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Biberach an der Riß

Biberach an der Riß ist eine Kreisstadt im nördlichen Oberschwaben. Biberach war Reichsstadt (nach 1648 Paritätische Reichsstadt), ist seit 1. Februar 1962 Große Kreisstadt und ist die größte Stadt des gleichnamigen Landkreises.

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Inhaltsverzeichnis

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(c) Karte: CC-BY-SA OpenStreetMap.org contributors

Geschichte

Frühzeit

Ein Zeugnis der frühen römischen Besiedlung findet sich in Form einer Villa rustica im städtischen „Burrenwald“ (♁48° 7′ 10,2″ N, 9° 44′ 28,7″ O). Ausgrabungsergebnisse datieren den römischen Gutshof auf das 2. nachchristliche Jahrhundert. Reste des Hofes sind im städtischen Braith-Mali-Museum zu besichtigen. Weitere römische Fundstellen liegen in den Fluren „Birkenstock“, „Mauren“ bei Stafflangen und „Kirchäcker“ bei Ummendorf.[3] Die Gutshöfe versorgten die Grenztruppen am Limes. Karte von 1643

Reichsstadt

Die erstmalige urkundliche Erwähnung Biberachs erfolgte 1083. Damals lag das heutige Stadtgebiet im Herzogtum Schwaben. Um 1170 wurde die Marktsiedlung gegründet und 1226 wurde diese erstmals als Stadt erwähnt. 1281/82 wurde Biberach von Rudolf I. von Habsburg zur Reichsstadt erhoben. 1312 wurde das Ulmer Recht eingeführt.[4] Um 1239 erfolgte die Gründung des Spitals, eine karitative Einrichtung für alle Bürger, die bis heute Wälder besitzt und das Bürgerheim (Altersheim) betreibt. Im Gegensatz zu anderen Reichsstädten gelang es Biberach nicht ein über die Stadtgrenze hinausgehendes Territorium zu bilden. Das Umland gehörte stets zu anderen Herrschaften. Mit der Einführung der Baumwolle im 14. Jahrhundert wuchs Biberach zu einer bedeutenden Weberstadt heran. Biberacher Barchent und Leinwand wurden nach ganz Europa exportiert. Mehrere Weberhäuser aus dem 15. Jahrhundert sind noch erhalten.

Das Dorf Baltringen gehörte zum Biberacher Spital. Dort war 1524 ein Zentrum des Deutschen Bauernkriegs.

Ab 1500 gehörte die Reichsstadt zum Schwäbischen Reichskreis. Infolge der Reformation entwickelte sich Biberach zu einer konfessionell gemischten Reichsstadt. Im Dreißigjährigen Krieg besetzten am 20. April 1632 schwedische Truppen die Stadt und ließen am nächsten Tag den evangelischen Taufstein wieder in der Stadtpfarrkirche aufstellen. Am 31. Mai 1632 näherten sich Kaiserliche unter dem Kommando von Oberst Wolfgang Rudolf von Ossa der Stadt. Die Katholiken der Stadt wurden drei Tage lang in der Stadtpfarrkirche eingesperrt und erst wieder freigelassen, als Ossa nach seinem am 2. Juni unter schweren Verlusten gescheiterten Sturm auf die Stadt abzog. Nachdem die Schweden unter Feldmarschall Graf Gustaf Horn am 7. September 1633 mit der Belagerung von Konstanz begonnen hatten, nutzte der Oberbefehlshaber über das Heer der Kaiserlichen Graf Johann von Aldringen die Gelegenheit und stieß am 24. September nach Biberach vor. Die Kaiserlichen beschossen am 26. September den Weißen Turm mit Kanonen und übernahmen die Stadt am 27. September. Doch bereits am 25. März 1634 eroberten die Schweden die Stadt wieder zurück, konnten sie aber nicht lange halten. Am 6. September erlitten sie in der Schlacht bei Nördlingen eine schwere Niederlage; Horn geriet in Gefangenschaft. Danach eroberten die Kaiserlichen fast ganz Süddeutschland zurück.[5] Durch den Westfälischen Frieden von 1648 wurde für Biberach sowie für Ravensburg, Augsburg und Dinkelsbühl ein paritätisches Regierungs- und Verwaltungssystem eingeführt

Trotz der im Dreißigjährigen Krieg erlittenen Schäden stieg die Einwohnerzahl in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf über 4.000 Einwohner an. Damit überholte Biberach das seit dem Spätmittelalter wesentlich wichtigere Fernhandelszentrum Ravensburg.

Durch die Entwicklung der modernen Artillerie wurde die bestehende Stadtbefestigung – bestehend aus einem doppelten Mauerring mit bis zu zwei Meter dicken und bis zu sechs Meter hohen Mauern, niedrigeren Zwingermauern, Tief- und Wassergräben sowie den Türmen und Stadttoren – militärisch überflüssig. Sie wurden in Friedenszeiten lediglich zur Erhebung des Einlassgeldes benötigt. Deswegen wurde 1790 damit begonnen, die äußere schwächere Mauer, die Zwingermauern und einzelne Mauerpartien der inneren Mauer abzureißen.

Württembergische Zeit

Infolge des Friedens von Luneville und des Reichsdeputationshauptschluss kam Biberach an das Kurfürstentum bzw. spätere Großherzogtum Baden, welches am 25. September 1802 von der Stadt Besitz ergriff. Es wurde aber schon 1806 durch die Rheinbundakte gegen die Städte Villingen, Bräunlingen und Tuttlingen sowie die Grafschaft Bonndorf an das Königreich Württemberg ausgetauscht, das die Stadt am 24. Oktober 1806 in Besitz nahm.[6] 1810 wurde Biberach zur Oberamtsstadt erhoben und Sitz des württembergischen Oberamts Biberach, das mit kleineren Änderungen an die Stelle des kurzzeitig gebildeten Oberamts Ochsenhausen trat.

Im Februar 1813 wurde ein franzosenfeindlicher Anschlag an die vier Stadttore geheftet. Als Reaktion darauf wurde der Abbruch sämtlicher Mauerwerke in Biberach angeordnet, aber nicht durchgeführt. Im Oktober 1836 wurden die Torsperre und das Torgeld mit Rücksicht auf weitere Beitritte zum Deutschen Zollverein aufgehoben. Damit verlor die Stadtbefestigung ihre letzte Bedeutung als finanzielle Schutzwehr und es folgten weitere Abbrüche, bei denen die Mehrzahl der Tore und Türme abgerissen wurde. Lediglich ein kleiner Teil der Mauer zwischen dem Weißen Turm und dem Gigelbergturm sowie im Bereich des Ulmer Tores blieb erhalten.[7]

Am 26. Mai 1849 wurde die Bahnstrecke Ravensburg-Biberach dem Verkehr übergeben und somit die Stadt an das Streckennetz der Württembergischen Eisenbahn angeschlossen. Ab 29. Juni 1850 stand dann eine durchgehende Verbindung von Stuttgart nach Friedrichshafen zur Verfügung.[8]

Bei den Verwaltungsreformen während der NS-Zeit in Württemberg wurde aus dem Oberamt 1934 der Kreis Biberach, aus dem 1938 der Landkreis Biberach hervorging.

Biberach im Zweiten Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs wurde 1939 auf dem Gelände der heutigen Bereitschaftspolizei von der Wehrmacht ein Kriegsgefangenenlager namens „Lager Lindele“ eingerichtet. Dort waren sowjetische Kriegsgefangene untergebracht, von denen 146 ums Leben kamen. Ab September 1942 wurden Bewohner der Kanalinseln Guernsey und Jersey nach Deutschland deportiert, ein Teil von ihnen kam ins Lager Lindele. Im November 1944 wurden hier 149 orientalische Juden aus Tripolis eingesperrt. Im Januar 1945 kamen 133 Häftlinge aus dem KZ Bergen-Belsen dazu, vorwiegend niederländische Juden. Die in dieser Zeit in Biberach gestorbenen Juden wurden 1945 auf dem jüdischen Friedhof in Laupheim begraben.[9]

Während des Krieges kam es mehrmals zu Luftangriffen auf Biberach. Beim ersten Angriff am 24. Juli 1944 wurde ein D-Zug aus Berlin von Tieffliegern angegriffen; ein Mensch kam dabei ums Leben. Anfang April 1945 wurde ein Lazarettzug beschossen. Hierbei gab es 13 Tote. Am 12. April erfolgte der schwerste Angriff auf Biberach: sieben alliierte Flugzeuge bombardierten das Gebiet um den Bahnhof, betroffen waren die Ulmer-Tor-Straße, Bahnhofstraße, Bürgerturmstraße und der Obstmarkt. 55 Menschen wurden getötet, 14 verletzt. 37 Gebäude wurden bei dem Angriff zerstört, 24 schwer beschädigt, 15 mittelschwer und etwa 100 leicht. In den Tagen nach diesem Angriff kam es zu einzelnen Tieffliegerangriffen, bei denen insgesamt sechs Menschen getötet wurden.

Elf Tage nach dem Angriff wurde die Stadt am 23. April 1945 von französischen Streitkräften besetzt. Die geplante Verteidigung Biberachs wurde nicht umgesetzt: ein hier zu diesem Zweck befindliches Bataillon wurde abgezogen, die Männer des Volkssturms nach Hause geschickt. Zudem öffneten örtliche Bürger zuvor angelegte Panzersperren. Um 16:30 Uhr rollten die ersten französischen Panzer auf den Marktplatz und Bürgermeister Joseph Hammer übergab die Stadt. Dennoch gab es in der Umgebung noch mehrere Gefechte zwischen deutschen und französischen Truppen: An der Mittelbiberacher Steige starben zwölf deutsche Soldaten bei dem Versuch, die Franzosen aufzuhalten. Beim Jordanbad wurde ein französischer Soldat getötet. Daraufhin stellten die Franzosen ihren Vormarsch auf die Stadt ein und beschossen sie. Dabei wurde eine unbekannte Zahl Zivilisten getötet oder verwundet. Auch nach der Besetzung der Stadt kam es im Umland immer wieder zu Gefechten zwischen französischen Truppen und versprengten deutschen Einheiten, die die Franzosen bei ihrem schnellen Vormarsch durch Oberschwaben hinter sich gelassen hatten.[10]

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute

Die Stadt Biberach befand sich 1945 in der Französischen Besatzungszone und kam somit 1947 zum neu gegründeten Land Württemberg-Hohenzollern, welches 1952 als Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern im Land Baden-Württemberg aufging.

Um nach dem Krieg rund 12.500 Vertriebene aus Ostpreußen, Schlesien und Pommern in Biberach unterbringen zu können, mussten dringend Wohnungen gebaut werden. Durch die Gründung der „Biberacher Wohnungshilfe“, den Erwerb von Genossenschaftsanteilen, privaten Darlehen und der Unterstützung durch die Stadt konnte am 2. Juli 1949 der erste Spatenstich für drei neue Häuser auf dem Galgenberg erfolgen. Bis 1958 wurden 1500, bis 1962 insgesamt 3.000 neue Wohneinheiten gebaut. Zusätzlich mussten auch neue Schulen gebaut werden. Die erste war die Dollinger-Schule am 18. April 1953, der kurze Zeit später das neue städtische Gymnasium auf den Pflugwiesen im März 1962 folgte. Im selben Jahr wurde auch der Bau der Volksschule Birkendorf beschlossen.[11]

Durch die Zuwanderung überschritt die Stadt Anfang der 1960er Jahre die Schwelle von 20.000 Einwohnern. Die Stadtverwaltung stellte daraufhin den Antrag auf Erhebung zur Großen Kreisstadt, dem die Landesregierung von Baden-Württemberg zum 1. Januar 1962 zustimmte. Durch die Eingliederung der vier Nachbargemeinden Stafflangen, Ringschnait, Rißegg und Mettenberg in den Jahren 1972 bis 1975 erreichte das Stadtgebiet seine heutige Ausdehnung.[12] Bei der Kreisreform zum 1. Januar 1973 wurde der Landkreis Biberach vergrößert.

Um die einzige Eisenbahnbrücke am Eselsberg zu entlasten, wurde 1971 etwa einen Kilometer weiter südlich im Zuge der Königsbergallee eine Talquerspange errichtet, die Riß und Bahnlinie überquert. Die Brücke wurde zum Teil auf einem vorhandenen Bahndamm errichtet, der Teil einer bereits vor dem Ersten Weltkrieg geplanten Bahnstrecke nach Uttenweiler war. Diese wurde aber nie verwirklicht.[13] Bereits einige Jahre zuvor, von 1958 bis 1968, wurde die alte B 30 im Bereich der Ulmer und Memminger Straße vierspurig ausgebaut, um die Innenstadt von Nord-Süd-Verkehr zu entlasten. Ein weiterer Schritt in diese Richtung erfolgte 1981, als die B 30 im Zuge eines Neubaus autobahnähnlich ausgebaut und nach Osten verlegt wurde. Um die Innenstadt noch weiter zu entlasten, wurde die sogenannte „Nord-West-Umfahrung“ von der B 312 entlang des Flugplatzes in das Rißtal südlich von Warthausen gebaut und 2013 freigegeben. Es ist geplant, die Nordwestumfahrung von dort aus über einen anschließenden Aufstieg nach Mettenberg mit der B 30 zu verbinden.[14]

Am 27. Juni 1983 stieß ein französisches Kampfflugzeug des Typs Mirage IIIC (Kennzeichen 342/33-CR) mit einem Geschäftsreiseflugzeug des Typs Partenavia P.68 (Luftfahrzeugkennzeichen D-GFPH) über der Stadt zusammen. Der Jagdbomber stürzte dabei in einem Wohnviertel nahe der Arzneimittelfabrik Thomae im Stadtteil Birkendorf ab. Sieben Personen wurden bei dem Unfall getötet und 13 weitere verletzt.



Text: Wikipedia

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