stadt von den Türken befreit. Noch 1751 waren die Nachfahren von in Ungarn verbliebenen Tölzern nachweisbar.[32]

Während des Spanischen Erbfolgekrieges, in dem die Österreicher Bayern besetzten, stand Tölz im Mittelpunkt des Aufstandes der Oberländer Bauern. Der Kriegskommissär Matthias Ägidius Fuchs konnte den Tölzer Pflegskommissär Joseph Ferdinand Dänkel für seine Pläne gewinnen. Dieser befahl den Bürgermeistern, darunter Hans Christoph Kyrein, das Aufstellen von Truppen. Das Standquartier der Aufständischen befand sich dabei im Höckhenhaus, dem Geburtshaus des Weinwirtes Johann Jäger. Diese drei bewegten die Einheimischen zum Aufstand, wobei sie auch Drohungen nutzten.[33] Auch versprochene 8.000 Gewehre aus der Lenggrieser Hohenburg erwiesen sich dabei als Lüge. Am 17. Dezember 1705 gründete sich die „Kurbayerische Landesdefension des Oberlandes“ und das Tölzer Patent rief daraufhin alle Landespatrioten zum Widerstand auf.[34] In der Sendlinger Mordweihnacht fand diese Erhebung ihr tragisches Ende. Laut Johann Nepomuk Sepp zogen 2.769 Oberländer über Schäftlarn nach Sendling, wobei rund 500 aus Tölz und Umgebung stammten.[35]

Am 19. März 1742 fielen unter Franz von der Trenck Truppen der Panduren und Tollpatschen infolge des Österreichischen Erbfolgekrieges in Tölz ein. Durch Friedrich Nockher, dem Stifter des Kalvarienberges, der aus eigener Tasche mehrere hundert Gulden an die Panduren bezahlte, konnte die Brandschatzung des Ortes abgewendet werden. Beim Abzug einer Abteilung Panduren am 12. April wurden diese von Isarwinkler Bauern angegriffen und Trencks Adjutant Christian Gondola bei Kirchbichl vom Gaißacher Bacherbauern Joseph Heimkreiter getötet. Weitere fünf Panduren fanden bei diesem Angriff den Tod, während man Trencks Gesellschaftsdame verschonte. Gondolas Säbel und seine ledernen, silberbestickten Handschuhe befinden sich heute im Tölzer Stadtmuseum.[36] Dieser Angriff hatte jedoch Konsequenzen. Am 22. Mai erreichte Trenck mit Tollpatschen Gaißach und forderte die Auslieferung des Bacherbauern. Da das verweigert wurde, ließ Trenck ein Anwesen nach dem anderen, schließlich 22, in Brand stecken und nacheinander zehn Gaißacher töten. Daran erinnert heute die „Kapelle zum abgebrannten Kreuz“.[37] Nach Androhung weiterer Repressalien wurde Heimkreiter, der sich am Rechelkopf versteckt hielt, schließlich ausgeliefert und am 7. Juni in München zu Tode geprügelt. Eine Plünderung von Tölz konnte erneut Friedrich Nockher abwenden, der am 26. Mai abermals 4000 Gulden Blutgeld bezahlte. Ein Student aus Lenggries sandte als Provokation darauf einige Pfennige an Trenck, worauf dieser in Lenggries drei Höfe niederbrennen ließ. Einheimische Bauern vertrieben daraufhin die Panduren, aber eine Festnahme Trencks misslang. 1743 quartierten sich österreichische Truppen in Tölz ein.

Ab 1750 erlebten Flößerei und Holzhandwerk eine erneute Blütezeit. Dabei wurden Holz, Kalk und Möbel aus dem Isarwinkel auf der Isar und Donau bis nach München, Wien und Budapest transportiert. Infolge eines schweren Unwetters stürzten 1770 weite Teile des Fürstlichen Schlosses ein. Das Schloss war ein Ausbau der letzten Burg. Es wurde daraufhin abgetragen, die Steine auf der Isar nach München transportiert und dort in der Residenz verbaut. Schlossgarten und Weiher befanden sich an der Stelle des heutigen Parkplatzes am Schlossplatz und des Bürgergartens, das Schloss größtenteils auf dem verbliebenen, nicht planierten Sporn, auf dem sich heute ein Kindergarten befindet.

Neuzeit

Unter Jean-Victor Moreau durchzogen 1796 französische Truppen den Markt. Um den Ort bei Moreaus Rückzug zu sichern, übernahm Albert von Pappenheim die Verteidigung des Marktes, jedoch kamen zunächst keine Franzosen mehr nach Tölz. Das geschah erst am 16. Juli 1800, einen Tag nach dem Waffenstillstand von Parsdorf, als 20 Husaren Tölz erreichten.[38] 1808 erhielt Tölz die Municipalverfassung. 1809 waren die Tölzer Schützen beim Kampf gegen die Tiroler beteiligt, Tölzer Landwehr verteidigte Lenggries am 17. Juli gegen einen Tiroler Einfall.

1861 entstand auf dem Griesfeld das schlossartige Städtische Krankenhaus, das das damalige Krankenhaus am Krottenbach von 1822 ablöste. Es wurde 1889 erweitert und blieb das Städtische Krankenhaus, bis es 1990 seinerseits von einem großen, modernen Bau im Badeteil abgelöst wurde (heutige Asklepios Stadtklinik).

Im Jahre 1846 entdeckte der Drechslersohn Kaspar Riesch am Sauersberg Deutschlands stärkste Jodquellen. Als Jäger beobachtete er, wie sich angeschossenes Wild an bestimmten Quellen aufhielt.[39] Eine Flasche dieses Quellwassers trug er zum Tölzer Arzt Betz. Bald darauf bestätigte Otto Sendtner aus München diese Entdeckung. Karl Raphael Herder und Gustav Höfler gründeten darauf 1856 das westlich der Isar gelegene Krankenheil Tölz, als Jodschwefelquellen- und Jodsodamineralbad.[40][41] Ein Aufschwung dieses Ortsteils durch den aufkommenden Kur- und Badebetrieb setzte ein. Zwischen 1856 und 1900 wurden weitere Quellen entdeckt.

Ab 1867 verlangte das „Eisenbahn-Comité in Tölz“ eine eigene „Holz- und Kohlenbahnlinie“. 1869 begann die Vermessung der Strecke und drei Jahre später wurde der erste Bauabschnitt vollendet.[42] 1874 wurde die Bahnstrecke Holzkirchen–Tölz als Vicinalbahn eröffnet. Das erste Bahnhofsgebäude, komplett aus rotem Backstein, entstand im selben Jahr. Nach dem Weiterbau der Strecke nach Lenggries 1924 wurde zeitgleich im Südosten der Stadt ein neuer, größerer Bahnhof errichtet. Architekt war der Münchener Georg Buchner. Die alten Bahnanlagen wurden daraufhin aufgegeben. An ihrer Stelle befindet sich heute die Fach- und Berufsoberschule und im weiteren Verlauf die Eisenburger Straße.

Am 22. Juni 1899 wurde dem Ort der Titel „Bad“ verliehen,[43] die Ortsbezeichnung „Krankenheil“ verschwand.[44] Der Münchner Architekturprofessor Gabriel von Seidl belebte ab 1903 das verfallene[44] Stadtbild von Tölz durch neue Bauten im Heimatschutzstil. Durch ihn entstanden neue Gebäude, Fassadenmalereien und große Umgestaltungen, die das Bild der Stadt bis heute prägen. Einen bedeutenden Anteil an der positiven Entwicklung von Tölz trug Markt- und später Stadtbaumeister Peter Freisl (1874–1945), der zwischen 1901 und 1937 dringend notwendige bauliche Maßnahmen verwirklichte, die Tölz von einem ländlichen Marktflecken zu einem modernen Badeort machten.[45] Bereits Ende des 19. Jahrhunderts prangerte er Verfall und marode Zustände an, auch bei öffentlichen Gebäuden. Obwohl Wirtschaftszweige wie Flößerei, Brauerei, Kalk- und Kohlebrennerei oder der Handel mit der berühmten Kistlerware noch ertragreich waren, beklagte er das „Fehlen einer Perspektive für die künftige Entwicklung“.[46] Denn die Umstände zur Jahrhundertwende änderten sich dramatisch. Durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes verlor die Flößerei an Bedeutung, die Tölzer Brauereien wurden weniger. Das Königreich Bayern begann sich vom Agrar- zum Industriestaat zu entwickeln. An Hauptstrecken der Bahn gelegene Orte wie Rosenheim gewannen an Bedeutung und überflügelten kleinere Märkte wie Tölz.[46] Magistratsbeschlüsse, wie die Auflösung der lateinischen Schule störten ebenfalls die Entwicklung von Tölz. Da also viele traditionelle Standbeine Ende des 19. Jahrhunderts wegbrachen, sollte der Badebetrieb mit seinem Potential stärker genutzt werden. Dessen Anfänge sieht Freisl rückblickend in seiner „Tölzer Baugeschichte“ sehr kritisch. Stützen konnte er sich allerdings auf den 1888 gegründeten „Ortsverschönerungs, Kur- und Fremdenverkehrsverein“. Prägend waren so die von Freisl initiierten Neubauten und Umgestaltungen, Grundstücksankäufe, die Verbesserung der Hygiene, etwa durch den Bau des Waldfriedhofes und dem Verdrängen von Schlachthöfen aus dem Ortsinneren, der Neu- und Ausbau von Schulen, sowie die Verbesserung der Infrastruktur (neue Straßenzüge, Isarbrücke, Bahnhof).[47] Bad Tölz, Gedenktafel zur Stadterhebung durch den Prinzregenten Luitpold

Bereits 1888 war Tölz an das Stromnetz angeschlossen und drei Elektrizitätswerke beleuchteten, neben privaten und öffentlichen Gebäuden, auch Straßenzüge. Ab 1. Juni 1905 nahm die erste Kraftpostlinie Deutschlands ihren ständigen Betrieb zwischen Bad Tölz und Lenggries auf. Eine weitere positive Entwicklung erlaubte es Prinzregent Luitpold, am 14. Oktober 1906 dem Markt Bad Tölz das Stadtrecht zu verleihen. Im selben Jahr wurde Franz Edler von Koch Direktor der „Krankenheiler Jodquellen A.G.“

Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem Tölz 150 Gefallene und Vermisste, bei rund 6.000 Einwohnern zu beklagen hatte, setzte ein erneuter Aufschwung des Tourismus und Kurbetriebes ein. Besuchten Tölz im Jahr 1919 4.418 Kurgäste und 7.118 Ausflügler, bei 162.077 Übernachtungen, steigerte es sich bis 1928 auf 12.714 Kurgäste und 10.341 Ausflügler bei 315.796 Übernachtungen.[48] Aufgrund der hohen Anzahl norddeutscher Gäste wurde bereits 1879/80 die Johanneskirche erbaut, die erste evangelische Kirche des Oberlandes, für deren Bau Kaiser Wilhelm 1.000 Reichsmark spendete.[49]

Nach dem Bau des Walchenseekraftwerkes 1924 führte die Isar kaum noch genug Wasser zur Flößerei. Durch den Bau des Sylvensteinspeichers in den Jahren von 1954 bis 1959 wurde der Fluss weiter gezähmt, 1961 das Kraftwerk Bad Tölz fertiggestellt, welches seitdem die Isar auf mehr als einen Kilometer anstaut. 1928 wurde der EC Bad Tölz gegründet, der sich später zu einem der traditions- und erfolgreichsten bayerischen Eishockeyvereine entwickelte und damit der Grundstein gelegt, Tölz den Ruf einer „Eishockeystadt“ zu geben. 1934 entstand das Natureisstadion, das 1952 zum Kunsteisstadion umgebaut wurde. SS-Junkerschule in Bad Tölz im Jahr 1942

Im Dritten Reich nahmen 1934 die erste der SS-Junkerschulen, sowie eine NS-Beamtenschule in Bad Tölz den Lehrgangsbetrieb auf.[50] Der Bau der Junkerschule war ursprünglich auf einer Anhöhe Richtung Wackersberg geplant, allerdings hätte das wohl das Ende des Kurbetriebes bedeutet. Von Adolf Hitler sind zwei Besuche in Tölz belegt, zuletzt 1932. Mitte 1940 wurde in Bad Tölz ein Außenlager des KZ Dachau errichtet. 1940/41 wurde in Bad Tölz und Umgebung aus Einheimischen die 97. Jäger-Division „Spielhahnjäger“ aufgestellt. Diese kam im Russlandfeldzug, in Polen, der Ukraine und im Kaukasus zum Einsatz und wurde bei Kriegsende 1945 in der Tschechoslowakei aufgelöst.

Am 27. März 1945 wurde in Bad Tölz noch die 38. SS-Grenadier-Division „Nibelungen“ aufgestellt, überwiegend aus Angehörigen der Junkerschule und der Hitlerjugend. Bis in die letzten Kriegstage lieferte sich in Bad Tölz und Umgebung die SS-Division „Götz von Berlichingen“ Gefechte mit den anrückenden US-amerikanischen Streitkräften. Die Wehrmacht war bereits am 26. April abgezogen.[51] Dabei wurden die Isarbrücke bei einem deutschen Sprengversuch und Teile der unteren Marktstraße durch amerikanischen Artilleriebeschuss stark beschädigt. Der Widerstand der Waffen-SS, meist sehr junge, zwangsrekrutierte Soldaten,[52] soll die Amerikaner zu der Drohung veranlasst haben, Tölz „wie Aschaffenburg zu bombardieren“. Aufgrund einsetzenden Schneefalls seien nahende Bomber jedoch wieder abgezogen.[53][54][55] Auch der gerade in Tölz kurende Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt soll zur Schonung des Ortes beigetragen haben.[52] In der Nacht vom 1. auf den 2. Mai 1945 besetzte die 36. Infanteriedivision („Texas Division“) der US-Amerikaner unter Brigadegeneral Robert Stack die Stadt.[56] Die Waffen-SS zog daraufhin Richtung Gaißach, Wackersberg und Lenggries ab.

Von 1.300 Einberufenen hatte Tölz im Zweiten Weltkrieg 361 Gefallene und 92 Vermisste zu beklagen.[57]

Das ausbleibende Bombardement, das manche Einheimische noch heute als „Wunder von Tölz“ bezeichnen, führte dazu, dass der riesige Reichsadler, der ein Hakenkreuz in den Krallen hielt und seit 1934 an der Isarbrücke stand, nach dem Krieg eingeschmolzen und zum Dank in eine Marienstatue gegossen wurde, die heute den Brunnen in der unteren Marktstraße ziert.[58] Der bislang hölzerne Brunnen war dabei zuvor von betrunkenen SS-Junkern beschädigt worden.[59]

Nach Kriegsende wurde die SS-Junkerschule von den US-amerikanischen Streitkräften übernommen. Der US-General George S. Patton übernahm nach dem Krieg das Amt des Militärgouverneurs von Bayern und regierte vorübergehend von Bad Tölz aus. Zum Gedenken an einen gefallenen Freund taufte er die Junkerschule in „Flint-Kaserne“ um. Bis zum Abzug 1991 war die Flint-Kaserne, neben einer Ingenieursschule, auch europäischer Stützpunkt der Special Forces, vulgo Green Berets. Über dem Haupteingang prangte der Schriftzug „Cleanest American Camp In Europe“. Die Kaserne existiert in ihrer ursprünglichen Architektur heute nicht mehr, da die Gebäude nur teilweise erhalten geblieben sind. Die Sporteinrichtungen, darunter ein Fußballstadion und ein Gebäude, das als Turnhalle, für Boxen und Ballspiele genutzt und auch mit einer Sauna und einem geheizten Pool ausgestattet wurden, das Kino und der Torbogen über dem Haupteingang existieren nicht mehr. Dennoch ist das Äußere und der Grundriss der ehemaligen Kaserne noch weitgehend erkennbar. Allerdings, sind die Gebäude im Inneren komplett umgebaut, da die Stadt ab 1998 mit einer großangelegten Umgestaltung begann. Dort finden sich heute unter dem Namen „Flint-Center“ diverse Ämter, Geschäfte und Gaststätten, die Polizeiinspektion und im Hof der ehemaligen Kaserne die architektonisch reizvolle „Schnecke“ (deren Baukosten vom Bund der Steuerzahler moniert wurden).

Im Jahr 1956 wurde der Tölzer Knabenchor in der Stadt gegründet. 1969 wurde Bad Tölz als Heilklimatischer Kurort und 2006 als Moorheilbad anerkannt. Mit dem Alpamare eröffnete 1970 in Tölz Europas erstes rein privat finanziertes und betriebenes Erlebnisbad. Mit seinen zahlreichen Attraktionen wurde das Alpamare überregional bekannt und mehrfach ausgezeichnet, am 30. August 2015 wurde der Betrieb jedoch wegen mangelnder Rentabilität nach 45 Betriebsjahren eingestellt, nachdem das angeschlossene, traditionsreiche Hotel „Jodquellenhof“ bereits einige Monate zuvor in seinem 125. Betriebsjahr schließen musste. Die 1996 bis 2009 gesendete Fernsehserie Der Bulle von Tölz machte die Stadt vor allem außerhalb Bayerns sehr populär und beliebt. 2005 wurde das neue Eisstadion, die moderne Hacker-Pschorr-Arena (mit zwei Eisflächen) eröffnet. Dieses löste das alte Peter-Freisl-Stadion, den sogenannten Wellblechpalast, ab und dient auch als Austragungsort von Veranstaltungen wie Konzerten und Messen.


Text: Wikipedia

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