Dorfkirche Dahlem

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Ansichtskarte der Dorfkirche Dahlem (1900)
Ansichtskarte der Dorfkirche Dahlem (1920)
Ansichtskarte der Dorfkirche Dahlem (1935)
Dorfkirche Dahlem

Die St.-Annen-Kirche ist eine Kirche der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Dahlem im Berliner Ortsteil Dahlem.


Lage

Die Kirche samt dem dazugehörigen St.-Annen-Kirchhof befindet sich an der Kreuzung Pacelliallee und Königin-Luise-Straße; Königin-Luise-Straße 55, 14195 Berlin. Daneben in der Pacelliallee 61 ist das ehemalige Pfarrhaus und gegenüber in der Thielallee 1+3 das Gemeindehaus. Die andere Kirche der Ev.Kirchengemeinde Dahlem ist die Jesus-Christus-Kirche.


Kirchengeschichte

Die St.-Annen-Kirche gilt als ein Ort, an dem sich über 700 Jahre Dorf- und Stadtgeschichte mit der jüngeren Zeitgeschichte vereinen. Für viele Menschen, wozu auch viele nichtkonfessionelle oder anderskonfessionelle zählen, ist die St.-Annen-Kirche in ihrer Tradition eine Art „geistige Heimat“. So hält die Kirche eine lebendige Predigttradition wach, welche Besinnung auf den eigenen Glauben und Weltverantwortung miteinander verbindet. In den Jahren 1933 bis 1945 war die Kirche ein Ort der Bekennenden Kirche. Hier versammelten sich vom 4. Juli 1937 an, jeden Abend um 18 Uhr nach der Verhaftung ihres Pfarrers Martin Niemöller, die Gemeinde zu Fürbittgottesdiensten für alle Gefangenen. Im gegenüberliegenden Gemeindehaus tagte am 19. und 20. Oktober 1934 die zweite Bekenntnissynode. Auch die Pfarrer Franz Hildebrandt und Helmut Gollwitzer wirkten in dieser Zeit an St. Annen. Die St.-Annen-Kirche ist das älteste Gebäude Dahlems.


Baugeschichte

Die St.-Annen-Kirche ist eine Dorfkirche aus Feldsteinen und Ziegeln. Ihr erster Bau ist wahrscheinlich zwischen 1215 und 1225 errichtet worden, der spätgotische Choranbau und der Gruftanbau im Norden vermutlich Ende des 15. Jahrhunderts. Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kirche niedergebrannt.

Die bauliche Geschichte lässt sich in sechs Phasen einteilen:

1. Es ist anzunehmen, dass in der Zeit 1215 bis 1225 ein Feldsteinbau, möglicherweise auch Holzbau, mit einfachem, rechteckigen Grundriss auf dem noch heute erkennbaren Kirchenhügel errichtet wurde. Das Dorf Dahlem wird erst 1375 urkundlich erwähnt.

2. Im 13. beziehungsweise 14. Jahrhundert wurden auf einen Feldsteinsockel sorgfältig Backsteine im „Klosterformat“ hochgemauert.

3. In der Zeit um 1420 oder gegen Ende des 15. Jahrhunderts erfolgte wahrscheinlich der spätgotische Chor- und gotische Gruftanbau. Im Dreißigjährigen Krieg wird die Kirche in ihrer baulichen Substanz schwer beschädigt.

4. In der Zeit nach 1670 bekam die Kirche, mit Ausnahme des Turmes, ihre heutige Gestalt. Im Innern erhielt sie die Empore. Bei der Wiedereinweihung 1679 erhielt sie eine Holzkanzel in bäuerlicher Spätrenaissance. Die Wandfresken erlitten durch den Einbau der Empore und dem Durchbruch der beiden Spitzbogenfenster starke Beschädigung, zusätzlich bekamen sie als Erbstück aus „katholischer Zeit“ eine Übertünchung. 1832 wird der Bau als zweite Relaisstation des preußischen optischen Telegrafen Berlin-Koblenz mitbenützt. Über der Glockenstube wurde dazu ein quadratischer Raum geschaffen. Darüber befand sich eine offene Plattform mit Signalmast, welcher mit sechs Flügeln zu drei Paaren ausgestattet war. Nachdem diese Nachrichtentechnik überholt war, wurde nach 1853 auf die ehemalige Wachstube des Bedienungspersonals ein kleines Türmchen aufgesetzt.

5. Entsprechend den rasch wachsenden Bevölkerungszahlen der Gemeinde Dahlem wurde 1905 bis 1906 die Kirche umgestaltet. Kirchenbänke und Stühle wurden komplettiert. Eine elektrische Beleuchtung und Luftheizung mit Gebläse wurden montiert. Aus dem Gruftanbau wurde eine Sakristei. Das Südtor – 1892 noch als Holztor in Benutzung – wurde zugemauert. Große Beschädigungen brachte der Zweite Weltkrieg: Turm und Glockenstuhl waren zerschossen, das Dach ohne Ziegel. Durch einen Granateneinschlag bekam die Westwand ein großes Loch.

6. Die umfassenden Rekonstruktionsarbeiten, die nach 1945 begannen, konnten 1953 abgeschlossen werden. In dieser Zeit erhielt die Kirche ein pyramidenförmiges Turmdach, der Mittelpfeiler für die Orgelempore wurde aus Gründen eines besseren Zugangs durch zwei seitliche Pfeiler ersetzt. Den Namen St.-Annen-Kirche trägt die Dahlemer Dorfkirche offiziell erst seit 1913. Die Heilige Anna, Mutter der Maria und Großmutter von Jesus galt als Inbegriff göttlicher Gnade und mütterlicher Liebe.


Kunstwerke

Kreuzigungsplastik

Die moderne Kreuzigungsplastik stammt von dem Berliner Bildhauer Bernhard Heiliger

Sie befindet sich seit 1983 über dem Südtor und war ursprünglich für die neu errichtete Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bestimmt. Sie ist Ausdruck der Zerrissenheit und der Leiden die das letzte Jahrhundert vielen Menschen bereitet hat. Der damalige Gemeindekirchenrat der Gedächtniskirche widersetzte sich der Anbringung der Plastik. Heiliger stellte daraufhin die Kreuzigungsplastik der Kirchengemeinde Dahlem für einen symbolischen Preis zur Verfügung.


Triptychon

Das „Triptychon für Auschwitz“ an der rechten Chorwand stammt von Doris Pollatschek. Dieses Keramik-Relief wurde 1992 erworben. Die Darstellung ist ein Versuch, ein Geschehen zu fassen, welches nicht fassbar ist: Nicht nur Terror will die Künstlerin zeigen, sie setzt sich auch kritisch mit der Untätigkeit und dem Versagen der Kirchen auseinander. Das Triptychon zeigt, vom Kreuz aus gesehen auf der linken Seite, die Geißelung, in der Mitte von allem die Kreuzigung und „zur Rechten“ die Grablegung/Verbrennung. In der Darstellung wird nicht Christus gekreuzigt, sondern ein Jude mit dem „gelben Fleck“, dessen einziges „Vergehen“ es ist Jude zu sein. Von katholischer Seite wurde das Kunstwerk, besonders aber seine Anbringung in einer evangelischen Kirche kritisiert. Die im Mittelteil dargestellten Geistlichen sind nach ihrer Kleidung eindeutig als katholisch identifizierbar, nämlich als Prälat, Bischof und Ordensmann. Die Darstellung wurde von den Kritikern als einseitige Schuldzuweisung aufgefasst. Eine Erwiderung im Gemeindeblatt bestätigte mit Vorwürfen gegen Papst Pius XII. eher die Kritik. Im Nachgang wurde die Erläuterung des Triptychons für Besucher der Kirche klärend überarbeitet, das Werk aber an seinem Platz belassen.


Altarschrein

Der Schrein mit seinen buntgefassten und vergoldeten Heiligenfiguren, ist wahrscheinlich im Jahre 1679 in den mit Gemälden verzierten Renaissancealtar eingebaut worden. Das Mittelstück des Schreins ist heute an der Nordwand des Chores. Im Zweiten Weltkrieg ging der Originalschrein mit seinen Gemälden, (Cranachschule), wie auch der Altaraufbau, verloren. Bei dem heutigen Schrein handelt es sich um eine nicht klappbare Nachbildung. Drei Apostelfiguren und eine weibliche Heiligenfigur kamen Anfang der Achtziger Jahre durch Raub abhanden. Durch Spenden für eine Rekonstruktion gelang es die Figuren wieder zu ersetzen. Im Mittelfeld ist die heilige Anna selbdritt als Hauptfigur postiert. Anna ist die Mutter der Maria. Sie hält diese auf dem einen Arm, auf dem anderen das Jesuskind mit der Weltkugel. Mit Sicherheit sind die Apostel Petrus und Paulus zu bestimmen, mit großer Wahrscheinlichkeit die vier Märtyrerinnen Barbara, Katharina, Dorothea und Margareta.


Glasfenster der Südwand

Linkes Fenster: Es wurde 1951 von Hermann Kirchberger geschaffen und zeigt in den oberen fünf Feldern die Symbole der vier Evangelisten und des Heiligen Geistes, in den neun unteren Szenen die Leidensgeschichte Jesu.

Rechtes Fenster: Es wurde von Professor Kowalski gestaltet und 1964 erworben. Es zeigt Bilder aus der Schöpfungsgeschichte und aus dem Gleichnis vom Barmherzigen Samariter.


Wandgemälde

1893 wurden die Malereien unter der Wandfarbe entdeckt. Sie sind Zeugnisse ältester Malerei in Berlin. Es wird davon ausgegangen, dass sie der Zeit gegen Ende des 14.Jahrhunderts zugerechnet werden können. Wahrscheinlich wurden sie von Böhmischen Wanderarbeitern gestaltet. Erste Rekonstruktionsversuche brachten bedauerlicherweise gegenteilige Folgen. Dementsprechend wurden die verblassten Reste 1936 bis 1939 und 1951 nur noch mit großer Sorgfalt gereinigt und fixiert. Auf der linken Seite neben dem Pfeiler ist eine Marienkrönung zu sehen. Daneben vom Pfeiler zerschnitten, sieht man drei Heiligengestalten. Auf der gegenüberliegenden Wand lassen sich nur noch wenige Reste erkennen. Die Wandgemälde zeigten den leidenden Jesus und den auferstandenen Christus. Das Annen-Bild ist Ausdruck einer frühen Annenverehrung in der Mark Brandenburg.


Weitere Ausstattung

Aus dem Jahr 1906 stammen die kunstgeschmiedeten Kronleuchter (von Karl Weiß in Karlsruhe hergestellt) und der geschnitzte Taufständer. Die jetzige Orgel (1974, II+P/18) wurde von der Werkstatt Emil Hammer Orgelbau gebaut und 1974 aufgestellt. Von den ursprünglichen mittelalterlichen Glocken aus dem 15.Jahrhundert wurden zwei durch Beschlagnahmungsaktion 1917 entfernt. Die verbliebene wurde 1922 durch zwei Stahlglocken ersetzt. Die größere, auf den Ton „g“ gestimmt, überstand den Zweiten Weltkrieg, die kleinere wurde 1945 zerschossen und 1950 durch eine neue auf „b“ gestimmte ersetzt.


Die Kirche als Filmkulisse

Im Jahre 1968 wurde die Eröffnungsszene des Edgar-Wallace-Films Im "Banne des Unheimlichen" in der Kirche gedreht.



Text: Wikipedia

unteres Bild: Wikipedia/Berkan

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