Deutsches Schauspielhaus

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Ansichtskarte vom Schauspielhaus um 1902

Das Deutsche Schauspielhaus im Hamburger Stadtteil St. Georg ist mit 1.200 Plätzen das größte Sprechtheater Deutschlands. Entstanden ist es durch eine private Initiative von Hamburger Bürgern und einer großen Aktiengesellschaft. Die Entwürfe stammen von den Wiener Spezialisten für Theaterbau, dem Büro Fellner und Helmer, welche das Theater nach dem Vorbild des Wiener Volkstheaters im neobarocken Stil gestalteten und errichteten. 1899 wurde mit dem Bau begonnen und im neuen Jahrhundert, am 15. September 1900, feierlich eröffnet.

Die Theatergeschichte der Hansestadt Hamburg wurde vom Deutschen Schauspielhaus entscheidend mitgeprägt, welches noch heute zu den führenden Theatern Deutschlands zählt.


Hamburgs neues Theater

Hamburg entwickelte sich ab den 1870er Jahren zu einer modernen Hafenstadt von Weltformat, was nicht zuletzt der Reichsgründung und dem schnellen wirtschaftlichen Aufschwung zuzuschreiben war. Das gesteigerte Selbstbewusstsein des Hamburger Großbürgertums forderte in den folgenden Jahrzehnten immer mehr nach einem repräsentativen Theater. Bislang bestand die Hamburger Theaterlandschaft aus einem Sprechtheater und dem Stadttheater, in deren Aufgabenbereich die Unterhaltung und die Opernpflege fielen. Der Theatermanager Bernhard Pollini war Direktor beider Häuser und besaß somit Hamburgs Theater-Monopol. Dies änderte sich erst mit seinem Tod 1897, denn obwohl Pollini testamentarisch die Fortdauer seines Theaterimperiums gesichert hatte, konnten seine Nachfolger die führende Theaterspitze nicht halten.

Es wurde bald deutlich, dass der Stadt eine künstlerische und anspruchsvolle Bühne fehlte, welche die Aufführung von Klassikern sowie von modernen Stücken übernehmen könnte. Die Situation änderte sich erst mit dem Entschluss des „Vereins Hamburger Bürger zu St. Georg“ und des bekannten Theaterkritikers Heinrich E. Wallsee, welche ein Sprechtheater nach dem Vorbild des Wiener Burgtheaters planten. Auch die Lage des neuen Theaters stand bereits fest: Es sollte in der ehemaligen Vorstadt St. Georg in der Nähe des geplanten Zentralbahnhofs errichtet werden. Das Deutsche Schauspielhaus entstand letztendlich durch einen Zusammenschluss von privaten Finanziers, Geschäftsleuten und führenden Hamburger Bühnenkünstlern, wie der hochgeschätzten Tragödin Franziska Ellmenreich, die für die künstlerische Seriosität des Projekts bürgen sollten. Das Schauspielhaus blieb bis ins „Dritte Reich“ hinein ein Privattheater. Im Juni 1899 wurde die „Aktiengesellschaft Deutsches Schauspielhaus“ mit 84 Teilhabern gegründet. Zum Vorbild wurde die Theaterstadt Wien genommen und so fiel die Wahl auf die erfahrenen Wiener Architekten Ferdinand Fellner und Hermann Helmer. Es entstand ein Theaterhaus im Barockstil mit 1.831 Zuschauerplätzen für eine gute Million Mark, das sich in seiner Gestalt an das Deutsche Volkstheater in Wien anlehnte, dessen Erbauer ebenfalls das Architekten-Duo war. Der neue Aufsichtsrat entschied sich für Baron Alfred von Berger, bisher Literaturprofessor in Wien, als ersten Intendanten des Hauses.

Am 15. September 1900 fand die feierliche Eröffnung des Deutschen Schauspielhauses statt. Berger hielt einen Prolog, Beethovens Die Weihe des Hauses, und Goethes Iphigenie auf Tauris wurde aufgeführt. Im ersten Jahrzehnt des Hauses unter Berger spielten Schauspieler(innen) vorrangig die Klassiker Shakespeare, Goethe, Schiller und zeitgenössische Theaterautoren. Einziges Manko waren die langen Aufführungen, die aufgrund der Umbaupausen meist bis zu 6 Stunden andauerten. Dies war nicht zuletzt Bergers Bühnenbildern zuzuschreiben, die oft aufwändig und detailfreudig gestaltet waren. Berger erfüllte die Erwartung des Hamburger Theaterpublikums und erhielt die breite Zustimmung des Bürgertums, was durch den außergewöhnlich hohen Verkauf von Abonnements bestätigt wurde.

Jedoch blieben Werke von Friedrich Hebbels, die gerade noch um die Jahrhundertwende als bühnentauglich galten, das einzig Neue am Deutschen Schauspielhaus. Erst als Berger 1910 nach Wien zurückging, begann für das Schauspielhaus die Moderne. Unter dem neuen Intendanten Carl Hagemann entstand in Hamburg ein neues und modernes Theaterverständnis. Die Bühnenbilder waren weniger prachtvoll und zeigten sich in neuen Farben und Formen. Hagemann wollte die Aufmerksamkeit auf das Dichterwort lenken, welches von den Bühnenbildern untermalt und nicht dominiert werden sollte. Hagemanns Abwendung vom Naturalismus vollzog in Hamburg eine Entwicklung, die in Berlin bereits weit fortgeschritten war. So war die Theaterkritik begeistert, das Hamburger Publikum aber empfand den Einbruch der Moderne als zu plötzlich und trauerte dem Intendanten Berger, seinem Programm und seinen pompösen und illusionistischen Bühnenbildern nach. Das literarische Theater Hagemanns fand nicht die Zustimmung des Publikums und nachdem das Haus viele Zuschauer und besonders Abonnenten verloren hatte, gab er bereits nach drei Jahren auf und trennte sich in Unfrieden mit dem Aufsichtsrat des Deutschen Schauspielhauses.


Das Schauspielhaus in der Weimarer Republik

Nachdem Hagemann das Deutsche Schauspielhaus verlassen hatte, wurde die neue Theaterentwicklung nicht weitergeführt. Neuer Intendant wurde Max Grube, welcher vor allem damit zu tun hatte, das Schauspielhaus durch die Jahre des Ersten Weltkriegs zu bringen. In dieser Zeit brachte Grube wenig Neues und machte auch keinerlei Experimente.

Das Programm und die gegebene nationale Gesinnung der Herren des Schauspielhauses schlugen mit Beginn des Krieges in einen aggressiven Nationalismus um. Titel wie „Vaterland“ wurden zu Gebrauchsstücken und oft während der Befreiungskriege gespielt. Die Bühne verlor zunehmend ihre Stammgäste und somit auch seine Einnahmen.

Als Grube mit Kriegsende das Theater übergab, war es in einem katastrophalen Zustand, sowohl baulich als auch finanziell. Unter dem neuen Intendanten, dem Wiener Schriftsteller Paul Eger, wurde das Theater erneut zu einer bürgerlichen Hofbühne. Dieser Rückgang ließ sich dadurch erklären, dass Eger ein Berger-Schüler war und deshalb in republikanischen Zeiten ein anachronistisches Theaterprogramm anstrebte. Eger verstand, wie sein Vorgänger zuvor, das Deutsche Schauspielhaus als Theater der Klassiker. Die gesellschaftlichen Wandlungen im Zuge der Weimarer Republik und des Ersten Weltkriegs waren im Schauspielhaus nicht angekommen. Als Einziges modernisierte Eger die Bühne und verjüngert das Ensemble. Was Eger nicht erkannte war, dass sich das großbürgerliche Publikum verringert und verändert hatte. Zudem konnte das Schauspielhaus mit seiner konventionellen Spielgestaltung keine neuen Publikumsschichten für sich gewinnen. Besonders wurden, neben den anderen Bühnen und Unterhaltungsmöglichkeiten Hamburgs, die neuen „Lichtspieltheater“ der Weimarer Republik zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für alle Theater. Immer mehr Menschen wandten sich vom Theater ab und den Kinos zu. Die 1920er Jahre stellten finanziell eine besonders kritische Zeit für das Schauspielhaus dar. Die allgemein schwierige wirtschaftliche Lage und die interne Kostensteigerung machten dem Theater schwer zu schaffen.

Auch der neue Intendant Erich Ziegel konnte an der miserablen Finanzlage nichts ändern. Künstlerisch durch einen Intendantenvertrag gebunden, musste sich Ziegel, der sich mit seinem modernen und jungen Programm in Hamburgs Kammerspielen einen Namen gemacht hatte, das Schauspielhaus im Sinne Bergers führen. 1928 stand das Deutsche Schauspielhaus vor dem Bankrott und die finanziellen Probleme in der Wirtschaftskrise zwangen die Geschäftsführer zu einer organisatorischen Zusammenlegung des Hauses mit dem Thalia Theater. Unter der Generaldirektion von Hermann Röbbeling, dem Direktor des Thalia Theaters, wurde ein gemischtes Repertoire an Klassikern und neueren Stücken gespielt. In der wachsenden politischen Radikalisierung kam es 1929 zu dem größten Theaterskandal in der Geschichte des Deutschen Schauspielhauses. Ferdinand Bruckners Stück Die Verbrecher wurde von nationalsozialistischen Kreisen unter Führung von Bürgerschaftsabgeordneten der NSDAP gesprengt. Als die Störungen anhielten, wurde das Stück nach nur elf Vorstellungen aus dem Programm genommen.

Durch die wachsende politische Radikalisierung wurde die Aufnahme von weiteren kritischen Zeitstücken verhindert und das Schauspielhaus wich auf ein anderes Unterhaltungsprogramm aus. Nachdem die Zusammenlegung nichts an der schwierigen Wirtschaftslage des Deutschen Schauspielhauses und des Thalia Theaters geändert hatte, wurden die beiden Häuser 1932 wieder getrennt.


Das Theater im Zweiten Weltkrieg: Politik und Zerstörung

Karl Wüstenhagen wurde 1932 zum neuen Intendanten ernannt. Bereits 1934 wurde das Deutsche Schauspielhaus gemäß der nationalsozialistischen Kulturpolitik verstaatlicht und somit vor dem Bankrott gerettet. Aufgrund der Größe des Schauspielhauses konnte es schon vorher nicht mehr als Privattheater weitergeführt werden. Unter den Nationalsozialisten wurde das Theater dann in „Staatliches Schauspielhaus“ umbenannt.

Ein kontrollierender Staatskommissar gab fortan die Richtung vor und so wurde das Deutsche Schauspielhaus in eine national-religiöse Kultstätte umgewandelt. Durch den großen Anpassungswunsch des Hauses an die politischen Vorgaben des Staats, wurden zwischen den Jahren 1933 und 1935 sämtliche jüdische Ensemblemitglieder entlassen. Auch im Innenraum kam es zu Veränderungen und so wurde jeglicher Prunk und Stuck übermalt. Werke von jüdischen Autoren und Kommunisten durften nicht mehr aufgeführt werden und nach Kriegsbeginn waren Werke aus „Feindstaaten“ nicht mehr erlaubt. Trotzdem wurde das Schauspielhaus nicht zur politischen Kampfbühne für Propagandainszenierungen und so dominierten im Spielplan weiterhin die Klassiker. In den letzten Kriegsjahren musste die Zahl der Aufführungen immer weiter verringert werden. Das Haus erlitt Schäden vor allem in den Bombennächten, doch aufgrund des Schutzes durch die hauseigene Luftschutzwache wurde es vor größerer Zerstörung bewahrt. Im September 1944 wurden alle Theater Deutschlands geschlossen, das Deutsche Schauspielhaus fungierte in der Folge als Rüstungswerkstatt, welche sich im Bühnenraum befand. Der Zuschauerraum diente als Lichtspielhaus.

Zwei Drittel der Hamburger Theater waren nach Kriegsende zerstört und das Deutsche Schauspielhaus zählte zu den wenigen Gebäude der Stadt, die weitestgehend unversehrt geblieben waren. Das Gebäude des Schauspielhauses wurde im Mai 1945 von den englischen Besatzungsmächten beschlagnahmt und unter den Namen „Garrison Theatre“ genutzt. Erst nach und nach ging das Haus wieder in deutsche Hände über.


Wiederaufbau und große Erfolge

Nach Kriegsende 1945 war Hamburg eine Trümmerstadt und musste zudem mehr als eine Million Einwohnern unterbringen. Die Wohnungsnot war groß und so wurden viele Gebäude zweckentfremdet. Auch die Theatergebäude Hamburgs wurden stark beschädigt, wenn nicht sogar völlig zerstört. Nur wenige Theatergebäude waren noch spielfähig, wie die Kammerspiele, das Thalia Theater und das Deutsche Schauspielhaus. Letzteres stand nicht zur Verfügung, da die englischen Besatzer das Gebäude für sich beanspruchten.

Unter der kommissarischen Leitung von Rudolf Külüs richtete sich das Ensemble des Deutschen Schauspielhauses im Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof ein. Am 5. November 1945 wurde dort Shakespeares Der Widerspenstigen Zähmung als erstes Nachkriegsspiel aufgeführt. Die Militärregierung verzichtete auf die Einmischung in das kulturelle Programm und deren Verwaltung.

Unter der Leitung Arthur Hellmers, der 1946 das Amt des Intendanten antrat, fanden beeindruckende Aufführungen klassischer wie auch zeitgenössischer Werke statt. Hellmer setzte auf einen kulturellen Austausch und zeigte französische und angloamerikanische Stücke sowie Exildramatik. Obwohl er vom Publikum gefeiert wurde, musste Hellmer zwei Jahre die Kritik seitens der Presse und Politiker ertragen, bis er sich 1948 entschloss zu gehen. Die englischen Besatzer übergaben dem neuen Intendanten Albert Lippert 1948 das Deutsche Schauspielhaus, doch auch er konnte nur kleine Erfolge in der wirtschaftlich schwierigen Zeit einholen.

Von 1955 bis 1963 erlangte das Deutsche Schauspielhaus unter Gustaf Gründgens sein theatergeschichtlich höchstes Ansehen und reichte selbst an das Wiener Burgtheater heran. Gründgens gelang es während seiner Intendanz dem Theater eine neue und sichere Identität zu geben. Fortan stand Klassik auf dem Spielplan, dargestellt von bekannten Schauspielern. Den endgültigen Durchbruch schaffte Gründgens mit seiner Goethe-Inszenierung des Faust, die als „Hamburger Faust“ in die Geschichte einging und durch zahlreiche Gastspiele weit über Deutschland hinaus bekannt wurde. Trotz der großen Erfolge öffnete sich Gründgens nie dem erneuerten Verständnis von Theater, dass nach dem Ende des Nationalsozialismus entstanden war. Und so blieb er bei den Klassikern und machte das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg zu einer Hochburg des Nachkriegstheaters.


Krisenzeit und Aufstieg des Hamburger Theaters

Gründgens wurde von Publikum und Presse gefeiert. Nach seinem Fortgang war es besonders für seine Nachfolger nicht leicht vor diesen zu bestehen. Die Zeit nach Gründgens war geprägt von häufigen Wechseln im Deutschen Schauspielhaus. Dies lag an der Führung mancher Intendanten, aber besonders an der überaus schwierigen Identitätsfindung des Theaters.

1963 wurde der Münchner Oscar Fritz Schuh, der in Hamburg Opern inszenierte, zum Nachfolger Gründgens ernannt. Trotz seines modernisierten Programms und der besten Platzauslastung seit Kriegsende, kam Schuh nicht gegen den Mythos Gründgens an. Aufgrund der starken Kritik seitens der Presse, des Publikums und selbst der SchauspielerInnen verlängerte Schuh seinen Vertrag nicht und verließ, wie so viele vor und nach ihm, das Deutsche Schauspielhaus frustriert. In den 1960er Jahren kam es im Theater zu einer starken Abwanderung ganzer Publikumsschichten. Dies lag besonders an dem neuen Medienvorlieben des Publikums, die sich zunehmend zum Kino und Fernsehen hingezogen fühlten.

Vielleicht wurde aus eben jenem Grund der neue Intendant gewählt, ein Mann des Fernsehens. Egon Monk war bis 1968 Leiter der Fernsehspielabteilung des NDR und hatte noch bei Bertolt Brecht gelernt. Er verstand das Theater in erster Linie als Instrument politischer Belehrung. Eben jene Einstellung führte beim Publikum und den Kritikern zu Irritationen und schließlich zu einem leeren Haus. Monks Intendanz endete nach nur 74 Tagen und ging als die kürzeste des Schauspielhauses in die Geschichte ein. Drei weitere Intendanten folgten auf Monk: Gerhard Hirsch, welcher sich selbst das Leben nahm, Hans Lietzau und Rolf Liebermann. Alle blieben sie jeweils nur ein Jahr am Deutschen Schauspielhaus und mussten mit wachsenden Einnahmedefiziten und dem Publikumsschwund kämpfen. Einzig Liebermann gelang es 1971 der zunehmenden Kluft zwischen Theater-Avantgarde und den Vorlieben der Besucher entgegenzutreten. Zu diesem Zwecke erhielt Hamburg eine Experimentalbühne, welche avantgardistische Theaterwerke vor einem kleinen Publikum aufführen konnte: den Malersaal. Dieser wurde zur Hauptspielstätte des Jungen Schauspielhauses.

Ab 1972 öffnete sich das Schauspielhaus für Werke ausländischer Autoren unter der Intendanz von Ivan Nagel, ein Theoretiker und Verfechter neuer Theaterformen. Die Inszenierungen sehr moderner Autoren stießen teilweise auf wenig Akzeptanz beim konservativen Hamburger Theaterpublikum, lockten jedoch ein junges Publikum an. 1976 waren mehr als ein Drittel der Schauspielhausbesucher unter 25 Jahre alt, wodurch das Haus wieder einen Spitzenplatz unter den deutschen Theatern erlangte. Nagel holte große Regisseure ins Haus, wie Peter Zadek. Dessen Inszenierung von Shakespeares Othello, mit Ulrich Wildgruber und Eva Mattes in den Hauptrollen, sorgte 1976 für den größten Hamburger Theaterskandal der Nachkriegszeit.

In den Jahren 1981–84 erfolgten Restaurierungsarbeiten am Schauspielhaus zur Wiedergewinnung der originalen Raumfassung. Die ursprüngliche Konzeption der Wiener Architekten Helmer und Fellner sollte sich in neuen/alten Glanz wieder präsentieren. In dieser Zeit spielte das Ensemble unter dem Intendanten Niels-Peter Rudolph im Operettenhaus und in der ehemaligen Fabrik Kampnagel. 1985 übernahm Peter Zadek die Intendanz am Deutschen Schauspielhaus und ging sogleich gegen die neue/alte Gestalt der Repräsentationsbühne mit Flipperautomaten im Foyer an. Er übernahm die schwierige Doppelaufgabe von Intendanz und Regie. Zadek gelang es Publikum und Presse zu begeistern und unterlief erfolgreich den elitären Charakter des Theaters mit veränderten internen Führungsstrukturen und Einheitspreisen an einem Tag in der Woche. Dies jedoch führte zu Konkurrenzkonflikten und zu einer Abnahme des Publikums.

Nach Zadeks Intendanz folgte die kurze und wenig künstlerische Intendantenzeit des Engländers Michael Bogdanov. Die folgende Spielzeit 1993/94 leitete der Theaterwissenschaftler Frank Baumbauer, dessen Intendanz von einer Rückbesinnung geprägt und in deren Verlauf er dem Schauspielhaus ein eigenes Profil geben wollte. Eine gute Ensemblearbeit sowie ein Rückgriff auf die eigene Sprache des Theaters folgten diesem Prinzip. Dank Baumbauers Einbindung deutschsprachiger Gegenwartsautoren und dem neuen hochrangigen Ensemble wurde das Gesicht des Theaters erneuert und dieses wieder zu einer wichtigen Bühne Deutschlands.

Das Programm des Deutschen Schauspielhauses bestand zu jener Zeit zu 60 % aus zeitgenössischen Werken. In den sieben Jahren Intendanz von Baumbauer wurde das Schauspielhaus von den Kritikern der Fachzeitschrift Theater heute viermal zum „Theater des Jahres“ erklärt. Zahlreiche Einladungen und Ehrungen bestätigen den Ruf des Schauspielhauses als „Kulturbotschafter der Stadt“. Die Intendanz Baumbauers endet im Jahr 2000 mit einem großen Fest anlässlich des 100. Geburtstags des Hauses. Das Deutsche Schauspielhaus im 21. Jahrhundert

Im neuen Jahrtausend startete man auch im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg neu durch. Tom Stromberg wurde als neuer Intendant an das Theater geholt und brach nicht nur mit der Wahl seiner Hausregisseure, sondern auch mit seinem Spielplan und dem neuen Hauskonzept. Stromberg war besonders für sein experimentierfreudiges und internationales Theater bekannt. Durch ihn bekamen das traditionelle Sprech-, Tanz- und Musiktheater neue Formen. Hierfür arbeitete er mit internationalen Größen zusammen, wie Jan Lauwers, Jérôme Bel und Heiner Goebbels. Stromberg öffnet die Tore für andere Kunstformen, wie der Bildenden Kunst und den neuen Medien. Zudem strebte er Zusammenarbeiten mit Hamburger Museen, mit Performance- und Installations-Künstlern, mit Filmemachern sowie internationalen Theatergruppen an. Zwei Spielzeiten lang blieben die Zuschauer aus und wichtige Mitarbeiter verließen das Haus. Erst danach lockten die Regisseure Jan Bosse, René Pollesch, Stefan Pucher und Ingrid Lausund mit originellen Inszenierungen von Traditionsstücken wie Faust und Othello ein junges Publikum an. Für die Spielzeit 2004/2005 wählten führende Theaterkritiker aus Österreich, der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland das Deutsche Schauspielhaus zum Theater des Jahres.

Intendant war seit 2005 Friedrich Schirmer. Das Junge Schauspielhaus bespielt jetzt auch das Foyer des zweiten Ranges (ca. 80 Plätze) und den Marmorsaal. Weitere Spielorte sind die Kantine und die Probebühne. Außerhalb des Hauptgebäudes werden die Deichtorhallen und die Hamburger Botschaft (ein Club im Schanzenviertel) bespielt. Schirmers Vertrag wurde am 7. Oktober 2008 bis 2015 verlängert, womit ihm ermöglicht werden sollte, „über längere Zeit einer großen Bühne ein Profil zu geben“, so die damalige Kultursenatorin Karin von Welck. Mitte September 2010 kündigte Schirmer an, zum 30. September 2010 vorzeitig als Intendant zurückzutreten und seinen Vertrag zu kündigen.

Seit Oktober 2010 leitet Jack F. Kurfess kommissarisch das Schauspielhaus. Die künstlerische Leitung liegt bei Florian Vogel. Neue Intendantin wird zur Spielzeit 2013/2014 die bisher in Köln agierende Theaterregisseurin Karin Beier.


Baugeschichte

Bereits in den 1890er Jahren wurden seitens der Bevölkerung und der Presse Stimmen für den Bau eines neuen repräsentativen Sprechtheaters laut. Besonders der Presse verdankte das Schauspielhaus seine Erbauung. Der Journalist Heinrich E. Wallsee, Redakteur der konservativen Hamburger Nachrichten, führte die schlechte Wahl der aufgeführten Stücke des Thalia Theaters und des Stadttheaters auf eine bestehende Konkurrenzlosigkeit zurück. Es gelang ihm die verschiedenen Kreise zusammenzubringen, welche bis dato jeder für sich nach einer Lösung gesucht hatte. So kamen durch Wallsee der „Verein Hamburger Bürger zu St. Georg“, ein Kreis von führenden Hamburger Bühnenkünstlern und eine Gruppe finanzkräftiger Geschäftsmänner, zusammen. Durch einen Makler in St. Georg wurde die Verbindung zum Rechtsanwalt Heinrich Nils Antoine-Feil hergestellt, der zur treibenden Kraft des Unternehmens und später zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats eben jener Aktiengesellschaft wurde.

Die „Deutsche Schauspielhaus AG“ wurde am 14. Juli 1899 mit einem Stammkapital von einer Million Mark in 1.000 Inhaberaktien zu je 1.000 Mark gegründet. Diese fanden schnell ihre Besitzer in 84 Aktionären. Bereits im Mai hatten sich die Gründer an das erfahrene Architektenbüro Fellner und Helmer gewandt und sich mehrere Entwürfe vorlegen lassen. Einer der Aktionäre war Baron Alfred Eger der später, durch die Durchsetzung Wallsees, zum ersten Intendanten des Schauspielhauses werden sollte. Ein Lageplan vom 9. Mai bestätigte, dass die Frage nach dem Grundstück bereits gelöst war. Dies bedeutet, dass schon vor der Gründung der Gesellschaft ein baureifer Entwurf vorlag. Die Grundsteinlegung fand am 12. August 1899 statt und ein Jahr später, am 15. September 1900, konnte das Deutsche Schauspielhaus in Betrieb genommen werden. Der Bau des Theaters kostete insgesamt 1.091.660 Mark.



Text: Wikipedia

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