Darmstädter Künstlerkolonie

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Die Darmstädter Künstlerkolonie war einerseits eine größtenteils mäzenatisch finanzierte Gruppe von Künstlern, die zwischen 1899 und 1914 – idealerweise bei übereinstimmenden künstlerischen Anschauungen – gemeinsam tätig waren. Andererseits bezeichnet der Begriff auch die Wirkungsstätte und die von den Künstlern errichteten Bauten auf der Mathildenhöhe in Darmstadt, in denen diese lebten und arbeiteten.

Reklamemarken

Entwurf: Bernhard Hoetger

Entwurf: Emil Pirchan

Serie 1

Serie 2

Geschichte

Gründung

Die Künstlerkolonie wurde 1899 durch Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein (Hessen-Darmstadt) ins Leben gerufen. Unter dem Leitspruch „Mein Hessenland blühe und in ihm die Kunst“ erwartete er aus einer Verbindung von Kunst und Handwerk eine wirtschaftliche Belebung für sein Land. Das Ziel der Künstler sollte die Erarbeitung neuzeitlicher und zukunftsweisender Bau- und Wohnformen sein. Dafür berief Ernst Ludwig als Mäzen die Jugendstilkünstler Peter Behrens, Paul Bürck, Rudolf Bosselt, Hans Christiansen, Ludwig Habich, Patriz Huber und Joseph Maria Olbrich nach Darmstadt.

Erste Ausstellung 1901

Die erste Ausstellung der Künstlerkolonie fand unter dem Titel Ein Dokument deutscher Kunst von Mai bis Oktober 1901 statt. Als Ausstellungsobjekte sollten die Kolonie mit den individuellen Künstlerhäusern, das Atelierhaus sowie verschiedene provisorische Bauten dienen. Zu den temporären Bauten gehörten das „Haus der Flächenkunst“, das „Spielhaus“ für die Darmstädter Spiele und das Hauptportal. Diese in zwei Monaten errichteten Holzbauten wurden nach fünf Monaten Ausstellungsdauer wieder abgebaut.

Die Schau wurde am 15. Mai mit einem Festspiel nach einer Idee von Peter Behrens eröffnet und erregte weit über die Grenzen Darmstadts hinaus Aufsehen, endete aber trotzdem im Oktober mit einem größeren finanziellen Defizit. Paul Bürck, Hans Christiansen und Patriz Huber verließen anschließend die Kolonie, wie in den folgenden Jahren auch Peter Behrens und Rudolf Bosselt.

Zweite Ausstellung 1904

Die zweite Ausstellung zeigte nach den großen finanziellen Verlusten bei der ersten fast nur provisorische Bauten. Neben Olbrich und Habich hatte die Kolonie 1904 Johann Vincenz Cissarz, Daniel Greiner und Paul Haustein als neue Mitglieder.

Dritte Ausstellung (Hessische Landesausstellung) 1908

Die dritte Ausstellung, an der nur hessische Künstler und Handwerker teilnehmen sollten, hatte als Schwerpunkt eine Kleinwohnungskolonie, um zu zeigen, dass moderne Wohnformen auch mit geringen finanziellen Mitteln möglich waren. Sie stand unter dem Motto für freie und angewandte Kunst. Der Kolonie gehörten zu dieser Zeit außer Olbrich auch Albin Müller, Jakob Julius Scharvogel, Josef Emil Schneckendorf, Ernst Riegel, Friedrich Wilhelm Kleukens und Heinrich Jobst an. In der Ausstellungsjury wurde berufen: Ludwig von Hofmann, Eugen Bracht, Erich Bantner, Karl Küstner, O. H. Engel, Ludwig Habich, Adolf Bayer, Wilhelm Bader und Richard Hölscher.

Vierte Ausstellung 1914

Der Schwerpunkt der letzten Ausstellung lag vor allem im Bereich des Mietwohnungsbaus, für den Albin Müller am Nordrand der Mathildenhöhe eine zusammenhängende Gruppe aus acht dreigeschossigen Mietshausbauten errichtete. Drei Häuser enthielten Mustereinrichtungen verschiedener Koloniemitglieder. Als rückwärtiger Flügel dieser Baugruppe wurde ein fünfgeschossiges Ateliergebäude errichtet. Die Wohnhauszeile wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, das Ateliergebäude mit seiner braun gebänderten Südfassade blieb aber erhalten.

Daneben entstand auf der Mathildenhöhe durch Bernhard Hoetger mit einem Skulpturenpark der neu gestaltete Platanenhain. → Hauptartikel: Platanenhain (Darmstadt)

Friedrich Wilhelm Kleukens verzierte den Hochzeitsturm mit dem Mosaik „Kuss“, einer Sonnenuhr und dem Portalschmuck und Albin Müller schuf das Lilienbecken vor der Russischen Kapelle, die Mosaiknische am Ausstellungsgebäude und den „Schwanentempel“. Das Eingangsportal zur Ausstellung, „Löwentor“ genannt und von Albin Müller entworfen, wurde später zurückgebaut und eingelagert. Die Säulen wurden beim Portal des Hochschulstadions wiederverwendet. Die sechs Löwen, von Hoetger geschaffen, stehen seit 1926 auf hohen, von Albin Müller gestalteten Klinkersäulen am Eingang zum Park Rosenhöhe.

Mitglieder der Kolonie waren zu dieser Zeit Heinrich Jobst, Friedrich Wilhelm Kleukens, Albin Müller sowie Emanuel Josef Margold, Edmund Körner und Bernhard Hoetger.

Hanns Pellar war an der Künstlerkolonie-Ausstellung 1914 bereits mit mehr als 20 Bildnissen (Zeichnungen, Ölgemälden und Pastellen) vertreten.

Auflösung der Künstlerkolonie

Als im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde die gerade laufende Ausstellung auf der Mathildenhöhe abgebrochen. Die Künstlerkolonie bestand während des Krieges weiter, aber es gab keine neuen Berufungen von Künstlern mehr. Spätestens mit der Abdankung des Großherzogs im Jahr 1918 hörte die Künstlerkolonie faktisch auf zu bestehen, formell wurde sie 1929 aufgelöst. Trotz der kurzen Dauer ihres Bestehens und der folgenden Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges stellen die Kunstwerke der Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe auch heute noch einen Glanzpunkt des Kulturerbes von Darmstadt dar.

Liste aller Mitglieder der Künstlerkolonie

Nach der in den 1930er Jahren verfassten, aber erst 2007 gedruckt veröffentlichten Autobiografie von Albin Müller (vgl. Literatur) ist eigentlich zwischen Mitgliedern, die nach ihrer offiziellen Berufung durch den Großherzog in Darmstadt ansässig und tätig waren, und solchen, die als Auswärtige zu Ausstellungen oder anderen Projekten eingeladen wurden, zu unterscheiden. Müller nennt als Beispiele für die zweite Gruppe Edmund Körner und Hanns Pellar, die sich nicht vollständig in die Künstlerkolonie integrieren konnten, weil sie ihren Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt nicht nach Darmstadt verlegten. Die betreffenden Künstler selbst haben sich jedoch durchweg ohne eine solche Differenzierung als Mitglieder der Künstlerkolonie verstanden.

Peter Behrens (1899–1903)

Rudolf Bosselt (1899–1903)

Paul Bürck (1899–1902)

Hans Christiansen (1899–1902)

Johann Vincenz Cissarz (1903–1906)

Daniel Greiner (1903–1906)

Ludwig Habich (1899–1906)

Paul Haustein (1903–1905)

Bernhard Hoetger (1911–1914)

Patriz Huber (1899–1902)

Heinrich Jobst (1907–1918)

Friedrich Wilhelm Kleukens (1907–1918)

Christian Heinrich Kleukens (1913–1918)

Edmund Körner (1911–1916)

Emanuel Josef Margold (1911–1929)

Albin Müller (1906–1914)

Joseph Maria Olbrich (1897–1908) – Gründungsmitglied und künstlerischer Leiter

Fritz Osswald (1913–1921)

Hanns Pellar (1911–1925)

Ernst Riegel (1906–1912)

Jakob Julius Scharvogel (1906–1914)

Josef Emil Schneckendorf (1906–1912)

Theodor Wende (1913–1921)


Text: Wikipedia

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