Borgward

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Borgward war ein Markenname, unter dem zwischen 1939 und 1963 in und um Bremen Personen- und Lastkraftwagen hergestellt wurden.

Borgward war außerdem von 1920 bis 1969 Namensbestandteil verschiedener Unternehmen, die teils nacheinander, teils nebeneinander existierten. Alle diese Unternehmen waren durch anteiligen oder vollständigen Besitz oder durch ihre Gründung mit dem Ingenieur und Automobilfabrikanten Carl Friedrich Wilhelm Borgward (1890–1963) verbunden.

1961 geriet die Unternehmensgruppe, größter Arbeitgeber Bremens, in finanzielle Schwierigkeiten, die nach einem bis heute umstrittenen Krisenmanagement zum Untergang des Unternehmens und der Marke Borgward führten.

Reklamemarke

Geschichte

Anfang mit dem Blitzkarren

Die Bremer Kühlerfabrik Borgward & Co. stellte ab 1924 den „Blitzkarren“[1] her, ein offenes Dreiradfahrzeug mit einer Ladekapazität von fünf Zentnern, das nach der Inflation in Deutschland als Kleinlieferwagen eine Marktlücke fand. Der Fahrer saß auf einem Motorradsattel hinter der Hinterachse, die Ladepritsche befand sich zwischen dem einzelnen Vorderrad und der Hinterachse. Diese wurde über einen Riemen von einem Einzylinder-Zweitaktmotor (von DKW, später Ilo) mit einem Hubraum von 120 cm³ und einer Leistung von 2,2 PS angetrieben. Das Gefährt hatte Klotzbremsen an den Hinterrädern; Kupplung und Schaltgetriebe gab es nicht: Der Fahrer schob das Fahrzeug an und sprang auf, sobald der Motor lief.

Gründung einer GmbH

1925 trat der Kaufmann Wilhelm Tecklenborg mit einer Einlage von 10.000 RM in das junge Unternehmen ein, nachdem er zuvor für 60.000 RM eine Lizenz zum Bau des Blitzkarrens der „Bremer Aufbau-Industrie“ verkauft hatte. Borgward brachte als Stammeinlage die vorhandenen Maschinen in die GmbH ein. Außerdem gingen die Urheberrechte am Blitzkarren an die Gesellschaft über. Grundstücke und Gebäude blieben Borgwards Privatvermögen. Der Betrieb hieß nun Fahrzeugwerke Borgward & Co. G.m.b.H.

Tecklenborg konnte eine beträchtliche Anzahl von Blitzkarren an die Reichspost verkaufen, die sie in Bremen zur Briefkastenleerung und Zustellung von Paketen einsetzte.

Neben dem Blitzkarren brachte Borgward 1925 den Goliath heraus; einen „Vorderlader“ mit der Ladepritsche über der jetzt zweirädrigen Vorderachse und einem zusätzlichen Soziussitz gegen Aufpreis. Das Modell Goliath Standard hatte eine Nutzlast von 500 kg und war mit einem 350-cm³-Motor von 7,5 PS Leistung mit Kupplung, Getriebe und einer Bremse an allen Rädern versehen. In der Bremer Neustadt reichten die alten Gebäude in der Steinstraße 28 für die Erweiterung der Produktion nicht aus und Borgward und Tecklenborg erwarben nicht weit entfernt ein teilweise bebautes Fabrikgelände in der Industriestraße. In den folgenden Jahren entstanden weitere Modelle. Die Nachfrage nach Blitzkarren und „Goliath“ war für die damalige Zeit sehr gut; täglich konnten acht Stück von beiden Modellen gebaut und verkauft werden. Schwierigkeiten brachte nur eine verkehrspolizeiliche Vorschrift, der zufolge die Fahrzeuge einen Rückwärtsgang erhalten und bereits ausgelieferte Fahrzeuge entsprechend nachgerüstet werden mussten. Ende der 1920er Jahre war jedes vierte Nutzfahrzeug im Deutschen Reich ein „Goliath“.

Gründung von Goliath und Übernahme der Hansa-Lloyd Werke A.-G.

Die Firma Fahrzeugwerke Borgward & Co. wurde 1928 in Goliath-Werke Borgward & Co. geändert. Diese baute ab 1931 den Dreirad-Personenwagen „Goliath Pionier“, einen Zweisitzer mit 200-cm³-Ilo-Zweitaktmotor im Heck, Leistung 5,5 PS, Höchstgeschwindigkeit ca. 60 km/h. 1931/32 war der „Pionier“ das meistproduzierte Personen-Kfz in Deutschland. Ab 1929 erwarben Carl Borgward und sein Teilhaber Wilhelm Tecklenborg die Aktienmehrheit der Automobilfabrik Hansa-Lloyd Werke A.-G. mit Werken in Bremen-Hastedt und Varel, die von der allgemeinen Wirtschaftskrise in erheblichem Maße betroffen war. Um ein Vergleichsverfahren abzuwenden, übernahmen Borgward und Tecklenborg auch die Verbindlichkeiten gegenüber den Banken. Das Hansa-Lloyd-Werk in Varel wurde 1930 geschlossen. Die beiden Unternehmen Hansa-Lloyd und Goliath wurden verschmolzen und firmierten ab dem 31. Dezember 1931 als „Hansa-Lloyd und Goliath-Werke Borgward & Tecklenborg oHG“.

Borgward wird Alleinunternehmer

Um eine breitere finanzielle Basis zu bekommen, gründeten Borgward und Tecklenborg gemeinsam mit vier anderen Bremer Kaufleuten 1936 eine Aktiengesellschaft mit fünf Millionen Reichsmark Grundkapital, die als Hansa-Lloyd-Goliath Werke AG firmierte. Da sich Borgward bald von seinen neuen Partnern bevormundet fühlte und allein die Führung übernehmen wollte, wurde diese AG nur ein Jahr später wieder aufgelöst. Besonders Wilhelm Tecklenborg hatte finanzielle Bedenken wegen der schnellen Expansion und fürchtete um sein Geld.

Bei der Auflösung der Aktiengesellschaft im Jahr 1937 bekam Tecklenborg als Abfindung vier Millionen Reichsmark, was unter Berücksichtigung der Inflation einer heutigen Kaufkraft von etwa 16.540.000 Euro entspricht.[2] Borgward war nun alleiniger Eigentümer und nannte sein Unternehmen Hansa-Lloyd-Goliath Werke Carl F. W. Borgward. Der Erfolgskurs konnte fortgesetzt werden und die produzierten Fahrzeuge wurden immer größer. Dies zeigte sich in den Sechszylindermodellen Hansa 1700, Hansa 3500 „Privat“ und Borgward 2300. Im Lkw-Bereich war Borgward einer der bedeutendsten Produzenten im Deutschen Reich.

Nach Eröffnung des neuen Autowerks in Bremen-Sebaldsbrück am 23. September 1938 änderte der Inhaber die Firma noch einmal: Seine Unternehmensgruppe hieß nur noch Carl F. W. Borgward.

Zweiter Weltkrieg

Der Schell-Plan zwang Borgward zur Umstellung seiner Produktpalette. Während des Zweiten Weltkriegs war das Unternehmen ein Hauptlieferant für Halbkettenfahrzeuge wie Schützenpanzer, Zugmaschinen, Ladungsträger. Auch Torpedos wurden produziert. Das 1938 eröffnete Werk in Bremen-Sebaldsbrück wurde bei dem Luftangriff auf Bremen vom 12. Oktober 1944 zu 58 Prozent, das Goliath-Werk in Hastedt zu 87 Prozent zerstört.[3]

Zum Schutz vor den Luftangriffen der Alliierten wurde im Winter 1943/1944 unter Leitung der Organisation Todt im Wald von Nadah, größtenteils von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, das „Außenwerk Ottersberg“ errichtet. In die sechs Hallen in Massiv- und Holzbauweise wurde der wichtige Motorenbau ausgelagert und täglich aus Bremen mit Lkw Zwangs- oder „Ostarbeiter“ dorthin zur Arbeit gefahren.[4] Bereits vorher war die Getriebe- und Achsenfertigung nach Delmenhorst verlagert worden. Im neuen Werk Sebaldsbrück unterhielt die SS vom 25. August 1944 bis zum schweren Luftangriff im Oktober 1944 ein Außenlager des KZ Neuengamme, das KZ Bremen-Sebaldsbrück (Borgward), mit etwa 1000 polnischen und russischen Männern, die vom KZ Auschwitz überstellt worden waren. Die Häftlinge waren in den oberen Etagen eines alten Fabrikgebäudes auf dem Borgward-Gelände in Sebaldsbrück untergebracht und mussten sowohl im dortigen Werk als auch im alten Stammwerk Hastedt in der Rüstungsproduktion arbeiten. Nach knapp zwei Monaten ließ die SS das KZ räumen und die KZ-Häftlinge wurden in das KZ Farge und später ins Stammlager KZ-Neuengamme gebracht.[5]

Nachkriegszeit

Nach Kriegsende bauten Mitarbeiter zunächst aus noch vorhandenen Teilen im Werk Sebaldsbrück das frühere Wehrmachts-Lkw-Modell B 3000 weiter und fertigten auch, ohne ausdrückliche Erlaubnis der britischen Besatzungsmacht, mit den wieder instandgesetzten Maschinen neue Teile. Da Carl Borgward wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP nach 1945 die Werke zunächst nicht führen durfte, leitete Wilhelm Schindelhauer den Betrieb als Custodian (Verwalter). Er war seit 1917 bei Hansa-Lloyd, seit 1938 kaufmännischer Direktor von Borgward sowie ehemaliger SPD-Bürgerschaftsabgeordneter und er leitete erfolgreich bis 1957 den Gesamtverkauf PKW und LKW.

Borgward kam nach 9 Monaten aus amerikanischer Haft frei und durfte erst nach dem Entnazifizierungsverfahren im Sommer 1948 seine Werke wieder betreten. Während der Haftzeit arbeitete er weiter an einem Entwurf von 1940, aus dem später der Borgward Hansa 1500 wurde. Anregungen für die Form hatte Borgward während der Internierung amerikanischen Autozeitschriften entnommen, die ihm die Wachleute ausliehen. Die erste Neukonstruktion nach dem Krieg hatte als erster deutscher Mittelklasse-Pkw eine Pontonkarosserie.

Um mehr Rohstoffzuteilungen zu erhalten, teilte Borgward 1949 sein Unternehmen in drei Einzelunternehmen auf:

Carl F. W. Borgward G. m. b. H. Automobil- und Motoren-Werke, Stammwerk in Bremen-Sebaldsbrück

Goliath-Werk G. m. b. H., Werk in Bremen-Hastedt

Lloyd Maschinenfabrik G. m. b. H., anfangs auf dem Areal des Goliath-Werks in Bremen-Hastedt, Anfang 1951 umbenannt in Lloyd-Motoren-Werke G. m. b. H und Umzug in eine ehemalige Munitionsfabrik in Bremen-Neustadt

Die Unternehmen produzierten Fahrzeuge der Marken

Borgward („Hansa“ war nur eine Modellbezeichnung)

Goliath (PKW-Modelle hießen ab 1958 „Hansa“)

Lloyd (Modell „Arabella“ auch unter der Marke Borgward)

Als sehr erfolgreich erwies sich der Kleinwagen Lloyd LP 300 mit Zweitaktmotor und einer Sperrholzkarosserie mit Kunstlederbespannung. Er war im Marktsegment unterhalb des VW Käfer lange führend, in überarbeiteten Versionen behauptete sich die Modellreihe ein Jahrzehnt lang am Markt. Im Volksmund wurde dieser Verkaufsschlager „Leukoplastbomber“ genannt. Mit dem Hansa 1800 Diesel war ein Pkw mit Dieselmotor im Borgward-Programm – niemand sonst außer Daimler-Benz hatte ein solches Modell.[6]

Borgward entwickelte ab 1949 auch das erste Automatikgetriebe in Deutschland, ein Strömungsgetriebe mit einem Flottenversuch im Hansa 1500.[7] In den 1950er Jahren wurde Borgward der viertgrößte deutsche Automobilhersteller: Ende des Jahrzehnts arbeiteten fast 23.000 Menschen bei der Unternehmensgruppe. Auch im Automobilrennsport engagierte sich Borgward.

Borgward Hansa 2400, Isabella, P 100, Arabella

1952 wurde der Hansa 2400 präsentiert und zunächst mit Schrägheck (bis 1955) gebaut; zusätzlich war er von 1953 bis 1958 als „Pullman“-Limousine mit Stufenheck erhältlich. Vom Fließheckmodell wurden in drei Jahren 743 Wagen gebaut. Wegen der schwachen Bremsen der frühen Exemplare und des unbefriedigenden selbstentwickelten automatischen Getriebes trug der ansonsten sehr aufwendig und solide gebaute Wagen Rufmängel davon; darüber hinaus traf möglicherweise die stromlinienförmige Fließheckkarosserie nicht den Geschmack der Oberklassekundschaft. Die „Pullman“-Limousine mit Stufenheck fand noch weniger Käufer. Trotz des 1955 stark verbesserten „Pullman“-Modells, von dem in drei Jahren 345 Exemplare entstanden, verließen in fünf Jahren nur 656 Fahrzeuge das Werk. Nachfolger der „Pullman“-Limousine war 1959 der „Große Borgward“ P 100, erster deutscher Pkw mit Luftfederung.

Größter Verkaufserfolg in der Mittelklasse wurde die 1954 vorgestellte Borgward Isabella (60 PS, 135 km/h, 1500 cm³ Hubraum), die, alle Ausführungen zusammengerechnet, 202.862 Mal gebaut wurde. Als TS-Version mit 75 PS erreichte die Isabella Fahrleistungen der damaligen Sportwagen. Die Isabella war insbesondere als Coupé einer der deutschen Traumwagen der Wirtschaftswunderzeit schlechthin. Sie war mit zahlreichen anfänglichen Mängeln behaftet; erst drei Jahre nach Serienbeginn galt sie als ausgereift. Sie wurde bis 1962 gebaut. Das Karosseriebauunternehmen Deutsch in Köln baute die Isabella zu eleganten und heute begehrten Cabriolets um.

Der Chef bestimmte die Gestaltung fast aller Automodelle bis ins Detail mit. Weitere Modelle unterhalb der Isabella waren der Alexander und die Arabella, in der Oberklasse der P 100. Die Arabella litt in der Anfangszeit wie viele andere Borgward-Modelle unter erheblichen Qualitätsmängeln, die das Image der Marke ungünstig beeinflussten. Die ersten Wagen dieses Modells mussten mit einem Finanzaufwand von insgesamt rund 1.000.000 DM im Werk nachgebessert werden. Später stellte sich heraus, dass der Preis der Arabella zu knapp kalkuliert war, jedes gefertigte Standardmodell brachte dem Unternehmen mehrere Hundert Mark Verlust ein, obwohl der ohnehin wenig attraktive Preis von rund 5.200 DM über dem etwa gleich großen DKW Junior mit etwa 4.800 DM und dem VW Export mit 4.600 DM lag.

Hubschrauber

Eine von Henrich Focke geleitete Mannschaft von 25 Borgward-Mitarbeitern entwickelte ab 1956 in einer Halle des Borgward-Werks Sebaldsbrück den dreisitzigen Hubschrauber Focke-Borgward BFK-1 (Pilot und zwei Passagiere). Es wurden zwei Prototypen angefertigt, die 1958 flugfähig waren und die Namen Kolibri I und Kolibri II erhielten.[8][9] Letzterer war mit einer geschlossenen Kabine ausgestattet. Borgward rechnete mit Aufträgen der neu aufgestellten Bundeswehr, die jedoch kein Interesse zeigte. Johannes Semler, Aufsichtsratsvorsitzender der neu gegründeten Borgward-Werke AG, stoppte das bis dahin 4,3 Millionen DM teure Projekt im Februar 1961 – für eine weitere Entwicklung fand sich kein neuer Investor, und die beiden serienreifen Kolibris kamen als Übungsobjekte zur Flughafenfeuerwehr Bremen und wurden später verschrottet. Einige Teile sind im Hubschraubermuseum Bückeburg ausgestellt.[10]

Motorsport

Von 1950 bis 1958 beteiligte sich Borgward am internationalen Motorsport, beginnend mit Rekordfahrten in Montlhéry. Initiator dieses Engagements war der Rennfahrer und frühere Ingenieur und Werkssportleiter der Auto Union, August Momberger (1905–1969), der sich nach dem Krieg in Hude (Oldenburg) niedergelassen hatte und dort zusammen mit Martin Fleischer, dem späteren Chefingenieur von Goliath, sowie weiteren Ingenieuren der Auto Union ein Konstruktionsbüro unter dem Namen INKA (Ingenieur-Konstrukteurs-Arbeitsgemeinschaft) betrieb. Die erste Verbindung zwischen Borgward und Momberger war der Auftrag, den Zweitaktmotor für den Lloyd LP 300 zu entwickeln.

Projekt INKA

Carl F. W. Borgward, der bereits vor dem Krieg „Sportrennwagen“ bauen wollte, scheute zu Beginn des Wiederaufbaus die hohen Kosten des Motorsports, bis ihn August Momberger begeisterte, auf dem Chassis des Borgward Hansa 1500 einen Rekordwagen mit dem 66-PS-Zweivergasermotor des „Sportcabriolets“ bauen zu lassen. Auf den Zentralrohrrahmen des Hansa setzte Momberger eine offene stromlinienförmige Karosserie, die dem unter seiner Leitung von Wanderer für die Fernfahrt Lüttich–Rom–Lüttich gebauten Vorkriegsrennwagen ähnelte. Hersteller der Karosserie war Rudy in Delmenhorst.

Die Fahrten des Borgward Hansa 1500 Typ Inka in Montlhéry begannen am 18. August 1950 und endeten mit zwölf Rekorden in der Klasse F bis 1,5 Liter Hubraum; unter anderem 172 km/h über 1000 Meilen. Die Fahrer waren August Momberger, Adolf Brudes, Heinz Meier und Karl-Heinz Schäufele.

Rennsportwagen von Borgward

Die Erfolge in Montlhéry waren ausschlaggebend, dass sich Borgward an Sportwagenrennen beteiligte. Für die Saison 1952 entwickelten Mitarbeiter der INKA-Gruppe (Momberger war zu Goliath gewechselt) den Rennsportwagen Borgward RS mit Leiterrahmen und De-Dion-Hinterachse. Der Motor leistete zunächst 80 PS, die bis Anfang des Jahres 1953 auf 102 PS gesteigert werden konnten.

Beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring belegten Karl-Günther Bechem/Theo Helfrich/Adolf Brudes auf Borgward Hansa 1500 RS Platz drei im Gesamtklassement hinter Alberto Ascari/Giuseppe Farina auf Ferrari 375 MM Vignale und Ian Stewart/Roy Salvadori auf Jaguar C-Type. Im gleichen Jahr startete Borgward mit zwei Renncoupés mit Aluminiumkarosserie bei den 24 Stunden von Le Mans. Höhepunkt der Saison 1953 sollte für Borgward die Teilnahme an der Rallye Carrera Panamericana sein, bei der Brudes jedoch mit seinem RS schwer verunglückte und Hans-Hugo Hartmann als Führender in der Klasse der leichten Sportwagen disqualifiziert wurde, weil er die Vorgabezeit in der letzten Etappe geringfügig um sieben Sekunden überschritten hatte. Diese Disqualifikation wegen einer Kleinigkeit aber brachte Borgward ein großes Echo in der Presse.

Trotz stetiger Weiterentwicklung der Rennsportwagen und insbesondere der Motoren nahmen die Erfolge im Laufe der Jahre stetig ab, sodass sich Borgward Mitte 1958 entschied, auf die Teilnahme am Rennsport zu verzichten, obwohl die Wagen 1957/58 mit Fahrern wie Hans Herrmann und Joakim Bonnier einen Aufwärtstrend hatten erkennen lassen. Vor allem waren aber die Kosten, die der Rennsport verursachte, zu hoch und die Werbewirksamkeit für einen Hersteller, der keine Sportwagen anbot, sehr gering.

Der RS-Motor wurde auch nach Borgwards Ausstieg aus dem Motorsport weiterentwickelt und für die Formel 2 unter anderem in Cooper-Chassis eingesetzt. 1963 und 1964 meldete das private deutsche Team Borgward-Kuhnke-Lotus zwei Lotus 18, die mit dem Borgward-Motor ausgestattet waren, zu mehreren Formel-1-Rennen. Zu dieser Zeit war der Motor allerdings bereits veraltet; das Team erreichte nur einzelne Zieleinläufe.

Konkurs

Ende 1960 wurde bekannt, dass Borgward nur mit Millionenkrediten aus öffentlicher Hand bestehen konnte. Für das im Winter stagnierende Kfz-Geschäft beantragte die Borgward-Gruppe Ende 1960 bei Banken, im Wesentlichen der Bremer Landesbank, einen Kredit über 30 Millionen DM, der in drei Monatsraten à zehn Millionen DM ausgezahlt werden und für den erneut der Bremer Senat bürgen sollte.

Ursächlich war ein mangelnder Liquiditätsgrad, der nach dem schwachen Verkauf des Modells Lloyd Arabella und durch Exportrückgänge, vor allem in die USA, offenkundig wurde. Der Unternehmensinhaber hatte mit einer fast beispiellosen Modellvielfalt die Möglichkeiten seines Unternehmens überschritten. Er bot ähnlich viele Automodelle an wie Daimler-Benz mit der übernommenen Auto Union, ohne dass es für all diese Fahrzeuge die nötige Nachfrage gab und rentable Stückzahlen hätten produziert werden können. Carl F. W. Borgward galt als ein begnadeter Ingenieur, aber auch ein Unternehmenspatriarch, der sich jeglicher Beratung hinsichtlich der Unternehmensstrategie verschloss. So führten Typenvielfalt, unrationelle Arbeitsweise und Schwierigkeiten auf den Exportmärkten wenige Tage vor dem Weihnachtsfest 1960 zur Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens.

Seit Jahren litten die Borgward-Werke unter finanziellen und arbeitstechnischen Missgeschicken. Firmengründer Borgward bekannte einmal offen: „Fünf Minuten, bevor ich Geld einnehme, gebe ich es aus.“ Die finanzielle Seite seiner Unternehmen war ihm stets ein Gräuel. Seine Liebe gehörte der Autobastelei; das Konstruieren und Entwerfen stand für ihn im Vordergrund.[11]

Vermutlich von der Spiegel-Titelgeschichte „Der Bastler“[12] aufgerüttelt, wollte im Januar 1961 die Öffentlichkeit Details über die Situation bei Borgward wissen. Der unter Druck geratene Senat zog seine Bürgschaftserklärung über die letzten zehn Millionen DM der Kreditsumme zurück und die Banken gaben für Februar 1961 die Gelder nicht mehr frei.

Am 4. Februar 1961 kam es so zu einem der spektakulärsten Vorgänge der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Carl F. W. Borgward wurde vom Senat vor die Alternative gestellt, seine Unternehmen dem Land Bremen zu übereignen oder sofort in den Konkurs zu gehen. Nach über 13 Stunden Verhandlungen im „Haus des Reichs“, Sitz des Bremer Finanzsenators, willigte Borgward ein und übergab seine Unternehmen dem Land Bremen, das die Unternehmen als Borgward-Werke AG weiterführen wollte. Vorsitzender des Aufsichtsrats wurde der Münchener Wirtschaftsprüfer Johannes Semler, ein promovierter Jurist, der zur gleichen Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender von BMW Sanierungsaufgaben bei der Konkurrenz in München wahrnahm und den Vertrag mit Borgward aufsetzte. Die Neutralität des Wirtschaftsprüfers wurde daher im Nachhinein vielfach angezweifelt.

Alle Unternehmen der Borgward-Gruppe zusammen beschäftigten rund 20.000 Mitarbeiter[13], was etwa 20 Prozent der damals in Bremen insgesamt Beschäftigten entsprach.[11] Am 28. Juli 1961 stellten Semler und die drei Geschäftsführer der Borgward-, Lloyd- und Goliath-GmbH Anträge auf Eröffnung von Vergleichsverfahren, auf die sechs Wochen später am 11. September 1961 die Anschlusskonkursverfahren für Borgward und Goliath folgten, die 1969 endeten.[14] Die Immobilien und ein Teil des Maschinenparks der Lloyd-Motoren-Werke an der Richard-Dunkel-Straße in Bremen-Neustadt wurden noch vor Eröffnung des Konkursverfahrens für 29,8 Millionen DM vom Siemens-Konzern übernommen, der dort (zum Teil mit ehemaligen Mitarbeitern des Borgward-Konzerns) die Herstellung von Elektromotoren aufnahm.[15] Am 25. November 1961 wurde auch für Lloyd das Anschlusskonkursverfahren eröffnet[16]; es wurde 1966 beendet.

„Sanierer“ Semler verließ bereits Ende August 1961 den Aufsichtsrat der Borgward-Werke AG, laut deren Pressestelle „auf eigenen Wunsch, nachdem der ihm erteilte Auftrag erledigt ist“. Semlers nur acht Monate währende Tätigkeit in Sachen Borgward wurde seiner Firma Indufina („Industrie-Beteiligungs-und Finanzierungs-GmbH“) mit 250.000 DM vergütet.[17] Auf das Jahr 1961 bezogen entspricht dies inflationsbereinigt in heutiger Währung rund 550.000 Euro.[2] Die 650.000 Einwohner des Landes Bremen büßten dagegen 60 Millionen DM Steuergelder ein (heute rund 133.000.000 Euro)[2], die der Senat in den Borgward-Topf geworfen hatte, bevor er das Unternehmen dem Konkurs überantwortete. Damit verlor jeder Bremer Bürger durch die Borgward-Pleite etwa 100 DM. Die Borgward-Händler schätzten ihre direkten und indirekten Verluste auf insgesamt über 300 Millionen DM.[11]

Im Zuge der Abwicklung der Unternehmen konnten überraschenderweise alle Gläubigeransprüche aus den Unternehmensmassen befriedigt werden, das heißt, auch alle Kredite konnten zurückgezahlt werden. Deshalb wird das Vorliegen der Konkursreife von Kritikern bis heute bestritten. Ursachen waren außer der zu großen Modellpalette das unübersichtliche Finanzwesen. Carl Borgward selbst wurde nicht entschädigt; der Zugang zu seinen ehemaligen Werken wurde ihm vom Senat verwehrt.

Der Konkurs der Borgward-Gruppe, die 1959 unter den deutschen Automobilherstellern den fünften Platz nach Volkswagen, Opel, Daimler-Benz und Ford einnahm, war in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Schock für die damals noch junge Republik; später wurde er als „Anfang vom Ende“ des Wirtschaftswunders gesehen. Bis dahin war es in Deutschland nahezu unvorstellbar, dass es nach dem wirtschaftlichen Aufschwung der 1950er Jahre auch wieder bergab gehen könnte. Für die Geschichte der Stadt Bremen im 20. Jahrhundert war das Ende von Borgward der Beginn einer ganzen Serie von Pleiten traditioneller Bremer Betriebe, wie zum Beispiel AG Weser, Bremer Vulkan, Nordmende, Hansa-Waggonbau und DDG „Hansa“, der neben dem Verlust Tausender Arbeitsplätze auch mit dem Ausfall von Gewerbesteuern einherging.

Nach dem Konkurs

Carl F. W. Borgward überlebte sein Unternehmen nur um zwei Jahre, er starb 1963. Eine Gruppe von Investoren kaufte 1964 die Maschinen und die Rechte. Fabrica Nacional de Automoviles baute in den Jahren 1967 bis 1970 den Borgward P 100 als „230/230 GL“ in Mexiko nach.

Das Stammwerk Sebaldsbrück wurde von der hannoverschen Hanomag übernommen, die dort in den Folgejahren Kleintransporter („Harburger Transporter“), leichte Lkw und Baumaschinen produzierte. Nach der Übernahme von Hanomag-Henschel durch Daimler-Benz bekam das Werk 1971 wieder einen neuen Eigentümer, u.a. wurde dort von 1977 bis 1984 der „Bremer Transporter“ gebaut - das Werk gehört heute zum Geschäftsbereich Mercedes-Benz Cars der Daimler AG.

Das Borgward-Lkw-Werk in Osterholz-Scharmbeck wurde 1962 von der Büssing AG in Braunschweig übernommen. Mit einer Borgward-Lizenz wurden dort für den Bundesgrenzschutz bis 1968 ca. 165 Fahrzeuge Borgward B 2000 A/O 0,75 tgl Kübel (Allrad mit Ottomotor) gebaut mit dem Büssing-Löwen im Kühlergrill. Das Werk wurde 1969 an Faun verkauft und produziert heute (2013) als FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG Abfallsammelfahrzeuge und Kehrmaschinen.

Architektur der Gebäude in Bremen

Der wichtigste Architekt der Fabrikationsgebäude von Borgward war Rudolf Lodders. Das Borgward-Verwaltungsgebäude in der Sebaldsbrücker Heerstraße, das Goliath-Gebäude am Hastedter Osterdeich 222 und die Lloyd-Verwaltung in der Richard-Dunkel-Straße sind Industriebauten, die noch stehen.[18]

Wiederbelebung der Marke Borgward 2015

Seit 2005 arbeitet Christian Borgward, der Enkel Carl F. W. Borgwards, zusammen mit seinem Partner Karlheinz L. Knöss an der Rückkehr der Marke Borgward für Automobile. 2008 wurde die Borgward AG in der Schweiz und 2015 die Borgward Group AG in Stuttgart gegründet. Die Markenrechte an Borgward kaufte das chinesische Unternehmen Beiqi Foton Motor. Die Präsentation des „Borgward BX7“ und weiterer Modelle erfolgte in den Jahren 2015 und 2016.


Text: Wikipedia

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