E. T. A. Hoffmann

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann (* 24. Januar 1776 in Königsberg; † 25. Juni 1822 in Berlin; Vorname eigentlich Ernst Theodor Wilhelm, 1805 umbenannt in Anlehnung an den von ihm bewunderten Wolfgang Amadeus Mozart) war ein deutscher Schriftsteller der Romantik. Außerdem wirkte er als Jurist, Komponist, Kapellmeister, Musikkritiker, Zeichner und Karikaturist.

Reklamemarken

Leben

Herkunft und Jugend

Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann wurde am 24. Januar 1776 in Königsberg als Sohn des Hofgerichtsadvokaten Christoph Ludwig Hoffmann und dessen Cousine Luise Albertine Doerffer geboren. Der jüngstgeborene Hoffmann wurde wie seine beiden älteren Brüder evangelisch-lutherisch getauft. Bereits 1778 trennten sich die Eltern. Während sein Bruder Johann Ludwig beim Vater blieb, kam Hoffmann zu seiner Mutter, die mit ihm zurück in ihr Elternhaus zog. Dort lebte er unter anderem mit seiner Großmutter mütterlicherseits, zwei Tanten und einem Onkel, welche noch jeweils unverheiratet waren. Die Erziehung ihres Sohnes konnte Luise Albertine nicht ausreichend erfüllen, wodurch ihre Schwester Johanna Sophia sich verstärkt um das Kind zu kümmern hatte. Im selben Haus lebte eine Zeitlang auch der Dichter und Priester Zacharias Werner mit seiner Mutter, sodass sich Hoffmann und Werner hier kennenlernten. 1796 verstarb seine Mutter.

1782 besuchte Hoffmann die Burgschule in Königsberg. Dort befreundete er sich 1786 mit seinem Klassenkameraden Theodor Gottlieb von Hippel (1775–1843). Hippel war für Hoffmann wie ein großer Bruder, der ihn unterstützte und ermahnte. Auch in späteren Jahren blieb diese Freundschaft durch einen regen Briefwechsel erhalten, mit dem Hoffmann die Freundschaft bis ins Künstlerische hochstilisierte, auch wenn er manchmal argwöhnte, Hippel habe sich von ihm distanziert. Obwohl beide fast gleich alt waren, durchlief Hippel die Juristenausbildung rascher. Außerdem kam er 1796 in den Genuss einer großen Erbschaft, die ihn zum Majoratsherrn ausgedehnter Besitzungen im westpreußischen Leistenau machte. In den Jahren 1809 bis 1813 war die Verbindung zwischen den beiden Freunden unterbrochen. Aber immer wenn Hoffmann Hilfe brauchte, war auf Hippel Verlass: Er schickte Geld, wenn es benötigt wurde, und stand Hoffmann in schwierigen Situationen zur Seite. Er war es auch, der am Ende an Hoffmanns Sterbebett saß und notierte:

„Daß ich sein Freund gewesen, fühle ich seit seinem Tode mehr denn je. Ohne oft mit ihm Briefe zu wechseln, war ich gewohnt, ihn mir nahe und unzertrennlich von mir zu denken, und von einer Zukunft zu träumen, die uns an einem gemeinschaftlichen Wohnort vereinigen sollte. Auch bei ihm war dieser Gedanke eine feste Einbildung geworden, deren Erfüllung der Tod nun hinausgeschoben hat.“

Studium und Verlobung

Der sechzehnjährige Hoffmann begann 1792 aus familiärer Tradition das Studium der Rechte an der Albertus-Universität Königsberg. Obwohl zur gleichen Zeit Immanuel Kant an der Universität lehrte, übte der Philosoph auf Hoffmann selbst keinen größeren Einfluss aus.[1] Nebenbei widmete er sich dem Schreiben, dem Musizieren und dem Zeichnen und gab Musikunterricht, unter anderem einer Schülerin namens Dora Hatt. Sie war neun Jahre älter als er, verheiratet, hatte bereits fünf Kinder – und sie war in ihrer Ehe unglücklich. Hoffmann verliebte sich unsterblich, wagte es aber erst 1794, sich seinem Freund Hippel anzuvertrauen. Dieser riet von einer Beziehung ab. 1796 – Dora hatte mittlerweile ihr sechstes Kind geboren – geriet Hoffmann mit dem Ehemann in einen öffentlichen Streit und musste sich infolgedessen an die Oberamtsregierung in Glogau versetzen lassen. 1798 verlobte er sich mit seiner Cousine Sophie Wilhelmine Konstantine Doerffer. Am 20. Juni bestand Hoffmann sein zweites Staatsexamen mit der Note „vorzüglich“. Diese hervorragende Leistung öffnete ihm den Zugang zu einem Referendariat am Ort seiner Wahl. So ging er nach Berlin, zumal sein Onkel und auch Minna von Berufs wegen dorthin zogen und ihn mitnahmen. Theaterbesuche sowie Versuche an der Komposition von Singspielen nahmen Hoffmann gefangen, sodass er seine dritte Staatsprüfung, das Assessorexamen, erst am 27. März 1800 ablegte, auch dieses Mal mit der Note „vorzüglich“. Bei seinem ersten Berliner Aufenthalt lernte er auch Jean Paul kennen.

Hoffmann und die Romantik

Der Geist der vorromantischen „Sturm und Drang“-Zeit mit dem Aufkeimen einer ungezähmten Literaturbegeisterung in Deutschland wirkte auf die gesamte Romantik und damit auch auf den jungen Hoffmann. Viele Werke des 18. Jahrhunderts, darunter Goethes Die Leiden des jungen Werthers und Rousseaus Bekenntnisse, wiesen den Weg: Nicht länger waren es nur Bücher mit Bildungsanspruch, die Wertschätzung verdienten. Der Unterhaltungsroman wurde gesellschaftsfähig. Das „Erleben“ durch die Literatur beflügelte die Fantasie: Zu den „Viellesern“ dieser Zeit gesellten sich die „Vielschreiber“. Wer sich zum Romancier berufen fühlte und einen Verleger fand, publizierte sein Schaffen. Goethe ließ einige Jahre später seinen „Wilhelm Meister“ räsonieren: „Wieviel Menschen schreiben, davon hat man gar keinen Begriff. Von dem, was davon gedruckt wird, will ich gar nicht reden.“ Friedrich Schlegels Erwartung, es gebe bald keine Leser mehr, sondern nur noch Schreiber, parodierte Jean Paul in seinem Schulmeisterlein Wutz. Und der bekennende Trivial-Autor August Lafontaine (1758–1831) witzelte, er schreibe schneller, als er lesen könne, weshalb er auch nicht alle Romane kenne, die er geschrieben habe. Hoffmann gehörte zwar nicht direkt zum Kreis der Frühromantiker in Jena, der sich um die Brüder Friedrich und August Wilhelm Schlegel und deren Zeitschrift Athenäum scharte, zu der auch Novalis entscheidende Beiträge lieferte. Ohne die poetologischen Vorgaben von Friedrich Schlegel und Novalis, aber auch von Gotthilf Heinrich Schubert und dessen naturphilosophisch-medizinische Publikationen wie Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaften oder Symbolik des Traumes, wäre Hoffmanns spezielle Ästhetik, seine Ambivalenz, das Hin- und Herpendeln zwischen einer vermeintlich „realen“ und einer anderen, wunderbaren Welt, jedoch kaum denkbar. Hoffmann ist sodann der erste Romantiker, der die „Nachtseite“ der menschlichen Existenz in all ihrer Radikalität ausleuchtet und erzählerisch poetisiert. Entscheidend sind dabei auch die medizinischen und psychiatrischen Kenntnisse, die Hoffmann durch seine Freundschaft zu den Bamberger Ärzten Adalbert Friedrich Marcus und Friedrich Speyer erwarb sowie durch die Lektüre einschlägiger psychiatrischer Werke von Johann Christian Reil, Joseph Mason Cox (1763–1818) und Philippe Pinel.

Prägend für Hoffmanns literarisches Schaffen war auch folgende Entwicklung im 18. Jahrhundert: Mit der Gründung der Freimaurer kamen Geheimbünde wieder in Mode. Zu den bekanntesten, die sich im gleichen Jahrhundert bildeten, zählen der wiedererstandene Bund der Rosenkreuzer und der Illuminatenorden. Daneben gab es zahlreiche kleinere Geheimbünde. Allen gemeinsam war, dass sie im Verborgenen agierten und ihre Kenntnisse nur innerhalb der Geheimgesellschaft weitergegeben werden durften. Auch dies gab ausreichend Stoff für eine literarische Verarbeitung. Die Existenz von Geheimgesellschaften wurde in „Geheimbundromanen“ aufgegriffen, und ihr „heimliches unheimliches“ Treiben wurde fantasievoll ausgeschmückt. Das literarische „Strickmuster“ war oft ähnlich: Ein junger Held gerät unversehens in die Hände einer geheimen Macht, die Einfluss auf sein weiteres Werden oder Verderben nimmt. Ein Werk, das sowohl Hoffmann wie auch seinen Zeitgenossen Ludwig Tieck aufgewühlt hatte, trug den Titel Der Genius und stammte von Carl Friedrich August Grosse. Hoffmann selbst soll als Zwanzigjähriger zwei Geheimbundromane verfasst haben; da sich aber kein Verleger fand, blieben sie in der Schublade und gingen später verloren. Seine Serapionsbrüder greifen dieses Genre wieder auf. Das Motiv, ohne eigene Steuerungsmöglichkeit einer fremden, im Gegensatz zur Turmgesellschaft in Goethes Wilhelm Meister zumeist bösen Kraft ausgeliefert zu sein, hat Hoffmann in vielen seiner Texte immer wieder zum Hauptthema gemacht. Ein wesentliches Vorbild waren für Hoffmann hier aber auch die Werke der so genannten gothic novel wie The monk von Matthew Gregory Lewis.

Preußischer Regierungsrat

Justizdienst und Heirat

Im März 1800 wurde Hoffmann als Gerichtsassessor nach Posen versetzt, das seit der zweiten polnischen Teilung zu Preußen gehörte. In Posen lernte Hoffmann auch seine spätere Ehefrau Maria Thekla Michalina Rorer-Trzcińska, eine Polin aus einfachen Verhältnissen, kennen. Um seine "Mischa" zu ehelichen, löste er März 1802 das Verlöbnis mit der in Berlin gebliebenen Minna Doerffer. Am 26. Juli heiratete das Paar.

Karnevalsscherz

Während des Karnevals im Jahre 1802 tauchten bei der großen Fastnachtsredoute der preußischen Kolonie plötzlich maskierte Personen auf, die Karikaturen von hochrangigen Vertretern der Stadt an die Gäste verteilten. Die bekannten Gesichter von Generalmajoren, Offizieren und Angehörigen des Adelsstandes waren eindeutig zu identifizieren und in lächerliche Posen gesetzt. Der Spaß währte so lange, bis die Verhöhnten sich selbst als Karikatur in der Hand hielten. Die „Übeltäter“ wurden zwar nie gefasst, aber die Obrigkeit war sich schnell einig, dass dahinter eine Gruppe von jungen Regierungsbeamten stecke, darunter auch der junge Hoffmann, der sein zeichnerisches Talent für diese unerhörte Aktion zur Verfügung gestellt hatte. Hoffmann, der in diesem Jahr zum Regierungsrat befördert werden sollte (und sich erhoffte, vielleicht nach Berlin oder zumindest in eine weiter westlich gelegene Stadt geholt zu werden), erhielt zwar die Beförderung, zugleich aber auch die als Sanktion gedachte Versetzung in das noch kleinere, noch östlicher gelegene Städtchen Płock.

Versetzung

Die Jahre in Płock (1802–1804) sowie die in Warschau, wohin er sich im März 1804 versetzen ließ, standen ganz im Zeichen der Kompositionsversuche. Trotzdem litt Hoffmanns juristische Arbeit nie unter seinen Nebenbeschäftigungen, er hatte immer lobende Dienstzeugnisse.

Insbesondere in Warschau, das nach der dritten polnischen Teilung 1795 Preußen zugesprochen worden war, erlangte Hoffmann den Ruf eines kunstfertigen Musikers, wenngleich nur auf lokaler Ebene. Eines seiner Singspiele und seine Sinfonie in Es-Dur wurden öffentlich aufgeführt. Als Organisator des Musiklebens war Hoffmann Mitbegründer der „Musikalischen Gesellschaft“, die ihren Sitz im Mniszech-Palast hatte und sich das Veranstalten von Liebhaberkonzerten und die Ausbildung von Laienmusikern zur Aufgabe machte. In Warschau lernte er den Juristen Eduard Hitzig kennen, der fortan zu seinem engsten Freundeskreis zählen und einer seiner wichtigsten Berater werden sollte.

Preußens politischer Schulterschluss mit Russland hinter dem Rücken Napoleons führte zum Krieg mit Frankreich, in dessen Verlauf Preußen von der französischen Armee regelrecht überrollt wurde. Am 28. November 1806 marschierten die Franzosen in Warschau ein. Die preußischen Regierungsbeamten waren mit einem Schlag stellungslos. Als die französischen Behörden alle in Warschau verbliebenen Beamten vor die Alternative stellten, entweder auf Napoleon den Huldigungseid abzulegen oder aber binnen einer Woche die Stadt zu verlassen, entschied Hoffmann sich für die Abreise.

1807 bis 1818

Neue Wege

Hoffmann hatte sich entschieden, die Amtsstube hinter sich zu lassen und Künstler zu werden. Während seine Frau und seine zweijährige Tochter Cäcilia 1807 nach Posen zogen, versuchte Hoffmann in Berlin Fuß zu fassen. Doch nichts wollte gelingen. Von seinen Kompositionen wollte keiner Notiz nehmen. Zwar hatte er nach zahlreichen Bewerbungen endlich die Zusage, ab Herbst 1808 am Bamberger Theater Kapellmeister zu werden, doch war Hoffmann bereits im Frühjahr desselben Jahres finanziell am Ende. Er schrieb voller Verzweiflung an Hippel:

„Ich arbeite mich müde und matt, setze der Gesundheit zu und erwerbe nichts! Ich mag dir meine Not nicht schildern. Seit fünf Tagen habe ich nichts gegessen als Brot, so war es noch nie. Ist es dir möglich, mir zu helfen, so schicke mir etwa 20 Friedrichsdor, sonst weiß ich bei Gott nicht, was aus mir werden soll!“

Hippel schickte Geld, zur gleichen Zeit wurde auf Initiative des Freiherrn vom Stein allen durch den Krieg mit Frankreich notleidend gewordenen Beamten eine einmalige Geldzahlung gewährt. In Berlin infizierte Hoffmann sich im Jahr 1807 bei einer namentlich nicht bekannten Geliebten mit Syphilis.

Der Kapellmeister

Hoffmann zog im September 1808 gemeinsam mit seiner Frau – das Töchterchen Cäcilia war bereits gestorben – nach Bamberg, wo er mit seinem Debüt als Musikdirektor im Oktober scheiterte: Bei der von ihm dirigierten Oper glänzte das Orchester mit verpassten Einsätzen und die Sänger mit falschen Tönen. Intrigen gegen ihn bewirkten, dass Hoffmann die Stelle schon nach zwei Monaten wieder verlor. Seine Theaterkompositionen waren nicht einträglich genug, aber dafür erhielt Hoffmann das Angebot des Verlegers der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung, Musikkritiken für das Blatt zu schreiben, nachdem er dort 1809 seine Erzählung Ritter Gluck hatte veröffentlichen können.

In dieser Zeit entwickelte er auch die fiktive Figur des Kapellmeisters Johannes Kreisler, sein literarisches Alter Ego, das in der Zeitschrift seine Sicht der zu besprechenden musikalischen Werke darstellte. Sie fand später in Robert Schumanns Klavierwerk Kreisleriana bedeutenden musikalischen Niederschlag. Der Kapellmeister Kreisler ist es auch, der dem Leser in den Erzählungen Kreisleriana und im Roman Lebensansichten des Katers Murr und Der goldne Topf wiederbegegnet.

Von 1810 an war Hoffmann beim Bamberger Theater als Direktionsgehilfe, Dramaturg und Dekorationsmaler beschäftigt. Nebenbei gab er privat Musikunterricht. In die junge Gesangsschülerin Julia Mark verliebte Hoffmann sich so heftig, dass es in seiner Umgebung auf das Peinlichste auffiel und Julias Mutter eilends zusah, das Mädchen anderweitig zu verheiraten. Hoffmann hielt nun nichts mehr in Bamberg. Als er die Stelle des Musikdirektors bei Joseph Secondas in Dresden und Leipzig auftretender Operngesellschaft angeboten bekam, sagte er zu.[2]

Rückkehr in den Staatsdienst

Der Bruch mit Joseph Seconda erfolgte schon 1814, aber nach dem Sieg Preußens über Napoleon bestand für Hoffmann die Möglichkeit, in den preußischen Staatsdienst in Berlin zurückzukehren. Allerdings wurde er für seine Tätigkeit am Kammergericht noch nicht fest besoldet und bekam nur ein einmaliges Honorar, mit dem es sich mehr schlecht als recht leben ließ.

Deshalb freute es ihn umso mehr, dass er sich mittlerweile einen Ruf als Schriftsteller erworben hatte. Die Veröffentlichung der Fantasiestücke in Callot´s Manier (1814/1815), vor allem die des in dieser Sammlung enthaltenen Märchens Der goldne Topf war ein Erfolg, an den Hoffmann mit der Arbeit an dem Roman Die Elixiere des Teufels und den Nachtstücken anknüpfen wollte, was ihm aber nicht gelang. Hoffmann wurde jedoch ein gefragter Autor für Taschenbuch- und Almanach-Nacherzählungen, ein Nebenerwerb, der ihn finanziell über Wasser hielt. Mit besonderem Stolz erfüllte ihn, dass seine Oper Undine 1816 im Nationaltheater in Berlin uraufgeführt wurde. In diesen Jahren unterhielt Hoffmann freundschaftliche Beziehungen zu den Schriftstellern Karl Wilhelm Contessa, Friedrich de la Motte Fouqué, Clemens Brentano, Adelbert von Chamisso und zum Schauspieler Ludwig Devrient.

1816 wurde Hoffmann zum Kammergerichtsrat ernannt, womit ein festes Gehalt verbunden war. Gleichwohl zog es ihn immer wieder zur Kunst, insbesondere zur Musik. Seine Bewerbungen um verschiedene Kapellmeisterstellen wurden jedoch alle abschlägig beschieden.

1819 bis 1822

Mit Die Serapionsbrüder, Lebensansichten des Katers Murr und Klein Zaches, genannt Zinnober hielten Hoffmanns literarische Erfolge in den nächsten Jahren an. Inzwischen war nach der Niederlage Napoleons auch in Deutschland die politische Restauration voll im Gange. Burschenschafter und Anhänger des Turnvaters Jahn lehnten sich gegen das Metternichsche System auf, es kam zu Verschwörungen und Attentaten. Die Ermordung des Schriftstellers August von Kotzebue durch den Studenten Karl Ludwig Sand beantworteten die Staaten des Deutschen Bundes mit den Karlsbader Beschlüssen, die jede Äußerung nationaler und liberaler Gesinnung zum Verbrechen stempelten. Besonders Preußen tat sich in der sogenannten „Demagogenverfolgung“ hervor. In Berlin wurde die „Immediat-Untersuchungskommission zur Ermittlung hochverräterischer Verbindungen und anderer gefährlicher Umtriebe“ eingerichtet, deren Aufgabe die „Ausermittlung von Gefahren, die Preußen und Deutschland bedrohen“, war.

Die Immediatkommission

Hoffmann, mittlerweile Kammergerichtsrat und überdies durch seine literarischen Erfolge von einiger Berühmtheit, wurde als Mitglied in die Immediatkommission berufen. Zwar konnte er sich mit den Ansichten und Aktivitäten der Burschenschafter und Turnerbünde nicht anfreunden, aber er kam – wie die anderen Richter der Kommission auch – seiner Aufgabe, die Sachverhalte gerecht und rechtsförmig zu ermitteln, pflichtbewusst nach. Daneben hatte die Kommission eine weitere Funktion: Sie musste prüfen, ob die Haftgründe, die für die Festnahme von Personen vorgebracht wurden, für die weitere Haftunterbringung ausreichten. In der Folgezeit wurden zahlreiche Gutachten von der Kommission zu einzelnen „Tätern“ entworfen, u. a. war Hoffmann auch für den Fall des Turnvaters Jahn zuständig. Und in vielen Fällen urteilte die Kommission - nicht zuletzt aufgrund von Hoffmanns Gutachten - , dass die Gründe weder für eine Haft noch für eine Anklage ausreichten, weil keine rechtswidrige Tat festzustellen war. Zahlreiche Personen waren allein deswegen festgenommen worden, weil sie sich mit den Ideen der Burschenschaften und Turnerbünde identifiziert hatten. Aber die Kommission stellte in ihren Gutachten immer wieder klar, dass eine Gesinnung allein keine strafbare Handlung sei.

Der Ministerialdirektor im Polizeiministerium, Karl Albert von Kamptz, war mit den Entscheidungen der Immediatkommission höchst unzufrieden und plädierte für ein härteres Vorgehen gegen die Protestler. So sah es Kamptz im Fall des Studenten Gustav Asverus als äußerst belastend an, dass der junge Mann in seinem Tagebuch einmal das Wort „mordfaul“ notiert hatte. Für Kamptz war das ein eindeutiges Indiz dafür, dass Asverus Böses im Schilde führte, möglicherweise sogar schon derartige Taten begangen habe – denn wenn man sich an einem Tag als „mordfaul“ bezeichne, dann sei man das an anderen Tagen vielleicht nicht. Diese Geschichte um Gustav Asverus war in der Immediatkommission bekannt und führte vermutlich zu großem Amüsement, denn Hoffmann fühlte sich inspiriert, den Vorfall später in seinem Meister Floh zu parodieren. Dass ihm dies viel Ärger einbringen würde, ahnte er wohl nicht.

Meister Floh

Die Geschichte, mit der Hoffmann Kamptz parodierte, ist schnell erzählt: Im vierten und fünften Abenteuer des Meister Floh gerät der Protagonist Peregrinus Tyß, ein frauenscheuer Träumer, in den Verdacht, eine Frau entführt zu haben. Weil aber völlig ungewiss ist, ob eine Frau überhaupt verschwunden ist, hält der Rat der Stadt Peregrinus Tyß für unschuldig. Da taucht eine Gestalt auf, die sich mit „Geheimer Rat Knarrpanti“ vorstellt. Er ist Experte in Sachen „entführerischer Umtriebe“ und bereit, den Entführungsfall aufzuklären. Auf den Vorhalt, dass eine Tat doch erst begangen sein müsse, bevor man den Täter ermitteln könne, erwidert er selbstgewiss, „dass, sei erst der Verbrecher ausgemittelt, sich das begangene Verbrechen von selbst finde“. Man müsse nur in Erfahrung bringen, was im Kopf des Täters vorgehe. Denn „das Denken sei an und vor sich selbst schon eine gefährliche Operation und würde bei gefährlichen Menschen eben desto gefährlicher“. Knarrpanti nimmt die Ermittlungen in die Hand und legt bald sehr belastendes Beweismaterial vor: das Tagebuch des Peregrinus Tyß, in welchem dieser nach einem Besuch der Mozartschen Oper Die Entführung aus dem Serail seine enthusiasmierten Eindrücke hierüber notiert hat. Knarrpanti hat die inkriminierenden Aussagen über die „herrliche Entführung“ säuberlich zusammengefasst und sieht Tyß hierdurch überführt. Doch darf diese berühmt gewordene Partie der Erzählung nicht als deren zentrales Anliegen betrachtet werden. Ihr ästhetisches Hauptthema sind die Metamorphosen der handelnden Personen.

Zensur und Disziplinarverfahren

In seiner Stammkneipe „Lutter & Wegner“ hatte Hoffmann seinen Freunden vom vierten und fünften Kapitel des Meister Floh erzählt. Es sprach sich herum und wurde schließlich an Kamptz weitergetragen. Hoffmann wurde zwar noch gewarnt, aber sein Versuch, die zwei Kapitel aus dem längst beim Verleger in Frankfurt am Main liegenden Manuskript herausnehmen zu lassen, schlug fehl. Das Manuskript war bereits beschlagnahmt.

Es ist nicht auszuschließen, dass das preußische Polizeiministerium Hoffmann gar nicht hätte nachweisen können, dass er in der Figur des Knarrpanti den Ministerialdirektor Kamptz veralbert und lächerlich gemacht hatte oder dass es zumindest Schwierigkeiten gehabt hätte, ihm aus dieser künstlerischen Verarbeitung „einen Strick zu drehen“. Aber Hoffmann hatte es nicht lassen können, seinem Peregrinus Tyß an anderer Stelle ein „mordfaul“ ins Tagebuch zu schreiben. Dessen nicht genug, ließ er Knarrpanti dieses ungewöhnliche Wort mehrfach dick mit Rotstift unterstreichen – wie in der Originalprozessakte durch Kamptz geschehen. Somit hatte Hoffmann einen Verstoß begangen, der keinem Richter gestattet ist: Er hatte die nicht öffentlichen Inhalte einer Prozessakte durch seine Erzählung öffentlich gemacht. An diese Pflichtverletzung knüpften seine Häscher problemlos an. Meister Floh erschien um mehrere Episoden im vierten und fünften Abenteuer zensiert; die unterdrückten Passagen wurden erst 1908 publiziert.[3]

Am 4. Februar 1822 schrieb der königlich preußische Staatsminister (Innenminister) Friedrich von Schuckmann an den preußischen Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg einen Brief, in dem er Hoffmann als „pflichtvergessenen, höchst unzuverlässigen und selbst gefährlichen Staatsbeamten“ bezeichnete und die Verhängung disziplinarischer Maßnahmen gegen ihn vorschlug. Bei der Gelegenheit wärmte Schuckmann auch den Vorfall mit den Karikaturen in Posen wieder auf. Die Vernehmung Hoffmanns über sein Dienstvergehen verzögerte sich allerdings immer wieder, da Hippel für seinen Freund einen Aufschub erwirkte. Hoffmanns Lueserkrankung befand sich zu dieser Zeit bereits in ihrem Spätstadium (Neurolues). Durch die damit einhergehende fortschreitende Lähmung war der Patient ans Zimmer und an den Lehnstuhl gefesselt. Seine Verteidigungsschriften konnte er nur noch diktieren, da seine Hände bereits den Dienst versagten.

In der Folgezeit verfasste Hoffmann noch einige weitere Erzählungen, darunter Des Vetters Eckfenster, bevor er am Vormittag des 25. Juni 1822 aufgrund einer Atemlähmung starb.

Grab

E. T. A. Hoffmanns Grab befindet sich auf dem Friedhof III der Gemeinde der Jerusalem- und Neuen Kirche vor dem Halleschen Tor an der U-Bahn-Station Mehringdamm in Berlin. Der Grabstein wurde von seinen Freunden gestiftet. Der ursprüngliche Grabstein wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erneuert. Die Grabinschrift enthält die Vornamensabkürzung E. T. W. nach Hoffmanns tatsächlichem Namen, da von den preußischen Behörden die Nennung des Künstlernamens E. T. A. auf dem Grabstein nicht genehmigt wurde (verortet).


Wohnadresse: Friedrichstraße 242 und 197, Charlottenstraße 56, Berlin-Mitte


Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.