Deutsche Schillerstiftung

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Die Deutsche Schillerstiftung von 1859 mit Sitz in Weimar ist die älteste deutsche private Fördereinrichtung für Schriftsteller. Der Schwerpunkt ihres Wirkens liegt seit der Gründung 1855, ihrer Konstituierung 1859 und ihrer Wiedergründung 1995 in allgemeiner Literaturförderung durch dotierte Auszeichnungen für besondere schriftstellerische Leistungen. Nicht minder wichtig ist der Stiftung aber auch seit Anbeginn die finanzielle Unterstützung bedürftiger oder in Not geratener Schriftsteller oder ihrer Angehörigen.

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Geschichte

Gründung und erste Jahrzehnte: Querelen und Erfolg

Auf Initiative des Schriftstellers Julius Hammer wurde im Mai 1855 ein Verein als Schillerstiftung gegründet, der es sich zunächst zur Aufgabe machen sollte, einen Fonds zur Unterstützung der Hinterbliebenen verarmter Schriftsteller zu begründen. Er wurde dabei unterstützt von seinen Kollegen Wilhelm Wolfsohn, Berthold Auerbach und Karl Gutzkow. Die eigentliche Konstituierung der Stiftung fand jedoch erst im Oktober 1859 im Dresdner Zwingerpavillon statt. Weimar wurde zunächst Hauptsitz des Vereins. Bereits vorher waren der Stiftung Gelder zur Verfügung gestellt oder gesammelt worden.

Den Stiftungszweck formulierte Gutzkow prägnant: Sie solle „literarischen Talenten tatkräftig Beistand leisten sowie Schriftstellern im Falle schwerer Lebenssorge helfen, … Mangel vom Herde der Dichter abwehren, vielversprechenden Talenten Muße zur Vollendung poetischer Werke und den im Dienste der Musen Ergrauten ein sorgenfreies Alter“ verschaffen. Als erster Schriftsteller wurde Otto Ludwig bereits im Gründungsjahr mit 400 Talern unterstützt.

Nachdem bereits vor der offiziellen Konstituierung der Deutschen Schillerstiftung in vielen Städten Zweigvereine entstanden waren, u. a. in Berlin, Frankfurt am Main, Stuttgart, München, Breslau, Darmstadt, wurden direkt nach der Gründung weitere Zweigstiftungen initiiert, u. a. in Linz, Danzig, Köln, Augsburg, Lübeck, Königsberg und Wien, wo Kaiser Franz Joseph die Schirmherrschaft übernahm.

Großherzog Carl Alexander verlieh der Stiftung 1859 das Privileg einer „moralischen Körperschaft“ und bemühte sich, das Schiller-Haus in Weimar für sie zu erwerben und den Hauptsitz in Weimar festzuschreiben, was ihm jedoch erst 1890 gelingen sollte.

Da die rasch entstandenen Zweigvereine rechtlich selbständige Organisationen waren, gab es untereinander Streitereien und Eifersüchteleien: Der wirtschaftlich starke Dresdner Verein zum Beispiel mit seinen Wegbereitern der Stiftung wollte den Hauptsitz nach Dresden ziehen und nicht als Zweigverein gelten. In Dresden hatten die Hauptinitiatoren ja bereits 1855 eine Dresdner-Schillerstiftung gegründet und 1859 dann die äußerst erfolgreiche Schiller-Lotterie-Stiftung, im Jahr also der Konstitution der Deutschen Schillerstiftung. Der wesentlich finanzschwächere Weimarer Verein am Hauptsitz beanspruchte deshalb aus Dresden mehr Geld als von den übrigen Filialvereinen, was wiederum der damaligen Satzung widersprach. Zusätzliche Verwirrung entstand durch die persönliche Geschichte der Dresdner Initiatoren: Friedrich Anton Serre auf Maxen (* 1789; † 1863) hatte bereits 1842 zusammen mit Julius Hammer eine Tiedge-Stiftung gegründet, die ähnliche Zwecke verfolgte wie die Dresdner-Schillerstiftung, und war finanziell gescheitert. Auch deshalb erhielt die Stiftung am Gründungssitz Dresden die Rechte einer juristischen Persönlichkeit erst im September 1860. Nach dem überwältigenden Erfolg der Schiller-Lotterie-Stiftung wurde die Dresdner Filiale Serre zu Ehren in Serre’sche Zweig-Schiller-Stiftung zu Dresden umbenannt; die Lotterie hatte das beträchtliche Grundvermögen der Stiftung in Höhe von 300.000 Talern erbracht.

In der folgenden Verwaltungsperiode (1865–1869) wurde Wien zum Hauptsitz (in der damaligen Satzung Vorort genannt) der Stiftung, Vorsitzender des Verwaltungsrates wurde Friedrich Halm, Generalsekretär war bis 1870 Ferdinand Kürnberger. 1870 bis 1874 war Weimar wieder Hauptsitz mit Julius Grosse als Nachfolger Gutzkows als Generalsekretär, 1875 bis 1879 Dresden, 1880 bis 1884 wieder Weimar. Während der sechsten Verwaltungsperiode mit Hauptsitz in München (1885–1889) wurde Paul Heyse Verwaltungsratsvorsitzender, Hans von Hopfen wurde Generalsekretär.

In diesen Jahren erwiesen sich vor allem folgende Persönlichkeiten als bedeutende Stifter der Deutschen Schillerstiftung: Berthold Auerbach, Heinrich Brockhaus, Cäsar Flaischlen, Friedrich Ludwig Jahn, Marie Louise von François, Franz Liszt, Fritz Reuters Ehefrau Luise, Kaiserin Augusta, Ludwig Bechstein, Marie von Ebner-Eschenbach, Philipp Eduard Devrient, Friedrich Wilhelm Hackländer, Karl von Holtei, König Maximilian II. von Bayern, Conrad Ferdinand Meyer, Johann Nestroy, Ferdinand von Saar, Ernst von Wildenbruch. Die Schriftsteller Fritz Reuter und Otto Braun vermachten Ende der 1890er Jahre ihre Villen der Deutschen Schillerstiftung.

Nachdem 1890 Weimar endgültig Hauptsitz der Deutschen Schillerstiftung geworden war, wurde Schillers Enkel Ludwig Alexander Freiherr von Gleichen-Rußwurm 1895 bis 1901 Verwaltungsratsvorsitzender; ihn löste der weimarische Staatsminister Carl W. Rothe ab (bis 1921).

Die Ideen der Deutschen Schillerstiftung fanden auch Freunde in der Schweiz. Es entstand dort jedoch kein Zweigverein; vielmehr wurde in Zürich 1905 die von der deutschen Stiftung völlig unabhängige Schweizerische Schillerstiftung gegründet. Im selben Jahr erhielt die Deutsche Schillerstiftung vom Schillerverband Deutscher Frauen eine Spende über 250.000 Mark.

Bis zum Zeitpunkt des Beginns des Ersten Weltkriegs war die Deutsche Schillerstiftung fest im literarischen Leben Deutschlands verankert. Sie konnte ihren Stiftungszweck glänzend erfüllen.

Zwischen den Weltkriegen: Inflation und Zeit des Nationalsozialismus

Das Geldvermögen der Deutschen Schillerstiftung und ihrer Zweigstiftungen betrug im Jahr 1919 2.500.000 Papiermark. Es ging durch die Inflation nahezu völlig verloren. Der Schriftsteller Heinrich Lilienfein wurde 1920 Generalsekretär (bis 1952).

1933 wurde die Stiftung an die Reichsschrifttumskammer angegliedert; nach dem sog. Anschluss Österreichs 1938 musste der bedeutende Wiener Zweigverein der Stiftung aufgelöst werden, die übrigen Zweigvereine wurden 1944 ebenfalls zwangsaufgelöst. Das Vermögen betrug zu diesem Zeitpunkt noch 200.000 Reichsmark. Die Aufnahme in die Goebbels-Stiftung für Kulturschaffende konnte jedoch verhindert werden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg: zwei Stiftungen

1946 gestattete der Verwaltungschef der Sowjetischen Militäradministration in Thüringen Iwan Sasonowitsch Kolesnitschenko (* 1907; † 1984) der Deutschen Schillerstiftung, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Heinrich Lilienfein wurde im Amt des Generalsekretärs bestätigt. Das in Bayern liegende Vermögen (Anlagen und Immobilien) wurde formell an den Münchner Treuhänder Prof. Hans Rheinfelder übergeben, der sich schon bisher als Vorstandsmitglied intensiv um die Belange der Stiftung gekümmert hatte.

In den 1950er Jahren entstand Verwirrung: Der Berliner Schriftsteller Werner Schendell strebte die Gründung einer Deutschen Friedrich Schillerstiftung an, nicht zuletzt, weil er der Ansicht war, die Weimarer Stiftung könne nicht mehr gesamtdeutsch agieren, oder sei gar erloschen. Erwin Ackerknecht, an den er sich um Auskunft gewandt hatte, teilte ihm zwar mit, dass die Deutsche Schillerstiftung nach wie vor existierte, sehr wohl gesamtdeutsch, wenn auch bescheiden, bedürftige Schriftsteller unterstützte (unter anderen Ludwig Finckh, Helmut Paulus, Hans Brandenburg), und vor allem kein Interesse an einer Parallelgründung habe. Die westdeutsche Initiative wurde jedoch weiterverfolgt: Im Dezember 1952 wurde die Deutsche Friedrich Schillerstiftung in Berlin gegründet, mit den Gründungsvorständen Joachim Tiburtius, Wolfgang Goetz, Wolf Lauckner, Paul Ronge, Walter Kahnert, Friedrich Karl Fromm und Werner Schendell. Einen Beitrittsaufruf unterstützten der damalige Bundespräsident Theodor Heuss und namhafte Schriftsteller der damaligen Zeit wie Hans Carossa und Carl Zuckmayer. Die 1953 verabschiedete Stiftungssatzung dieser zweiten Schillerstiftung berief sich ebenfalls ausdrücklich auf das Gründungsjahr 1859, stellte sich als Nachfolgerin dieser ursprünglichen Deutschen Schillerstiftung dar und behauptete – wider besseres Wissen – diese sei 1945 erloschen. Die Deutsche Schillergesellschaft, die mit beiden Stiftungen in Verbindung stand, lehnte Vorstandmitgliedschaften in beiden Stiftungen ab, um ihren gesamtdeutschen Verbindungen und Arbeiten nicht zu schaden: Sie hatte zu dieser Zeit noch über 300 Mitglieder in der DDR und sogar eine Geschäftsstelle in Weimar. Nachdem die Deutsche Friedrich Schillerstiftung ihren Sitz nach Darmstadt verlegt hatte, weitete sie ihr soziales Programm aus, sie unterstützte nun vor allem das Verlegen von Romanen in Großdruck.

Thomas Mann nahm 1953 die Ehrenpräsidentschaft der Deutschen Schillerstiftung in Weimar an. Louis Fürnberg wurde 1955, Klaus Herrmann 1959 Generalsekretär.

Ab 1971 konnte die Stiftung aus politischen Gründen nicht weiter als gesamtdeutsche Institution geführt werden. Die Geschäftsstelle im Schiller-Haus musste 1977 aufgegeben werden. Wiederholte Versuche, die Stiftung zu liquidieren, misslangen. Autoren konnten jedoch nicht weiter gefördert werden, diese Aufgabe beanspruchte der Kulturfonds der DDR. Einzig die Unterstützung verarmter Schriftstellerwitwen blieb bestehen.

1987 konnten ca. 2500 historische Akten aus der Deutschen Staatsbibliothek (DDR) an die Deutsche Schillerstiftung rückgeführt werden. Sie sind heute Depositum im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar.

Wende und Neuanfang 1995

Im Jahre 1991 berief der Minister für Wissenschaft und Kultur des Landes Thüringen einen neuen Stiftungsrat, der bis zur Erstellung und Genehmigung einer neuen Satzung kommissarisch die Stiftung leiten sollte. Ihm gehörten Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, Museumsleute, Juristen und hohe Verwaltungsbeamte an: Gerhard Dette (Darmstadt), Eberhard Dünninger (München), Lothar Ehrlich (Weimar), Harald Hartung (Berlin), Norbert Oellers (Bonn), Ulrich Ott (Marbach a. N.), Peter Rieck (Weimar), Hartmut Vogel (Bonn). Es stellte sich jedoch heraus, dass die Stiftung rechtlich nicht mehr existierte.

Diese komplizierte und unsichere Situation der Stiftung sollte durch Gutachten geklärt werden. Dies zog sich bis 1994 hin; nicht zuletzt um die Besitzverhältnisse der Weimarer Schillerstiftung im Westen zu bestimmen. Große Unterstützung erfuhren die Treuhänder durch den Freistaat Bayern und die Kester-Haeusler-Stiftung.

Die „alte“ Stiftung konnte nun liquidiert werden, die Wiedergründung als Deutsche Schillerstiftung von 1859 als rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts wurde im September 1995 mit einem Festakt in Weimar begangen.


Text: Wikipedia

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