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Eichwalde unterm Hakenkreuz

220.763 Bytes hinzugefügt, 20:34, 24. Feb. 2014
Einleitung
Nachdruck nur mit Genehmigung des Autors.
(Im Jahr 2014 wurden entdeckte Fehler korrigiert. Fußnoten können beim Autor hinterfragt werden.)
== Vorwort ==
"Mein Führer", dichtete eine Eichwalderin zu Hitlers Geburtstag im Jahre 1937,
 '' "Wir lieben Dich, weil wir die Heimat lieben,''  '' für die Du kämpfst, wie wir für Dich auch kämpfen,'' '' und keine Macht kann unsern Glauben dämpfen'' '' an deutsche Art, die stets sich treu geblieben." ''  
Die zehn Strophen dieses Hymnus fanden in der Privatkanzlei des Führers Wohlgefallen und wurden in der Regionalzeitung veröffentlicht.
== Vorkriegssommer ==
 
Auf ihrer Vereinsversammlung im Juni 1939 amüsierten sich die Haus-und Grundbesitzer über den von Johannes Wollermann hergestellten 8-mm-Schmalfilm
" Der Tanz ins Glück ", welcher das friedliche Leben und den Aufbau der Eigenheime und Gärten Eichwaldes in 'sechs Akten' zum Inhalt hatte. Im Protokollbuch des Vereins findet sich die Bemerkung, daß eine "denkbar beste Zusammenarbeit mit der Partei und ihren Gliederungen“ bestehe. Die Idee, daß alle Vororte Berlins innerhalb des Autobahnringes der Reichshauptstadt eingemeindet werden sollten, traf auf Widerspruch. Außerdem bereitete man für August wieder eine Dampferfahrt vor und ärgerte sich gerade über die gestiegenen Kosten für die Straßenpflasterung. Es war auch enttäuschend, daß Sammelbestellungen für Dünger und Futtermittel nicht mehr in bestellten Mengen befriedigt werden konnten. 1939 stockte die Versorgung mit Torfmull für die Trockenklos und mit Dung wegen Transportschwierigkeiten vollkommen, selbst auf Anrechnungsschein stand kein Hühnerfutter mehr zur Verfügung. Aber es würde sich bald schon alles wieder bessern, so hofften wohl die Eichwalder Siedler. Wohl keiner der Siedler sah in solchen Problemen bereits Vorboten kommenden Unheils, sah nicht, wie nahe der Krieg schon herangerückt war.
 
Im März 1939 wurde die Tschechoslowakei mit diplomatischer Erpressung, mit einer inszenierten Abspaltung der Slowakei und offener Gewalt zerschlagen, am
15. März 1939 Prag besetzt. Die gewaltsame Vereinnahmung der tschechischen Landesteile Böhmen und Mähren und deren Umwandlung in ein " Protektorat “ des Deutschen Reiches war eine offene Aggression. Die Sowjetunion hatte sich vergeblich um die Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit bemüht. Die Regierungen Großbritanniens und Frankreichs, die bisher nichts zum Schutz der Tschechoslowakei unternommen hatten, sahen sich nun veranlaßt, eine Garantieerklärung für Polen abzugeben. Wie sich ältere Einwohner erinnern, spürten bei diesen Nachrichten manche Eichwalder, so wie niemals zuvor, ein politisches Unbehagen. Man redete darüber in den Familien, seltener mit guten Nachbarn, nicht in der Öffentlichkeit. Wie zufrieden war man über das Münchener Abkommen vom 29. September 1938 gewesen, weil nun vorgeblich keine territorialen Fragen mehr offen geblieben sein sollten. Die Mehrheit hoffte nun, daß der 'Führer' erneut wieder alles regeln werde. Als Hitler am 19. März 1939 auf dem Schienenweg der Berlin-Görlitzer Bahn in den dunklen Abendstunden auf dem Berliner Görlitzer Bahnhof eintraf, hatten die NSDAP-Ortsgruppen des Kreises Menschenmassen an den Bahndamm und auf die Bahnhöfe beordert, die dem Sonderzug zuwinkten. Wahrscheinlich blickten auch Eichwalder auf den vorbeifahrenden Zug, doch sie ahnten nicht, wohin die Reise bald gehen würde. Am 23. März 1939 wurde nach langem diplomatischem Druck mit dem Einmarsch der Wehrmacht das litauische Memelgebiet besetzt. Die Gefahr eines Krieges war in unmittelbare Nähe gerückt. Schon seit mehreren Monaten trafen in der Gemeindeverwaltung Schreiben ein mit dem Vermerk "Geheim". So hieß es zum Beispiel in einem Erlaß vom 30. August 1938: "Um bei der Durchführung von Maßnahmen der Wehrmacht und in sonstigem
Eilfalle fernmündliche Erreichbarkeit der Bürgermeister sicherzustellen...", sollten die Wohnungen aller Bürgermeister ans Telefonnetz angeschlossen werden. Im Landkreis Teltow sei das bereits sichergestellt, antwortete der Landrat mit Schreiben vom 1. Oktober 1938. Eine Verfügung vom 16. Februar 1939 beinhaltete "Mobilisierungsvorbereitungen in sachlicher und personeller Beziehung im gemeindlichen Bereich". Ein weiteres Schreiben befaßte sich mit der "Übernahme von gemeindlichen Beamten des gehobenen und mittleren Dienstes" in die Wehrmacht. Die Ausgabe von Lebensmittelkarten wurde vorbereitet. Die Jahrgänge 1906 und 1907 waren im März zur Musterung nach KönigsWusterhausen bestellt worden.
 
Am 3. April 1939 war erstmals mit der Bezeichnung "Fall Weiß" eine Weisung an die Wehrmacht ergangen, die den Überfall auf Polen vorsah. Seit dem 8. August wurden insgeheim "kriegsauslösende Zwischenfälle" durch Vorbereitung antipolnischer Provokationen geplant. Unterdessen wurden die Menschen von den politischen Tagesereignissen voll in Anspruch genommen, besonders von den ultimativen Forderungen der faschistischen Führung an die polnische Regierung : "Anschluß" Danzigs, polnischer "Korridor" für Deutschland durch polnisches Territorium, "Sicherung des Lebens der deutschen Volksgruppe" – es wurde alles getan, um mit hysterischen Verzerrungen tatsächlicher Verhältnisse und mit Falschmeldungen geistige Kriegsbereitschaft und antipolnische Stimmungen zu entfachen. Wie zuvor gegen die Tschechoslowakei gehetzt wurde, wurde die deutsche Bevölkerung nun gegen Polen aufgewiegelt.
 
Zur propagandistischen und rüstungsmäßigen Kriegsvorbereitung gehörte am 28. April 1939 die Aufkündigung des deutsch-britischen Flottenabkommens von 1935 und des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes von 1934. Damit reagierte Hitler auf die Garantieerklärung Englands vom 31.März 1939 für die Sicherheit Polens.
Wie breit diese Propaganda organisiert wurde, läßt der Schuljahresbericht 1939/40 des Gymnasiums erkennen, in dem ausdrücklich der Gemeinschaftsempfang in der Schulaula am 28. April " der großen Führerrede vor dem Reichstag " hervorgehoben wurde. Natürlich erfuhren die Eltern der Schüler davon, konnte in den Familien darüber geredet werden. Die politische Mobilisierung wurde rasant gesteigert.
 
Wie überall in Deutschland hatte man sich auch in Eichwalde schon mehrere Wochen auf den 50. Geburtstag Hitlers am 20. April 1939 konzentriert, der zum nationalen Feiertag erklärt worden war. Die Regie des Tages sah vor, dem Ausland zu demonstrieren, wie die Deutschen hinter Hitler marschieren würden und daß Deutschland zum Krieg gerüstet sei. All das vervollständigte nur ein sich festigendes Bild in der Einwohnerschaft, daß eigentlich an alle Möglichkeiten für Sicherheit und Frieden "im Reich" gedacht wurde. Im Ort erlebte man diese demonstrativen Vorführeffekte unmittelbar: Erstens durch die eigenen zeremoniellen Vorbereitungen des örtlichen Fackelzuges zum 20. April und zweitens durch die während der Apriltage gesperrten Schulgebäude, welche zeitweilig als Unterkünfte für an der Berliner Parade teilnehmenden Truppen genutzt wurden. Da gab es viel zu bestaunen, die Eichwalder überzeugten sich, wie gut organisiert doch das Leben in der Truppe verlief. Besonders die Jugend war begeistert.
Eine bisher in diesem Ausmaß noch nie erlebte Luftschutzwoche der Schule vom
8. bis 14. Mai bereitete den Probealarm vor, der unter Beobachtung des örtlichen Führers des Reichsluftschutzbundes, Hamann, des Bürgermeisters Rix und des Leiters der Feuerwache, Koser, schließlich am 2. Juni 1939 ausgelöst wurde. Diesen Schwung konnte man gut ausnutzen, so unter anderem für die allerorts bevorstehenden Sportkämpfe der Hitler-Jugend am 4. Juni 1939. Die drei Wettkampfarten der männlichen Jugend waren Hundertmeterlauf, Keulenweitwurf und Weitsprung, also für künftige Soldaten sehr geeignete Disziplinen.
In einer am 30. Januar 1939 gehaltenen Reichstagsrede hatte Hitler die Welt nicht darüber im Unklaren gelassen, daß es im Falle eines Weltkrieges um "die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa " gehen werde. Innenpolitische Vorbereitungen waren dafür bereits angelaufen. Am 17. Mai 1939 fand im gesamten damaligen Reichsgebiet, mit Ausnahme des "heimgeholten" Memellandes, eine allgemeine Volkszählung statt. Bei der Durchführung der Zählung wurden auch in Eichwalde die örtlichen Beamten einschließlich der Lehrer eingesetzt, die dazu am 23. März 1939 auf eine zentralen Veranstaltung des Landkreises Teltow eingewiesen worden waren. Neben der Haushaltungsliste und weiteren Formularen war eine Ergänzungskarte für Angaben über Abstammung und Vorbildung auszufüllen. Vorrangig diente diese Karte der erstmalig durchgeführten Zählung von Juden und sogenannten jüdischen Mischlingen. Einzutragen waren Name, Geburtsdatum und -ort sowie die Angabe, ob und welche der vier Großelternteile "der Rasse nach Volljude“ waren oder sind. Um eine möglichst einwandfreie Beantwortung der Fragen nach der Abstammung zu erzielen, war die Ergänzungskarte in einem besonderen Umschlag abzugeben, der nur von dem dazu bestimmten Statistischen Amt geöffnet werden durfte. So wurde mit deutscher Gründlichkeit und zuverlässiger Arbeit des Bürgermeisters und seiner offiziellen und ehrenamtlichen Mitarbeiter, wie gesetzlich festgelegt, ein Material geschaffen, um die jüdischen Bürger weiter zu isolieren, zu enteignen, zur Auswanderung zu zwingen oder um sie später, gut organisiert, vernichten zu können. In Eichwalde wurden damals 6333 Einwohner gezählt. Im Ergebnis der Volkszählung wurden in Eichwalde in ca.22 Haushalten insgesamt 36 Personen aussortiert, die nun nach gesetzlichen Vorgaben überprüft wurden, ob sie als "Volljuden, Dreivierteljuden, Halbjuden, Vierteljuden, Jüdische Mischlinge ersten oder zweiten Grades“ anzusehen seien.
 
Die Ortsgruppe der NSDAP hatte im Juni 1939 zum großen Kulturabend in der Aula des Gymnasiums eingeladen. Der nächste Abend dieser Art sollte am 27. September zu Ehren des Dichters Hermann Löns stattfinden, der an diesem Tag vor 25 Jahren als Kriegsfreiwilliger in Frankreich 'den Heldentod' gestorben war. Da sich nach der Gleichschaltung das kulturelle Leben in gewisser Hinsicht in die Familien verlagert hatte, drängte die NSDAP überall darauf, mehr öffentliche Geselligkeiten allgemeiner, neutraler Art zu organisieren. Bislang geschah auch in Eichwalde nichts, was frei von vordergründiger NS-Ideologie gewesen wäre.
In diesen Wochen bereitete sich der Ort auf das dritte Rosenbaumfest vor, welches vom 18. bis 20. Juni 1939 gefeiert wurde. Wie aufmerksam dabei aktuelle innen- und außenpolitische Ereignisse aus dem Blickwinkel der NS-Propaganda verfolgt wurden, ließ sich nicht zuletzt am Festumzug erkennen. Die NS-Frauenschaft mit Kindergruppe und Säuglingskorb spielte auf die bevorstehende erstmalige Ehrung von 23 kinderreichen Eichwalderinnen mit dem "Mutterkreuz" an und gab so auch ihrer Hoffnung auf ein glückliches Familienleben im NS-Staat Audruck, dessen
materielle Förderung des Kinderreichtums allgemein geschätzt wurde. Auch die Frau hat ihr Schlachtfeld, hatte der 'Führer' gesagt.
 
Als am 3. Oktober die Ehrung der Mütter in Eichwalde erfolgte, waren die ersten Söhne bereits gefallen. Der vom Gymnasium gestaltete Festwagen zeigte das Collosseum und das Brandenburger Tor als demonstratives Bekenntnis zu dem im Mai 1939 vereinbarten deutsch-italienischen Militärbündnis, dem sogenannten Stahlpakt, einem unverhüllt aggressiven Vertrag zwischen deutschen und italienischen Faschisten. Unterdessen war ein neues Großereignis für die Eichwalder in Vorbereitung. Die SA war am 21.Januar 1939 von Hitler beauftragt worden, die vor- und nachmilitärische Ausbildung der gesamten männlichen Bevölkerung vom 17. bis zum 45. Lebensjahr durchzuführen. Zu diesem Zweck wurden motivierende Maßnahmen für die SA veranlaßt, um sie für diese und weitere Aufgaben unter den Bedingungen baldiger Kriegsereignisse moralisch zu rüsten. Die Eichwalder konnten deshalb am 1. Juli 1939 Zeugen einer monströsen abendlichen Veranstaltung sein, als dem örtlichen SA-Sturm mit seinem Sturmführer Schilling, der auf dem von Scheinwerfern und Fackeln erleuchteten Volksfestplatz (Schillerplatz) angetreten war, auf Befehl Hitlers der Name "Willi Dreyer" verliehen wurde. Es war ein Aufmarsch von NS-Repräsentanten, von SA-, SS-, Reichskriegerbund- und Hitlerjugend-Formationen des Ortes und der Umgebung, wie sie Eichwalde in dieser Dimension noch nicht erlebt hatte. Das Ereignis versinnbildlicht, welches Ansehen der Ort seit 1933 bei der NS-Führung des Kreises und darüber hinaus erworben hatte.
 
Das Leben verlief, oberflächlich betrachtet, anscheinend normal. Erfreut registrierte man die Zeitungsannoncen, in denen die nahen Hirth-Motorenwerke um Arbeitskräfte warben und die Reichsbahn Arbeitsplätze für Frauen anbot. Männliche Eisenbahner wurden insgeheim bereits für den Eisenbahnbetriebsdienst im zu erobernden Polen bereit gehalten. Die Vorortbahn zwischen Berlin-Grünau und KönigsWusterhausen soll elektrisch betrieben werden, meldete die Tageszeitung am 11. Juli 1939. Doch mehr noch elektrisierte eine außenpolitische Meldung vom 24. August die Einwohner: Deutschland und die Sowjetunion haben einen Pakt geschlossen! Dieser nicht erwartete diplomatische Schritt sorgte anfangs für einige Verwirrung unter den Nazis, die erfüllt waren vom Kampfgeist gegen den "jüdisch-bolschewistischen Feind " im Osten. Für viele Hitlergegener kam dieses Abkommen ebenfalls überraschend und wirkte sogar desorientierend. Bald ließen die außenpolitischen Entwicklungen bei den Westmächten die Erkenntnis wachsen, daß es keine wirksame antifaschistische Allianz ohne die Sowjetunion geben konnte, wie sie schließlich durch Verträge kriegführender westlicher Staaten mit der Sowjetunion seit Juli 1941 als Antihitlerkoalition entstand.
Ein untrügliches Zeichen drastischer Veränderungen war die am 28. August 1939 beginnende Rationierung von Lebensmitteln. Lebensmittelkarten und Bezugsscheine für diverse Konsumgüter wurden eingeführt. Die Lebensmitteleinzelhändler hatten wieder Kundenlisten anzulegen. Ein Küchenmusterplan für die Hausfrau sollte beweisen, wie man ohne Fett und Fleisch über die Woche kommen konnte. In der "Königs Wusterhausener Zeitung" wurden am 31. August 1939, einem Donnerstag, die Geltungsdauer der einzelnen Abschnitte der zur Verteilung gekommenen Bezugsscheine für Lebensmittel veröffentlicht.
Sie galten vom 28. August bis zum 3. September 1939. Der 1. September 1939 war ein Freitag. Das Wochenende stand bevor...
 
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1 KWZ v. 10./ 11. Juni 1939.<br />
2 Werner Hammerschmidt / Hans Eberhard Schmidt (Hg.) : Siedlergemeinschaft Eichwalde (SGE). Chronik anläßlich des 100. Jahrestages der Gründung einer Siedlervereinigung in Eichwalde, Eichwalde 1992, S.7.<br />
3 KWZ v. 15. u. 20. März 1939.<br />
4 KWZ v. 22. März 1939.<br />
5 Vgl. Deutschland, Bd.1, S. 122 u. 140 ff.<br />
6 BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A I Kom , Nr. 1048.<br />
7 Vgl. Deutschland, Bd. 1, S. 149 ff.<br />
8 Vgl. u.a. KWZ v. 6. / 7. Mai 1939.<br />
9 BLHA, Pr.Br.Rep. 34 , Prov. Schulkollg., Nr. 5466.<br />
10 KWZ v. 20. April 1939.<br />
11 KWZ v. 6. und 7. Juni 1939.<br />
12 BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A Regierung Potsdam, I Kom, Nr. 285. ( Die spezifizierte Aufstellung vom 29. August 1940 zur Volkszählung im Kreis Teltow befand sich nicht in der Akte.)<br />
13 Vgl. Bundesarchiv Berlin: Einführung in die Volkszählung 1939. ( Benutzermaterial )<br />
14 Kreisarchiv,B.E., Nr.177.<br />
15 PC- Ausdruck Bundesarchiv Berlin, R2 / GB, Ergänzungskarten der Volkszählung v. 17. Mai 1939.<br />
16 KWZ v. 9. Juni 1939.<br />
17 KWZ v. 3. Juli 1939.<br />
18 Vgl. Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker : Adolf Hitler. Eine politische Biographie. Leipzig 1995, S.383. f.<br />
19 Vgl. Deutschland, Bd. 2, S. 31.<br />
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== Eichwalde während des zweiten Weltkrieges ==
 
Der heimatliche Alltag unter Kriegsbedingungen war zwangsläufig ein anderer als im Frieden, insbesondere dann, wenn in der Heimat selbst ein Kampf zur bedingungslosen Unterwerfung der Bevölkerung unter eine verbrecherische Politik geführt wurde. Die Lebensweise in der Zeit des Krieges erlangte ihre spezifische Alltäglichkeit und zwangsläufige Normalität. Sie wurde zum Kriegsalltag. Fliegeralarm zum Beispiel wurde ab einem bestimmten Zeitpunkt alltäglich und erschien fast normal. Die ausgangs der dreißiger Jahre Geborenen erlebten lange keinen anderen Alltag, sie kannten noch keinen Frieden, allenfalls Tage ohne Luftangriffe. So, wie der Krieg, der von Deutschland ausging, nicht gleichförmig verlief, nach anfänglichen Siegesfanfaren schließlich nach Deutschland zurückkehrte, veränderte der Kriegsverlauf auch den Alltag an der 'Heimatfront', der bei Kriegsbeginn anders war als etwa 1944. Die Heimat selbst wurde 'innere Front', noch ehe sie selbst zum Kriegsschauplatz geworden war.
 
Vom Kriegsalltag nach dem 1. September 1939
 
Am Morgen des 1.September 1939 erfuhren auch die Eichwalder aus dem Radio, daß sich Großdeutschland im Krieg befand. Ein vorgetäuschter polnischer Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz in Oberschlesien sowie weitere simulierte Verletzungen der deutschen Grenze hatten den Vorwand für den "Gegenangriff" der deutschen Wehrmacht geliefert, dem keine Kriegserklärung vorangestellt war. Hitler verkündete am 1. September im Reichstag, daß seit 5.45 Uhr "zurückgeschossen" werde. Am 3.September erfolgten die Kriegserklärungen Frankreichs, Großbritanniens sowie ihrer Verbündeten an Deutschland.
Die Stimmungslage der Einwohner war von Erschrecken und Niedergeschlagenheit, auch von Ahnungen kommenden Unheils gekennzeichnet. Man sorgte sich um die zur Wehrmacht eingezogenen Männer, Väter und Söhne. Nicht wenige Einwohner glaubten der Propaganda, daß der Einmarsch der Wehrmacht in Polen nur eine notwendige 'Strafaktion' und ein berechtigter Verteidigungsakt zum Schutz der deutschen Souveränität sei. Wie der Krieg entfesselt und inszeniert worden war, blieb damals noch verborgen.
 
Die Atmosphäre im Gymnasium war ein gewisser Gradmesser für die allgemeine Lage in den Familien des Ortes. Direktor Dr. Hohmann schrieb im Schuljahresbericht 1939/40: " Mit Ausbruch des Krieges Ende August wurde durch Einberufung mehrerer Lehrkräfte und durch die Veränderungen in vielen Familien auch eine gewisse Unruhe in die Schule getragen." Eichwalde gehörte zum Wehrkreis III, Berlin-Brandenburg. Offenbar hatten die Einberufungen und bald darauf die Ausgabe der Lebensmittelkarten und Bezugsscheine schon vor dem 1. September bange Stimmungen entstehen lassen. Schon bald kamen Siegesmeldungen aus Polen. Aber schlechte Nachrichten vom Kriegsgeschehen ließen nicht lange auf sich warten. Im Reservelazarett Königs Wusterhausen waren am 25. September 1939 die ersten Verwundeten des "Polenfeldzuges" eingetroffen. Gefallene waren zu beklagen. Dr. Hohmann berichtete:" Als erster von unseren ehemaligen Schülern hat für Führer und Volk in diesem Krieg der Gefreite der Luftwaffe Heinz Abendroth sein junges Leben dahingeben müssen. Seiner feierlichen Beisetzung unter militärischen Ehren auf dem benachbarten Grünauer Friedhof wohnte am 30.10. eine Abordnung von Lehrern und Schülern bei, die einen Kranz am Grabe niederlegten."
Herr Dr.Dr.med. Linke aus Eichwalde berichtete:"...wie schwer und traurig waren unsere Schuljahre im Krieg. Die jüngeren Lehrer waren Soldaten und wurden durch Lehrer, die schon im Ruhestand waren, ersetzt. Immer häufiger trauerten wir um unsere gefallenen Schulkameraden...“ Der plötzliche Lehrermangel war für die Schulen prekär. "Wir wurden für drei Wochen vom Unterricht beurlaubt, wahrscheinlich weil die Lehrer zwecks Umstellung des Lehrplans zu einer Konferenz einberufen wurden ", erinnerte sich Sonja Ziemann. Frau Dolke wußte noch, daß die Jungen und Mädchen ihrer gemischten Klasse auf die Jungen- und die Mädchenklasse aufgeteilt wurden. " Unser Herr Glashorster war einer der ersten Soldaten. Vorwiegend ältere Lehrerinnen übernahmen die Klassen. Fräulein Tängler kam zurück in den Schuldienst, obgleich sie pensioniert war....Das Lehrerkollegium wurde immer kleiner, die Klassen immer größer", berichtete Frau Dolke. Die ständigen Appelle der NS-Propaganda an 'gläubige Hingabe' der Bevölkerung und an die Unbesiegbarkeit der deutschen Waffen hinterließen jedoch bald ihre Wirkung. Aus dem Schuljahresbericht 1939/40 des Eichwalder Gymnasiums ist zu erfahren:
" Auch innerhalb der Schule und des Unterrichts nahmen wir natürlicherweise regsten Anteil an dem polnischen Blitzkrieg. Studienrat Krönke erlebte ihn als Unteroffizier in einem Baubataillon, Studienassessor Rücker als Gefreiter ( jetzt Unteroffizier ) der schweren Artillerie. Studienrat Dr. Strauer wurde als Meteorologe bei der Luftwaffe eingesetzt...Student Unteroffizier Paul Sasse wurde zu seinem eigenen Leidwesen in der Heimat als Ausbilder am schweren MG eingesetzt; lieber hätte er auch draußen irgendwo mitgeholfen zu siegen... Am 25.9. wurde noch Studienrat Dr. Arntz als Pionier zur Wehrmacht eingezogen; er ist jetzt allmählich zum Unteroffizier aufgestiegen und hat uns durch seine mannigfachen Erlebnisse aus den Vorfeldkämpfen des Westwalles oft gefesselt. Am 21. 9. starb nach monatelanger schwerer Lungenkrankheit unser lieber Berufskamerad Studienrat Richard Klein... Den Aufbruch Deutschlands zu Freiheit und Größe hat er noch ahnend erleben können."
Am 6. Oktober 1939 war die Eroberung Polens abgeschlossen.
Eichwalder Lehrer, die als Kriegsteilnehmer das Frontgeschehen miterlebt hatten, berichteten 'fesselnd' bei Rückkehr in das heimatliche Eichwalde von ihren Erlebnissen. Dr. Hohmann schrieb weiter: "Studienrat Krönke als Teilnehmer am Polenfeldzug war der geeignete Sprecher über den deutschen Osten und unsere Aufgaben im Ostland...“ Als die Kampfhandlungen beendet waren, begann die Okkupation des Landes. Nachdem Polen zum Modellfall für die Blitzkriegsführung geworden war, wurde es nun zum Experimentierfeld für Massenerschießungen, zunächst von Polen und Juden, zum Erprobungsfall für die Einrichtung von Juden-Ghettos und Vernichtungslagern, für die Versklavung slawischer Völker und die "Germanisierung".
Zu Beginn des Krieges hatten entgegen sonstiger Praxis nirgendwo öffentliche Zustimmungsbekundungen stattgefunden, weil diese von der NS-Führung nicht erwünscht waren. Nach den ersten Siegesmeldungen begann die Ortsgruppe der NSDAP ihre zuvor festgelegte Rolle zu spielen. Ortsgruppenleiter Bürgermeister Rix wurde für die politische Führung und Betreuung der Einwohner verantwortlich gemacht. Hauptsächlich bestanden die Aufgaben der NSDAP nach Kriegsbeginn darin, die Mobilmachung reibungslos verlaufen zu lassen, die Stimmung der Bevölkerung zu überwachen, durch Propagierung des Krieges und des Sieges in "Treue zum Führer" die Einwohner zu beeinflussen, "Wehrfeinde und Miesmacher" in Zusammenarbeit mit Gestapo und Polizei auszuschalten und den Luftschutz zu gewährleisten. Die Organisation der Versorgung, das Verhindern von Verstößen gegen die Rationierung von Lebensmitteln und anderen Waren gehörte zu den Aufgaben der örtlichen Nazi-Führung. Die Eichwalder Blockleiter verteilten persönlich am 21. und 22. Oktober 1939 die neuen Lebensmittelkarten. Deshalb hatte man an diesem Wochenende zu Hause zu bleiben. Ein wachsender Berg von Gesetzen, Verordnungen und Weisungen war jetzt von der Gemeindeverwaltung durchzusetzen, die als 'Schubladengesetze' längst für den Kriegsfall vorbereitet worden waren.
 
Dazu gehörte die “Verordnung zur vorläufigen Sicherstellung des lebenswichtigen Bedarfs des deutschen Volkes” vom 27. August 1939. Fleisch, Fett, Butter, Käse, Vollmilch, Eier, Zucker, Marmelade, Nährmittel, Ersatzkaffee, Seife und fetthaltige Waschmittel, Textilien, Schuhe, Lederwaren und Kohle waren nur noch auf Karten oder Bezugsscheinen erhältlich. Nach Kriegsbeginn schien eine neue Zeitrechnung eingesetzt zu haben. Man zählte nicht nur Kriegsmonate, sondern bei Lebensmitteln auch 'Zuteilungsperioden'. Die erste Periode lief bis vier Wochen nach Kriegsbeginn, die 74. Periode vom 9. bis zum 29. April 1945. So gab es in den ersten vier Kriegswochen pro Person je Woche 700 g Fleisch, 110 g Marmelade, 280 g Zucker zu kaufen. Brot, Mehl und Kartoffeln waren anfangs ohne Beschränkung zu haben. Am 25. September 1939 wurden die “Reichsbrotkarten” und die “Reichseierkarten” eingeführt, am14. November die Reichskleiderkarte. Die "KönigsWusterhausener Zeitung" gab wöchentlich bekannt, was auf Lebensmittelkarten zu erhalten war. So wurden beispielsweise in der Woche vom 13. zum 19. November 1939 2400 g Brot, 500 g Fleisch oder Fleischwaren, 125 g Butter oder 62,5 g Schweineschmalz , 250 g Zucker, 100 g Marmelade, täglich ¼ Liter Milch für Kinder bis zu zehn Jahren, ½ Ltr. Milch für werdende Mütter usw. gestattet. Man unterschied Schwer- und Schwerstarbeiter. Noch litt man keine Not, obwohl etwa nur die Hälfte der Friedensrationen bewilligt wurde. Schwerarbeiter erhielten Zusatzrationen. Jüdische Einwohner waren rapide zunehmenden Versorgungsbeschränkungen unterworfen.
 
Die Versorgungslage blieb ein Dauerthema des Krieges. Zeitgenossen wissen zahlreiche Episoden von Ersatzlebensmitteln, Sonderzuteilungen, Einschränkungen, aber auch vom Erfindungsreichtum der Hausfrauen und Mütter, vom 'schwarzen Markt' und Tauschhandel während des Krieges zu berichten. Unmut entstand erst, wenn weitere Einschnitte in der Versorgung in Kraft traten.
Unter dem Motto "Die kämpfende und opfernde Heimatfront" verband die NSDAP ihre allgemeine Propaganda mit der 'Aufklärung über Verbrauchslenkung' und mit der 'Propaganda der Tat '. Zu den ersten von der NSDAP-Gauleitung angeordneten Maßnahmen nach Kriegsbeginn gehörte die Einrichtung von Unfallmeldestellen des Deutschen Roten Kreuzes. Sie wurden in Eichwalde im Erdgeschoß des Schulhauses etabliert. Hier befanden sich ab sofort Vorräte an Verbandsmaterial, Betten und Tragbahren. Auch kleinere Operationen konnten ausgeführt werden. Anmeldungen von Mitgliedern für das DRK nahm u.a. Dr. Papendorf als Leiter der neu geschaffenen Ortsgruppe, Schmöckwitzer Straße1a, entgegen. Die NS-Frauenschaft veanstaltete während des Krieges Lehrgänge über allgemeine Gesundheits- und häusliche Krankenpflege. Den Kriegsereignissen Rechnung tragend, wurde im Oktober 1939 eine DRK-Beratungsstelle in der Königstraße 4 (Gerhart-Hauptmann-Allee) bei Patentanwalt Hugo Lesser eingerichtet. Diese Stelle sollte die Angehörigen von Soldaten in folgenden Punkten beraten:"1. Verbleib und Befinden von Vermißten, Verwundeten und Erkrankten; 2. Vermittlung des Schriftverkehrs mit kriegsgefangenen Soldaten; 3.Ermittlung der Begräbnisstelle von Gefallenen...".
 
Anfang November wurden die behelfsmäßigen Luftschutzräume in Eichwalde überprüft. Bei dieser Gelegenheit konnten gleich die Radiogeräte kontrolliert, ob die Skala nicht auf einen "Feindsender" eingestellt war und zusätzlich noch die Spendengelder für das Kriegswinterhilfswerk eingesammelt werden. Lt. "Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen" vom 1.September 1939 war das Abhören ausländischer Sender bei Strafe verboten. Etwa alle drei Wochen wurden auf Anweisung von Goebbels harte Urteile gegen "Rundfunkverbrecher" zur Abschreckung veröffentlicht. Die nach Kriegsende an der Eichwalder Schule eingesetzte Direktorin, Frau Dr. Friesecke, war wegen eines derartigen "Verbrechens" zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil sie einer anonymen Anzeige nach den Londoner Rundfunk gehört hätte. Nur durch Fürsprache eines einflußreichen Eichwalders wurde sie 1943 unter Auflagen aus dem Berliner Gefängnis entlassen: Sie durfte nach Eichwalde in ihr Haus an der Waldstraße zurückkehren und hatte sich täglich bei der örtlichen Polizeiwache zu melden. Das Leben wurde seit Kriegsbeginn mehr als zuvor von rigoroser Militarisierung, von Angst und Mißtrauen angesichts des weitläufigen Überwachungs- und Terrorsystems bestimmt. Die Gefahr von Todesstrafe und Konzentrationslager war allgegenwärtig. Es bestand bei der Naziführung Furcht vor kommunistischen Zersetzungsversuchen. Herr Schluroff, ein ehemaliger Lehrer am Gymnasium Eichwaldes, erinnerte aus eigenem Erleben daran, daß man bei leichtfertigen Polemiken hätte "damit rechnen müssen, s o f o r t 'abgeholt' zu werden (KZ!)...", wie er schreibt.
Ein Zeitungsbericht vom November 1939 vermittelt einen Eindruck von der damaligen Atmosphäre. Anläßlich des alljährlichen Gedenktages an die "Gefallenen der Bewegung" am 9. November 1939 hatte die Eichwalder NSDAP-Leitung zu einer öffentlichen Feierstunde geladen. Neugierig strömten die Einwohner zur Versammlung. Eben war das gescheiterte Attentat des Tischlers Georg Elser (" Ich wollte den Krieg verhindern!", sagte Elser.) auf Hitler am 8. November im Münchener Bürgerbräu-Saal bekannt geworden. Die Zeitung berichtete: "...die Einwohner des Ortes waren am Mittwoch trotz der dunklen Straßen so zahlreich im Schwarkschen Saal erschienen, daß derselbe vollständig besetzt war. Fahnenschmuck, Topfgewächse vor dem Bühnenvorhang und in der Mitte desselben das mit einer Girlande umgebene Bild des Führers.... Ortsgruppenleiter Bürgermeister Rix ...gedachte der Toten des gegenwärtigen Krieges und des 8. November, erinnerte an die Büchersammlung für die Soldaten, die bei uns in den nächsten Tagen durch die Blockwalter durchgeführt wird und teilte mit, daß am heutigen Sonnabend das WHW-Schießen beginnt. Gauredner Pg. Krüger verglich in seiner Festrede den Führer, dem es gelungen ist, die Deutschen zu einer Volks-, Blut-, Schicksals- und Glaubensgemeinschaft zusammenzuschweißen, mit dem alles belebenden Sonnenstrahl. Er erklärte, daß sich dies geeinte Volk den zum Leben nötigen Raum, wozu selbstredend auch die geraubten Kolonien gehören, erkämpfen wird, beleuchtete die politische Lage, warnte vor Nörgelei und Meckerei, mahnte zur Genügsamkeit und Einfachheit in Nahrung und Kleidung, betonte, daß das Ziel, Erringung eines ehrenvollen, dauerhaften Friedens, nur durch festes Zusammenstehen erreicht werden kann. Ortsgruppenleiter Rix schloß die eindrucksvolle Feierstunde in gewohnter Weise mit einem Treuegelöbnis zu Führer, Volk und Vaterland." Im "Filmeck" wurde in diesen Tagen für das WHW kostenlos der heitere Film "Der Maulkorb" gezeigt.
 
Eine für ganz Deutschland festgelegte Büchersammlung für Soldaten an der Front und in den Lazaretten wurde in Eichwalde am 25. November 1939 durchgeführt. Wieder erschienen die Blockleiter und holten die bereitgestellte Literatur ab. Gleichzeitig wurden 'Schießkarten' für das WHW-Schießen, das Stück 20 Rpfg. verkauft, eine regelmäßig durchgeführte Geldsammlung, die mit praktischem Schießwettbewerb verbunden war.
Im Mittelpunkt der Nazipropaganda stand immer wieder die verlogene Behauptung, der Krieg sei Deutschland von England aufgezwungen worden. Am 7. Dezember 1939 berichtete die Tagespresse über einen Monatsappell der Kriegerkameradschaft Eichwaldes: Der Redner forderte dazu auf, " unzufriedene Volksgenossen" darüber zu belehren, daß es "in dem uns von England aufgezwungenen Kriege", der bis "zu einem für uns siegreichen Ende führen wird", um das Bestehen des Deutschen Reiches gehe und daß deshalb jeder unbedingt treu zum Führer stehen müsse. Vom 'Zellenappell' zweier NSDAP-Gruppen am 11. Dezember 1939 berichtet die Zeitung:
" Dann verbreitete sich Pg. Dienst über das immer wieder aktuelle Thema: 'Juda und England bis zum Weltkriege'." Aus dem Bericht ist zu erfahren, daß jetzt übelste Hetze gegen die Juden folgte und anschließend das ' Engelland-Lied ' („Wir fahren gegen Engelland...") gesungen wurde. Übrigens war Dienst ein häufig eingesetzter Redner der NSDAP in Eichwalde, dessen Hetz- und Hasspropaganda, stimmungsvoll und anschaulich vorgetragen, mit ihrer Verbissenheit aus dem üblichen Rahmen fiel.
 
Die sich bisher martialisch gebende Eichwalder NS-Kriegerkameradschaft reagierte damit erstmals im Dezember 1939 verhalten auf den bisherigen "siegreichen" Kriegsverlauf und sprach nur allgemein über die gegenwärtige politische Lage. Erinnerungen an den ersten Weltkrieg könnten die Stimmung gedämpft haben. Aber die Nazi-Führung machte die Ortsgruppenleiter persönlich dafür verantwortlich, "daß in keinem Ort der Kampfwille, die Entschlossenheit zum Durchhalten und die Bereitschaft zu Entbehrungen und Opfern erlahmen". Maßnahmen bei Disziplinlosigkeit in der Arbeit erforderten umgehend die Einschaltung der Gestapo. Schon geringe Vergehen reichten aus, um als "Volksschädling" verurteilt zu werden. Neben drastischen weiteren Strafen waren Arbeitserziehungslager eingerichtet worden. So hatte der Eichwalder Gustav R. im Januar 1941 ausgesprochen Glück, daß ihm sein Arbeitgeber trotz unterschlagener 32 RM und wochenlangem unentschuldigtem Fehlen ein ansonsten gutes Zeugnis ausgestellt hatte. Das Urteil fiel deshalb, wie die Zeitung unter der Rubrik "Vor dem Einzelrichter" meldete, milde aus. R. wurde nur zu einer Geldstrafe verurteilt.
 
Obwohl in Eichwalde seit Oktober 1939 allgemein Erleichterung über den erfolgreichen Kriegsverlauf zu verspüren war, wurden die Lebensumstände komplizierter. Friedenshoffnungen waren nicht von Dauer. Die erste Kriegsweihnacht stand bevor. Am 22. Dezember 1939 hörte Eichwalde die von allen Sendern übertragene Weihnachtsansprache von Goebbels, in welcher der militärische Sieg als unausbleiblich dargestellt wurde. Der am Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aufgestellte Weihnachtsbaum war nur bei Tageslicht beleuchtet, nachts wegen der in der Tagespresse zeitlich genau festgelegten Verdunkelung ausgeschaltet. Erschwerend kam in diesen ersten Kriegsmonaten hinzu, daß der Winter 1939/40 ungewöhnlich lang und kalt war. Die Verwaltung kaufte etwa 400 Raummeter Brennholz auf, das zusätzlich an bedürftige Einwohner abgegeben wurde. Die Schulen blieben wegen Kohlemangels vom 19. Februar bis 6. März 1940 geschlossen. Der Unterricht für die oberste 7. Klasse
(Abiturstufe) wurde teilweise im Rathaus abgehalten. Bei KönigsWusterhausen waren Lastkähne, die Kohle für die Versorgung umliegender Ortschaften geladen hatten, eingefroren.
 
Das zweite Kriegsjahr wurde mit umfassenden Propagandamaßnahmen eingeleitet.
Die Popularisierung des sogenannten Blitzkrieges hatte zu Illusionen über die Dauer des Krieges geführt. Schon die verbreitete Hoffnung auf ein schnelles Kriegsende wurde von der politischen Führung als gefährlich angesehen und eine auf weitere Kämpfe orientierende Propaganda verordnet. Immer öfter kamen bestellte Redner auf die 'Opferbereitschaft' zu sprechen. Getragen vom Bedürfnis, neben den Phrasen und Siegesmeldungen aus Presse und Rundfunk besondere, vielleicht Frieden in Aussicht stellende Neuigkeiten zu erfahren, erwartete man die NSDAP- oder Vereinsveranstaltungen zu dieser Zeit noch mit Spannung. Nicht nur die Nazipartei, sondern auch alle anderen Organisationen und Vereine führten derartige meist sehr gut besuchte Veranstaltungen durch, so daß die Breitenwirkung der Propaganda nicht verwunderlich war. Je deutlicher die Bevölkerung in den kommenden Kriegsjahren die Niederlage ahnte, umso mehr wurde die Propaganda das Mittel, Angst und fehlende Siegeszuversicht zu bekämpfen. Im Protokollbuch des Siedlerverbandes wurde zusammenfassend über das Jahr 1941 vermerkt: " 511 Mitglieder, 9 Versammlungen. Besuch schwankt zwischen 18 und 150 Personen." Geldsammlungen der NSDAP-Ortsgruppe aus verschiedenen Anlässen gestalteten sich angesichts des Kriegsverlaufs zu Testversuchen für Treue und Standhaftigkeit der Einwohnerschaft gegenüber der Naziführung. Am 14. März 1940 fand eine Arbeitstagung der sogenannten Politischen Leiter und Amtsträger der NSDAP-Gliederungen Eichwaldes in der Schulaula statt. Dabei stand die erneute Auslage des "Opferbuches" für das Kriegswinterhilfswerk 1939/40 im Mittelpunkt. Ortsgruppenleiter Rix erklärte, daß "ein Volksgenosse, der in diesem Jahre kein würdiges Opfer bringe, der Verurteilung durch die kommenden Geschlechter und durch seine eigenen Nachkommen gewiß sei, wenn diese in späteren Zeiten seinen Namen nicht im Opferbuch ermitteln könnten. Darum die Parole:' Alle Mann, jede Frau an die Opferbuchfront ' !" Es war praktisch Nötigung, denn die Einwohner wurden werktäglich und sonntags im Rathaus, wo das Buch für das Geldopfer auslag, zum 'Spendenopfer' erwartet. Sogar in den Schulen wurde eine Pfennigsammlung organisiert. Die NS-Kriegerkameradschaft sammelte außerdem für den Ersatzbau des im Dezember 1939 von britischen Kriegsschiffen zur Selbstversenkung gezwungenen Panzerkreuzers 'Admiral Graf Spee' und führte eine Schnellsammlung für Kriegswaisenheime durch. Seit dem 1. Oktober sammelte und spendete man für Radio-Wunschkonzerte, die zum "Bindeglied zwischen Front und Heimat" erklärt wurden. Sogenannte Gaustraßensammlungen schöpften weitere Mittel ab. Was gespendet worden war, konnte nicht verkonsumiert werden! "Alles Leben ist Kampf" lautete das Thema des Februarappells der Kriegerkameradschaft.
 
Die Ortsgruppenleitung der NSDAP ließ die Einwohnerschaft im Einklang mit der Gemeindeverwaltung durch weitere Mobilisierungsaktionen kaum zur Besinnung kommen. So erwies sich nach wie vor der Rohstoffmangel Deutschlands als wirtschaftlicher Engpaß. Es war im Krieg gegen Polen wegen fehlenden Materials sogar zu Störungen der Munitionsversorgung gekommen. Deshalb wurde die Bevölkerung wie bei den Schrottsammlungen des Jahres 1938 von Göring am 14. März 1940 zu einer Metallspende als Geburtstagsgabe für Hitler aufgerufen. Ohne damit ernsthaft die Probleme lösen zu können, gelang es aber auf diese Weise wieder, die Bevölkerung in dem Glauben zu lassen, durch ihre Aktivität werde die Blitzkriegsstrategie des "genialen Führers" erfolgreich sein. Die Schulen wetteiferten um die Ergebnisse von Altstoffsammlungen. In Eichwalde konnte das Metall im Rathaus abgegeben werden, wobei die Annahmestelle für Altmaterialien letztlich beim Spediteur Wilhelm Gärisch in der Kaiser-Wilhelm-Straße 19 (August- Bebel-Allee) war. " Wenn man auf den Straßen die Personen beobachtet, die mit berechtigtem Stolz ihre Gegenstände aus Kupfer, Messing usw. nach dem Rathause tragen - meist sind es Frauen, weil die Männer dienstlich oder beruflich tätig sind -, gewinnt man den Eindruck, als wenn sie miteinander wetteifern, möglichst viel abzuliefern, um ihrer Dankbarkeit für die erfolg- und segensreiche Arbeit des Führers Ausdruck zu geben ", berichtete die Tageszeitung aus Eichwalde. Die Entwendung oder Zweckentfremdung gesammelten Metalls wurde wie auch viele andere auslegbare Tatbestände mit der Todesstrafe bedroht.
 
Von den männlichen Einwohnern des Ortes wurden bereits1939/40 mehrere Hundert zum Heeresdienst eingezogen. Im März 1940 überprüfte ein Oberst des Wehrbezirkskommandos in Anwesenheit des NS-Kreisleiters und des Landrates Einsatzbereitschaft und Ausbildungsstand der Eichwalder SA-Wehrmannschaft, zunächst nur für die Sicherheit an der 'inneren Front'. Jederzeit konnte die Einberufung von SA-Mitgliedern erfolgen. Vom Oberpräsidenten der Provinz Mark Brandenburg wurden seit September 1939 Festlegungen getroffen, die dem wachsenden Bedarf an Soldaten Rechnung trugen. Neben anderen Bestimmungen ist zu lesen: "... Schülern der obersten Klassen der höheren Schulen, die als Kriegsfreiwillige in die bewaffneten Einheiten der SS, SS-Verfügungstruppe und SS- Totenkopfverbände eintreten, kann das Zeugnis der Reife gleichfalls ohne Prüfung ausgehändigt werden...". Handwerksbetriebe, Geschäfte, Gaststätten, und Schulen hatten Arbeitskräfte und Personal der Wehrmacht zur Verfügung stellen müssen.
Oftmals wurde jetzt schneller als üblich geheiratet, bevor die Einberufung kam. Der Kriegsausbruch trug zur gesteigerten Anzahl der Hochzeiten in Deutschland von
645 000 im Jahre 1938 auf 774 000 im Jahre 1939 bei. Andere verschoben die Hochzeit – bis zum Urlaub des Soldaten oder bis nach dem Krieg. Auch das Eichwalder Standesamt hatte viel zu tun. Später gab es Ferntrauungen, selbst wahnwitzige Gefallenentrauungen. Die Gemeindeverwaltung mußte mit Kriegsbeginn 10 Arbeiter, Angestellte und Beamte an die Wehrmacht abgeben und dafür pensionierte Beamte a.D. und Frauen einstellen.
Die Finanzlage Eichwaldes war wie die der meisten Gemeinden des Landkreises Teltow äußerst angespannt. Noch wurden finanzielle Mittel aufgebracht, um bestehende Vorhaben zur Verschönerung des Ortes zu verwirklichen. 1940 wurden zur Vergrößerung des 'Viktoriaparks' (Eichenpark), dem Waldstück am heutigen Sportplatz, vier Grundstücke angekauft. Die Familien eingezogener Soldaten erhielten auskömmlichen sogenannten "Einsatzfamilienunterhalt " und Kinderbeihilfen. Im ersten Kriegsjahr wurden in Eichwalde an rund 150 Familien Wirtschaftsbeihilfen und Unterstützungen gezahlt.
 
Die Bezahlung der sogenannten Kriegsbeitragsumlage war vielerorts nicht möglich, und es drohte die Verschuldung und Zerrüttung der Finanzlage von Gemeinden. Am 26. Februar 1940 berichtete der Landrat: "Mehrere Gemeinden konnten den Kriegsbeitrag nur dadurch zahlen, dass sie andere fällige Verbindlichkeiten nicht erfüllt haben." Die fertigen Pläne zur weiteren Straßenpflasterung und Befestigung von Bürgersteigen in Eichwalde mußten nun auch mangels Arbeitskräften zurückgestellt werden. Die seit zehn Jahren bestehende Pflasterkasse der I. G. Eichwalder Grundbesitzer, die inzwischen 475 Mitglieder zählte, hatte 60 000 RM bei der Sparkasse angelegt, da im Jahre1940 keine Straßenbauten ausgeführt werden konnten. Eichwalde hatte im Jahre 1940 einen monatlichen Kriegsbeitrag von
13 544,95 RM zu zahlen, 3 028 RM mehr als im Jahre 1939. Weil sich die Finanzlage drastisch verschlechterte, beschäftigte sich bereits der SD-Abschnitt Potsdam des Reichsführers SS mit den Problemen des Kriegsbeitrages der Gemeinden. Noch 1940 wurde die jährliche Kriegsumlage der Gemeinden reduziert, für Eichwalde nur um 6.677.07 RM. Der Ort galt als finanzstarke Kommune.
Am 9. April 1940 überfiel Deutschland Dänemark und Norwegen, am 10. Mai 1940 wurde mit der deutschen Aggression gegen Frankreich unter Verletzung der Neutralität der Niederlande, Belgiens und Luxemburgs der "komische Krieg" auf dem westlichen Kriegsschauplatz entschieden und mit dem deutsch-französischen Waffenstillstand vom 22. Juni 1940 zunächst beendet. Nach diesem vorläufigen Ende des Krieges im Westen war von Hitler in ganz Deutschland Beflaggung für zehn, Glockengeläut für sieben Tage befohlen worden. Tanzen wurde nun in den Eichwalder Restaurants wieder erlaubt, das während des Westfeldzuges untersagt worden war. In der Regionalpresse wurden Berichte über Kriegsauszeichnungen von Eichwalder Wehrmachtsangehörigen veröffentlicht. In den Siegestaumel mischten sich bei manchen Eichwaldern Gefühle der Trauer und des Schmerzes. Am 9. und am 11. Juni 1940 waren zwei weitere ehemalige Eichwalder Schüler gefallen.
 
Seit Juli 1940 wurde der Luftkrieg gegen Großbritannien verstärkt. Zeitgleich steigerte die NSDAP ihre Propagandamaßnahmen. Die Eichwalder NS-Führung tat alles, um das Alltagsleben im Ort als weitgehend normal und harmonisch erscheinen zu lassen. Solange Siegesmeldungen eintrafen, gelang es einigermaßen, diesen Schein zu wahren. Die Ortsgruppenleitung der Eichwalder NSDAP hatte weisungsgemäß die Schlüsselstellungen Versorgung, Betreuung, Propaganda, Kontrolle und Überwachung der Einwohnerschaft im Griff. Aber die schwankende Lebensmittelbelieferung war ein 'Dauerbrenner'. Der Haus- und Grundbesitzerverein Eichwalde setzte die " vom Reichsnährstand, Abteilung 2, Gartenbau herausgegebenen Richtlinien für die Kriegserzeugungsschlacht 1940 " konsequent um. Die Mitglieder wurden ermahnt, vor allem die Ernährungsgrundlage für die eigene Familie zu sichern. 'Wohl dem, der damals einen Garten hatte!', so erzählen es ältere Einwohner noch heute. Im Mai 1940 hatte Goebbels erklärt:"Heute erweist sich mit eindringlicher Notwendigkeit, daß man mit Butter keine Kanonen, mit Kanonen aber sehr wohl Butter erobern kann:" Die Ausplünderung der eroberten Länder hatte längst begonnen. Permanente Drohungen gegen 'Meckerei' und negative 'Stimmungsmache' sorgten dafür, Kritiken verstummen zu lassen. Selbst die Kriegerkameradschaft befaßte sich schließlich mit Fragen der 'rückwärtigen Sicherstellung' und folgte zum Beispiel bei ihrem Monatsappell im März 1941 einem " Lichtbildervortrag über die große Bedeutung der Kaninchenzucht für die Volksernährung in der jetzigen Kriegszeit ".
Während einer 'Großkundgebung' im Gesellschaftshaus Schwark am 3. August 1940 schürte ein 'Stoßtrupp- Redner' den Haß auf England und heizte die Stimmung für die Weiterführung des Krieges an. Am 25./26. August 1940 war Berlin erstmals Ziel eines Angriffs der britischen Royal Air Force. Jeder Anflug von britischen Flugzeugen auf Berlin bedeutete zugleich Fliegeralarm für die Wohnorte am Rande der Großstadt. Bombengeschädigte anderer Ortschaften durften nur mit Genehmigung des Landrates in Eichwalde aufgenommen werden. Am 30. August 1940 meldete die "KönigsWusterhausener Zeitung" einen erneuten Abwurf von Spreng- und Brandbomben auf Berlin, diesmal auch auf Grünau. Am 12. September teilte das gleiche Blatt den Abwurf von Fliegerbomben auf Wildau mit. Alle Sachschäden, die durch feindliche Einwirkung oder Flakbeschuß entstanden waren, wurden gemäß der " Kriegssachschädenverordnung vom 30.11.1940 “ durch das Deutsche Reich entschädigt. Die Anträge der Geschädigten auf Schadenersatz wurden über die Bürgermeister an das Landratsamt geleitet. Im November richtete der Landrat an die Bürgermeister ein Schreiben, welches die Beseitigung von Sachschäden bei der Bevölkerung nach Luftangriffen betraf. Häufig war es wegen fehlender Handwerker im Kreisgebiet zu Verzögerungen bei der umgehenden Reparatur von Kriegsschäden gekommen, weshalb nun eine Auflistung der örtlich einsatzfähigen Kapazitäten verlangt wurde. Am Jahresende 1940 verfügte Eichwalde noch über 5 Baugeschäfte mit sieben Beschäftigten, über 2 Dachdeckereien mit vier Beschäftigten, 6 Elektrotechnikfirmen mit neun Beschäftigten, 1 Glaserei mit einem Beschäftigten, 3 Klempnereien mit sieben Beschäftigten, 6 Malerfirmen mit neunzehn Beschäftigten, 2 Schlossereien, 3 Tischlereien und 2 Zimmereien ohne Angestellte sowie die Firma Rottschäfer mit 46 Beschäftigten. Insgesamt verfügten die Betriebe nur über 5 KFZ. Die Situation wurde mit weiteren Betriebsschließungen wegen Einberufung zur Wehrmacht immer schlechter. Zeitweilig wurden Frauen in verschiedenen Bereichen der Verwaltung, bei der Reichsbahn, der Post und auch in Produktionsbetrieben eingesetzt. Eichwalderinnen arbeiteten in umliegenden Rüstungsbetrieben. Firma Wollermann, die Badeanstalt und weitere Geschäfte des Ortes suchten per Annonce vorwiegend weibliche Arbeitskräfte. Argwöhnisch wachte die Nazipartei darüber, daß trotz derartiger Probleme der innere Friede unter allen Umständen erhalten blieb. Die NSV sorgte bei bedürftigen Familien für die Zuweisung eines Mädchens im Pflichtjahr als Hausgehilfin. Frauen und Mütter waren durch Einberufung ihrer Ehemänner wesentlich mehr belastet. Vom 'Bund deutscher Mädel (BDM)' in Zusammenarbeit mit der NS-Frauenschaft wurde deshalb der 'Einholdienst' für beschäftigte Frauen eingerichtet.
 
Die NS-Frauenschaft hielt monatlich Appelle ab. So wurde im September 1940 in Einschätzung der politischen Lage an die Eichwalder Frauen der Appell gerichtet, " in dieser bewegten Zeit durch ruhige Überlegenheit vorbildlich innerhalb ihrer Familie zu wirken... Die deutsche Frau und Mutter muß sich als Erzieherin ihrer Kinder dieser Aufgabe ganz besonders bewußt sein." Die Frauen wurden aufgefordert, Unredlichkeiten im Handelsgeschehen " durch entschlossenes Eingreifen zu unterbinden ", was nichts anderes als Aufforderung zum Denunzieren bedeutete. Lebensmittelkarten wurden durch HJ-Mitglieder sowie von der NS-Frauenschaft ausgezählt und von den Blockleitern ausgetragen. So war eine relativ schnelle Verteilung der Karten gewährleistet und gleichzeitig konnten Informationen für neue Stimmungsberichte beschafft werden. Die Lebensmittelhändler, Bäcker, Fleischer und Gastwirte - in der Bahnhofstraße (Nitzsche, Großkinsky, Palm, Pangratz, Fäskorn, Dörflinger, Hielscher, Lau, Ulrich, Weidel, Köppe, Krenz, Schäfer, u.w.), Gosener Straße (Schwark, Bäcker Otto Becker), Schmöckwitzer Str.(Scheffel, Stümer, Schmidt, Schusdzarra, Kneiphof), Wusterhausener Str. (Schmidt), Grünauer Str.(Jannutsch), Friedenstr. (Marschallek), Kronprinzenstr.(Lasch;Fontaneallee), Kaiser- Friedrich-Str.( Kirsch;Heinrich-Heine- Allee), Zeuthener Str.( Heinitz) und weitere Geschäfte - hatten außerordentliche Belastungen durch die Bearbeitung der Markenabschnitte und Bestellscheine für neue Lieferungen zu verkraften. Die Bedienung dauerte jetzt meist länger, so daß es oftmals zu Käuferschlangen vor den Läden kam. Nach Feierabend mußten die Abschnitte auf Markenbögen aufgeklebt, nach Gramm und Warenart sortiert, die Kriegssteuer auf Tabak und Spirituosen berechnet und gesondert abgeführt werden. Erschwert wurde die kaufmännische Tätigkeit, wenn männliche Mitarbeiter oder sogar der Inhaber zur Wehrmacht einberufen wurden und die Ehefrauen das Geschäft geöffnet halten mußten. Meist waren die bestellten Produkte von den Händlern selbst aus den Depots abzuholen. Immer wieder berichtete die Presse von Einbruchsdiebstählen in Eichwalder Lebensmittelgeschäfte und Fleischereien. Es kam zu Geschäftsaufgaben, wenn Inhaber zur Wehrmacht einberufen oder Handwerker für die Industrie dienstverpflichtet wurden.
 
Im November 1940 mußten deshalb wegen häufiger Einberufungen eben erstattete Meldungen der Gemeindeverwaltung an den Landrat über noch einsatzfähige Handwerker für die Reparatur von Bombenschäden wieder korrigiert werden. Von den 165 Mitgliedern der NS-Kriegerkameradschaft im Jahre 1940, der nicht wenige Gewerbetreibende angehörten, befanden sich im Januar 1941 schon 16 im aktiven Heeresdienst. Propagandamaßnahmen wie die am 27. November 1940 erfolgte monströse Eröffnung der "Woche des Opferschießens zum WHW" (Winterhilfswerk) hatten die Funktion, die Kriegs- und Wehrmoral an der 'Heimatfront' zu festigen und zugleich weitere umfangreiche Geldmittel der Bevölkerung abzufordern. Regelmäßig wurden die 'Besten Schützen' in der Tagespresse veröffentlicht.
 
Dem Kulturleben war bei der Festigung der Kriegsmoral eine wichtige Funktion zugedacht. Kulturveranstaltungen ohne Propaganda schienen undenkbar. Führender Organisator war meist der örtliche NS-Kulturring. Ein "Landestheater der Mark Brandenburg" tingelte mit vier Abteilungen für die NS-Gemeinschaft 'Kraft durch Freude ' mit Lustspielen durch die Ortschaften. Lange hatte sich Bürgermeister Rix dagegen gesperrt, für dieses Theater Geld zu bezahlen. Erst 1940 ließ er einmalig 100.- RM überweisen, weil von einer Provinzialdienststelle Druck ausgeübt worden war. Im Juli 1940 veranstaltete der NS-Kulturring im Schwarkschen Gesellschaftshaus ein Konzert zugunsten des Deutschen Roten Kreuzes. Eintrittskarten wurden bis in die Haushalte ausgetragen. Es spielte eine SS-Kapelle, Sonja Ziemann tanzte, verwundete Soldaten aus dem Lazarett KönigsWusterhausen waren gefeierte Ehrengäste. Der Saal konnte die Besucher kaum fassen. Der Eichwalder Männergesangsverein ließ seine Lieder im Lazarett vor verwundeten Soldaten erklingen. Das Gymnasium gestaltete unter Leitung des Musiklehrers Ledeganck einen öffentlichen Hausmusikabend. Auch dieser Eichwalder Lehrer ist als Soldat gefallen. Laut Polizeiverordnung vom 27. September 1939 waren öffentliche Tanzveranstaltungen im Deutschen Reich wegen des Krieges generell verboten, Ausnahmen waren genehmigungspflichtig. Hauptunterhaltungsquelle blieb der Rundfunk, die Anzahl der Radiogeräte stieg in Deutschland von 1939 bis 1941 um rund 5 Millionen. Sehr viel leichte Musik sollte das Leben erträglicher machen. Gesungen von Heinz Rühmann, war schon 1939 der Schlager "Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern" zur Erfolgsmelodie geworden, die faktisch eine Propagandafunktion erfüllte, wie viele weitere Musikbeispiele zeigen.
 
Im Kino informierte seit 1940 nur noch die "Deutsche Wochenschau" die Einwohner über das Kriegsgeschehen. Am 12.März 1940 wurde im "Filmeck" der 'Feldzug in Polen' gezeigt. Die HJ veranstaltete im April einen Umzug mit anschließender Filmveranstaltung. Viele neue Spielfilme bedienten die Sehnsucht nach etwas Entspannung und Glück. Seit 1941 gab es zentrale Anweisungen zur kulturellen Betreuung von "Ausgebombten“. Weil seit Kriegsbeginn die Familien einerseits von Sorgen um die sich an der Front befindenden Soldaten erfaßt wurden, andererseits auch Stolz auf die Erfolge der Wehrmacht vorhanden war, wuchs die Spendenfreudigkeit. Deshalb gelang es der Nazipartei mühelos, in allen Orten des Kreises Teltow große Mengen von Feldpostpäckchen, Büchersendungen, Briefen, Zeitschriften und Zeitungen aus der Heimat an die Front zu schicken. Allein im Jahre 1940 wurden folgende Ergebnisse gemeldet: 26 000 Zigaretten, 44 000 Rasierklingen, 26 000 Rollen Drops, 9 000 Weihnachtspäckchen. Jungen und Mädel aus HJ und BDM besuchten meist sonntags Verwundete in Lazaretten, brachten neben Blumen und Geschenken auch Gesangsdarbietungen.
 
Das Kriegsjahr 1940 ließ der NS-Kulturring mit einer Weihnachtsfeier im "Filmeck" ausklingen, nachdem zuvor in der Aula bei einer inszenierten Veranstaltung mit dem Thema: "Das deutsche Weihnachtsfest" die propagandistische Richtung für die Feierlichkeiten in den Familien gegeben worden war. Vor Weihnachten angekündigte Sonderzuteilungen für Hülsenfrüchte, Reis, Zucker, Marmelade, Tee oder Bohnenkaffee schienen geeignet, das Fest der Eichwalder Einwohnerschaft zu
versüßen, die inzwischen 6586 Bürger einschließlich der einberufenen Wehrmachtsangehörigen zählte. Apfelschalentee sollte übrigens fast so gut schmecken wie Schwarztee, belehrte die Zeitung.
 
Im Februar 1941 traf das deutsche "Afrika-Korps" unter General Rommel in Tripolis ein. Am 6. April 1941 erfolgte der deutsche Überfall auf Jugoslawien und Griechenland.
Am 4. März 1941 fand an der Eichwalder Oberschule erstmals eine Abiturprüfung statt. Alle Abiturienten, zwei Jungen und drei Mädchen, bestanden die Prüfungen. Vier Jungen - Erich Schmidt, Rolf Zademack, Bertram Graf v. Bullion und Peter Zobel - waren schon vorher freiwillig in die Wehrmacht eingetreten und sollten ihr Reifezeugnis später ausgehändigt bekommen. Der HJ-Dienst wurde nach Kriegsbeginn noch straffer organisiert. Öffentliche Verpflichtungsappelle der "Pimpfe" und "Jungmädel" bei Übernahme in die HJ, wie in Eichwalde im April 1941, wurden genutzt, um die Jugendlichen zur unbedingten "Disziplin und treuen Pflichterfüllung" zu zwingen. Diese Aufgabe war nicht nur der Schule, sondern insbesondere der Hitlerjugend übertragen. Bis zum Sommer 1941 waren mindestens 12 Eichwalder, darunter 10 Jungen, die eben noch Schüler gewesen waren, gefallen.
 
Die von einer Eichwalder Fliesenlegerfirma aufgegebene Todesanzeige lautete: " Am 13. April 1941 ließ für Führer und Vaterland unser lieber Kamerad und Gefolgschaftsmitglied Walter Kölling, Gefreiter in einer Panzerpionier-Kompanie, sein Leben. Wir verlieren in ihm einen pflichtbewußten und guten Arbeitskameraden und werden seiner stets gedenken. Betriebsführer und Gefolgschaft der Firma Max Zickert. Eichwalde bei Berlin, Kurfürsten-Straße 68, im Mai 1941." Auch wenn zu diesem Zeitpunkt des Krieges die Anzahl der Gefallenen noch relativ gering erschien, wurden Todesanzeigen bereits möglichst unterdrückt, über die Formulierungen hatte die Redaktion zu wachen.
Opfer des verbrecherischen NS-Regimes gab es nicht allein an der Front, in Konzentrationslagern und Zuchthäusern, sondern auch an Orten, an denen man sie nicht für möglich gehalten hätte. Mit Kriegsbeginn setzte eine geheim gehaltene Maßnahme zur Tötung von geistig oder körperlich behinderten Kindern, von Patienten der Heil- und Pflegeanstalten, von psychisch kranken oder arbeitsunfähigen Häftlingen der KZ (Aktion14 f 3), von Kriegsgefangenen, von Bürgern jüdischer Herkunft, von Sinti und Roma sowie von weiteren Personenkreisen ein. Eine dieser staatlich geleiteten Mordaktionen ging unter dem Begriff 'Aktion T 4' in die Geschichte ein, so bezeichnet nach der Anschrift des für die Organisation der Tötung verantwortlichen Hauptamtes II der Führerkanzlei in der Berliner Tiergartenstraße Nr.4. Nach Protesten der Öffentlichkeit, besonders aus kirchlichen Kreisen, wurde die 'Aktion T 4' eingestellt, aber als "wilde Euthanasie" von 1941 bis 1945 insgeheim fortgeführt. Der mißbräuchlich mit 'Euthanasie', als 'schöner Tod', bezeichneten perfektionierten Vernichtung sogenannten "lebensunwerten Lebens" fielen nach Feststellungen im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess mehr als 275 000 Menschen zum Opfer, die meist in zur Tarnung als "Landespflegeanstalten" bezeichneten Anstalten vergast, mit Medikamenten oder durch vorsätzlichen Nahrungsentzug getötet wurden. Zwei in Eichwalde geborene Bürger wurden Opfer dieses Verbrechens, einer im Juni 1940 (geb.1911), ein anderer im Juli 1941 (geb. 1897).
 
Schon nach dem Sieg über Frankreich im Sommer 1940 waren überall in Deutschland Friedenshoffnungen weit verbreitet. Der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag hatte zur Erwartung geführt, daß es keinen Krieg zwischen der Sowjetunion und Deutschland geben werde. Besorgt wurden deshalb zunehmende propagandistische Angriffe auf die UdSSR registriert.
Unterdessen liefen bereits seit Sommer 1940 Planungen für den Aufmarsch im Osten, die am 21. Dezember von Hitler als "Weisung Nr. 21- Fall Barbarossa" unterzeichnet wurden. Am 30. April 1941 wurde der Termin für den Überfall auf die Sowjetunion bestimmt. Der Fall "Barbarossa" nahm konkrete Gestalt an.
 
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1 Vgl. Deutschland, Bd. 1, S. 163 ff.<br />
2 BLHA, Pr. Br. Rep. 34, Prov. Schulkollg., Nr. 5466.<br />
3 Teltower Kreiskalender, 1941, S.33.<br />
4 BLHA, ebenda.<br />
5 EHG, Festschrift, a.a.O., S.31.<br />
6 Sonja Ziemann, a.a.O., S. 27.<br />
7 Heimatarchiv, Bericht Frau Gerda Dolke, Eichwalde, Triftstr.<br />
8 BLHA , ebenda.<br />
9 Ebenda.<br />
10 Ploetz, a.a.O., S. 211.<br />
11 Kreisarchiv,B.E., Nr. 178.<br />
12 KWZ v. 13. November 1939.<br />
13 Vgl. Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker : Hakenkreuz und Totenkopf. Die Partei des Verbrechens, Berlin 1981, S.310.<br />
14 KWZ v. 19. Oktober 1939.<br />
15 Bericht Herr Jankowski, Rheinstr. / Vgl. Heimatarchiv, Briefkopie.<br />
16 EHG, Festschrift ,a.a.O., S.29.<br />
17 Vgl. KWZ v. 16. November 1939.<br />
18 KWZ v. 7. Dezember 1939.<br />
19 Vgl. Pätzold / Weißbecker , ( Anm.10 dieses Abschn.).<br />
20 KWZ v. 9. Januar 1941.<br />
21 Vgl. Deutschland, Bd.1, S. 212.<br />
22 Vgl. Abs. 13, 2. Anm.<br />
23 KWZ v. 9. Januar 1940.<br />
24 KWZ v. 11. April 1940.<br />
25 Aus dem Landesarbeitsbezirk Brandenburg, einschließlich Berlin, waren mehr als 409469 Personen zur Wehrmacht eingezogen. Vgl. Materna/Ribbe: Geschichte in Daten. Brandenburg. Berlin 1995, S. 220.<br />
26 KWZ v. 12. März 1940.<br />
27 EHG, Aktenbestand 1939.<br />
28 Vgl. Heinz Bergschicker, a.a.O., S. 103<br />
29 BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A I Kom, Nr. 1048, Dok. v. 24. Okt. 1939<br />
30 KWZ v. 30. Dezember 1940.<br />
31 BLHA , Pr. Br. Rep. 2 A I Kom, Nr. 533.<br />
32 Vgl. Deutschland, Bd.1, S.333.<br />
33 KWZ u.a. v. 23. August 1940<br />
34 KWZ v. 12. Februar 1940.<br />
35 Zit. nach : Deutschland, Bd.1, S. 372.<br />
36 KWZ v. 7. März 1941.<br />
37 KWZ v. August 1940.<br />
38 Kreisarchiv, B.E., Nr.8.<br />
39 Ebenda, Nr.178.<br />
40 KWZ v. 14. / 15.Dezember 1940.<br />
41 KWZ u.a. v. 10. März 1941.<br />
42 Kreisarchiv ,B.E., Nr. 178.<br />
43 KWZ v. 9. Januar 1941.<br />
44 Vgl. Teltower Kreiskalender 1940, S. 31.<br />
45 Kreisarchiv, B.E., Nr. 143 ; KWZ v. 30. August 1940.<br />
46 KWZ v. 14. Juli 1940.<br />
47 Teltower Kreiskalender 1942, S. 37.<br />
48 KWZ v. 24. Dezember 1940.<br />
49 KWZ v. 7. März 1941.<br />
50 KWZ v. 2. April 1941.<br />
51 KWZ v. 27. Mai 1941.<br />
52 Vgl. Deutschland, Bd.1, S. 212.<br />
53 Vgl. Kristina Hübener (Hg.): Brandenburgische Heil- und Pflegeanstalten in der NS-Zeit. Schriftenreihe zur Medizin-Geschichte des Landes Brandenburg, Bd.3, Berlin, 2002.<br />
54 Deutschland, Bd.1, S. 563.<br />
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== Nach dem 22. Juni 1941 ==
 
Ohne Kriegserklärung überschritt am frühen Morgen des 22. Juni 1941 die deutsche Wehrmacht die Grenzen der UdSSR . Die deutschen Kriegsziele wurden seit dem
24. Juni im "Generalplan Ost" festgeschrieben, worin Völkermord und wirtschaftliche Ausplünderung geplant sowie die Ansiedlung von Deutschen im Verlaufe der kommenden Jahrzehnte vorgesehen waren. Die Sowjetunion sollte zum Kolonialland, zur Rohstoffbasis und zum Sprungbrett weiterer Welteroberungsstrategien werden. Durch die Gleichsetzung von Judentum und Kommunismus wurden der seit Jahren propagierte Rassismus und Antisemitismus mehr denn je zu politischen Instrumenten des begonnenen Krieges.
Während der ersten drei Wochen drangen die deutschen Truppen in raschem Tempo auf Leningrad, Moskau und Kiew vor. Kiew wurde erobert, Leningrad fast eingeschlossen, Moskau war in Reichweite. Doch Ende November / Anfang Dezember wurden die deutschen Truppen vor Moskau nicht nur zum Stehen gebracht, sondern die Rote Armee ging seit dem 5. Dezember zur Gegenoffensive über. Vom 22. Juni bis zum 31.Dezember 1941 hatte die Wehrmacht
173 722 Tote zu verzeichnen, insgesamt mit Verwundeten und Vermissten 830 903 Soldaten und Offiziere verloren. Damit war der geplante " Blitzfeldzug " der politischen und militärischen Führung Hitlerdeutschlands gescheitert. Der Weg in den Untergang hatte begonnen.
 
In Eichwalde herrschte an diesem 22. Juni, einem Sonntag, zunächst allgemein größte Bestürzung. Noch heute erinnern sich einzelne Eichwalder Zeitzeugen daran, wie verbreitet trotz der bald wieder eintreffenden Siegesnachrichten die Zweifel am Erfolg des Überfalls auf die Sowjetunion waren. Die Ausgabe der "KönigsWusterhausener Zeitung " vom 23. Juni 1941 meldete in der Überschrift den planmäßigen und erfolgreichen Vormarsch. Es stimmte mißtrauisch, daß zunächst kaum Verluste mitgeteilt wurden. Aber allmählich beruhigte man sich wieder. Die "Siegesfanfaren" im Radio verfehlten nicht ihre Wirkung, außerdem hatten sich Antikommunismus und Antisowjetismus im Bewußtsein vieler Einwohner fest verankert. Die Rote Armee erlitt anfangs gewaltige Verluste.
 
Bis Oktober 1941 überstieg allein die Zahl der Kriegsgefangenen drei Millionen.
Einerseits schienen diese 'Erfolgszahlen' die Siegeszuversicht bei vielen Eichwaldern zu steigern, andererseits beunruhigten die bald mehr als je zuvor eintreffenden Gefallenen-, Verwundeten- und Vermißtennachrichten. Die damalige Atmosphäre wird in folgendem Bericht vom 1.Juli 1941 über den im Restaurant Krenz (später als 'Kleiner Alex' bekannt) abgehaltenen Monatsappell der Eichwalder NS-Kriegerkameradschaft deutlich: " Die Kriegerkameradschaft ehrte... das Andenken des als Feldwebel in einem Fallschirmjägerregiment in den Kämpfen um Kreta gefallenen Sohnes des Kameraden Mudra. Der Kameradschaftsführer Schwerdt beleuchtete die alles Dagewesene überragenden Erfolge unserer Truppen im Kampf gegen Rußland und führte aus, daß Deutschland diesen Krieg nicht nur im eigenen Interesse, sondern in dem von ganz Europa führt...Der Kameradschaftsführer fordert alle auf, die Flüsterpropaganda energisch zu bekämpfen und fest zusammenzustehen im Vertrauen auf unsere Führung. Er wies ferner darauf hin, daß in der jetzigen Kriegszeit alles Altmaterial erfaßt und der Wirtschaft wieder zugeleitet werden muß...“
 
Der Krieg gegen die Sowjetunion wurde als ein grausamer Ausrottungs- und Vernichtungskrieg, als Versklavungs- und Raubfeldzug, als ein Krieg unzuvereinbarender Ideologien und als Rassenkrieg zwischen der angeblich überlegenen 'arischen' Rasse und den slawischen Völkern geführt. Jeder an der Ostfront eingesetzte deutsche Soldat konnte sich aus eigenem Erleben vorstellen, was geschähe, wenn Deutschland den Krieg verlieren würde. Zu diesem frühen Zeitpunkt entstanden bereits Ängste vor denkbarer Rache und Vergeltung.
 
" Ich müßte tausend Jahre leben, um all das wieder aufzubauen, was ich in Rußland als Angehöriger einer Pioniereinheit gesprengt habe", sagte ein betagter Eichwalder, der vor dem Krieg als Tischler bei Rottschäfer beschäftigt war, im Jahre 2004. Als Kriegsgefangener in sowjetischer Gefangenschaft wurde er später beim Wiederaufbau eingesetzt. Eichwalder fielen "im Kampf gegen den Bolschewismus" und bei der "Bandenbekämpfung" , wie die Aktionen gegen Partisanen bezeichnet wurde. Auch die laut Zeitungsmeldungen mit 'Eisernen Kreuzen' ausgezeichneten Eichwalder waren zwangsläufig am von der Wehrmacht praktizierten Völkermord beteiligt. Eichwalder Wehrmachtsangehörige kämpften "in schweren Abwehrkämpfen", nachdem sie bereits das "Verwundetenabzeichen" und die "Ostmedaille" erhalten hatten. Sie fielen " in der Gewißheit eines baldigen Endsieges", starben "in den schweren Kämpfen im Osten" den "Heldentod " . Wiederholt berichtete die Regionalzeitung über Frontauszeichnungen von Eichwalder Soldaten, meist mit dem 'Deutschen Kreuz' oder dem 'Eisernen Kreuz II. Klasse'. So sorgten Propaganda und Terror dafür, daß die 'innere Front' nicht schwankend wurde. Deutsche Kriegsverbrechen wurden in Verzerrung der Wirklichkeit dem Gegner angelastet und zur Grundlage der Greuelpropaganda in der Heimat, " die Brutalität der Wehrmacht wurde als Folge des erbitterten feindlichen Widerstandes aufgefaßt, nicht als dessen hauptsächlicher Auslöser ".
 
Das Wort 'Heimatfront' gewann mit zunehmenden Bombenangriffen eine andere als die ursprünglich gedachte Bedeutung. Bisher hatte man den Kriegsverlauf vorwiegend anhand von Verlautbarungen des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW), von Frontberichten der Zeitungen und Siegesmeldungen aus dem Radio verfolgt, jetzt begann Eichwalde selbst zu einem Kriegsschauplatz zu werden. Eichwalde wurde erstmals in der Nacht vom 7. zum 8. September 1941 von Bombenabwürfen getroffen. Das ist aus den Schadenssachen Ruschkowski aus der Kurfürstenstraße 67 (Puschkinallee) und Paetz, Mariannenstraße 13 ersichtlich. Erneut hatte dieser bisher schwerste Angriff von 134 britischen Fernbombern mit 143 Tonnen Sprengbomben und mehr als 12 000 Brandbomben vor allem wieder Berlin gegolten. Eichwalde war nur an wenigen Stellen getroffen worden. Es waren zum Glück keine größeren Schäden eingetreten. Dennoch: Nach den zwar häufigeren, doch bislang folgenlosen Fliegeralarmen hatten nun erstmals militärische Ereignisse den Ort unmittelbar betroffen. Die Eichwalder hatten 1940 im "Filmeck" die beeindruckenden und furchtgebietenden Bilder des Dokumentarfilms über die Bombardierung Warschaus durch die deutsche Luftwaffe gesehen und in Versammlungen anschließend das Marschlied 'Bomben auf Engelland' gesungen, in welchem es hieß: "Wir flogen zur Weichsel und Warthe, wir flogen ins polnische Land! Wir trafen es schwer, das feindliche Heer, mit Blitzen und Bomben und Brand!" Und im Refrain wurde gesungen:" Ran an den Feind! Bomben! Bomben! Bomben auf Engelland!" Jetzt erlebte man im Ort die Schrecken des Krieges.
 
Am 11. Dezember 1941 erklärten Deutschland und Italien den USA den Krieg.
Nun glaubte man in Eichwalde nicht mehr an ein baldiges Kriegsende. Die Ungewißheit über den Ausgang des Krieges nahm zu. Diese Meinung fand man durch den Aufruf Hitlers am 20. Dezember 1941, Wintersachen für die deutschen Soldaten an der Ostfront zu sammeln, bestätigt. Eben noch war die unvergleichliche Qualität der Wehrmacht gerühmt worden, jetzt fehlte es an warmer Kleidung – dieser Widerspruch machte einerseits nachdenklich, andererseits wurden beachtliche Aktivitäten ausgelöst. Obwohl bereits im August 1941 in Eichwalde Handwerkszeug, Schallplatten und Grammophone, selbst Schuhwerk für die Front gesammelt wurden, hatte die Bevölkerung bei ihren Hilfsaktionen kaum an Wolle und Pelzsachen gedacht. Der Aufruf zur Wollsammlung für die Wehrmacht veranlaßte viele Eichwalder, vom 27. Dezember 1941 bis zum 11.Januar 1942 in Schränken und Truhen nach Überschuhen, wollenem Unterzeug, Decken, Woll- und Lederhandschuhen, Wollschals, besonders nach Pelzsachen und nach allen gebrauchsfertigen Wintersachen zu suchen. Viele Familien dachten dabei an ihre Söhne und Väter, die an der Ostfront kämpften. Das bei der zentralen Erfassungsstelle in KönigsWusterhausen abgelieferte Spendenaufkommen war beachtlich. 'Blockfrauen' der NS-Frauenschaft gingen von Haus zu Haus und nahmen die Wintersachen gegen Quittung entgegen. Außerdem stellte man aus Wollresten
10 x 10 Zentimeter große gestrickte Quadrate her, die zu Wolldecken für Lazarette vernäht wurden. Ein Deckenmuster war im Schaufenster eines Geschäftes in der Bahnhofstraße 87 ausgestellt. "Und nun frisch ans Werk für die Ostfront!", hieß es in der Zeitung. In der Schmöckwitzer Siedlung war ein neues Behelfslazarett eingerichtet worden. Den Eichwalder Jungmädeln war das Berlin-Bohnsdorfer Lazarett als 'Patenlazarett' zugeteilt, wo sie gelegentlich mit Gesang und Spiel die Verwundeten erfreuten.
Selbst in der Gaststättenversorgung zog "Frontklima" ein. Ab 12. Januar mußte zweimal wöchentlich, montags und donnerstags, Feldküchenessen gekocht werden, das man nach Abgabe der Kartenabschnitte von 50g Fleisch und 10g Fett erhalten konnte. Ab 6. April 1942 erfolgte die Abstufung der wöchentlichen Rationen bei Fleisch (-25%), Fett (-20%) und Brot (-250g). Verstärkt wurden Jungen und Mädchen, insbesondere nach der "Verordnung über den Einsatz zusätzlicher Arbeitskräfte für die Ernährungssicherung des deutschen Volkes" vom 7. März 1942 für den "Landdienst" und den "Osteinsatz" herangezogen. Sie standen als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, aber auch bei Hilfsarbeiten in Fabriken zur Verfügung, um die nach Einberufungen von Land- und Industriearbeitern zur Wehrmacht entstandenen Lücken zu stopfen. Bald wurden Schüler und Jugendliche direkt für militärische Zwecke verpflichtet. "Ich war ein ganzes Jahr zum Landdienst in Ragow bei KönigsWusterhausen eingesetzt, einige Zeit später wurde ich zur Luftwaffenhelferin bei Hamburg ausgebildet ", erinnerte sich eine damalige Eichwalderin.
Eine rigorose Ausplünderung der besetzten Territorien wurde angeordnet, um die Versorgung im Inland bald wieder erhöhen zu können. An der schwankenden Versorgung mit Lebensmitteln und Konsumgütern erkannten die Einwohner unschwer, wie kritisch sich die Lage tatsächlich entwickelte. Die NS-Propaganda in Eichwalde reagierte wie angewiesen auf die von manchen Einwohnern nicht kritiklos hingenommenen Einschränkungen, die auch den Reiseverkehr betrafen, weil die Reichsbahn mit Kriegsanforderungen überlastet war. Auf der Tagung des Eichwalder Haus- und Grundbesitzer-Vereins zum Thema 'Der Deutsche im Kriege' referierte deshalb wieder Ortsschulungsleiter Dienst und erklärte, daß für die Erhaltung unserer und künftiger Generationen weiterer Einsatz notwendig sei. Ein jeder habe seine Last zu tragen, die keinesfalls durch nervöse oder überspannte Reizungen gelindert würde. "Wenn hier oder dort Rückschläge eintreten, so haben wir keinen Grund, den Glauben zu verlieren, wie selbst der Führer den Glauben an sein Volk nie verliert...Mit der Gefallenenehrung und einem 'Sieg Heil' schloß die Versammlung ", so berichtete die Zeitung.
 
Selbst dieser im NS-Propagandastil verfaßte Pressebericht vermittelt einen gewissen Eindruck von der psychischen Befindlichkeit der Einwohner. Wendete sich etwa das Blatt, stand eine Katastrophe bevor? Die im Dezember 1942 ausgegebene Weihnachtssonderkarte für Lebensmittel verursachte bei so manchen Einwohnern eher Besorgnis als Freude. Urlauber von der Ostfront erhielten seit Oktober 1942 ein sogenanntes 'Führerpaket' mit Lebensmitteln. Herr Hanak aus Eichwalde berichtete, wie sein Vater (er fiel noch im Mai 1945 im Raum Aachen) bei einem seiner seltenen Urlaube ein solches Paket mit Speck, Mehl, Zucker und Butter im Gepäck hatte. Frau Günther aus Eichwalde erzählt:
" Wir hatten zunehmend Zweifel am Wahrheitsgehalt der Informationen aus Zeitung und Rundfunk, ganz zu schweigen von den Propagandareden. Deshalb setzten sich mein Schwiegervater und ich abends, nachdem alle Fenster ordentlich verdunkelt waren, an das Radiogerät, zogen eine Wolldecke über Kopf und Radio und hörten den Sender der BBC. Auf diese Art erfuhr ich gegen Kriegsende, daß mein Mann als Marinesoldat in der vorigen Nacht ums Leben gekommen war. Es war nicht einfach, sich am nächsten Tag wieder so zu verhalten, als wüßte man nicht mehr als alle anderen. Die offizielle Todesnachricht erhielt ich erst nach dem Krieg vom Roten Kreuz. "
Wegen Abhörens ausländischer "Feindsender" wurden im Jahre 1942 bei politischen Verfahren 922 Gerichtsurteile in Deutschland gefällt. " Die Veröffentlichung von Gerichtsurteilen ", hatte Goebbels zynisch erklärt, sei "eine Sache der Volkserziehung". So berichteten Zeitungen, daß der Bürgermeister von Gussow, einem Ort in der Nähe von KönigsWusterhausen, im Mai 1943 wegen sogenannter Feindbegünstigung verhaftet, zum Tode verurteilt und am 1. September 1943 hingerichtet worden war. Er hatte ausländische Sender abgehört und das Gehörte weiter erzählt.
 
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1 Vgl. Deutschland, Bd. 2, S. 25.<br />
2 Vgl. Joachim Herrmann (Hrsg.) : Deutsche Geschichte in 10 Kapiteln, Berlin 1988, S. 372 ff<br />
3 KWZ v. 3. Juli 1941.<br />
4 Vgl. Hannes Heer : Vom Verschwinden der Täter. Der Vernichtungskrieg fand statt, aber keiner war dabei. Berlin 2004. ( Insbes. 6. Kap.)<br />
5 Wortlaut einer Todesanzeige in der KWZ v. November 1943.<br />
6 Vgl. Omer Bartov : Hitlers Wehrmacht. Soldaten, Fanatismus und Brutalisierung des Krieges. Hamburg 1999, S. 213 f.<br />
7 Zitate aus Todesanzeigen in der KWZ.<br />
8 Omer Bartov, a.a.O., S. 373.<br />
9 Kreisarchiv B. E., Nr. 178.<br />
10 Lied und Marsch aus dem Dokumentarfilm der Luftwaffe: " Feuertaufe", April 1940 uraufgeführt.<br />
11 KWZ v. 8. Januar 1942.<br />
12 Vgl. Deutschland, Bd.2, S. 320.<br />
13 Bericht Frau Wolff, Bagenz, November 2003.<br />
14 KWZ v. 18. März 1942.<br />
15 Bericht Herr Hanak, Eichwalde, Waldstr., Dezember 2003.<br />
16 Bericht Frau Günther, Eichwalde, Stubenrauchstr., November 2003.<br />
17 Deutschland, Bd. 2, S. 416.<br />
18 Zit. nach: Beiträge, Bd. 12, S.185.<br />
19 BLHA, Pr. Br. Rep. I Kom, Nr. 2339, Vorgang Barsch, Dok. v. 18. Mai u. 18. September 1943.<br />
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== Kriegswende ==
 
Die Stimmung im Ort wurde zunehmend von der Frontlage bestimmt. Es sprach sich herum, daß in der Oberschule mehrere Anweisungen zur vorzeitigen Schulentlassung von Abiturienten (damals 8. Klasse) oder Schülern der 7. Klasse eingetroffen waren, die zum Reichsarbeitsdienst (RAD) einberufen wurden oder ihre Offizierslaufbahn früher beginnen sollten. Seit dem 11. Oktober 1942 war die Vorlage des Abschlußzeugnisses von Schülern höherer Lehranstalten als Offiziersbewerber nicht mehr erforderlich. Der Verlust von Offizieren im bisherigen Kriegsverlauf war kaum noch zu ersetzen.
Mehrere Eichwalder berichteten, daß seit dieser Zeit immer wieder Flugblätter auftauchten, in denen die Wahrheit über den Krieg gesagt und das Ende des Nazi-Regimes angekündigt wurde. Man fand sie auf der Straße und in Briefkästen. Hitlergegner verbreiteten damals im Berliner Raum mindestens 34 verschiedene Flugblätter. Sie sollten ebenso wie die bei Luftangriffen abgeworfenen Schriften unverzüglich im Rathaus abgegeben werden. Lehrer wurden aufgefordert, bei 'Lehrspaziergängen' mit den Klassen auf "Hetzschriften" zu achten. Die Verbreitung "aller Flugblätter und sonstiger staatsfeindlicher Schriften" stand unter Todesstrafe. Herr Bernhard Drewitz (geb. 1929) aus Schulzendorf sammelte damals die von alliierten Flugzeugen abgeworfenen "Feindflugblätter" und bewahrte sie unter strengster Verschwiegenheit auf. Er berichtete, daß diese Zettel in Wäldern und auf den Straßen bereits von weitem durch ihr ungewöhnlich leuchtendes Weiß zu sehen waren, im Unterschied zu der fahlen Farbe deutschen Papiers dieser Zeit. Bald begriff er, daß darin die Wahrheit geschrieben stand und baute sich deshalb einen Detektorempfänger, mit dem es ihm sogar gelang, wie er erzählte, Radio London zu hören.
Seit Sommer 1942 hatte die Wehrmacht mit Offensiven in Richtung Stalingrad und Kaukasus nochmals große Gebiete der Sowjetunion erobert. Ab September 1942 verfolgte die Weltöffentlichkeit den Verlauf der Kämpfe im Wolgabogen bei Stalingrad, die zum Wendepunkt des Krieges wurden. Am 2. Februar 1943 war die 6. deutsche Armee in Stalingrad von sowjetischen Truppen, am 12. Mai deutsche und italienische Truppen der Heeresgruppe Afrika von den britischen und amerikanischen Alliierten in Afrika endgültig besiegt worden. Die Niederlagen der Wehrmacht wirkten auch in Eichwalde ernüchternd, denn immer öfter mußten den Hinterbliebenen durch örtliche NS-Funktionäre schlechte Nachrichten von der Ostfront und anderen Kriegsschauplätzen überbracht werden.
Anläßlich des 50. Jahrestages seiner Gründung gedachte im Januar 1943 der Haus- und Grundbesitzer-Verein der " tapferen Soldaten, die sehr tief in Feindesland unsere Heimat schützen und nicht zuletzt derjenigen, die dabei ihr Leben opferten". Mit einer sogenannten Gaustraßensammlung des WHW am 23./ 24.Januar, unmittelbar vor dem 10. Jahrestag des Beginns der Nazi-Diktatur, sollte erneut die Treue zum Führer dokumentiert werden. Doch nichts konnte darüber hinweg täuschen, daß es offenbar immer mehr kritische Meinungen unter den Einwohnern gab. So mußte der Redner auf der NSDAP-Veranstaltung im "Filmeck" ausdrücklich über den Wechsel von Erfolg und Rückschlägen argumentieren. Ortsgruppenleiter Rix ließ die Kundgebungsteilnehmer sich von den Plätzen erheben und verpflichtete sie " zum restlosen Einsatz der Heimat für Führer und Vaterland ".
 
Zweifel am Ausgang des Krieges mehrten sich dennoch. Deshalb appellierte man in Vereinsversammlungen immer wieder, "unverbesserlichen Mies- und Gerüchtemachern" entgegenzutreten und beschwor eindringlich den "Glauben an den Sieg". Dabei wurde jetzt in der NS-Propaganda der "Kampf um Lebensraum" in einen Verteidigungskampf zum Schutz Europas vor den "jüdisch-bolschewistischen Horden" verwandelt, gegen deren Ansturm nun ein 'totaler Krieg' geführt werden müsse. In einem von britischen Fliegern über Eichwalde abgeworfenen Flugblatt hieß es: "Weil jetzt die Russen tief in Russland ihre eigenen Städte und Provinzen zurückerobern, haben sie (gemeint sind die deutschen Faschisten, d. A.) die Stirn, von einem "Aufstand der Steppe" und einer "bolschewistischen Bedrohung Europas" zu sprechen. "
Der "Erlaß des Führers über den umfassenden Einsatz von Männern und Frauen für die Aufgaben der Reichsverteidigung" vom 13. Januar 1943 bezweckte vor allem, mehr wehrfähige Männer für den Kriegseinsatz zur Verfügung zu stellen. Die Eichwalder Freiwillige Feuerwehr zum Beispiel wurde deshalb per Notdienstverordnung im Februar 1943 mit ca.17 unausgebildeten Männern aufgefüllt und verstärkt. Die örtliche Feuerwehrschar der HJ zählte ca.13 Angehörige. Schüler, die sich freiwillig zur Wehrmacht verpflichtet hatten oder die zum RAD eingezogen wurden, erhielten unter erleichterten Bedingungen ein Versetzungszeugnis oder den späteren Zugang zum Abitur bescheinigt.
"Totale Mobilisierung" - was das bedeutete, proklamierte Goebbels in einer Massenkundgebung am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast unmißverständlich: Verzicht auf einen großen Teil des Lebensstandards zugunsten einer schnelleren Erhöhung des Kriegspotentials. Es kam erneut zu Geschäftsschließungen in Eichwalde. Weiterhin gehörte dazu die Arbeitsdienstpflicht für Jungen ab dem 16., für Mädchen ab dem 17. Lebensjahr, wovon besonders die Schuljugend betroffen war. Am 28. März 1943 fanden in ganz Deutschland "Verpflichtungsfeiern der Jugend" zur Verpflichtung auf den Führer bei der Aufnahme in HJ und BDM statt. Nahtlos wurden achtzehnjährige HJ- und BDM-Mitglieder in der Aula der Eichwalder Oberschule zu Ehren des 'Führergeburtstages' in die NSDAP übernommen. Zielgerichtet bereitete man auch Eichwalder Jungen und Mädchen auf ihren Kriegseinsatz vor, wozu insbesondere HJ-Sondereinheiten dienten. Die HJ-Feuerwehrschar, der HJ-Streifendienst und HJ- sowie BDM-Bahnhofsdienst erfüllten überwiegend innerhalb des Ortes ihre Aufgaben. Betreuungseinsätze in Lazaretten und Krankenhäusern waren längst üblich geworden. Besonders deutlich äußerte sich der in Eichwalde beheimatete Bannführer des HJ-Bannes Teltow, 'Oberstammführer' Lesser, am 28. Juni 1943 zum Kriegsverlauf und über die Stimmungslage vor Lehrlingen bei Schwartzkopf in Wildau, als er über ihren Kriegs- und Arbeitseinsatz sprach. Mit den Worten, es "sei jetzt nach den Ereignissen in Stalingrad und Tunis kein Grund zu irgendeiner Mutlosigkeit vorhanden... Deutschland habe seit 1914 mit ganz anderen Schicksalsschlägen fertig werden müssen. Je mehr Zeit vergeht, desto näher rückt der Tag der Vergeltung heran", gab die Zeitung den Kern seiner Rede wieder. Hier klang bereits etwas von der bald einsetzenden "Wunderwaffenpropaganda" an. Den Alltag der Jugendlichen bestimmten immer weniger schulische Aufgaben, statt dessen Pflichten und Dienste an der "Heimatfront".
 
Bei der Schulaltstoffsammlung 1943 belegte ein Eichwalder Schüler den ersten Platz im Kreis Teltow. In Erinnerungen von Dr. Dr. med. Linke an Schuljahre in Eichwalde ist zu lesen: " Der Untericht wurde immer öfter und länger durch Kriegseinsätze unterbrochen. Das fing bei Erntehilfseinsätzen und Kräutersammeln an und ging weiter über Abstellungen in Kinderlandverschickungslager, bis schließlich ganze Schulklassen als Luftwaffen- und Marinehelfer ausgegliedert wurden." Was konnte mehr die reale Lage dokumentieren, als folgender Vorgang : Neben dem Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in der Bahnhofstraße / Ecke Straße Am Graben wurden seit dem 21. März 1943 von der NSDAP-Ortsgruppe mannshohe hölzerne Gedenktafeln aufgestellt, auf die neben einem 'Eisernen Kreuz' nach und nach Dienstgrad, Name, Geburts- und Todesdatum der gefallenen Eichwalder mit schwarzer Farbe geschrieben wurde. Später entfernte man dieses Brett wieder, weil es nicht noch augenfälliger werden sollte, wieviele Kriegsgefallene aus Eichwalde es inzwischen gab.
 
Nach den erschütternden Nachrichten vom Kriegsverlauf wurde mit dem Beschluß der Reichspropagandaleitung der NSDAP vom 4. Februar 1943 der 'seelischen Stärkung des Volkes' mittels kulturpolitischer Arbeit große Bedeutung beigemessen.
Ein Anfang 1943 gebildetes NS-Volkskulturwerk nahm nach seiner Gründung in Kotaus nun auch in Eichwalde die Tätigkeit auf. Laienschaffende, Musikliebhaber und durch Schließung kultureller Einrichtungen zur Verfügung stehende Sänger, Musiker und Schauspieler gestalteten niveauvolle Musik- und Literaturabende. Immerhin war es möglich, daß auf diese Weise in der Schulaula das Konzert für Klavier und Orchester D-Dur und die Sinfonie in D-Dur (Nr.93) von Josef Haydn zu Gehör gebracht werden konnten. Die kulturpolitische Propaganda im Jahre 1943 hatte den Auftrag, von der angeblichen Notwendigkeit einer 'Verteidigung der deutschen Kultur' gegen die 'bolschewistischen Barbaren' und das 'Kulturbanausentum' anglo-amerikanischer Flieger zu überzeugen. Außerdem sollte vom Kriegsalltag wenigstens zeitweise entspannend hinweggeführt werden. Im Eichwalder Filmeck liefen, so lange es elektrischen Strom gab, Ablenkungs-Filme und Durchhalte-Streifen. " Meine Mutter erzählte oft, daß sie 1943 während des Urlaubs meines Vaters mit ihm in Berlin ' Die Abenteuer des Barons Münchhausen' mit Hans Albers in der Hauptrolle gesehen hatte. Der Film war für sie unvergeßlich, aber besonders deshalb, weil es der letzte Urlaub meines Vaters war, bevor im gleichen Jahr die Vermißtenmeldung von der Ostfront zu Hause eintraf ", berichtete ein Eichwalder des Jahrgangs 1940.
 
Im Juli / August 1943 antwortete die Rote Armee auf den Versuch der Wehrmacht, im Raum Kursk die sowjetischen Truppen einzuschließen, mit einer erfolgreichen Gegenoffensive. Die Schlacht bei Kursk vollendete den grundlegenden Umschwung im Verlauf des zweiten Weltkrieges. Am 10. Juli landeten die anglo-amerikanischen Alliierten auf Sizilien. Nachdem im Juli 1943 Mussolini durch einen Staatsstreich abgesetzt worden war, kapitulierte die italienische Regierung Badoglio am 3. September.
 
Die angespannte Kriegslage und die Entwicklung in Italien veranlaßte die
NSDAP-Führung, eine Aufrüttelungskampagne der Parteimitglieder und Einwohner in Form sogenannter 'Generalappelle' zu starten. Ständig durchzuführende Sprechabende, Generalmitgliederappelle, Mütterehrungsfeiern, Familienfeiern,Propagandamärsche und Großkundgebungen sollten die von den Ereignissen deprimierten Pg.s wieder aktivieren und der Einwohnerschaft den Glauben an den Sieg erhalten. So fand am 19. September 1943 in Schulzendorf eine Großkundgebung unter Beteiligung der Ortsgruppen und angeschlossenen Verbände aus Eichwalde, Zeuthen, Miersdorf, Kiekebusch, Rotberg, Schönefeld und Waltersdorf statt. Ein "Reichsredner" trat auf. Er hob hervor, daß " jeder die Pflicht habe, die Schwachen und Kleinmütigen aufzurichten und sie zu stärken. Die Böswilligen aber müßten ausgemerzt werden...Der Krieg sei für die Zukunft des deutschen Volkes unerläßlich... Zur Lage an der Ostfront übergehend, wies der Redner darauf hin, daß die Sowjets die ungeheuren Verluste, die ihnen von unserer unvergleichlichen Wehrmacht beigebracht werden, auf Dauer nicht ertragen können. Der Sieg werde von Deutschland und seinen Verbündeten errungen...“
 
Eichwalde lag im Bereich des Luftverteidigungskommandos 1, Raum Groß-Berlin. In dieser Zone befanden sich etwa 10 000 industrielle Betriebe, davon 8000 allein in Berlin. Luftwarn- und Luftmeldedienst, Flakartillerie, leichte Jagdfliegerkräfte und das System des Luftschutzes sollten auch den Randgebieten Berlins Schutz bieten. Auf dem Ajax-Sportplatz am Hirtenfließ befand sich wahrscheinlich eine Flak-Scheinwerferstellung, später wurde eine weitere Stellung an der Ecke Triftstraße / Schulzendorfer Straße und noch zwei weitere Flakstellungen in Schulzendorf neben dem Friedhof am Ortsrand des alten Dorfes aufgebaut. Bisher hatten die Eichwalder Schulkinder nur Splitter der Flakgeschosse aufgesammelt, jetzt waren auch Bombenschäden zu besichtigen. Seit Juni 1943 wurden wehrpflichtige Männer für kurzfristigen Wehrdienst in den Nächten an ortsfesten Heimatflak-Batterien eingesetzt. Dadurch konnten mehr Soldaten an die Fronten geschafft werden. Schüler, Schülerinnen und Frauen verpflichtete man als Luftwaffenhelfer. Frau Erika Kachel schickte ein Foto von sich als Luftwaffenhelferin an ihre Freundin in Eichwalde. Auf die Rückseite der Fotografie schrieb sie:" 'Es ist so schön Soldat zu sein...' Glaubst Du's?"
Während bis dahin hauptsächlich Berlin das Angriffsziel war und auf Orte des Umlandes eher planlos Bomben fielen, wurden seit Sommer/Herbst 1943 immer häufiger auch Gebiete in Brandenburg von zielgerichteten Angriffen betroffen.
Unter dem Eindruck der Luftangriffe auf deutsche Großstädte wie Hamburg am
26. Juli 1943, aber vor allem auf die "Reichshauptstadt" Berlin, verbrachten immer mehr Berliner die Nächte in Eichwalde und anderen Orten des Stadtrandes. Durch Gerüchte und Fehlinformationen veranlaßt, kam es zeitweise zum massenhaften Verlassen der Stadt.
Ein Zusammenhang zwischen Ersatzleistungen bei Bombenschäden der deutschen Einwohner mit Verbrechen gegen die jüdische Bevölkerung in besetzten Staaten wie Belgien, die Niederlande und Frankreich erschließt sich in Kenntnis folgenden Sachverhalts: Seit 1941 wurden die Juden dieser Staaten mit dem Ziel der Vernichtung deportiert. Ihre Wohnungseinrichtungen wurden im Rahmen einer "Aktion M" massenhaft nach Deutschland als Sachentschädigung an Ausgebombte geliefert. Ein Dokument der "Einsatzleitung Belgien" vom 1. Oktober 1943 über den "Abtransport von Judenmöbeln an Bombengeschädigte" nennt unter mehreren Zielorten der Möbel aus Belgien und Nordfrankreich auch KönigsWusterhausen. Um angesichts der beschleunigten Deportationen diese Transporte zu perfektionieren, wurde extra eine 'Normkiste 101' aus Holz entwickelt, in welcher komplette Küchen- oder Zimmereinrichtungen angeliefert werden konnten. Insgesamt 674 Züge mit mehr als 26 000 Waggons brachten bis Anfang 1944 die als "Entjudungsgewinne" bezeichneten Möbel direkt vor deutsche Haustüren. Eine Eichwalder Zeitzeugin hat im Jahre 2004 aus eigenem Erleben während der Kriegsjahre in den Niederlanden diese Praktiken bestätigt.
 
Wer es sich leisten konnte, verstärkte jetzt seine Luftschutzbauten. Ein Eichwalder Fabrikant hatte 1942 im Waldgarten seines Grundstücks in der heutigen Uhlandallee einen Luftschutzkeller gebaut, "der dank Statik und Materialaufwand nur einem Volltreffer nicht widerstanden hätte. Sein Sohn,...vom Militärdienst freigestellt, hortete in der geräumigen Höhle alkoholische Spezialitäten, als fürchtete er einen dreißigjährigen Krieg “, schreibt Hermann Wegner in seinen Erinnerungen.
 
Die meisten Eichwalder waren auf die behelfsmäßig eingerichteten Kellerräume der Wohnhäuser angewiesen, nur wenige hatten auf ihren Grundstücken Bunker mit Betondecken gebaut. Zur Standardausrüstung gehörten Sand- und Wassereimer, Spitzhacke, Schaufel, weitere Gerätschaften zum Feuerlöschen, Decken, ein
Erste-Hilfe-Kasten, außerdem die Volksgasmasken. Die Kellerfenster waren häufig von außen mit Balken, Sandsäcken oder Steinen verdeckt, von innen mit einer sogenannten Gasklappe versperrt, die das Eindringen von Gas und Rauch verhindern sollte. Selbst im Jahre 2004, 65 Jahre nach Kriegsbeginn am 1. September 1939, sind noch die Spuren dieser Luftschutzvorrichtungen in Eichwalde zu betrachten. Kleinbunker befinden sich am Bahnhof und rechts der Einfahrt zur früheren Firma Rottschäfer. Mitunter sind an Häusern in Kellerhöhe noch Hinweise auf Luftschutzräume zu sehen. Frau Dolke, eine Bewohnerin der Triftstraße, die damals noch zu Schulzendorf gehörte, berichtete:
„ Fliegeralarme gehörten zum Alltag wie Schulunterricht und andere Pflichten. Unser Luftschutzkeller war zugleich Vorratskeller für Gemüse, Kartoffeln, Weckgläser voller Obst und Säften aus eigener Ernte. Während der Luftangriffe saßen wir auf gepackten Koffern und mit Rucksäcken auf dem Rücken. Dauerbackwaren, Getränke, Medikamente und Verbandszeug, Schreibzeug, Taschenlampe, Leibwäsche und wichtige Dokumente hatte jeder bei sich. Dennoch waren die Stunden im Keller immer voller Spannung...Unsere Mutter ging abends nicht eher zu Bett, bevor der erwartete Fliegeralarm vorüber war. Beim Strümpfestopfen oder Nähen hörte sie die Radiomeldungen, um uns rechtzeitig wecken zu können, wenn Bomber im Anflug waren. Sie schlief am Tage ein paar Stunden, wenn wir in der Schule waren." Es stellte sich bald heraus, daß Luftschutzkeller auch in Eichwalde zu einer tödlichen Falle werden konnten.
 
Eine Anordnung über den Kriegshilfeeinsatz der Jugend in der Luftwaffe mit Wirkung vom 15. Februar 1943 führte dazu, daß die Schüler der Jahrgänge 1926 und 1927 zum Dienst in der Heimatflak herangezogen wurden. Neben dem Kriegsdienst an der Flak-Batterie waren wöchentlich außerdem 18 Stunden Schulunterricht zu absolvieren. Weitere Jahrgänge wurden bereits gemustert.
Der Ort wurde im Verlauf der nächtlichen Luftangriffe britischer Bomber auf Berlin besonders am 2. Dezember 1943 in Mitleidenschaft gezogen. An mehreren Häusern in der Zeuthener Straße / Ecke Friedenstraße waren Gebäudeschäden zu verzeichnen. In der Kronprinzenstraße 47 ( Fontaneallee ) starben Mutter und Kind, ein weiteres Kind der Familie wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht, die Wohnung war vollständig zerstört. Ein ehemaliger Eichwalder, Herr Dr. Diether Dienst, berichtete: „Damals half ich noch, die beschädigten Häuser wieder einzudecken, ohne zu ahnen, daß ich selbst in Kürze ein Betroffener sein würde.
 
Betroffen war ich zunächst schon, als ich zusammen mit meinen Klassenangehörigen der Eichwalder Oberschule (Jahrgang 1928) als Marineflakhelfer gemustert wurde. Wir fühlten uns damals als 15jährige nach der KV-Musterung 'als ganze Männer', und gemeinsam marschierten wir nach der Musterung in den Admiralspalast (heute Metropoltheater am Bahnhof Friedrichstr.) und sahen die Operette 'Der goldene Käfig'. Erst spät nachts kehrten wir zu den in vieler Hinsicht besorgten Eltern zurück. Ab dem 5. Januar 1944 sollten sich dann alle zum Empfang der Einberufungsbefehle bereithalten. So freuten sich die Familien darauf, das Weihnachtsfest 1943 noch einmal gemeinsam zu verbringen. Meine Mutter hatte viele Geschenke besorgt und diese nett eingepackt in einer Tasche aufbewahrt, die ich später aus den Trümmern des Hauses ausbuddelte. Eine sehnlichst gewünschte Armbanduhr war dabei. Doch zu diesem gemeinsamen Weihnachtsfest sollte es nicht mehr kommen.... “
 
Das Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr verzeichnet im Jahre 1943 siebenundsechzigmal Fliegeralarm.
Noch im Dezember 1943 hatte der in Eichwalde wohnende Kreisschulungsleiter dem versammelten Haus- und Grundbesitzerverein Eichwaldes verkündet:
"Auch wenn jetzt der Krieg mit seiner ganzen Härte an unsere Häuser pocht, indem uns anglo-amerikanische Terrorflieger versuchen, unseren ehrlich erworbenen Besitz zu zerstören, so werden sie nur starke Herzen finden, die nicht weich, sondern in diesen Feuern nur noch härter im Haß werden gegen die Störer des Friedens “.
Doch es sollte noch schlimmer kommen, denn die meisten Opfer waren nach der Bombennacht vom 23. zum 24.Dezember 1943 zu beklagen.
 
Am Freitag, in der Nacht vor dem Heiligen Abend, gab es seit 3.30 Uhr Fliegeralarm. Seit 4.30 Uhr erreichten die Eichwalder Feuerwehr zahlreiche Anrufe von Einwohnern, die Hilfe nach dem Bombenhagel anforderten. An 18 Stellen mußten Brände gelöscht werden. Besonders schwer war die Dreyerallee Nr.129/31 (Waldstraße) getroffen worden. Eine Sprengbombe hatte das Haus zum Einsturz gebracht. Bei den ersten Rettungsarbeiten durch die Eichwalder Feuerwehr wurden vier Überlebende und ein Toter geborgen. Die Technische Nothilfe setzte die Bergungsarbeiten fort, insgesamt hatten hier 29 Menschen den Tod gefunden. Einige Hausbewohner konnten nach vielen Stunden lebend aus den Trümmern des Nachbarhauses geborgen werden, weil hier die Kellerdecke besser abgestützt worden war. Herr Dr. Dienst berichtete weiter: „... das Sausen der ersten Bomben war bald zu hören. Es muß dann wohl eine Bombenreihe gewesen sein, die auf unser Haus zukam. Die letzte Explosion hörte ich dann nicht mehr. Ich stand in einer Kellerecke, als die Bombe explodierte. Mein Gedanke war nur: „Das ist der Tod!“ Und dann durchschoß mich sofort der nächste: „ Du lebst ja noch!“ und „Ich kann ja noch atmen!“ Ich spürte sofort, daß alle Glieder heil waren. Mauerstaub lag in der Luft. Sehen konnte man nichts, das Licht war ausgefallen. Schon hörte ich Stimmen und rief nach meinen Eltern. Ein oder zwei Taschenlampen wurden eingeschaltet, und mühsam drang das Licht durch den dichten weißlichen Staubschleier. Die Kellerdecke am Eingang war abgestürzt. Dort standen zuvor meine Eltern, die sich ein Leben lang in Liebe verbunden gefühlt und nun auch den letzten Weg gemeinsam angetreten hatten...“
Herr Helmut Büttner erinnerte sich:
„Wie ich von dem furchtbaren Unglück in der (heutigen) Waldstraße 129/131erfuhr, weiß ich nicht mehr genau. Wahrscheinlich war es in der Hilfsglaserei, welche die Gemeinde in der Bahnhofstraße im Gebäude ... eingerichtet hatte, das auf dem Hof hinter dem Fotogeschäft Kneiphof liegt...Dabei erlebte ich einen Massenauflauf, der das Ausmaß der Schäden widerspiegelte. Gegen 14 Uhr begab ich mich dann zur Unglücksstätte. Das U-förmige Hauptgebäude der Taut-Siedlung war getroffen worden. Man sah nur noch einen etwa 8 Meter hohen Steinhaufen...Ich reihte mich in die Eimerkette ein, löste jemanden ab, der schon lange dort gearbeitet hatte. jetzt blickte ich in einen großen Trichter... Ab und an wurden Gegenstände geborgen... Dann mußte ich mit ansehen, wie ein Toter geborgen wurde. Es war furchtbar; ich möchte nichts Näheres darüber schreiben. Als kurz darauf der zweite Tote heraufgezogen wurde, habe ich die Eimerkette verlassen. Ich stolperte den Schuttberg hinunter. In der Nähe der Toreinfahrt des Mitteltraktes sah ich einen der Überlebenden dieses Infernos: Diether Dienst. Ich wagte nicht, ihn anzusprechen. Fluchtartig verließ ich die Unglücksstelle...“.
 
Die geborgenen Habseligkeiten wurden in der Schulturnhalle untergebracht.
In der Königs Wusterhausener Zeitung wurde über die Ereignisse am Rande Berlins nicht berichtet. Lediglich wenige veröffentlichte Todesanzeigen wiesen auf die tragischen Ereignisse hin. Während das "Teltower Kreisblatt" die Rundfunkansprache von Goebbels zum 24. Dezember 1943 in aller Ausführlichkeit wiedergab, wurde mit der Überschrift "Der Terrorangriff auf Berlin" nur knapp gemeldet:
" Britische Terrorbomber unternahmen in den frühen Morgenstunden des
24. Dezember einen erneuten Angriff auf Wohnviertel der Reichshauptstadt. Bei völlig bedecktem Himmel, der jede Sicht verhinderte, warfen die in starker Zahl eingeflogenen feindlichen Verbände wahllos Spreng- und Brandbomben auf verschiedene Viertel der Stadt. Die Bevölkerung hatte Verluste."
Es häuften sich in den Zeitungen neben den üblichen Durchhalteparolen jetzt Meldungen über „Regeln für den Löschangriff “, die „Neuregelung des Alarmwesens bei Fliegerangriffen “, die „Bekämpfung britischer Brandbomben “, die Warnungen vor dem Berühren von Blindgängern und Munition.
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1 EHG, u.a. Aktenbestand 1943<br />
2 Vgl. KWZ v. 12. April 1944.<br />
3 Herr Drewitz stellte für das Heimatheft aus seiner Sammlung einige Flugblätter, die über Eichwalde und Schulzendorf abgeworfen wurden, zur Verfügung. ( i. f. Sammlung Drewitz )<br />
4 KWZ v. 16. / 17. Januar 1943.<br />
5 KWZ v. 1. Februar 1943.<br />
6 Sammlung Drewitz .<br />
7 Vgl. Deutschland, Bd. 3, S. 188 f.<br />
8 Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr Eichwalde, Eintrag v. 8. Februar 1943. Vgl.<br /> Deutschland, Bd.3, S. 188 ff.
9 KWZ v. 29. Juni 1943.<br />
10 EHG, Festschrift, S.31.<br />
11 KWZ v. 18. März 1943.<br />
12 KWZ v. 15. Februar , 26. Mai u. 22. Juni 1943.<br />
13 Vgl. Deutschland, Bd.4, S.426 f.<br />
14 Vgl. Deutschland, Bd.3, S. 584 ff u.627 ff.<br />
15 KWZ v. 22. September 1943.<br />
16 Vgl. BBG, S. 657. (s. Abschnitt 23, Anm. 2)<br />
17 Vgl. BBG, S. 663 f.<br />
18 s. Abbildung S….<br />
19 Vgl. Deutschland, Bd.4, S. 129; 137 / 138.<br />
20 Ebenda, S. 371.<br />
21 Hermann Wegner, a.a.O., S. 59 f.<br />
22 Bericht Frau Gerda Dolke, Eichwalde, Triftstr., Heimatarchiv.<br />
23 Kreisarchiv, B.E. Nr. 178.<br />
24 Gemeinde Eichwalde (Hg.),100 Jahre Eichwalde, Festschrift 1993, S. 11 f.<br />
25 KWZ v. 9. Dezember 1943.<br />
26 Vgl. Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr Eichwalde, Eintragung v. 24. Dezember 1943.<br />
27 Wie Anm. 21<br />
28 Wie Anm. 21<br />
29 Teltower Kreisblatt v. 27. Dezember 1943.<br />
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== Judenvernichtung ==
 
Seit Kriegsbeginn wurden von der Berliner Gestapo-Zentrale genaue Anweisungen an sogenannte Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes erteilt, die der Wehrmacht folgten oder sie begleiteten, wie mit den polnischen Juden zu verfahren war. Hier wurde die Bildung von Ghettos, die Zwangsarbeit, die Vernichtung durch Hunger und Krankheit, schließlich die massenhafte Ermordung experimentell als Vorstufe einer geplanten "Endlösung zur Vernichtung der europäischen Juden" durchgeführt. Schon im Oktober 1939 wurden Juden aus Österreich und dem 'Protektorat Böhmen und Mähren' nach Polen deportiert. Bis Kriegsbeginn waren die barbarischen antisemitischen Vorgänge eher eine Politik der Massenvertreibung. In Deutschland war es bis zum Beginn des Krieges den Behörden weitgehend gelungen, die jüdischen Einwohner mit Diffamierung, Verboten, Gesetzen und mit Pogromen gesellschaftlich zu isolieren und viele zur Emigration zu veranlassen, sie aus ihrer Heimat zu vertreiben. Während 1933 in Deutschland
562 000 Juden (im Sinne der Nürnberger Gesetze) lebten, wanderten davon bis 1938 etwa 220 000 aus. Bis 1941 gelang es nochmals etwa 100 000 Juden, Deutschland zu verlassen. Mit der Entfesselung des Krieges aber hatte die systematische planmäßige Massenvernichtung begonnen. Im Rahmen der 'Endlösung' wurden ca. 135 000 Juden aus Deutschland deportiert. Deportation hieß brutalste Auslöschung menschlichen Lebens.
Im Weiteren soll vom Schicksal der im 11. und 12. Abschnitt genannten jüdischen Familien Boas und Hirsch aus Eichwalde berichtet werden.
Die Geschwister GEORG BOAS, geb.19. 2. 1882, FRIEDA JEANETTE BOAS, geb. 31.10. 1884, ILSE HENRIETTE BOAS geb. 24. 4. 1896, alle in Berlin geboren, lebten seit 1910 in Eichwalde, Sedanstraße 15/16 (Grenzstr.). Ein anderer Bruder, der Mechaniker ERWIN BOAS, geb. 4. 2. 1893 in Berlin, war im Grundbuch von Eichwalde ebenfalls als Eigentümer des Hauses in der Sedanstraße verzeichnet, lebte aber 1939 nicht im Ort. Die Geschwister Boas waren vermutlich aus der Verhaftung im Zusammenhang mit dem Pogrom am 9./10.November 1938 ebenfalls mit der Auflage entlassen worden, die Ausreise zu beantragen. Durch die polizeiliche Schließung ihrer "Pension Waldhaus" und das Gewerbeverbot für Juden vom
1. Januar 1939 war ihnen ihre Existenz in Eichwalde ohnehin unmöglich geworden. Sie wurden faktisch gezwungen, Haus und Grundstück in der Sedanstraße zu verkaufen. Der Verkauf war jedoch laut "Verordnung über den Einsatz jüdischen Vermögens"' vom 3. Dezember 1938 genehmigungspflichtig, er kam am 2. Januar 1939 zustande, wurde im Februar von der Preisüberwachung begutachtet und am 12. Mai von einem Notar genehmigt. Das Geld war auf ein Verwahrkonto bzw. auf ein Sperrkonto einzuzahlen, so daß die Verkäufer darüber nicht ohne weiteres verfügen konnten. Am 17. Mai 1939 wurden die Geschwister noch bei der Volkszählung in Eichwalde erfaßt, sollen aber praktisch nicht mehr dort gewohnt haben. Inzwischen lebten sie in Berlin und waren den hier geltenden Bedingungen unterworfen. Ihre Bemühungen um Auswanderung waren durch beträchtliche bürokratische Hemmnisse mit dem Ziel einer weiteren Vermögenskonfiskation gekennzeichnet. Außerdem erwies es sich als zunehmend schwieriger, aufnahmebereite Länder zu finden. Wahrscheinlich glaubten die Geschwister, durch den Umzug nach Berlin der unerträglichen Atmosphäre in Eichwalde zu entkommen, es in der Anonymität der großen Stadt leichter zu haben, durch Nähe mit anderen Leidensgenossen nicht mehr isoliert zu sein und die Ausreiseformalitäten wie Pässe, Einreisevisa, Reisetickets u.dgl. in Reichweite der Behörden und ausländischen Botschaften einfacher bewältigen zu können. Am 30. Mai 1939 bescheinigte die Gemeindeverwaltung Eichwalde, daß sie keine Forderungen wie Steuern, Gebühren oder sonstige Kosten an die Ausreisewilligen hatte. Dazu gehörte auch die Sondersteuer als 'Sühneleistung' nach dem Novemberpogrom. Ilse Boas reichte die drei Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamtes Teltow sowie der Gemeinde Eichwalde bei der Devisenstelle in Berlin für sich und ihre Geschwister ein. Zweifellos waren damit längst nicht alle Bescheinigungen beigebracht, denn mit immer neuen Schikanen wurde die Auswanderung systematisch behindert, die Vertreibung koordiniert, die Ausplünderung forciert. Seit Dezember 1938 wurden Juden zur Zwangsarbeit verpflichtet, häufig in geschlossenem Arbeitseinsatz als Ersatz für zur Wehrmacht einberufene Arbeitskräfte. Georg (Israel) Boas, von Beruf Kaufmann, war inzwischen als Lederarbeiter, seine Schwester Ilse (Sara) als Hilfsarbeiterin und Zuschneiderin beschäftigt. Aus Akten ist ersichtlich, daß im Januar 1939 von den Geschwistern als erstes Ausreiseziel die USA genannt wurden. Hier bestanden aber enorme Schwierigkeiten wegen geltender Einreisequoten und devisenrechtlicher Bestimmungen. Ein weiteres Mitglied der Familie, Bruno Boas, war bereits nach Tel Aviv ausgewandert. Es ist anzunehmen, daß deshalb als neues Ziel der Ausreise von Frieda (Sara) Boas am 18.8.1939 Palästina genannt wurde. Das war britisches Mandatsgebiet und die Einreise ebenfalls durch ein kompliziertes Quotensystem beschränkt.
 
Den Geschwistern Boas war es bis Kriegsausbruch nicht gelungen, aus Deutschland zu entkommen. Unter den jetzt einsetzenden Beschränkungen mancherlei Art hatten Juden besonders zu leiden. Seit 1940 erhielten Juden überall nur reduzierte Lebensmittelrationen, der private Fernsprechverkehr war ihnen verboten. Am 1. September 1941 erging die Polizeiverordnung über Kennzeichnung der Juden, mit dem Judenstern, am 23. Oktober 1941 erfolgte ein generelles Auswanderungsverbot. Nur wenigen gelang dennoch die Ausreise oder Flucht. Die Geschwister Boas lebten zuletzt durch eine gesteuerte Unterbringung zur Schaffung 'judenfreier Gebiete' Berlins in sogenannten Judenhäusern in der Wohnung Berlin-Mitte, Neue Friedrichstraße 71.
Im Herbst 1941 begann die bis ins Detail geplante Deportation der Juden aus Deutschland mit dem Ziel ihrer Vernichtung. Damit im Zusammenhang wurden in Berlin weitere Repressionen gegen Juden verfügt, so wurden u.a. die Einkaufszeiten von Lebensmitteln für Juden auf die Stunde von 16 bis 17 Uhr verkürzt. Seit Mitte Oktober 1941erhielten Juden eine vervielfältigte Aufforderung, sich zur 'Evakuierung' an bestimmten Sammelplätzen einzufinden, vor allem in der Gormannstraße, in der Synagoge Levetzowstraße und in der Großen Hamburger Straße. Nachdem sich mehrfach zur Deportation Vorgesehene dieser durch Flucht oder Selbstmord entzogen hatten, wurden ohne vorherige Information Razzien in einzelnen Straßenzügen durchgeführt und die Juden zum Sammellager gebracht.
 
Frieda, Ilse und Georg Boas waren unter den 800 Juden, die am 26. Oktober 1942 mit dem 22. Transport nach Riga, zunächst vielleicht in das "Reichsjuden- Ghetto" Riga-Skirotava oder in das Lager "Jungfernhof", deportiert wurden. Als Todesort ist angegeben: "Osten, verschollen." Hinter dieser lapidaren Mitteilung verbirgt sich eine grauenvolle Praxis. Es wird berichtet: "Die Fahrt nach Riga dauert drei Tage und drei Nächte. Zum Hunger und Durst kommen die Quälereien durch die begleitende SS-Mannschaft...“ Es ist bewiesen: "Für die meisten bedeutete Riga die letzte Station ihres Lebens. Von hier aus wurden die Menschen in Bussen in die umliegenden Wälder gekarrt und erschossen...“
Erwin Boas wurde am 17. 3. 1943 aus dem Berliner Sammellager Gormannstraße mit dem 4. großen Alterstransport zunächst nach Theresienstadt gebracht. Das "Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus" teilt mit: " Ab September 1943 kamen in zahlreichen Transporten deutsche Juden aus dem Ghetto Theresienstadt zur 'Sonderbehandlung' in das neueröffnete sogenannte 'Familienlager' in Birkenau (später Auschwitz II). Die Sterblichkeit war sehr groß, und nach einer mehrmonatigen Quarantäne wurden die übriggebliebenen Häftlinge umgebracht ".
Hier wurde auch Erwin Boas ermordet:'Todesort Auschwitz: verschollen.'
 
Die "KönigsWusterhausener Zeitung" vom 17. Dezember 1940 warb mit perfiden Worten für den Besuch eines "Dokumentarfilms über das Weltjudentum" mit dem Titel "Der ewige Jude". Der Propagandastreifen war dazu hergestellt worden, in abscheulicher, niedrigste Instinkte bedienender Weise Verfolgung und Vertreibung jüdischer Menschen zu rechtfertigen. Das Machwerk wurde gleichzeitig im Kino 'Capitol' in KönigsWusterhausen, in den 'Hubertus-Lichtspielen' Wildau und im 'Filmeck Eichwalde' gezeigt. Derartige Hetze und immer weitere, den Lebenskreis der jüdischen Bürger Deutschlands einschränkende Verordnungen mußte auch die Eichwalder Familie Hirsch, Mariannenstraße 1-2 wehrlos ertragen.
 
MAX HIRSCH, geb. am 16.3.1889 in Stolp, und seine Ehefrau FRIEDA HIRSCH, geborene Landsberg, geb. am 2.3.1893 in Berlin, lebten, wie schon berichtet, zum Zeitpunkt der Volkszählung von 1939 gemeinsam mit ERNST LUDWIG HIRSCH, geb. am 9.7.1920 in Berlin, mit zwei weiteren Familien in ihrem eigenen Haus. Herr Lothar Hanak, der als Kind im Jahre 1939 mit seinen Eltern bei Hirschs zur Miete gewohnt hat, erzählte, daß eines Tages die Mitteilung kam, Hirschs seien durch ein Gesetz gezwungen worden, Haus und Grundstück zu verkaufen. Herr Hanak erinnerte sich, daß das Haus an eine einflußreiche Angehörige der Nazi-Partei (Frau A. Hochhuth / d. A.) übergeben wurde, an eine "Nazisse", wie er sagte. Diese veranlaßte, daß Hanaks eine andere Wohnung in Eichwalde zugewiesen wurde, um die untere Etage allein bewohnen zu können. Familie Hirsch kam zunächst in Berlin-Lichterfelde in Nachbarschaft einer SS-Kaserne unter (Adresse unbekannt), vermutlich in der Nähe der Finckensteinallee. Frau Hirsch erwartete zu dieser Zeit ein Kind. Gemeinsam mit seiner Mutter besuchte Herr Hanak mehrfach die Familie Hirsch in Lichterfelde. Er erzählte, daß Max Hirsch, von Beruf Kaufmann, während des ersten Weltkrieges als Oberleutnant gedient und militärische Auszeichnungen erhalten hätte. Deshalb habe er nicht wirklich daran geglaubt, einmal in Deutschland verfolgt zu werden, seine patriotische Haltung mit den Füßen getreten zu sehen. Bei einem dieser Besuche habe Frau Hirsch weinend erzählt, daß die Familie nach Theresienstadt gebracht werden solle. Am 11. Mai 1941 brachte Frau Hirsch in Berlin eine Tochter mit Namen BELA HIRSCH zur Welt. Dieses Kind haben Hanaks aber damals nicht mehr gesehen, weil die Familie Hirsch ihnen geraten hatte, sicherheitshalber von weiteren Besuchen Abstand zu nehmen.
 
Es war für damalige Vehältnisse von Frau Hanak mutig, nicht alltäglich, als "Arierin" in Kontakt mit Juden zu bleiben, besonders unter Kriegsbedingungen.
Am 10. September sperrte die Gestapo den Zuzug nach Berlin. Dem Ehepaar Hirsch war Wohnraum in Berlin-Friedrichshain, Proskauer Straße 20 zugewiesen worden. Ernst Ludwig Hirsch wohnte in der Gotlandstraße 7 im Stadtbezirk Prenzlauer Berg.
 
Im September 1941 hatte die Naziführung beschlossen, noch während des Krieges Deutschland "judenfrei" zu machen. Goebbels schrieb am 24. September in sein Tagebuch, daß Berlin als erstes an die Reihe käme. Ernst Ludwig Hirsch wurde aus dem Berliner Sammellager in der ehemaligen Synagoge Levetzowstraße mit dem 3. Transport am 27. Oktober 1941 vom Güterbahnhof Grunewald nach Litzmannstadt ( Lodz ) deportiert, wo sich ein großes Ghetto befand. Von dort wurden die Juden aus Berlin in das Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno) transportiert und ab Dezember 1941 in besonders ausgerüsteten Kraftwagen durch Motorabgase umgebracht. 50 Personen wurden in einen solchen Gaswagen gepfercht und erstickten binnen 10 Minuten. Ihre Leichen wurden in Massengräbern durch jüdische Arbeitskommandos beerdigt.
Am 20. Januar 1942 wurde in einer Konferenz am Großen Wannsee beschlossen, ab jetzt eine "Endlösung der Judenfrage" durch Massenvernichtung herbeizuführen. Alle Juden Europas sollten durch industriemäßig perfektionierten Mord getötet werden.
Am 1. Februar 1943 erhielt das Ehepaar Hirsch die Aufforderung, sich auf eine "Umsiedlung" vorzubereiten. Die Familie hatte vom zuständigen Gerichtsvollzieher am 1. Februar 1943 entsprechend beizubringende Formulare erhalten. Schließlich sollte ja alles nach Gesetz und Ordnung gehen! Sie bekamen Verhaltensmaßregeln mitgeteilt, welches Gepäck "zur Ansiedlung im Osten" mitzubringen sei, wie sie die Wohnung zu verlassen hätten und weitere Befehle dieser Art. Insbesondere war eine Vermögensaufstellung aufzulisten, die der Vermögenserklärung beizufügen war. Frau Hirsch hatte diese Erklärung auch für Tochter Bela auszufertigen. Die "Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts ins Ausland", wie man die vorgesehene Ermordung euphemistisch umschrieb, hatte laut Gesetz den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit zur Folge und bedeutete zugleich die Einbehaltung aller noch vorhandenen Vermögenswerte zu Gunsten des deutschen Staates. Als 'Ausland' waren in einer geheimen Anordnung zur 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz, eines der "Nürnberger Gesetze", die von der Wehrmacht besetzten Gebiete bezeichnet worden. So schließt die Verfügung für die zu deportierende Frau Hirsch mit den Worten : "...wird...das gesamte Vermögen des - der Frida Sara Hirsch geborene Landsberg geboren am 2.3.93 in Berlin zuletzt wohnhaft in Berlin O.112 Proskauer Str.20 zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Im Auftrage... Unterschrift " (Fehler i. O., d. A.). Die Familie Hirsch war bereits derart verarmt, daß sie kein Vermögen mehr anzugeben wußte. Das Geld aus der Zwangsenteignung war zweifellos, wie damals bei "Arisierungen " üblich, vom Deutschen Reich konfisziert worden.
 
Als letztes Zeugnis hinterließen Max und Frieda Hirsch ihre Unterschriften auf den Vermögenserklärungen, für Bela unterschrieb Frau Hirsch. Zum letztenmal schrieben sie den Namen ihres Heimatortes "Eichwalde", der für sie seit 1938 nur noch "Kennort" mit einer persönlichen Nummer geblieben war. Auf Anordnung des Reichssicherheitshauptamtes wurden Hirschs wahrscheinlich morgens am 27. Februar 1943 von der Arbeit oder aus der Wohnung abgeholt und in eines der Berliner Sammellager (Große Hamburger Straße, Synagoge Levetzowstraße, Konzerthaus Clou und zwei Kasernen) gebracht. Dort sperrte man sie wie üblich mehrere Tage bis zur Deportation ein. Max Hirsch wurde am 2. März 1943, am 50. Geburtstag seiner Frau Frieda, mit dem 32. Transport gemeinsam mit 1758 anderen Juden von Berlin nach Auschwitz deportiert. Dieser Tag wurde später vom Standesamt als sein Todestag registriert. Am nächsten Tag, dem 3.März 1943, brachte der 33. Transport Frieda und Bela Hirsch mit insgesamt 1732 Juden nach Auschwitz. Er gilt als ihr Todestag. Ihre Tochter Bela wäre in etwas mehr als zwei Monaten zwei Jahre alt geworden...
Erst am 10. Juni 1943 kam der "Obergerichtsvollzieher" dazu, die geräumte Wohnung der Hirschs zu besichtigen. Es wurde schneller deportiert, als das hinterlassene Gut verwertet werden konnte. Die Möbel wurden den Berliner Möbelhäusern verkauft. Der Beamte schrieb in die Inventar- und Bewertungsliste:" Nach Angabe der Vermieterin Frau Elise Wolff sind die Nachlaßgegenstände der Eheleute Max Israel und Frieda Sara Hirsch bereits vor etwa zwei Wochen von einem GV (Gerichtsvollzieher, d. A.) abgeschätzt und durch einen Händler abgeholt. Die jetzt im Zimmer befindlichen Gegenstände sollen nach Angabe der Frau Wolff Eigentum des Juden Hermann Israel und Frau Viktoria Sara Neumann sein. Diese sind auch bereits vor einiger Zeit abgeschoben. Das Zimmer war versiegelt."
 
Das "Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus", in welchem auch die Namen ermordeter Juden Eichwaldes aufgenommen sind, trägt auf der Titelseite die mahnende Aufforderung und hoffende Bitte:" Ihre Namen mögen nie vergessen werden! ".
Sonja Ziemann, die bekannte Schauspielerin, 1926 in Eichwalde geboren, schreibt 1989 in ihrem autobiografischen Erinnerungsbuch:
"Hier gerate ich ins Stocken mit meiner Chronik,...Es kommt mir so vor, als hätte sich unser Leben wie unter einer Glocke abgespielt. Ein Großonkel, der in Zeuthen, einem Nachbarort von Eichwalde, wohnte, besuchte eines Tages meinen Vater. Als ich ins Zimmer trat, unterbrachen sie ihr Gespräch. Ich hörte nur noch:
'... in Güterwaggons...'. Papa saß kreideweiß am Tisch, als sei ihm schlecht... Er muß damals zum ersten Mal etwas Entsetzliches erfahren haben, das im Zusammenhang mit der Deportation jüdischer Mitbürger stand.“
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1 Vgl. Benz, S. 162 ff. Zahlenangaben aus Ploetz, S. 102.<br />
2 Bauakte im Bauarchiv der Gemeindeverwaltung Eichwalde.<br />
3 BLHA, Pr.Br.Rep. 36 A, Nr. 4506 u. F 157.<br />
4 Vgl. Benz, S.106.<br />
5 BLHA, ebenda.<br />
6 Vgl. Wolf Gruner, a.a.O.( Abschnitt 15, Anm. 16), S. 242ff.<br />
7 Vgl. Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, (Hrsg.) Freie Universität Berlin, Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung im Auftrag des Senators für Kulturelle Angelegenheiten, Berlin 1995.<br />
8 Wolfgang Benz: Der Holocaust. München 1995, S. 77.<br />
9 Annalene Staudte-Lauber : Stichwort Holocaust. München 1997, S.50.<br />
10 Gedenkbuch, a.a.O.,( Boas, Erwin, geb. 04.02. 93. )<br />
11 Vgl. KWZ v. 17. Dezember 1940.<br />
12 Bericht Herr Hanak, Eichwalde, Waldstr., Dezember 2003.<br />
13 Ebenda.<br />
14 BLHA, Pr. Br. Rep. 36A (II), Nr.15401.<br />
15 Vgl. Gedenkbuch, a.a.O., S.506. ( Hirsch, Ernst, Ludwig, geb. 09.07. 20.)<br />
16 Vgl. Reinhard Rürup , a.a.O, S.248. ( wie Abschn.15, Anm.16 )<br />
17 Gedenkbuch ,a.a.O., S. 1438. Vgl. Deutschland, Bd. 2, S.95 ff.<br />
18 Vgl. Deutschland, Bd. 2, S.417 f.<br />
19 BLHA, wie Anm.14.<br />
20 BLHA, Pr.Br. Rep., 36A (II), Nr. 15401.<br />
21 Sonja Ziemann, a.a.O., S.40 / 41.<br />
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== Widerstand ==
 
In Berlin soll es nach der Befreiung etwa 1500 Juden gegeben haben, die während der Nazizeit dank stiller Helfer untergetaucht waren und die Verfolgung überlebten. Auch Eichwalder haben mutig dazu beigetragen, Leben zu retten. Diese Geretteten und ihre oft kurz als "Verstecker" bezeichneten Menschen aus Eichwalde und seinen Nachbarorten haben damit in besonderer Weise, obwohl sie selbst zu den am meisten Gefährdeten zählten, Widerstand gegen ein unmenschliches Regime geleistet.
(Folgenden Vorgang wegen Reihenfolge bei Schieb prüfen.)
Im Januar 1943 floh das jüdische Ehepaar Sandelowski mit seinem Sohn Heinz aus Berlin vor der Deportation. Sie versteckten sich bei einer kommunistischen Familie in Schulzendorf. Einige Tage später verriet ein Mann, dem sie zuvor in Berlin einige Sachen zur Aufbewahrung anvertraut hatten, die Eltern von Heinz Sandelowski an die Gestapo, die aber offenbar über den Verbleib des Sohnes keine Angaben machten. Sie wurden im Mai 1943 in Auschwitz ermordet. Heinz Sandelowski lebte weiterhin illegal in Schulzendorf und Eichwalde, wo er Anschluss zu antifaschistisch gesinnten Einwohnern gefunden hatte. In einer eidesstattlichen Erklärung vom 7. Juli 1946 bestätigte er als der "unterzeichnete Heinz Sandelowski (Jude; ODF-Nr. P I 2452)... hier in diesem Ort (Eichwalde) ca. 3 Jahre illegal gelebt " zu haben. Wie gelang es ihm, der Jagd auf Juden zu entkommen, wer gab ihm Unterschlupf, sorgte für Lebensmittel, Kleidung und anderes Lebensnotwendige? Wer war so mutig, sich selbst in Gefahr zu begeben, um Verfolgten zu helfen?
Der Schlosser Emil Kaschel, ehemaliger politischer Leiter der KPD-Ortsgruppe Eichwalde, war nach seiner Verurteilung im Jahre 1933 gezwungen, mit seiner Frau Martha und Tochter Erika eine andere Wohnung zu suchen. Er fand diese in der heutigen Schulzendorfer Rudolf-Breitscheid-Straße 40. Im Unterschied zu seinem Eichwalder Vermieter, der nicht länger einen Kommunisten im Haus haben wollte, war der neue Hauswirt kein Freund der Nazis. Er hieß Gammeter und besaß die Schweizer Staatsangehörigkeit. Ihm war die antifaschistische Gesinnung seines neuen Mieters nicht verborgen geblieben. Vielleicht hatte er sogar weitere Kenntnisse über die illegale Arbeit Emil Kaschels. Dieser knüpfte allmählich ein Verbindungsnetz aus kommunistischen, sozialdemokratischen und anderen antifaschistisch gesinnten Einwohnern in Eichwalde, Schulzendorf und Berlin-Schmöckwitz, die miteinander unverdächtige Beziehungen unterhielten. Diesem Netz und dem Mut aller Beteiligten verdankte Heinz Sandelowski sein Überleben. Doch nicht nur ihm konnte geholfen werden.
Gammeter unterhielt geschäftliche Verbindungen zu einem Lebensmittel-Kaufmann in Berlin-Charlottenburg. Eines Tages, es war im Jahre 1944, bat dieser ihn, einem jüdischen Ehepaar Unterkunft zu beschaffen. Die Berliner Familie Elka und Isaak Bergmann mit ihren kleinen Söhnen Sascha und Max hatte sich schon seit 1942 mit immer neuen Aufenthaltsorten der Deportation entzogen.
Frau Erika Wolff, Tochter von Emil Kaschel, schrieb dazu im Jahre 2003 wie folgt:
" Da Gammeter ein Nazigegner war, hat er meinen Vater um Hilfe gebeten. Darum stellten wir unsere 2 Kellerräume zur Verfügung. Wir organisierten Lebensmittel vom Charlottenburger Kaufmann und gaben Eigenes aus der Gartenernte hinzu. Die Familie wohnte vom Herbst 1944 bis Kriegsende bei uns... Über die jüdische Familie hörte ich später, sie sei ausgewandert nach Amerika." Mit Hilfe weiterer Freunde wurden zur Sicherheit und nach Notwendigkeit Quartierwechsel organisiert. Auch bei Otto und Emma John in der Schmöckwitzer Siedlung, die in einem bescheidenen Häuschen in der Gasse Siedlers Eck Nr.1 wohnten, kam die vierköpfige Familie unter. Der Kabelarbeiter Otto John ( 1882 - 1967) und die Arbeiterin Emma John, geb. Dick (1885 – 1963) gehörten als frühere Mitglieder der KPD zum Freundeskreis um die Familien Kaschel, Maureschat, Weidner, Zietz und anderen. Johns Tochter Erika, die spätere Frau Zietz, berichtete, dass mehrere Leute in der Siedlung, aber auch in Schulzendorf und Eichwalde, zwar etwas von diesen illegalen Vorgängen ahnten, sich aber solidarisch verhielten. Die jüdische Familie wurde versorgt, es kam sogar häufig vor, dass Herr Isaak Bergmann mit der Bahn nach Adlershof fuhr und von dort aus einer Wehrmachtseinrichtung Nahrungsmittel für die Familie und alle Freunde heranschaffte. Anfang Mai 1945 kehrte er von einem dieser Besorgungsgänge nicht mehr nach Eichwalde / Schmöckwitz zurück. Er soll bei den Wirren der letzten Kämpfe in Berlin erschossen worden sein.
 
Die Familie John war als eine gastfreundliche Familie bekannt, die oft Besuch bekam, so dass der Aufenthalt scheinbar fremder Personen in ihrem Garten eigentlich kein sonderliches Aufsehen machte. Sonja Ziemann schreibt darüber in ihren Erinnerungen: " Die Eltern von Erika hatten ein sehr großes, schönes Grundstück mit einem hübsch angelegten kleinen Teich. Als ich noch zur Schule ging, hatten wir dort während der großen Ferien mit vielen Freundinnen Theaterstücke improvisiert. Erikas Vater war ein sehr stiller, freundlicher Herr, älter als mein Papa. Herr John, so schien es mir, arbeitete ständig im Garten. Erikas Mitschülerinnen, darunter auch ich, waren dort stets willkommen. Frau John zauberte Kuchen oder Kekse, und Töchterchen Erika half mir bei den schulpflichtigen Handarbeiten." An dieser Idylle schien sich auch während der Kriegsjahre scheinbar nicht viel geändert zu haben. Meist kümmerte es kaum jemanden, wer da wieder mal für einige Zeit zu Besuch bei Johns im Haus und Garten war, wie nun des öfteren die Familie Bergmann. Sowohl bei Kaschels als auch bei den Brüdern Zietz und der Familie John hatte es mehrfach Haussuchungen gegeben, die, ohne konkreten Anlass, nur zur Einschüchterung ehemals aktiver Kommunisten dienen sollten. Aber auch durch einen SA-Mann aus der Nachbarschaft der Familie John, der Verdacht geschöpft hatte, waren Hinweise an die Polizei gegeben worden. An diesen Haussuchungen bei Johns habe sich mehrfach der Eichwalder Anwalt Hugo Lesser beteiligt, dessen besonders forsches Auftreten die verwitwete Frau Erika Zietz noch immer vor Augen hat. Allerdings gehörte auch eine ordentliche Portion Glück zu dieser stillen Hilfe. Ein Polizist, der bei einer Haussuchung zugegen war, erwies sich als alter Berliner Bekannter der Johns. Er gab zu verstehen, dass er keine Verdachtsmeldungen weitergeleitet habe. Ein Beispiel für die Couragiertheit von Emma John sind die Aufenthalte im Karolinenhofer Luftschutzbunker. Frau John war mit dem kleinen Max Bergmann bei Fliegeralarm häufig in den Bunker gegangen, weil er sich sehr fürchtete, sobald er die Sirenen heulen hörte. Der Bunkerwart fragte sie einmal, was sie denn da immer für einen kleinen 'Judenbengel' mit sich schleppen würde. Frau John antwortete nur:"Halt die Klappe!", denn der Bunkerwart war ein früherer Klassenkamerad von ihr. Fortan stellte dieser keine Fragen mehr wegen des etwas 'unarischen' Aussehens des Kindes. Nach dem Krieg ging Frau Bergmann mit beiden Kindern zunächst nach Palästina (Israel), wo ein Verwandter ein Frisörgeschäft besaß, wie sich Frau Zietz erinnerte. Später soll die Familie in Brasilien gelebt haben. Gefragt, ob sie wieder etwas von Bergmanns gehört habe, verneinte Frau Zietz und sagte in ihrer Berliner Art : " Wissen se, wir ham det jemacht, weil wir helfen wollten, janz einfach nur helfen und nich, um uns ne joldne Nase zu verdienen. So war det nämlich, wissen se?"
 
Heinz Sandelowski hatte Kontakte zu weiteren jüdischen Verfolgten, und er soll auch die Familie Bergmann bei Kaschels getroffen haben. Im April 1943 lernte Sandelowski Amalie Weinberg kennen, eine Tochter der jüdischen Familie Weinberg, die sich in Berlin verborgen hielt. Als nun die Mutter seiner Freundin, Frau Channa Weinberg, ihr Versteck in Berlin verlassen musste, kam Sandelowski sein besonderes Vertrauensverhältnis zu Emil Kaschel zu gute. Mit dessen Beziehungen wurde Channa Weinberg im Hause von Bruno Nitter in Schulzendorf, Richard-Wagner-Str. 32, untergebracht. Bruno Nitter selbst, der bis 1933 ebenso wie seine Lebensgefährtin Elfriede Braun der KPD nahe gestanden hatte, war zu dieser Zeit bei der Wehrmacht. Aber Elfriede Braun, die allgemein als "Frau Nitter" bekannt war, nahm Frau Weinberg auf, nachdem zuvor ein als "Verstecker" tätiges Ehepaar in Schulzendorf dem Druck der illegalen Arbeit nicht mehr gewachsen war und sogar mit Verrat gedroht hatte. Frau Braun-Nitter verbreitete die Legende, eine Verwandte aus Polen sei wegen der Kriegsereignisse angekommen. Das war notwendig, weil Frau Weinberg, aus Warschau stammend, nicht akzentfrei deutsch sprach. Nähere Umstände über beschaffte falsche Papiere o. dgl. sind nicht bekannt. Heinz Sandelowski selbst lebte jetzt meist bei Emil Kaschel , den er 1990 in einem Interview als den "Kopf" der Widerstandsgruppe bezeichnete. " Bei Frau Nitter und 'Emil' überstanden Channa Weinberg und Heinz Sandelowski die Verfolgungen. In den letzten Monaten des Krieges beteiligte sich Heinz Sandelowski mehr und mehr an den Aktionen der Widerstandsgruppe, indem er beim Verteilen von Flugblättern half ", wie berichtet wurde. Nach der Befreiung trafen sich die Angehörigen der Familie Weinberg in Kaschels Wohnung. Sandelowski heiratete im August 1945 in Schulzendorf Amalie Weinberg. Nach Geburt ihrer Tochter verließen Sandelowskis im November 1947 Deutschland und lebten fortan in den USA.
Es gab kein spezielles Gesetz, welches die Unterstützung von Juden unter Strafe stellte. Aber das hätte es ohnehin nicht extra bedurft, weil es durch Sondergerichtssprechung und diverse Gesetze genügend Spielraum für Strafen und willkürliche Verfolgungen gab. Bereits das preußische Gesetz über die Geheime Staatspolizei vom 10. Februar 1936 enthielt Generalvollmachten zur Verfolgung sogenannter staatsgefährdender Bestrebungen, die keinerlei Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterlagen. Damit war eine völlige Lösung von rechtlichen Bindungen gegeben. Willkürliche Inhaftierungen in Konzentrationslagern waren jederzeit möglich. Allein die illegale Beschaffung von Lebensmitteln hätte unter Anwendung der "Verordnung gegen Volksschädlinge" vom 5. September 1939 zur Todesstrafe führen, der Umgang mit Juden leicht als Fall von "Rassenschande" ausgelegt und mit KZ geahndet werden können.
 
Ein Meldung aus der "Königs Wusterhausener Zeitung" vom Juni 1943 lässt erahnen, welche Risiken die jüdischen Verfolgten und ihre stillen Helfer auf sich nahmen, als sie ihr Leben zu retten und ihre menschliche Anständigkeit zu bewahren suchten. Das Blatt meldete :" Im Laufe des letzten Wochenendes wurden hier von der Königs Wusterhausener Polizei drei Juden festgenommen, eine Frau und zwei Männer, die schon seit eineinhalb Jahren flüchtig sind und unter falschem Namen leben. Die Juden, die sich als Arier ausgaben, sind während dieser Zeit immer herumgereist und haben sich als Wochenendgäste eingemietet. Sie sind nunmehr der Berliner Polizei zugeführt worden."
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1 Vgl. Martina Voigt: Versteckt in der eigenen Wohnung – Selbsthilfe Untergetauchter. Emdener Straße 54: Die Familie Weinberg und ihre Freunde. In: Kurt Schilde, Versteckt in Tiergarten. Auf der Flucht vor den Nachbarn, Gedenkbuch für die im Bezirk in der Zeit des Nationalsozialismus Untergetauchten, Berlin 1995, S. 108 ff.<br />
2 BLHA, Pr. Br. Rep. 203 AzS, Nr. BET 1270, Bl. 226.<br />
3 Brief von Frau Wolff an den Autor am 7. Oktober 2003.<br />
4 Nach Mitteilung von Frau Barbara Schieb, Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin.<br />
5 Sonja Ziemann, a.a.O., S. 50.<br />
6 Bericht Frau Erika Zietz, geb. John, Berlin-Schmöckwitz, Siedlers Eck, im Februar 2004.<br />
7 Vgl. Martina Voigt, a.a.O., S. 112.<br />
8 Gespräch mit Frau Nitter, geb. Sarnecki, Schulzendorf, Richard-Wagner-Str. , am 17. März 2004. Frau Nitter, Jg. 1931, ist die verw. Ehefrau von Bruno Nitter, der bis zum Tode von Elfriede Braun mit dieser in Lebensgemeinschaft gelebt und erst später die deutlich jüngere Frau Sarnecki geheiratet hatte.<br />
9 Diese Tatsache betätigte Frau Günther, Eichwalde, Stubenrauchstr., die "Heinz"- sie wusste auch damals nicht den Familiennamen – dort gesehen hatte, als sie ihre Freundin Erika Kaschel besuchte.<br />
10 Vgl. Martina Voigt, a.a.O., S. 113.<br />
11 Ebenda.<br />
12 Vgl. Deutsche Geschichte in Daten, Inst. f. Gesch. der Dt. Akademie d. Wiss.(Hg.), Berlin 197, S.731.<br />
13 Vgl. Benz, S. 88.<br />
14 Vgl. Bernward Dörner: Terror. In: Jürgen Engert (Hg.), Heimatfront - Kriegsalltag in Deutschland 1939 – 1945, Begleitbuch zur gleichnamigen Fernsehreihe, Berlin 1999, S. 142 ff.<br />
15 KWZ v. 10 .Juni 1943.<br />
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== Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter ==
 
Als die Kriegerkameradschaft im Februar 1941 im Restaurant "Krenz" (heute als 'Kleiner Alex' bekannt) wieder ihren Monatsappell abhielt, wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, "daß jedermann sich gegen die Kriegsgefangenen zurückhaltend zu benehmen hat." Es war von Polen und Franzosen die Rede. Anliegen der Rede des 'Kameradschaftsführers' Schwerdt war es, für die Isolierung der Kriegsgefangenen von der Eichwalder Bevölkerung zu sorgen.
 
Bereits am 23. Juni 1939 hatte die Naziführung den Einsatz von Kriegsgefangenen in der deutschen Kriegswirtschaft beschlossen. Der Arbeitskräftemangel in der deutschen Industrie und Landwirtschaft hatte sich schon vor Kriegsbeginn außerordentlich bemerkbar gemacht. Die mit Auslösung des Krieges verstärkten Einberufungen zur Wehrmacht verschärften das Arbeitskräfteproblem, insbesondere nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Nach Kriegsbeginn waren in der Provinz Brandenburg Kriegsgefangenenlager aufgebaut worden. Seit September 1939 kamen 5000 polnische Kriegsgefangene in ein sogenanntes Stammlager des Wehrbezirks III in Luckenwalde (StaLag III A), von denen 1940 die meisten formal entlassen, aber umgehend als Zivilarbeiter zur Zwangsarbeit gepreßt wurden. Schon bald folgten ihnen 2000 polnische zivile Zwangsarbeiter, denn gleich nach Kriegsbeginn wurden in Polen deutsche Arbeitseinsatzbehörden geschaffen, die Arbeitskräfte zu rekrutieren hatten. Erlasse und Verordnungen, wie die "Polen-Erlasse" vom 8.März 1940, bestimmten die Verhaltensbedingungen polnischer Arbeitskräfte und den Umgang mit ihnen. Polnische Arbeitskräfte hatten als Kennzeichen ein auf die Spitze gestelltes gelbes, violett umrandetes Quadrat mit dem ebenfalls violett gefärbten Buchstaben 'P' darin an ihrer Bekleidung zu tragen. Nicht nur dieses äußerliche Merkmal sollte für die gesellschaftliche Isolierung der Zwangsarbeiter sorgen. 1940 kamen britische, französische und im Jahr 1942 amerikanische Kriegsgefangene in die Provinz Brandenburg.
Bei den Planungen und Rüstungsvorbereitungen für den Überfall auf die Sowjetunion und die vorgesehene Invasion in England wurden Maßnahmen getroffen, um den gewaltigen Arbeitskräftebedarf zu befriedigen. Zu diesem Zweck wurden Unterkünfte vorbereitet. Die deutsche Regierung hatte ihren Verbündeten wie Italien, Ungarn und der Slowakei Verträge aufgezwungen, " die sie nötigten, Arbeiter nach Deutschland zu schicken. Im Februar 1941 vereinbarten die deutschen und die italienischen Behörden, daß ca. 270 000 italienische Arbeiter noch im Laufe des Jahres 1941 nach Deutschland kommen sollten." Im November 1941 trafen die ersten 4000 sowjetischen Kriegsgefangenen in der Provinz Brandenburg ein, die seit Anfang 1942 in der Rüstungsproduktion eingesetzt wurden. Wie Göring es bereits am 7. November 1941 angekündigt hatte und seine Geschäftsgruppe 'Arbeitseinsatz' detailliert vorbereitete , wurden bereits im Januar 1942 in sogenannten 'Aktionen' über 620 000 sowjetische Zivilarbeiter nach Deutschland verschleppt, wobei ganze Familien mit Frauen und Kindern, vor allem aber mehr Frauen als Männer deportiert wurden. Von da an kam es in Deutschland zum massenhaften Arbeitseinsatz von Zwangsarbeitern überwiegend russischer, weißrussischer und ukrainischer Nationalität, die man als "Ostarbeiter" bezeichnete. Sogenannte "Ostarbeiter-Erlasse" vom 3. Februar 1942 regelten den Umgang mit ihnen. Sie wurden ebenfalls mit einer Kennzeichnung auf der Kleidung versehen, mit der Aufschrift "OST" in blauer Farbe auf weißem, blau umrandetem Viereck. Neben den in der Kriegswirtschaft eingesetzten in- und ausländischen KZ-Häftlingen wurden in wachsender Anzahl westeuropäische zivile Arbeitskräfte angefordert und nach Deutschland geholt. Der Gauleiter von Thüringen, Fritz Sauckel, seit März 1942 "Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz" und verantwortlich für den Ausbau des Systems der Zwangsarbeit, erklärte 1944, daß von fünf Millionen Arbeitern, die nach Deutschland gekommen waren, keine 200 000 freiwillig gekommen seien. Es wird eingeschätzt:" Von den 14 Millionen Menschen, die auf Sauckels Befehl bis zum Ende des zweiten Weltkrieges nach Deutschland verschleppt wurden, kam fast jeder zweite ums Leben."
 
Nahezu alle diese hier kurz umrissenen Vorgänge lösten seit Kriegsbeginn in Eichwalde entsprechende Aktivitäten aus, die sich wie folgt entwickelten:
Als am 4. Juli 1939 das Landratsamt des Kreises Teltow die Gaststätte von Otto Witte, "Wittes Waldschlößchen " in der Kaiser-Friedrich-Straße 1 (Heinrich-Heine-Allee), baupolizeilich begutachtete, wurde Baufälligkeit festgestellt und Konzessionsentzug angedroht. Der Kriegsbeginn machte alle Hoffnungen auf Instandsetzung unmöglich. Da bot sich die Gelegenheit, die Räumlichkeiten für eine Unterbringung ausländischer Arbeitskräfte zu verpachten. Die Berliner Firma Lindhorst, Werkstätten für Heeresbedarf, pachtete im Sommer 1941 die im Erdgeschoß befindlichen Räume und richtete dort ein "Gemeinschaftslager für italienische Arbeiter" ein, das für eine Belegung von mehr als 60 Personen vorgesehen war. Im Oktober 1941 trafen beim Arbeitsamt Berlin bereits die ersten Arbeiter aus Italien ein. Im März 1942 wurde in Eichwalde polizeilich festgestellt, daß die Italiener wegen desolater Aborte und Fäkaliengrube unter derartig unhygienischen Verhältnissen leben mußten, daß selbst für die Umgebung gesundheitliche Schäden zu befürchten waren. Wenn solche Zustände schon bei geworbenen freiwillig nach Deutschland gekommenen Arbeitern angetroffen wurden, so war von Unterkünften für Zwangsarbeiter nichts Gutes zu erwarten.
Im Lager Kaiser-Friedrich-Str.1 wurden am 21.Mai 1943 neben 15 Italienern und 15 Belgiern auch 38 Polen nachgewiesen. In einem Zeitungsbericht vom Dezember 1942 ist von der Verurteilung des bei einem Eichwalder Schuhmachermeister arbeitenden 53-jährigen Belgiers Venloet wegen Lederdiebstahls die Rede.
Als im Juli 1943 Mussolini gestürzt worden war, wurden italienische Soldaten zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht. Sie wurden als Militärinternierte ('Imis') bezeichnet, weil so ihre Behandlung nach der Genfer Konvention von 1929 für Kriegsgefangene umgangen werden konnte. Am 21.Juli werden für das Lager allerdings nur 2 italienische, aber 38 polnische Zwangsarbeiter gezählt. Italiener haben in der Lindenstraße 2 einen privaten Luftschutzbunker anlegen müssen. Auch ein Arbeiter aus einem Balkanstaat wurde in Eichwalde registriert. Die Bewegungsfreiheit der polnischen Zwangsarbeiter war grundsätzlich erheblich eingeschränkt. Vergehen wurden in der Regel durch die Gestapo geahndet. Aus einem Gerichtsbericht vom 12. Februar 1943 über den Diebstahl eines Arbeitsanzuges und einer Raucherkarte durch einen in Eichwalde untergebrachten 22-jährigen Polen erfährt man das drakonische Strafmaß für dieses geringfügige Vergehen: 6 Monate kostenpflichtiges Straflager. Die Lebensverhältnisse in derartigen Lagern führten durch Unterernährung, Entkräftung und Mißhandlungen häufig zum Tod und waren mit den KZ vergleichbar.
Erinnerungsberichte von Eichwaldern geben Auskunft über den privaten Kontakt mit polnischen Arbeitskräften, die man bei der Gemeindeverwaltung für häusliche Arbeiten anfordern konnte. Die Umgangsformen von Einwohnern mit Zwangsarbeitern unterschieden sich in der Regel wohltuend vom offiziell verlangten Verhalten, wenn ein Zwangsarbeiter zur Gartenarbeit oder zum Holzhacken angefordert worden war. Obwohl man sich mit ihnen nicht unterhalten sollte, wurde gemeinsam gegessen, geredet und wurden Familienfotos betrachtet. Die polnische Bürgerin Zofia Korszen berichtete im Jahre 2002, daß sie 1943 im Alter von 15 Jahren aus ihrer Schule in Polen abgeholt, auf einen Lastwagen der Wehrmacht verfrachtet und kurzerhand nach Deutschland zur Zwangsarbeit gebracht wurde. Sie wurde in Eichwalde, Lindenstraße 2, Hausmädchen in der Famlie eines von den Nazis privilegierten Wissenschaftlers, der an Forschungen zur Fernsehtechnik beteiligt war. Hier bekam sie ein Zimmer zum Schlafen und ausreichend zu essen. Als die Rote Armee auf Berlin vorrückte, verließ die Familie Eichwalde und Zofia blieb allein zurück.
Im Lager Gosener Str.12 waren 1943 vorwiegend 'Westarbeiter' einquartiert. (früher "Gesellschaftshaus", seit 1998 steht dort ein neugebauter Wohnkomplex). Der Umbau vorhandener Räumlichkeiten der Gaststätte wie Kegelbahn und Schankraum mit Veranda zu einem sogenannten Gemeinschaftslager waren auf Antrag der AEG-Kabelwerke Berlin-Niederschöneweide bereits seit Juni 1941 in Vorbereitung. Im Hauptgebäude wurden ein Eßraum, Schlafsaal und Büro eingerichtet, in der Kegelbahn-Baracke ein Schlafraum für 26 Personen, eine Krankenstube und ein Waschraum. Man zählte hier maximal 83 männliche Arbeitskräfte und 32 weibliche, fast ausschließlich 'Westarbeiter', nämlich Franzosen, Belgier, Holländer. Eine Ostarbeiterin wurde hier ebenfalls nachgewiesen. Die Arbeitskräfte des Lagers Gosener Straße 12 waren bei der AEG-Wildau beschäftigt, die auch als Pächter genannt wird.
 
In der Chronik der Katholischen St. Antonius-Gemeinde Eichwalde wird berichtet, daß ein aus Belgien verpflichteter flämischer Lehrer und eine Lehrerin aus Österreich Glaubensstunden der Jugend in der katholischen Gemeinde abhielten. Hieran nahm fast nur weibliche Jugend teil, weil die männlichen Jugendlichen meist eingezogen worden waren. "Bei Schwarks (früher Gesellschaftshaus Wichers) waren Franzosen einquartiert, die zunächst an den allgemeinen Gottesdiensten am Sonntag teilnahmen und an der Kommunionbank dadurch auffielen, daß sie nicht - wie bei uns üblich – mit gefalteten Händen, sondern mit über der Brust verschränkten Armen die Heilige Kommunion empfingen. Später fanden für sie eigene Gottesdienste statt, in denen sich Pfarrer Kohlsdorf in der französischen Sprache versuchte bzw. gedruckte französische Predigttexte verlas", berichtet die Chronik.
 
Im Lager "Am Schießstand" (Kahle Horst, heute Kahlhorst, zur Gemarkung Waltersdorf gehörend) wurden 4 'Westarbeiter', 11 Ostarbeiter, Männer und Frauen, nachgewiesen. In der Schmöckwitzer Straße 63 waren in der Bäckerei Scheffel 3 'Westarbeiter' einquartiert und beschäftigt.
Mit Datum vom 25. November 1941 beantragte der Inhaber der "Groß-Tischlerei für Bau und Innen-Architektur ", Heinrich Rottschäfer, die Genehmigung zur Aufstellung einer Baracke. Sie wurde auf dem kurz zuvor erworbenen Zeuthener Gelände
"Am Graben " errichtet. Rottschäfer schrieb:
" Die Baracke dient zur Unterkunft von Gefangenen ...Die Arbeiten werden zum größten Teil durch meine eigenen Gefangenen ausgeführt." Offensichtlich arbeiteten bei der Firma bereits vor dem Bau der Baracke Kriegsgefangene, die andernorts einquartiert waren. Französische Kriegsgefangene waren mindestens seit Dezember 1941 im Arbeitslager Rottschäfer untergebracht, denn zu dieser Zeit ließ Rottschäfer bereits einen Gefangenen " wegen Arbeitssabotage und angeblicher Bedrohung des Betriebstechnikers" der Ortspolizei Eichwalde zuführen. Sie blieben zwar nominell Gefangene, erhielten aber seit 1940 einen sogenannten Beurlaubtenstatus und damit mehr Bewegungsfreiheit. Französische Gefangene und sogenannte Westarbeiter wie Belgier und Holländer wurden wesentlich besser als polnische oder sowjetische Arbeitskräfte behandelt - Ausdruck des herrschenden Rassismus jener Zeit.
Die Firma Rottschäfer, die seit 1939 mit der Produktion von Spezialanfertigungen am Bau von Jagdflugzeugen und am Zerstörerprogramm der Marine beteiligt war, außerdem Holzkisten für die Wehrmacht produzierte, beschäftigte Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Besonders nach dem Eintreffen von sowjetischen Zwangsarbeitern hatten immer wieder Informationen über die schlechte Unterbringung, erbärmliche Versorgung und verantwortungslose medizinische Betreuung der bis zu 90 Ausländer in der Firma, insbesondere der 1943 nachgewiesenen 37 sowjetischen 'Ostarbeiter', bei manchen Eichwaldern Aufmerksamkeit erregt. Das ganze Ausmaß menschenunwürdiger Behandlung der bei Rottschäfer eingesetzten Zwangsarbeiter zeigte sich aber erst nach Kriegsende. Drei als Kriegsgefangene nach Deutschland gekommene Franzosen, die seit 1.Juni 1943 bei Rottschäfer arbeiteten, meldeten sich "nach dem Russeneinmarsch", wie es in einem Bericht aus dem Jahre 1946 heißt, bei der sowjetischen Kommandantur in Schmöckwitz, um gegen die Inhaber der Firma auszusagen. Nach ihren Berichten wurden Walter und Heinrich Rottschäfer umgehend verhaftet. Es stellte sich u.a. heraus, daß die Russin Pelageja Horlowa, geb. 20.7.1896, am 11.Oktober 1944 infolge mangelnder medizinischer Versorgung und die Russin Akulina Timoschina, geb. 1892, Anfang November 1944 wegen zu später Einlieferung in das Mahlower Ausländer-Krankenhaus verstorben waren. Eine Schmöckwitzer Einwohnerin berichtete am 5. Juli 1946, daß sie mitunter den Russen Jegor Schuldjeschow, geb. am 9.12. 1923, mit Gartenarbeiten gegen Essenversorgung beschäftigen durfte. Der Hunger veranlaßte ihn, noch zusätzlich um Beschäftigung zu bitten. Als seine Frau Anna, geb. 25.11.1924, die als Ostarbeiterin ebenfalls bei Rottschäfer arbeitete, schwer erkrankte und operiert werden mußte, erfuhr die Einwohnerin davon, daß der Arbeitgeber über jeden Krankheitsfall immer sehr ungehalten war. Die Einwohnerin konnte sich von der skandalösen Unterbringung der Zwangsarbeiter bei Rottschäfers selbst überzeugen. Sie erblickte zerlumpte Betten, in denen auch der Säugling des Ehepaars Schuldjeschow lag, erfuhr von der permanent schlechten Ernährung und von der mangelnden Bekleidung der Ostarbeiter. Täglich wurden Russen, Erwachsene und Kinder, aus der Firma Rottschäfer auf dem Müllplatz der Gemeinde Eichwalde angetroffen, wo sie Nahrungsreste zu finden hofften. Die Arbeiter bekamen gegen Kriegsende täglich 125 Gramm Brot und einen ¾ Liter Suppe. Andere Bürger Eichwaldes bezeugten, Folgen körperlicher Mißhandlungen bei den Ostarbeitern festgestellt zu haben. Ein Eichwalder gab am 6. Juli 1946 zu Protokoll: "Nachts kamen 3 junge Russen (Kinder), 17- und 14-jährig, da sie in den Baracken, die von Ungeziefer total verseucht waren, und auch vor Hunger nicht schlafen konnten, zu uns in die Wohnung. Sie halfen uns, Zuckerrüben schaben. Sie beschwerten sich oft, dass sie wenig zu essen und im strengen Winter nichts anzuziehen hatten....Auch die Franzosen haben sich uns gegenüber häufig darüber ausgesprochen, dass gerade die Russen, noch mehr als die Franzosen, von den Rottschäfers schikaniert und menschenunwürdig behandelt wurden." Welche Praktiken bei Rottschäfers angewandet wurden, um kranke Arbeitskräfte abzuschieben, zeigt das folgende Beispiel: Ein vertrauensärztliches Gutachten für den Bauarbeiter Klemensas Naujokaitis, geb. am 20.12.1920 in Virbalis, bestätigte dessen Arbeitsunfähigkeit ab 24. April 1944. Der Arzt empfahl deshalb eine Rückverschickung in die Heimat. Wahrscheinlich um sich die bürokratischen Mühen dabei zu ersparen, erklärte Rottschäfer in einem Schreiben an die Eichwalder Ortspolizeibehörde, Naujokaitis hätte " unter den Ostarbeitern, französischen Kriegsgefangenen und Tschechen (!!) kommunistische Vorträge " gehalten. Der Eichwalder Meister der Schutzpolizei Priebe verhaftete daraufhin Naujokaitis am 25. April und überstellte ihn am 26. d. M. wegen " kommunistischer Zellenbildung im Tischlereibetrieb Heinrich Rottschäfer" an die Gestapo in Potsdam. Das in Auszügen vorliegende Verzeichnis sogenannter 'zwangsgestellter Personen der Polizeiverwaltung Eichwalde' macht deutlich, daß von Rottschäfer häufig Zwangsarbeiter der Polizei übergeben wurden, deren weiteres Schicksal dann meist in den Händen der Gestapo lag. Darunter waren vorwiegend französische, ukrainische und russische Arbeiter. Für "den Ankauf von Brennspitritus zum Genuss" einer "bezugsbeschränkten Ware", wurden am 8. Januar 1945 vier russische jugendliche Arbeiter im Alter von 20 bis 24 Jahren an die Gestapo überstellt.
 
Selbst in amtlichen Untersuchungen durch NS-Dienststellen wurde die Lage der Ostarbeiter in den brandenburgischen Lagern als 'untragbar' und 'hoffnungslos' beurteilt und im Interesse der Leistungssteigerung Verbesserungen bei der Ernährung gefordert. Derartige Bemühungen scheiterten, weil eine hohe Todesrate nicht nur bei KZ-Häftlingen, sondern auch bei Zwangsarbeitern einkalkuliert war. Eine im Jahre 1945 nach der Befreiung durchgeführte Haussuchung in der Firma Rottschäfer ergab erhebliche Mengen an gehorteten Lebensmitteln und Bekleidungsstoffen, die den Zwangsarbeitern entzogen worden waren. Alle Bemühungen der Familie Rottschäfer, nach der Befreiung Entlastungszeugen zu gewinnen, waren angesichts erdrückender Fakten zu durchsichtig und deshalb nach damaliger Rechtslage vergeblich. Es half auch nichts, wenn manche Eichwalder den Seniorchef als "nett und freundlich" bezeichneten, ihn als Nazi nicht erlebt haben wollten oder sich der jüdische Eichwalder Einwohner Bieber über seine Arbeitgeber Rottschäfer positiv äußerte – die Kombination aus NSDAP-Mitgliedschaft und Zwangsarbeiterlager-Chef war für die Rottschäfers zu belastend.
Doch es gab auch in Eichwalde Beweise der Mitmenschlichkeit gegenüber den Zwangsarbeitern. Die angesichts bestehender Verbote unter gesuchten Vorwänden hergestellten privaten Begegnungen von Einwohnern Eichwaldes mit Zwangsarbeitern waren als Gesten der Solidarität in einzelnen Beispielen antifaschistisch motiviert. So setzten sich Einwohner dafür ein, daß eine schwer erkrankte Russin ärztlich versorgt wurde. Sie hatte ihr Kind in der Rottschäfer-Baracke auf dem Fußboden entbinden müssen, weil ihr ein Bett dafür verweigert worden war. Erst als die Frau eines Nazifunktionärs mit gewisser Autorität hinzugezogen wurde, ließ sich ein Arzt zur Hilfe bewegen. In Berlin beschäftigte Eichwalder gaben in Betrieben den Zwangsarbeitern Lebensmittel, Brot und Obst . Eichwalder warfen Brot über die Einzäunung des Lagers in der heutigen Heinrich-Heine-Allee1 und brachten am Bahnhof Eichwalde beim Gleisbau eingesetzten Kriegsgefangenen Essenportionen.
 
Die massenhafte Anwesenheit ausländischer Arbeitskräfte und Kriegsgefangener wurde stets als Sicherheitsrisiko für die "Heimatfront" betrachtet. Deshalb wurde es zur innenpolitischen Aufgabe der NSDAP in jeder Gemeinde erklärt, seit Dezember 1942 zusätzlich zur bereits gebildeten "Landwacht" eine "Stadtwacht" aufzustellen. Deren Aufgabe bestand in der Überwachung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen an der Seite der durch Einberufungen verringerten Polizeikräfte. Eine entsprechende Veröffentlichung in der Regionalpresse vom Februar 1943 läßt nicht erkennen, ob derartige Einsatzkräfte auch in Eichwalde aufgestellt wurden.
Der Zeitungsbericht rühmte die Erfolge bei der Festnahme von entflohenen Zwangsarbeitern in der Umgebung von KönigsWusterhausen. Deshalb wurde die Formierung einer ehrenamtlichen "Stadtwacht" angekündigt.
 
In der von Mitarbeitern der DDR-Firma "VEB Innenbaukunst Eichwalde" vor 1989 verfassten Chronik ist zu lesen:
" Es ist nicht bekannt, wieviel Personen in diesen Jahren von Rottschäfer der Gestapo übergeben wurden und wieviel überlebt haben. Wir hoffen und wünschen, daß recht viele überlebt haben. Mögen sie dem deutschen Volk und seiner Arbeiterklasse jemals verzeihen, was ihnen auch in diesem Betrieb angetan
wurde." Erst 55 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurde in Deutschland eine Stiftung zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter gebildet, von denen bis heute viele, wenn nicht sogar die meisten, inzwischen verstorben sind.
Heute erinnert in Eichwalde nichts mehr an diese Menschen und ihr Schicksal.
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1 KWZ v. 7. Februar 1941.<br />
2 Vgl. Beiträge, Bd. 11, S. 335.<br />
3 Vgl. Ingo Materna / Wolfgang Ribbe (Hrsg.) : Brandenburgische Geschichte, Berlin 1995, S. 654 f. (i. f. B B G )<br />
4 Deutschland, Bd.1, S. 339 f.<br />
5 Ebenda, S. 337 ff.<br />
6 Helmut Bräutigam : Fremdarbeiter in Brandenburg in der NS-Zeit. Dokumentation zum 'Ausländereinsatz' im früheren Regierungsbezirk Potsdam 1939 bis 1945. Regionale Arbeitsstelle für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule ( RAA ) Brandenburg e.V. (Hrsg.), S. 7 ff.
( i. f. B r ä u t i g a m ) Belegungsangaben über Eichwalder Quartiere liegen nach dieser Literatur
( vgl. S. 54 ff u. S.72 ff ) erst vom 21. Mai bzw. 21. Juli 1943 vor.<br />
7 Kurt Pätzold /Manfred Weißbecker : Hakenkreuz und Totenkopf. Die Partei des Verbrechens, Berlin 1981, S.340.<br />
8 Gemeindeverwaltung Eichwalde, Bauarchiv, Akte Heinrich-Heine-Str. 1, u.a. Dok. v. 14. Okt. 1941.<br />
9 Teltower Kreisblatt v. 8. Dezember 1942.<br />
10 Vgl. Dietrich Eichholtz : Rüstungswirtschaft und Arbeiterleben am Vorabend der
Katastrophe ( 1943 / 44). In: Brandenburg in der NS-Zeit, a.a.O.,S.84.<br />
11 Vgl. Bräutigam, S.72.<br />
12 KWZ v. 15. Februar 1943.<br />
13 Vgl. Heimatarchiv, Erinnerungen v. Frau Gerda Dolke. ( u.a. "Der Pole Nikolaus")<br />
14 Vgl. Susanne Statkowa: In Bonn glühten 'Erinnerungslämpchen' auf. In: Märkische Allgemeine Zeitung (Dahme-Kurier), 9. Juli 2002.<br />
15 Vgl. Anm. 6.<br />
16 Gemeindeverwaltung Eichwalde, Bauarchiv, Akte Gosener Str.12, Dok. v. 9. Juni 1941.<br />
17 Heimatarchiv , Chronik der St. Anthonius –Gemeinde , S.26 f.<br />
18 Vgl. Bräutigam, S. 72.<br />
19 Gemeindeverwaltung Zeuthen, Bauarchiv, Grundstück Am Graben, Dok. v. 25. November 1941.<br />
20 BLHA, Pr. Br. Rep. 203 AzS, BET, Nr. 1270, Bl. 140.<br />
21 Die folgenden Angaben sind der in Anm. 20 genannten Akte entnommen.<br />
Sehr zu beachten: (Hrsg.) Kulturlandschaft Dahme-Spreewald e.V.: So war es. Zwangsarbeiter in Deutschland. Zeuthen 2002.<br />
22 Vgl. Bräutigam , S. 79 ff.<br />
23 BLHA, ebenda, Bl. 222 - 229.<br />
24 Heimatarchiv, Bericht Paul Meyer, Gartenstr. 11. , o. Dat. ,S.7.<br />
25 Bericht Herr Hanak, Eichwalde, Waldstr., Dezember 2003.<br />
26 Deutschland, Bd.3, S. 203.<br />
27 KWZ v. 12. Februar 1943.<br />
28 Die Chronik des VEB Innenbaukunst Eichwalde befindet sich im Heimatarchiv.<br />
29 Vgl. Deutschland, Bd. 5, S. 623 ff.<br />
30 Ebenda, S. 227.<br />
31 EHG, Festschrift ,Bericht Gerda Dolke, S. 25.<br />
32 Kreisarchiv, B.E., Nr.178.<br />
33 Vgl. Olaf Groehler: Kampf um die Luftherrschaft. Beiträge zur Luftkriegsgeschichte des zweiten Weltkrieges. Berlin 1988 , S.213.<br />
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== Die letzten Kriegsjahre ==
 
Die Ereignisse zur Jahreswende 1943 / 44 vertieften nicht nur in Eichwalde das Gefühl des 'Anfangs vom Ende'. Die Kampfhandlungen an der Ostfront führten im Verlaufe des Jahres 1944 zur restlosen Vertreibung faschistischer Truppen vom Territorium der Sowjetunion. Im Oktober erreichten die sowjetischen Truppen in Ostpreußen die deutsche Grenze. Die Befreiung europäischer Völker von deutscher Besetzung und profaschistischen Regierungen schritt voran. Am 6. Juni 1944 begann in der Normandie die Invasion der westlichen Alliierten, die nach sorgfältiger Planung mit einer komplizierten Landeoperation in der Endphase des Krieges eine mehr als überfällige wirkliche zweite Front eröffneten. Am 25. Juli 1944 unterschrieb Hitler den Erlaß für einen "totalen" Kriegseinsatz als Reaktion auf die Eröffnung der zweiten Front durch die Alliierten und den Beginn einer neuen sowjetischen Großoffensive gegen die Heeresgruppe Mitte am 23. Juni. Tatsächlich hatte aber die totale Niederlage des Nazireiches begonnen.
Die Beisetzung von fünfzehn Toten der 31 Opfer des Bombenabwurfs am 24. Dezember 1943 fand Anfang Januar 1944 auf dem Eichwalder Friedhof statt. Weitere Tote wurden in andere Orte übergeführt. Eine Grabstätte auf dem Gemeindefriedhof erinnert an diese furchtbaren Ereignisse. Selbst die Trauerfeier wurde zur verbalen Stärkung des Durchhaltewillens und zu kraftstrotzenden Siegesprophezeiungen genutzt. Frau Dolke erzählte:" Zum Sammelbegräbnis war die gesamte Schule angetreten. In allen Gesichtern war Entsetzen und Angst zu erkennen. Danach verließen viele Familien ihren Heimatort. Die Schulklassen wurden wieder kleiner...übermüdet von den nächtlichen Fliegeralarmen, saßen wir oft mit Mänteln in den ungeheizten Schulräumen. Und es geschah oft, daß ein Schüler einschlief, ohne vom Lehrer geweckt zu werden."
 
Mit Datum vom 25. Januar 1944 erhielt der Bürgermeister Eichwaldes ein Schreiben des Landrates mit folgender Verfügung:" Betreff: Beseitigung des Wortes ‘Katastrophe’. Nach Mitteilung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda ist auf Wunsch des Herrn Reichsmarschalls das Wort ‘Katastrophe’ nicht mehr anzuwenden. Ich bitte, dafür zu sorgen, daß aus dem Sprachgebrauch das Wort ‘Katastrophe’ ausgemerzt wird und an Stelle des Wortes ‘Katastropheneinsatz’ einheitlich das Wort ‘S o f o r t h i l f e’ anzuwenden ist.“
Die nächsten Anlässe für ‘Soforthilfen’ folgten prompt. Seit November hatte die Zeit der Großangriffe der Royal Air Force und der US Air Force eingesetzt, die verstärkt Rüstungsbetrieben des Berliner Großraums galten. 1944 war die deutsche Luftabwehr der Taktik und Technik der alliierten Luftflotten nicht mehr gewachsen, konnte deshalb weder Betriebe noch die Bevölkerung wirksam schützen. Ständige Anspannung, Angst und Sorge um das nackte Überleben wurden nun auch für Eichwalde und alle Nachbarorte ein bestimmendes Lebensgefühl.
Frau Dolke berichtete:" Ein Zug war im Bahnhof angekommen! Fliegeralarm ! Die Menschen rannten mit Einkaufstaschen, Kinderwagen, Koffern usw. durch die Straßen. Luftschutzhelfer standen mit Stahlhelmen vor den Haustüren und boten den Vorbeieilenden einen Platz im Keller an, während schon große Bombergeschwader in Richtung Berlin über uns hinweg brausten. An den Telefonzellen klebten Schilder mit Aufschriften wie:'Pst! Feind hört mit!'...Auf den Straßen waren immer mehr
Frauen in schwarzer Kleidung zu sehen. Die Feldpostbriefe von meinem Vater wurden immer seltener. Ein letzter erreichte uns im Frühjahr 1944 aus Odessa, unser Vater kam aus dem Krieg nicht mehr zurück...“
 
Allein im Januar 1944 kam es zu sechs Großangriffen der britischen Luftwaffe auf Berlin und Umgebung. Am 27. Januar 1944 erfolgte ein konzentrierter
Angriff auf 61 Orte, insbesondere des Kreises Teltow. Eichwalde war von Rüstungsbetrieben umgeben: Betriebe in Erkner, Wildau, Schönefeld, Waltersdorf, Köpenick und Treptow waren Ziel von Angriffen der alliierten Bombenflugzeuge. Obwohl sich in der Schmöckwitzer Siedlung im Erlengrund eine mechanische Werkstatt befand, die u.a. Teile für Flugradar fertigte und in Eichwalde bei der Firma Klaas & Oehmen Auto-Lenkräder hergestellt wurden, werden diese kleinen Werkstätten kaum als Angriffsziel gegolten haben. Dennoch war Eichwalde wieder direkt betroffen: "Schäden in der Moltkestraße / Ecke Königstraße (Schulzendorfer / Fontaneallee) und bei Rottschäfer... Holzplatz mit Fabrikgebäude ", ist im Dienstbuch der FFW eingetragen.
Herr Peter Beier (Abiturjahrgang 1947) erinnerte sich:
" Januar 1944 (vermutlich der 27., d. A.) : Abends Fliegeralarm! Ich gehöre zur Feuerwehr-HJ, also rein in die Klamotten, ab zum Depot neben der Schule. (Heute Alte Feuerwache, d.A.) Im Luftschutzraum der Schule sitzen wir und merken, daß es schnell näher kommt: Schießen, orgeln, pfeifen, schießen - und immer wieder Einschläge, manche verflucht nahe. Die Angst sitzt uns im Nacken. Dann wird´s ruhiger. Auf einmal der Ruf: Die Schule brennt! Wir schwärmen aus. Im Turm des Altgebäudes Feuer, aber da sind Kameraden schon im Einsatz. Also weiter durch die Klassenräume. Neben der Aula mein Klassenzimmer. Ich reiße die Tür auf. Vor dem Klassenschrank liegt eine Stabbrandbombe, und die Flammen züngeln bereits zu den Schranktüren hinauf. Ich überlege blitzschnell: Da drinnen liegt das Klassenbuch, liegen die Hefte, liegt anderes für Schüler Unangenehmes, soll ich es verbrennen lassen? Sekundenlanges Schwanken, dann ist der Fall entschieden: Sand her, löschen, aus. Gerettet vor dem Feuer, gerettet aber auch unsere Fünfen und Sechsen. Von der Schule zur Turnhalle. Da brennen die geretteten Möbel der am Heiligen Abend 1943 Ausgebombten. Kurzer Einsatz, denn andere wirken schon. Weiter abkommandiert zum Sägewerk Rottschäfer. Hier brennt das Holz lichterloh, aber auch viel Qualm. Durch den Qualm eine C-Rohr-Leitung legen. Und ausgerechnet heute habe ich meine Volksgasmaske nicht mit. Aber es klappt, und dann : Wasser, Marsch! Stundenlanger Kampf mit dem Feuer. Gegen 6 Uhr morgens Ablösung. Todmüde heim. Dort Schäden am Haus, aber erst einmal eine halbe Stunde schlafen. Auf und dann ab zur Schule. Die Pflicht ruft. Als ich hinkomme, hängt draußen ein Schild: Der Schulunterricht fällt heute wegen Fliegerschäden (oder so ähnlich) aus.“ Besonders in der Lenkrad-Firma sollen die Sachschäden, wie der Firmeninhaber schrieb, eine Schadenssumme von 250 000 RM betragen haben. Diese Angaben wurden aber von der Gemeindeverwaltung angezweifelt. Es war bereits schon vorher zu Betrugsversuchen anderer Geschädigter gekommen, die höhere Entschädigungen durch falsche Angaben erreichen wollten. Nach finanztechnischen Prüfungen ergaben sich auch bei dieser Firma Differenzen. Der Inhaber beteuerte, auch sein "Letztes zum Siege beizutragen" und drohte mit seinen Beziehungen zu höheren Stellen.
Angriffe am Tage waren jetzt ebenso zu erwarten wie in der Nacht. Aus Richtung Königs Wusterhausen kommende US-Bomber zerstörten am 8. März 1944 in den frühen Nachmittagsstunden Erkner. Obwohl insbesondere die Kugellagerwerke angegriffen und schwer zerstört wurden, waren 90% des Wohnungsbestandes in Mitleidenschaft gezogen. Die Rauchwolken zogen noch am nächsten Tage über Eichwalde. Auch auf Eichwalde und die Nachbarorte waren wieder Bomben gefallen. "Einsatz in der Dreyerallee 141a " und "Einsatz in Wildau, Fabrikbrand b. Schwartzkopff durch Fliegerbomben", registriert der Diensthabende der Eichwalder FFW. 1944 wurde 91 mal Fliegeralarm für Eichwalde ausgelöst. Zum Glück hielten sich die Schäden relativ in Grenzen. " Es hat sich nichts ereignet!", lautete dann der Eintrag im FFW-Dienstbuch.
An die örtliche NSDAP und Verwaltung wurden durch die sich verschlechternde Lage höchste Anforderungen gestellt. Die Versorgung mit Bekleidung und verschiedenen Konsumgütern war erschwert, während die rationierte Lebensmittelversorgung noch gesichert war. Die Dringlichkeit von Fernreisen mußten sich Eichwalder seit Sommer 1944 in der Gemeindeverwaltung bescheinigen lassen. Herr Hanak erzählte, daß Mitte des Jahres Deutsche aus Bessarabien mit einem Güterzug in Eichwalde eintrafen, von der HJ zur Schule geleitet wurden und hier mit warmen Mahlzeiten und Unterkunft versorgt wurden. Die soziale Betreuung der Eichwalder, von Ausgebombten und Evakuierten mußte möglichst reibungslos organisiert werden. Zur Entspannung wurden demagogische gegenwartsbezogene Unterhaltungsfilme gezeigt, in denen auch Sonja Ziemann (" Eine kleine Sommermelodie“) mitwirkte. Alles sollte so normal wie möglich gestaltet werden : Zum Weihnachtsfest 1943 war ein Spielzeugmarkt der Eichwalder HJ organisiert worden, im Februar 1944 war eine 'Gaukulturwoche' (Gau = Politischer Bezirk der NSDAP, z.B. Gau Kurmark) anberaumt, die Eichwalder Oberschule forderte im gleichen Monat zur Anmeldung von Schülern und Schülerinnen für das im Sommer 1944 beginnende neue Schuljahr auf, die Vereine führten ihre Versammlungen weiterhin planmäßig durch, auf zentralen Veranstaltungen im Schulgebäude wurden die politischen Leiter aller NS-Gliederungen in ihre Aufgaben eingewiesen. Dabei versäumte man nicht, vor Erscheinungen sogenannter Feindbegünstigung zu warnen. Darunter wurden auch "zersetzende Reden, angebliche Lügen, Hetzreden und geäußerte Zweifel am Endsieg" verstanden - Vergehen, die mit dem Tode bestraft wurden.
 
Im April 1944 referierte der NSDAP-Kreisleiter u.a. vor den Bürgermeistern der Städte und Landgemeinden des Kreises Teltow, um sie auf die bevorstehenden Aufgaben bis zum "Endsieg" einzustellen. Er kam nicht umhin festzustellen, daß die "Haltung des einzelnen Volksgenossen auf einigen Gebieten eine gewisse Auflockerung erfahren" habe. Deshalb forderte er 'soldatisches Einsatzvermögen und Kompromißlosigkeit' von den Bürgermeistern und Ortsgruppenleitern. Halboffiziell wurden 'Wunderwaffen' und 'Vergeltung' angekündigt, um den Durchhaltewillen zu mobilisieren. Gleichzeitig war der faschistische Terror seit Beginn des Jahres 1944 intensiviert worden. Die Zeuthener Bürgerin Gertha Stimming, die sich über die Unrechtmäßigkeit und Sinnlosigkeit des Krieges geäußert hatte, wurde am 11. August 1944 hingerichtet. Sie war "von Leuten aus dem Ort bei der Gestapo denunziert worden", wie eine Zeuthener Heimatforscherin schreibt. Im Juli dieses Jahres gelang es der Gestapo, die stark ausgeweitete Berliner kommunistische Widerstandsorganisation unter der Führung von Anton Saefkow - Franz Jacob - Bernhard Bästlein zu zerschlagen, die über viele Kontakte zu Antifaschisten in der Region Berlin-Brandenburg und anderen Gebieten Deutschlands verfügte. Unter anderem orientierte sich diese Organisation an Rundfunksendungen aus der Sowjetunion, speziell vom Sender des im Juli 1943 gegründeten Nationalkomitees "Freies Deutschland" (NKFD) und des Moskauer Rundfunks.
 
Im Frühjahr 1944 reichten die Verbindungen der Saefkow-Organisation auch zu KPD- und Widerstandsgruppen im Südosten Berlins bis nach Grünau – Eichwalde – Königswusterhausen. Eine kleine Zelle Eichwalder / Schmöckwitzer KPD-Mitglieder um Walter und Kurt Zietz hielt in Berliner Betrieben vorsichtige Kontakte zu Gleichgesinnten und zu Zwangsarbeitern. Ein Eichwalder berichtete, daß seine Mutter, die 1944 in Bad Freienwalde lebte, durch eine ihr unbekannte Person davon unterrichtet worden war, daß ihr bisher als vermißt geltender Mann als Kriegsgefangener persönlich im Moskauer Rundfunk Grüße an Frau und Sohn in Deutschland gesprochen hatte. Darüber durfte keinesfalls geredet werden, weshalb die Mutter ihrem Sohn erst nach dem Krieg davon erzählte. Sie sagte ihm zuvor immer nur, daß sie fest an die Rückkehr des Vaters glaube. Das Abhören und Weitergeben von Nachrichten dieser Sender gehörte zu den Aktivitäten des Widerstandes und entlarvte die von der NS-Propaganda verbreiteten Lügen über generelle Erschießungen deutscher Kriegsgefangener in der Sowjetunion. Die unter extremer Gefährdung mutige illegale Arbeit dieser Widerstandskämpfer ist als Ausdruck patriotischer Gesinnung hoch zu schätzen. Obwohl auch in Eichwalde Bedenken gegen die weitere Kriegführung vorhanden waren, blieb es allenfalls bei passiver Opposition. Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß selbst der als bewährter Nazi bekannte Bürgermeister und Ortsgruppenleiter Rix in dieser Zeit bemüht war, die angespannte Stimmung im Ort nicht noch durch vorbehaltlose Unterstützung vorhandenen Denunziantentums aufzuheizen.
 
Auf der Suche nach einem Ausweg aus der sich abzeichnenden Niederlage des Naziregimes hatten Vertreter der bürgerlichen Opposition eine Verschwörung zur Beseitigung der NS-Herrschaft durch einen militärischen Staatsstreich gebildet, deren Aktivitäten am 20. Juli 1944 in einem gescheiterten Attentat durch Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg auf Hitler gipfelten. Befangen vom Mythos um den "Führer", ohnehin isoliert von den Kreisen der Verschwörer und in keiner Weise auf aktiven Widerstand vorbereitet, reagierte die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung bestürzt und ablehnend auf die Ereignisse. Goebbels ließ eine Propagandawelle auslösen, durch die mehrere Tage dauernde 'spontane' Willensbekundungen der Bevölkerung und 'Treuekundgebungen für den Führer' abgerufen wurden und bei denen auch Gemeinden des Landkreises Teltow mit Schreiben "An den Führer des Großdeutschen Reiches, Führerhauptquartier" zur Stelle waren. Neben der Verfolgung und Hinrichtung von mit der Verschwörung verbundenen Personen wurden, einer Weisung Hitlers vom 14. August 1944 folgend, umgehend prominente Nazigegner liquidiert, die keinesfalls das Ende des Regimes erleben sollten. In Konzentrationslagern, Zuchthäusern und Gefängnissen wurden massenhaft Hinrichtungen durchgeführt. So wurde am 18. August 1944 auch der KPD-Führer Ernst Thälmann im KZ Buchenwald ermordet, einige Tage später der bekannte Sozialdemokrat Rudolf Breitscheid. Am 22. August 1944 verhaftete die Gestapo unter der Bezeichnung "Aktion Gitter" (auch: Gewitter) Tausende weitere Personen, die meist mit der Verschwörung in keiner Verbindung standen. Die Parteikanzlei der NSDAP hatte alle Funktionäre und Mitglieder verpflichtet, der Gestapo jene Personen zu melden, die in Vergangenheit und Gegenwart jemals Zweifel an ihrer NS-Gesinnung oder eine ablehnende Haltung hatten erkennen lassen. Bei diesen Maßnahmen am 22. August führte die Eichwalder Polizei eine Haussuchung in der Wohnung des Verlegers Dr. Erich Schmidt in der Kronprinzenstraße 36 (Fontaneallee) durch. Dr. Schmidt bezeichnete sich selbst in einem Schreiben vom 13. Juni 1945 als "Gegner der NS-Partei".
 
In der Zeit vom 6.März bis zum 5.Dezember 1944 flogen US-Bomber schwere Tagesangriffe auf Berlin, was Tag und Nacht Alarm und Schrecken für Eichwalde bedeutete. Wenn der Sprecher im Radio mitteilte, die feindlichen Bomber hätten den Raum Hannover- Braunschweig erreicht, hieß das für Eichwalde meist in Kürze Luftalarm. Die Eichwalder Freiwillige Feuerwehr wurde mehrfach zu Einsätzen der Brandbekämpfung in Betriebe der Umgebung gerufen. Am 12. Oktober 1944 registrierte das Dienstbuch der Feuerwehr "Bombenabwurf an der Dreyerallee in Nähe des Sportplatzes", bei dem auch Personenschäden verzeichnet wurden.
Immer neue Belastungen, insbesondere die Fliegeralarme, "die an den Nerven zerrten", wie ein Eichwalder erzählte, wirkten sich trotz Endsiegpropaganda zunehmend depressiv auf die Stimmungslage der Bevölkerung aus. Todesnachrichten oder Vermißtenmeldungen von den Fronten trugen dazu erheblich bei. Dennoch fuhren die Arbeitenden zuverlässig morgens in die umliegenden Industriebetriebe. Arbeitsbummelei wurde streng geahndet. Dort, besonders in der Flugzeugproduktion, war meist die Arbeitszeit auf mehr als 60 Wochenstunden ausgedehnt worden. Es gab Lohnzuschläge bei Arbeitszeiten über 48 Stunden. Eine größtmögliche Zahl von Menschen sollte für die Front und die Rüstungsproduktion eingesetzt werden. Wo es machbar erschien, wurden Frauen an die Arbeitsplätze von Männern gestellt.
 
Frau Glaß aus Eichwalde berichtete, daß sie zunächst bei der BVG als Schaffnerin angestellt wurde, anschließend zur Arbeit in den Heinkel-Werken eingesetzt war und 1945 noch zur Wehrmacht verpflichtet werden sollte. Durch Intervention eines Nachbarn, der in leitender Stellung bei Heinkel beschäftigt war, entging sie dieser Einberufung. Die Arbeitszeit im Heinkel-Werk betrug für sie 12 Stunden. Jeden Morgen fuhr sie mit der Bahn bis Grünau und von dort mit einem Betriebsbus nach Waltersdorf. Im Frühjahr 1945 fuhr sie lieber mit dem Fahrrad, um pünktlich im Werk sein zu können, das wäre inzwischen zuverlässiger als die Zugverbindung gewesen. Dort arbeitete sie mit französischen und belgischen Arbeitskräften zusammen. Auch sowjetische Zwangsarbeiterinnen waren im Werk beschäftigt, die aber "hier nicht gut behandelt wurden", wie Frau Glaß erzählte.
 
Die Luftangriffe hatten, wie selbst in Eichwalde am Beispiel der Firma Rottschäfer festgestellt wurde, die Produktion zwar schwer gestört, aber nicht zum Erliegen gebracht. Aus dem "Musterungsplan des Meldeamtes 62 Potsdam" ist ersichtlich, daß weitere Eichwalder Jugendliche am 17. Juli 1944 ab 8 Uhr in KönigsWusterhausen-Neue Mühle zur Musterung für den Reichsarbeitsdienst zu erscheinen hatten. Seit Oktober 1944 wurden immer mehr Arbeitskräfte aus Eichwalde mindestens für jeweils sechs Wochen zu Schanzarbeiten beim Bau von Verteidigungsstellungen eingezogen. Herr Dr. Linke berichtete:" Auch zu Schanzeinsätzen wurden Schüler wegen der näher rückenden Front in die östlichen Gebiete Deutschlands geschickt. Der Unterricht wurde immer häufiger durch Fliegeralarme unterbrochen...Durch Einberufungen wurde die Klassenstärke immer geringer. Auch die Motivation zum Lernen und die Disziplin ließen nach. Im Sommer 1944 hörte dann für uns Jungen des Jahrgangs 1927 mit der Versetzung in die 8. Klasse, heute die 12. Klasse, der Schulunterricht auf. Mit der Einberufung zur Wehrmacht erhielten wir das Notabitur. Für mich folgten dann Reichsarbeitsdienst, Wehrmacht, Fronteinsatz, Kriegsgefangenschaft...“
Am 25. September 1944 hatte Hitler die Anweisung zur Aufstellung des "Volkssturms" erlassen, einer milizartigen bewaffneten Formation, die für den begrenzten territorialen Einsatz vorgesehen war. Der Volkssturm umfaßte vier sogenannte Aufgebote, die nach Alter von 16 bis 60 Jahren rigoros zusammengestellt wurden sowie militärisch in Volkssturmkompanien und -bataillone gegliedert waren. Es war wirklich ein 'letztes Aufgebot'. Die Ausbildung sollte von SA-Mitgliedern durchgeführt werden, der militärische Einsatz war der SS übertragen. Ein Einsatzstab befand sich im sogenannten Schulzendorfer Schloß. Der Eichwalder Volkssturm hatte Räume in der Schule als kasernierte Unterkunft belegt. Im November 1944 wurden in allen Orten die Volkssturmmänner vereidigt. Ende des Jahres 1944, beteiligte sich der Volkssturm am Panzersperrenbau im Ort und am Ausheben von Verteidigungsstellungen.
Anfang 1945 hatten die Armeen der Alliierten die deutschen Grenzen im Osten und im Westen erreicht und stellenweise schon überschritten. Als erste Großstadt war Aachen am 21. Oktober 1944 von Amerikanern besetzt worden. Am 27. Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit. Hitlerdeutschland stand unausweichlich vor seiner endgültigen Niederlage. Am Morgen des 31. Januar überquerten sowjetische Truppen die Oder in Kienitz bei Frankfurt und in Küstrin. Deutsche Flugzeuge griffen ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung erfolglos die sowjetischen Brückenköpfe am linken Oderufer an. Im Januar 1945 kamen die Flüchtlingsströme in Richtung Westen über die Grenzen der Provinz Brandenburg, zuerst in die Neumark, die Grenzmark und die Niederlausitz.
 
Die vordringenden Fronten der Alliierten lösten auf deutscher Seite verspätete Evakuierungsmaßnahmen aus. In den eisigen Wintermonaten 1944 / 45 setzte verstärkt eine Massenflucht der deutschen Zivilbevölkerung aus Ost- und Westpreußen, Pommern und Schlesien ein. Flüchtlingstrecks verstopften die Straßen, behinderten die deutschen Truppen, wurden von vordringenden Einheiten und Tieffliegern der Roten Armee verfolgt und überholt. Den Evakuierten eilten Berichte über Gewalttätigkeiten, Racheakte und Tötungsverbrechen an der Zivilbevölkerung durch die Rote Armee voraus, die von in der Provinz eintreffenden Flüchtlingen leider oft bestätigt wurden. Aber es waren nicht diese Nachrichten allein, die Furcht hervorriefen, sondern die Ahnungen und Ängste der Bevölkerung vor Rache und Vergeltung im Wissen über viele von Deutschen verübte Verbrechen in den okkupierten Ländern, besonders in der Sowjetunion, an Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern in Deutschland selbst und nicht zuletzt gegenüber manchen Mitbürgern.
 
Zu diesem Thema erinnerte Hoimar v. Ditfurth an eine offenkundige Tatsache: "Die zwischen Deutschen und Russen vorgefallenen Greueltaten haben ja nicht, wie mancher im Rückblick zu unterstellen scheint, erst 1945 begonnen. Den abgrundtiefen Haß, der sich bei Kriegsende im deutschen Osten auf fürchterliche Weise Luft machte, hatten wir in den vorangegangenen Jahren selbst auf das äußerste geschürt: Wir hatten geglaubt, als 'überlegene Rasse' die Völker jenseits unserer östlichen Grenzen als 'Untermenschen', als Sklavenreservoir und wie Ungeziefer behandeln zu dürfen. So entsetzlich die Menschen im Einmarschgebiet der Roten Armee auch gelitten haben, wir alle, die wir damals besiegt worden sind, können von Glück sagen, daß keine der einmarschierenden Armeen, die russische eingeschlossen, die ungehemmte Vernichtungsbereitschaft an den Tag gelegt hat, die wir selbst während der langen Jahre auslebten, in denen wir im Osten als Besatzer ohne die geringsten Skrupel die Rolle von Herren über Leben und Tod spielten."
Am 23. Januar 1945 kam ein Transport mit Deutschen aus den Territorien der Sowjetunion, manche Zeitzeugen erzählen von "Wolgadeutschen", in Eichwalde an. "Wir mußten mit unseren Schlitten zum Güterbahnhof kommen und Gepäck transportieren helfen. Das mußten wir noch öfter in diesen Wochen. Die Wolgadeutschen kamen in Güterwagen, und sie kamen in eine Baracke, die auf dem Schulhof der Oberschule (jetzt EDEKA- Grundstück) stand. Es waren auch Erfrorene auszuladen. Andere Flüchtlinge, die an anderen Tagen mit der Bahn kamen, wurden auf die Einwohner verteilt“, berichtete Herr Dr. Klaus Weidner.
Mit der Weisung "Umquartierung Ost" des Reichsministers des Innern vom
12. Februar 1945 begann nun auch offiziell die Evakuierung für die Mark Brandenburg. Ein Schreiben vom 12. März 1945 des Regierungspräsidenten in Potsdam an die Landräte des Bezirkes bestimmte die Vorgehensweise bei der "Betreuung von Umsiedlern und Deutschstämmigen aus den Ostgebieten."
 
Es war vorgesehen, daß die Provinz Brandenburg Flüchtlinge aus Ostpreußen, dem Wartheland und aus dem Saarland aufnehmen sollte, zusätzlich zu den etwa 91 000 ausgebombten Berlinern, die sich schon hierher geflüchtet hatten. Viele der Evakuierten leitete man in das Gebiet Halle / Merseburg weiter, aber von den erwarteten Flüchtlingstrecks mit bis zu 14 000 Menschen aus den Wartheland-Kreisen Lissa und Kosten sollten im Kreis Teltow 2400 Personen aufgenommen werden. Am 15. Februar 1945, zwei Tage nach der Bombardierung Dresdens, griffen anglo-amerikanische Bomber auch Cottbus an, ohne Rücksicht darauf, daß die Stadt voller Flüchtlinge war, von denen nach Schätzungen über 2000 den Tod fanden. Anfangs erreichten noch Eisenbahnzüge den Raum Berlin, später stauten sich tausende Züge an zerstörten Brücken oder Weichen. Die in Eichwalde ankommenden erschöpften Menschen mußten untergebracht und versorgt werden. Immer mehr verblieben im Ort, denn es gab bald kein Weiterkommen mehr. Viele blieben zwangsläufig für immer und fanden später in Eichwalde eine neue Heimat. In einer Eichwalder Statistik von 1948 wird vermerkt, daß in der Zahl von 6 524 Einwohnern bereits 1162 Umsiedler und Neubürger erfaßt seien.
Frau Dolke berichtete von dramatischen Ereignissen am Bahnhof Eichwalde:
" Das 'Jungvolk' wurde von der Schule ausgeschickt, um erwartete Flüchtlinge aus dem Osten abzuholen. Wir Schüler wurden als Wegbegleiter eingesetzt. Geduldig warteten wir auf dem Güterbahnhof, bis alles entladen war. Ein Bahner öffnete zwei Waggontüren, aber keiner stieg aus. Große Spannung! Schließlich stiegen Erwachsene in die Waggons und holten einige vermummte Gestalten heraus. Wir Kinder wurden dann nach Hause geschickt, man wollte uns den grausamen Anblick ersparen. Aber pflichtbewußt warteten wir und sahen, wie halberfrorene und erfrorene Menschen herausgetragen wurden... Im Kinosaal reichten wir warmen Tee und belegte Brote. Dann brachten wir die Leute in ihre Unterkünfte, in die Schule und in Privatquartiere. Heute fühle ich mich nicht mehr in der Lage, alle Einzelheiten des Elends zu schildern. Zuviel hatten wir selbst vorher erlebt und gehört, als daß uns die Bilder erschüttern konnten. Auch wir Kinder waren zu dieser Zeit schon ziemlich abgestumpft...“ Wehrmachtsdienste berichteten aus Berlin, daß im allgemeinen ein gewisser Fatalismus, eine gewisse Gleichgültigkeit und Dumpfheit bei den meisten Menschen festzustellen war. Die Überzeugung vom 'Endsieg' war verschwunden. In Eichwalde war die Lage nicht anders, sie unterschied sich allenfalls durch das Gefühl, hier sicherer zu leben, als in der 'Reichshauptstadt', die mit Luftangriffen immer mehr in eine Trümmerwüste verwandelt wurde.
 
Die riesigen territorialen Verluste der ehemals okkupierten Gebiete im Osten und anderen Teilen Europas durch anhaltende Niederlagen der deutschen Truppen schränkten die Ausplünderung fremder Gebiete wesentlich ein. Die anteilige Eigenversorgung der Eichwalder durch Kleinvieh und Gartenvorräte erwies sich ebenso nützlich, wie die günstige Sammelholzbeschaffung aus den umliegenden Wäldern im kalten Winter 1944/45. Zunehmend traten bei Lebensmitteln Qualitätsverluste durch beigemischte Ersatzstoffe auf. Im März gab es in Berlin an Vorräten nur noch für 14 Tage Fleisch, für 4 Wochen Mehl und für etwa 6 Wochen Kartoffeln und es existierte bereits ein 'schwarzer Markt' für Lebensmittel, selbst für Brot. Aus dem an Eichwalde grenzenden Berliner Stadtbezirk Köpenick wurde am
16. April 1945 vom Leiter der Berliner Lebensmittelkartenstelle gemeldet: Die im März "erfolgte Brotkürzung hat in allen Bevölkerungskreisen einen heftigen Unwillen hervorgerufen". Als durchschnittliche Kalorienzahl galten für die letzte Zuteilungsperiode des Jahres 1945 im April 1412 Kcal. Die Verhältnisse werden in Eichwalde nicht anders gewesen sein.
Am 23. Januar 1945 war vom 'Generalbevollmächtigten für die Reichsverwaltung' u.a. für die Mark Brandenburg angeordnet worden, daß die Verwaltungsbehörden, insbesondere Landräte und Bürgermeister, "ihre Tätigkeit ' bis zuletzt' fortführen und sich dann 'der kämpfenden Truppe ' anschließen müßten." Himmler drohte wenige Tage später für das Verlassen der Dienststellen ohne Befehl die Todesstrafe an.
 
Der Ortsgruppenleiter Bürgermeister Rix, der bereits Ende 1944 erkrankte, erlitt am 15. Januar 1945 einen Schlaganfall und war seit dem arbeitsunfähig. Die Leitung der Verwaltung übernahm der frühere Kassenrendant, jetzt Standesbeamter, Wilhelm Streichan aus Eichwalde. Die Verwaltung arbeitete trotz eingeschränkten Personals im Rahmen der sich zuspitzenden Lage zuverlässig weiter. Die NSDAP-Ortsgruppe wurde von Gustav Wagner, andere meinen, von einem gewissen Kiepert, geleitet.
Auch die Schulleitung funktionierte noch immer. Einerseits erhielt sie mehrere Anträge von Berliner Eltern zur Genehmigung des Schulbesuchs ihrer Kinder in Eichwalde, die sich wegen der Randlage des Ortes hier mehr Sicherheit für ihre Kinder versprachen. Andererseits meldeten Eichwalder ihre Kinder in der hiesigen Schule ab, weil sie in von Luftangriffen nicht betroffene Gebiete Deutschlands auswichen. Im Februar und März 1945 war Berlin noch vier besonders schweren Angriffen ausgesetzt. Erneut waren Vororte der Stadt betroffen.
Die Freiwillige Feuerwehr Eichwaldes erfüllte seit Jahren zuverlässig unter allen Belastungen des Krieges ihre Aufgaben. Häufig mußte sie geradezu Übermenschliches leisten, wenn ein Alarm dem anderen folgte, Tote und Verschüttete zu bergen waren. Seit dem 1. Februar 1945 kündigten die Sirenen in Eichwalde fast täglich, mitunter mehrmals, Fliegeralarm an. Oft musste die Eichwalder Feuerwehr zu Einsätzen nach Berlin oder zu Orten im Kreis Teltow ausrücken. Am 14. Februar hatte es zweimal Fliegeralarm gegeben, mittags und spät abends. In einem Schreiben an die 'Oberschule für Jungen' in Eichwalde ist zu lesen: "Infolge Bombenschadens am 14. 2. 45 müssen wir unsere Wohnung nach Barbie Nr.105 Krs. Osterrode verlegen. Ich melde hiermit meine Tochter R.D. von der Schule ab." Irgendwann im März wurde der Schulunterricht eingestellt. In den Schulräumen wurden Verwundete von der Front untergebracht, später ebenfalls Flüchtlinge. Anfang Februar war von der Gemeindeverwaltung die Einberufung des Jahrgangs 1928, am 5. März die des Jahrgangs 1929 zu unterstützen. Hitler ließ nun die Sechszehnjährigen in den Kampf rufen. Herr Peter Beier berichtete:
" Ende März 1945 Musterung des Jahrgangs 1929 in Königs Wusterhausen. Was ich im Stillen gehofft, ist eingetreten: Zurückgestellt (ein viertel oder ein halbes Jahr, ich weiß es nicht mehr). Meldung bei dem die Musterung leitenden Kapitänleutnant: Ich habe einen Einberufungsbefehl, bin aber zurückgestellt. Muß ich dem Folge leisten, oder gilt die Zurückstellung? Antwort: Einberufungsbefehl geht vor. Also dann... So bin ich denn los, zur Ersatzbrigade Feldherrnhalle nach Schleiz in Thüringen. Vom Anhalter Bahnhof aus 3 Tage Fahrt unter Tieffliegerangriffen und bei zerschossenen Loks. Ein paar Tage Rückzug, dann verlasse ich die Truppe (mit Erlaubnis, aus gesundheitlichen Gründen, d. A.) und schlage mich auf abenteuerlichen Wegen zurück nach Eichwalde durch. Wenig später marschiert die Rote Armee ein."
 
Die Möglichkeiten der Evakuierung von Einwohnern aus den umkämpften Gebieten wurden mit dem weiteren Vormarsch der Alliierten immer geringer. Obwohl die eigenständige Abreise von Frauen und Kindern aus dem Berliner Raum nicht unterbunden worden war, wurden die Einwohner des Kreises Teltow im Februar 1945 zum 'Durchhalten' aufgefordert. " Für uns im Kreis Teltow gilt die Parole, solange stehen bleiben und niemand fortlassen, bis ein entgegengesetzter Befehl von oben kommt ", lautete eine Anweisung, die sich im Stadtarchiv KönigsWusterhausen
fand. Frau Gerda Dolke berichtete:" Ende März, als kein Zug mehr fuhr und wir das Artilleriefeuer der Front schon hören konnten, hatten wir noch eine Möglichkeit, mit einer bekannten Familie Eichwalde zu verlassen. Wir hatten Verwandte bei Magdeburg, die anderen ein Lastauto, aber nirgends einen Fluchtort. Drei Frauen und acht Mädchen fuhren drei Tage lang mit großen Hindernissen durch Trümmer und Wälder nach Klein-Rosenburg, wo vom Krieg kaum etwas zu spüren war...".
Die Alliierten griffen jetzt verstärkt die deutschen Verkehrssysteme an. Dadurch wurde der Eisenbahnverkehr nach Berlin häufig gestört. Zeitweilig kam es in Eichwalde zu mehrtägigen totalen Ausfällen bei der Wasser- und Stromversorgung. Nach wenigen Tagen war meist alles wieder beim alten, besonders die Bürokratie funktionierte noch immer, wie folgendes Beispiel zeigt : Am 7. April 1945 fragte Schuldirektor Dr. Hohmann bei der übergeordneten Behörde an, wie er sich in Anbetracht nicht zugegangener Beurteilungen verhalten solle, "denn die Bezirksstelle des RAD Berlin ist z.B. durch Bomben vernichtet und ob und wo die Dienststelle Frankfurt /Oder arbeitet, ist bisher nicht bekannt." Noch am 16. April trifft eine Bescheinigung über eine Schülerin ein, in der es heißt:" Sie war seit dem 11.11.1944 bis zum 28.1.1945 im Lager 10/274, Schlepzig, vom 28.1.45 bis zum 3.3.1945 beim KHD. Flakschw. Ers.u. Ausb.Batl. Raddusch... Eine Beurteilung über Führung und Haltung der Arbeitsmaid kann nicht erbracht werden, da die Lager nicht mehr bestehen..." .
Wie scheinbar normal Kriegsalltag sein konnte, zeigt auch das folgende Beispiel:
Am 9. April wurden in der Zeuthener Straße 37 nach Bombenabwürfen zwei Personen verschüttet, die aber von der Feuerwehr gerettet werden konnten.
Herr Heinz Klee berichtete, daß am 9. April 1945 sein Polterabend war. Er und seine Frau Inge heirateten am 10. April im Eichwalder Rathaus. Am Vormittag fand die Trauung statt, die vom amtierenden Bürgermeister und Standesbeamten Streichan vollzogen wurde. An diesem Tag war der Fliegeralarm erst nach 14 Uhr. Am 14./15. April wurde besonders das historische Zentrum Potsdams durch Bombenabwürfe schwer zerstört und Berlin vom 15. zum 16.April erneut einem britischen Luftangriff ausgesetzt, der Eichwalde glücklicherweise nicht direkt betraf. Herr Klee, der bei einer Nachrichteneinheit der Luftwaffe diente, fuhr am 17. April mit dem Fahrrad zum Rangsdorfer Flugplatz und erreichte dort fast den letzten LKW, weil sich seine Truppe vor der Roten Armee Richtung Norddeutschland absetzte. Dort geriet er in englische Gefangenschaft.
Befehlsgemäß versahen Polizei und Gestapo bis zuletzt ihre Tätigkeit. Auch in Eichwalde fehlte es nicht an fanatischen Nazis und Denunzianten.
 
Die frühere Eichwalderin, Frau Weis, deren Vater Jude war, berichtete: " Um immer pünktlich bei der Arbeit zu sein, wohnte ich nicht in Eichwalde, sondern bei einer Freundin in Berlin. Unpünktlichkeit wäre bestraft worden. Eines Tages wurde ich vom Arbeitsamt vorgeladen und sollte mich entscheiden, in Berlin Straße zu fegen oder beim "Behelfsheimbau" zu arbeiten. Straßenfegen wollte ich nicht, so wählte ich die angebliche Bautätigkeit. In Wirklichkeit arbeiteten wir zusammen mit ausländischen Arbeitskräften beim Ruinenabriss in der Potsdamer / Ecke Bülowstraße unter Aufsicht von Posten mit Hunden. Eines Vormittags, es war ein Sonnabend im März 1945, stand mein kleiner Bruder Peter vor der Tür der Berliner Wohnung und forderte mich auf, schnell nach Hause zu kommen. Unsere Eltern seien mit der Begründung, sie hätten ein Auslandsradio abgehört, verhaftet worden. Vermutlich durch Anzeige von Nazi-Nachbarn aus der Sedanstraße. Man hatte unsere Eltern in das Gestapo-Gefängnis nach Potsdam gebracht. Zu Hause fand ich einen Zettel mit einigen schnell geschriebenen Worten von Mutti und Vati. 'Meine geliebten Kinder, die letzten innigen Grüße u. Küsse, Eure Mutti. Seid lieb u. gut zu dem Kleinen', lauteten die Zeilen meiner Mutter. Vati bat meinen Bruder Günther, einen Auftrag bei seiner Arbeitsstelle in Zernsdorf zu erledigen. Er schloss mit den Worten: 'Alles Gute. Vater.' Es sollten seine letzten Worte an seine Familie gewesen sein. Beim Verhör durch die Gestapo widersprachen meine Eltern dem Tatvorwurf. Auch mein Bruder Günther und ich wurden zur Gestapo nach Potsdam vorgeladen. Wir bestritten die Anschuldigungen ebenfalls, worauf mein Bruder unter Schlägen in ein Nebenzimmer zum weiteren Verhör gestoßen wurde. Mutter und Günther blieben bis zum Kriegsende im Gestapogefängnis in Haft. Sie kamen erst nach einiger Zeit (Ende Juli ?) wieder zu Fuß nach Eichwalde zurück. Ich hatte bis dahin mit meinem Bruder Peter allein in Eichwalde bis zur Befreiung durch die Russen gelebt. Frau Sternheimer aus der Gosener Straße 36 brachte uns einmal einige Lebensmittel, aber sonst hatten wir keine Unterstützung weiter. Meinen Vater brachten sie von Potsdam wieder ins KZ Sachsenhausen. Er musste dann im April, als das KZ evakuiert wurde, auch auf den Todesmarsch. Durch einen Mithäftling erfuhren wir erst nach dem Krieg, er hätte meinen Vater zuletzt in Schwerin, schwer erkrankt im Koma liegend, gesehen... In Schwerin erhielt meine Mutter den Totenschein ausgehändigt."
Ermutigt durch die sich unaufhaltsam nähernden sowjetischen Armeen, aktivierten Antifaschisten ihre Widerstandsarbeit. Der in Eichwalde und Schulzendorf illegal wohnende Heinz Sandelowski gab 1990 zu Protokoll, dass er sich in den letzten Monaten des Krieges mehr und mehr an den Aktionen der Widerstandsgruppe um "Emil" (Kaschel, d.A.) beteiligte, indem er beim Verteilen von Flugblättern half. In den letzten Monaten des Krieges fanden manche Eichwalder, Schulzendorfer und Schmöckwitzer Einwohner Flugblätter in ihren Briefkästen oder auf den morgendlichen Straßen, die nicht aus Bombern der Alliierten aus der Luft direkt in ihre Briefkästen gefallen sein konnten. Denn nicht alle Schulkinder, die zum Aufsammeln der von Alliierten abgeworfenen Flugblätter in den Grünauer Forst beordert wurden, gaben die Fundstücke bei der Ortspolizei ab. Manche dieser Blätter wurden von ihnen, da sie aus antifaschistisch gesinntem Elternhaus kamen, in Briefkästen gesteckt.
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1 Vgl. Deutschland, Bd. 5, S. 623 ff.<br />
2 Ebenda, S. 227.<br />
3 EHG, Festschrift ,Bericht Gerda Dolke, S. 25.<br />
4 Kreisarchiv, B.E., Nr.178.<br />
5 Vgl. Olaf Groehler: Kampf um die Luftherrschaft. Beiträge zur Luftkriegsgeschichte des zweiten Weltkrieges. Berlin 1988 , S.213.<br />
6 Bericht Gerda Dolke, Eichwalde, Triftstr., November 2003.<br />
7 Vgl. Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr Eichwalde, Kopie im Heimatarchiv.<br />
8 EHG, Festschrift, S. 29.<br />
9 Kreisarchiv, B.E., Nr.178.<br />
10 Vgl. Olaf Groehler, a.a.O., S.212.<br />
11 Bericht Frau Kollin, Eichwalde, Goethestr., November 2003.<br />
12 Vgl. Dienstbuch der Freiwilligen Feuerwehr Eichwalde, Kopie im Heimatarchiv.<br />
13 Bericht Herr Hanak, Eichwalde, Waldstr. Dezember 2003.<br />
14 KWZ v. 24. Februar 1944.<br />
15 KWZ v. 23. Februar 1944. Nachricht über die Hinrichtung eines Zahnarztes.<br />
16 KWZ v. 27. April 1944.<br />
17 Vgl. Zeuthen - Geschichte und Geschichten. Zusammengestellt von Hans-Georg Schrader, Horb am Neckar 1998, S. 339.<br />
18 Vgl. Deutschland, Bd.5, S. 276 ff.<br />
19 Vgl. Bericht Paul Meyer, Kopie im Heimatarchiv, S. 7.<br />
20 Privatarchiv d.A.<br />
21 BLHA, Pr. Br. Rep. 203,AzS, ESA ,Nr.4618.<br />
22 Privatarchiv d.A.; Vgl. Deutschland , Bd. 6, S. 230.<br />
23 Vgl. Kurt Finker : Stauffenberg und der 20. Juli 1944. Berlin 1989, S. 292 ff.<br />
24 Vgl. Deutschland, Bd. 6, S. 295.<br />
25 Heinrich-Wilhelm Wörmann. Widerstand in Köpenick und Treptow, a.a.O., S. 167.<br />
26 BLHA, Pr. Br. Rep. 203, BET, Nr. 1246.<br />
27 Bericht Frau Glaß, Eichwalde, Bahnhofstr., Januar 2004<br />
28 Musterungsplan, Kopie im Heimatarchiv Zeuthen<br />
29 EHG, Festschrift, a.a.O.,S. 31.<br />
30 Vgl. Deutschland, Bd. 6, S. 237ff .<br />
31 Vgl. Jürgen Ast / Kerstin Mauersberger : Zweite Heimat Brandenburg. Flucht – Vertreibung --Neubeginn, Berlin 2000, S.12 ff.<br />
32 Hoimar v. Ditfurth: Innenansichten eines Artgenossen. Meine Bilanz. Düsseldorf 1991, S. 205.<br />
33 Bericht Dr. Klaus Weidner , Eichwalde, v. April 2004. Privatarchiv.<br />
34 Vgl. BBG, S. 666<br />
35 Wie Anm. 31.<br />
36 Deutschland, Bd.6, S. 243.<br />
37 BLHA, Pr. Br. Rep. 2 A I Kom, Nr 135.<br />
38 Vgl. Heimatarchiv , Eichwalde 1948, Typoskript, Bericht des Bürgermeisters Wegner an die Mitglieder des Rates der Gemeinde und der Gemeindevertretung, S. 3.<br />
39 Vgl. Heimatarchiv , Bericht Gerda Dolke, Eichwalde, Triftstr.; Vgl. EHG, Festschrift, S.25.<br />
40 Deutschland, Bd.6, S. 613.<br />
41 Deutschland, Bd. 6, S. 620.<br />
42 Deutschland, Bd.6, S. 630.<br />
43 Vgl. Heimatarchiv, Dienstbuch der FFW Eichwalde.<br />
44 EHG, Aktenbestand 1945.<br />
45 EHG, Festschrift, S. 29 f., außerdem Rücksprache d. A. mit Herrn Beier im Februar 2004.<br />
46 Zit. nach Adamy / Hübener / Leps (Hrsg.), a.a.O., S. 172.<br />
47 Vgl. Anm. 37.<br />
48 Wie Anm. 43.<br />
49 Kriegshilfsdienst Flakscheinwerfer-Ersatz- und Ausbildungsbataillon Raddusch.(Ort im Spreewald).<br />
50 Wie Anm. 43. Schreiben Dr. Hohmanns v. 7. 4. 1945.<br />
51 Vgl. Heimatarchiv, Dienstbuch der FFW Eichwalde.<br />
52 Bericht Herr Heinz Klee, Eichwalde, Friedenstraße, Februar 2004.<br />
53 BLHA, Pr. Br. Rep. 35 H ,Nr. 11/ 3, Aufstellung vermisster Häftlinge aus dem KZ Sachsenhausen v.<br />
19. November 1945, S. 131.<br />
54 Bericht Frau Ruth Weis, geb. Freudenberg, Erkrath , Januar 2004,
Hans Freudenberg ( 23.04.1895 – 19. 05. 1945 ).<br />
55 Vgl. Martina Voigt, a.a.O., S. 113. Heinz Sandelowski hat am 28. April 1990 Mitarbeitern der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin ein Interview gegeben, in dem er offenbar diese Fakten berichtete. ( S. Anm. 194 u. 213 ebenda)<br />
56 Bericht Dr. Klaus Weidner, Eichwalde, Königs Wusterhausener Str., Januar 2004. Das Erscheinen von Flugblättern bestätigten auch Frau Kollin und Herr Hanak.<br />
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== Besiegt und befreit – April 1945 ==
 
Am 16. April 1945 begannen die sowjetischen Armeen der 1. Belorussischen Front (Marschall Shukow) und der 1. Ukrainischen Front (Marschall Konew) einschließlich der 1.und 2. Polnischen Armee die als "Berliner Operation" bezeichneten letzten großen Kampfhandlungen zur Zerschlagung des Machtzentrums des faschistischen "Großdeutschen Reiches".
Eichwalde befand sich zwischen dem 'Äußeren Sperrring' ( etwa mit dem Berliner Autobahnring identisch) des Verteidigungssystems von Berlin, der über Königs Wusterhausen, Schönefeld, Groß-Ziethen verlief und einer 'Äußeren Verteidigungszone' der Stadt, die u.a. entlang des Teltowkanals bis zu dessen Einmündung in die Spree bei Grünau, über die Müggelberge am Rande Köpenicks um Berlin herum verlief. Der Berliner S-Bahn-Ring bildete annähernd die innere Verteidigungszone der Stadt.
 
In ihren "Erinnerungen" berichtet Frau Sonja Ziemann über die Apriltage des Jahres 1945 und schreibt:" Während der letzten Kriegswochen konnte ich nicht mehr von Eichwalde nach Berlin fahren. Ich blieb bei meinen Eltern. Meine neue Dienstverpflichtung war nun im Rathaus von Eichwalde. Ich saß allein in einem Raum hinter einem Schreibtisch...Für wen und für was? Keine Ahnung. Ich las John Knittels 'Via mala'. Und als darin von Käse die Rede war, lief mir das Wasser im Mund zusammen...Jede Nacht hörten wir in Eichwalde die Stalinorgeln...Inzwischen war es März, fast April. Eine ältere Dame kam in mein 'Büro' und fragte mich, ob sie zu Hitlers Geburtstag flaggen solle. Der imaginäre Käse aus 'Via mala' blieb mir im Halse stecken...".
Die 3. Gardepanzerarmee (Rybalko) der 1. Ukrainischen Front erreichte aus Richtung Cottbus/Lübben in der Nacht zum 21. April über Golßen - Baruth - Wünsdorf den südlichen Berliner Autobahnring. Die 3. Armee (Gorbatow) der 1. Belorussischen Front, die entlang des Oder-Spree-Kanals vordrang, schwenkte auf Befehl von Marschall Shukow in Richtung Teupitz und erreichte dabei ebenso wie die 8. Gardearmee (Tschuikow ) im Bestand der 1. Belorussischen Front am 21. April den Autobahnring bei KönigsWusterhausen / Wildau und die Dahmegewässer. Armeen beider Fronten vereinigten sich schließlich am 24. April sowohl westlich von KönigsWusterhausen/Wildau als auch vor dem Teltowkanal bei Berlin-Johannisthal. Damit war die im Raum Halbe/Teupitz kämpfende deutsche 9. Armee von Berlin abgeschnitten und eingekesselt. Andere sowjetische Einheiten stießen unterdessen von Norden weiter ins Stadtinnere vor und kämpften am 24. April schon in der Nähe des Alexanderplatzes.
 
Damit befand sich Eichwalde zwar noch im deutschen Machtbereich, aber jetzt sozusagen in einem breiten Schlauch zwischen dem Berliner Ring bei Niederlehme, der Dahme, der heutigen B179 und dem Vorfeld des Teltowkanals bei Adlershof. In diesem Gebiet waren nur noch SS-Gruppen und versprengte deutsche Soldaten, die versuchten, entweder nach Berlin oder südwärts zur 9. deutschen Armee zu gelangen bzw. sich vor weiteren Kämpfen in Sicherheit zu bringen. Im Territorium waren mehrere Volkssturmkompanien verstreut und in Auflösung begriffen.
In Nächten vor dem 23. April hatten Eichwalder in den Straßen des Ortes bereits sowjetische Aufklärungstrupps beobachtet, die umsichtig die militärische Lage erkundeten.
 
Am Montag, dem 23. April 1945, besetzten sowjetische Einheiten den Berliner Ortsteil Bohnsdorf.
In den Abendstunden des 23. April geschah es dann: Die "Russen" waren da! Ob sie von Bohnsdorf durch den Grünauer Forst, über die Dahme oder aus beiden Richtungen gekommen waren, bleibt ungeklärt. Frau Glaß, die noch heute wie im Jahre 1945 in der Bahnhofstraße wohnt, erinnerte sich :" Es war der 21. April, ein Sonnabend, als ich sah, wie sich Angehörige der Werkleitung von Heinkel mit dem Bus absetzten und Richtung Norddeutschland fuhren, wie man sagte. Ich beschloß, am Montag nicht mehr zur Arbeit zu fahren. Seit Tagen hörten wir von allen Seiten das Donnern, Heulen und Pfeifen von Geschützen, aber in Eichwalde selbst herrschte dagegen eine unheimliche Stille, fast eine Totenstille. Der 23. April bleibt mir besonders deshalb in Erinnerung, weil am Vormittag mein kleiner Bruder, der mit seinen fünfzehn Lebensjahren zum Volkssturm eingezogen worden war, zu unserer großen Freude unversehrt von Schulzendorf wieder nach Hause in die Bahnhofstraße kam. Der Kompaniechef hatte allen Jungendlichen freigestellt, sich abzusetzen, aber die Jungens aus Breslau und dem Rheinland, die eigentlich Lehrlinge in den Heinkel-Werken gewesen waren, blieben meist, weil sie ja nicht wußten, wohin. Vermutlich sind sie nach Halbe / Teupitz gegangen. Da mein Bruder aber als Dienstkleidung eine erkennbar von der SS stammende Monteurskombi, wir sagten damals 'Strampelanzug', erhalten hatte, schien es uns ratsam, diese abends im Garten zu vergraben. Draußen war ein ungewöhnlich lautes Hundegebell. Als wir ein blechernes Klappern auf der Straße hörten, war es beinahe schon zu spät, die Montur zu verscharren. Denn plötzlich tauchten in der Dunkelheit Russen in der Bahnhofstraße auf. Das Klappern rührte von ihren Waffen und Ausrüstungssachen her. Ich glaube mich zu erinnern, daß sie über die Bahngleise oder durch die Unterführung von der Schulzendorfer Seite her gekommen waren ".
 
Noch am Morgen des 23. April 1945 hatten Kameraden der Eichwalder Feuerwehr einen "Totalbrand" in der Dorotheenstraße 13 (Mittelteil der Maxim-Gorki-Straße) gelöscht. Einen Trost gab es: Während am 19. April 1945 bis um 2.45 Uhr Fliegeralarm war, rückte die Feuerwehr am 23. April nur noch zu einem 'gewöhnlichen' Feueralarm aus.
Seit Tagen waren an einigen Zugangsstraßen Panzersperren gebaut worden, hatten Volkssturmmänner am Ortsrand Stellung bezogen. Eine Kompanie des Eichwalder Volkssturms wurde von einem Hauptmann Halbach aus der Bahnhofstraße 42 geführt, zu der als Hauptfeldwebel Walter Rottschäfer, Mitinhaber der Eichwalder Firma, gehörte. Von ihm wird berichtet, daß er 1945 insgeheim dafür eingetreten sein soll, keinesfalls die Waffen einzusetzen. Volkssturmangehöriger Steinmeyer, Sämereienhändler aus Eichwalde, gab an, trotz eines in der Kompanie bekannten Spitzels sich "für die Vermeidung von Blutvergießen" eingesetzt zu haben. Überliefert sind manche Berichte, wie sich der Volkssturm im April 1945 allmählich auflöste, um heil aus dem Krieg heraus zu kommen. Dazu ein Beispiel: Für die antifaschistischen Kräfte boten sich bei aller Vorsicht günstige Möglichkeiten, im persönlichen Kontakt mit ihnen bekannten Volkssturmmännern die Sinnlosigkeit weiteren Kämpfens zu besprechen. Eine Gruppe des Volkssturms, bestehend aus Eichwalder und Schmöckwitzer Einwohnern, sicherte am 23. April unter Führung des früher als Kommunist bekannten Einwohners der Schmöckwitzer Siedlung, Kurt Zietz, von Schützenlöchern aus eine Panzersperre. Sie befand sich an der Einmündung der Godbersenstraße in die Zeuthener Straße. Als ein motorisierter Zug lettischer SS-Leute, etwa 25 Mann, auftauchte, die sich bei Zietz erkundigten, wie sie zum Flugplatz bei Schönefeld kämen, wies dieser ihnen den Weg über das Adlergestell, um sie von Eichwalde fern zu halten. Plötzlich waren Schüsse zu hören, an einigen Stellen Eichwaldes schlugen Geschosse ein, ohne Schäden anzurichten. Zietz sorgte dafür, daß die meisten Volkssturmleute nach Hause eilten.
 
Auch zwei Volkssturmmänner aus der Goethestraße, der Fabrikant Siegwaldt und der Bauleiter Roeske, verließen, als sie das Schießen hörten, ihren Posten am Rathauseingang und liefen nach Hause. Bald darauf erblickten die verbliebenen Männer an der Straßensperre vor Schmöckwitz Panzer der Roten Armee, die aus Richtung Grünau gekommen sein mußten. Zietz ging auf sie zu und erklärte ihnen, daß Eichwalde frei von deutschen Soldaten sei. Die sowjetischen Militärs verlangten den sofortigen Abbau der Panzersperre. Es dauerte nicht lange, bis zahlreiche Einwohner das reichlich verbaute Holz aus der Sperre zu sich nach Hause geschafft hatten. Dieser Handlungsweise hatte es Eichwalde vermutlich zu verdanken, daß es hier nicht zu Kampfhandlungen gekommen war.
 
Doch einige Angehörige des Eichwalder Volkssturms hatten von diesen Ereignissen nichts mitbekommen und befolgten noch die Befehle ihres Vorgesetzten, wie aus einem anderen Bericht zu erfahren ist. Dort, wo die Eichwalder Grünauer Straße als Berliner Grünauer Weg am Waldrand ankommt, hatten sich die Volkssturmmänner Bauunternehmer Alfred Rücker, Schuhmachermeister Paul Nawroth, ein Herr Sirlin, der Mechaniker R. Buchholz und ein weiterer Eichwalder in selbst ausgehobenen Schützenlöchern verschanzt. Alfred Rücker war erst im März 1945 zum Volkssturm gekommen, weil er zuvor, u.k. (unabkömmlich) gestellt, in Berlin bei der Reparatur von Bombenschäden eingesetzt war. Plötzlich tauchten hinter ihrem Rücken, aus Eichwalde kommend, Soldaten der Roten Armee auf und nahmen sie gefangen. Sie wurden zunächst auf Lastkraftwagen nach Frankfurt/Oder gebracht. " Von da an verlor sich jede Spur", berichtete die Tochter Alfred Rückers, die frühere Eichwalder Lehrerin, Frau Judith Hartung. Wie die Familienangehörigen Alfred Rückers erst 1948 von Heimkehrenden erfuhren, waren die Volkssturmmänner anschließend in andere Kriegsgefangenenlager transportiert worden. Herr Rücker erkrankte bereits in Frankfurt/Oder und verstarb am 12. Mai 1945 im Lager Landsberg/Warthe.
Alle diese Begebenheiten ereigneten sich in Eichwalde bzw. Schmöckwitz am Abend des 23. April. Vom Tag der ersten Begegnung mit den Soldaten der Roten Armee berichtet Frau Sonja Ziemann:" Über irgendeine Nachrichtenquelle war das Gerücht verbreitet worden, daß an einem bestimmten Tag abends um neun die Russen bei uns wären. Plötzlich sagte meine Mutter: 'Otto, es ist neun!' Mein Vater blieb ruhig. 'Stimmt, aber sie sind nicht gekommen.' Die Spannung war unbeschreiblich. Wir fühlten uns krank vor Angst und wollten trotzdem, daß alles ein Ende habe. Wir wollten es hinter uns bringen. Gott sei dank gab es keine Fliegerangriffe mehr. Wenigstens das! Unser eigener Keller war klein, so hatten wir in dem geräumigen Keller der netten Nachbarin, Frau Hanke, rechter Hand unsere Schlafgelegenheiten aufgestellt und konnten liegen... Von der Straße her war nur noch vereinzeltes Schießen zu hören, dann war es mit einemmal ganz still. Frau Hanke sagte optimistisch: 'Jetzt können wir unsere eiserne Ration aufessen und schlafen. Sie sind da, und sie tun uns ja nichts...'. Völlig übermüdet schliefen wir ein wenig ein. Da klopfte es oben an der Haustür. Mein Vater stieg die Treppe hinauf, öffnete und leuchtete mit der Taschenlampe einem Russen ins Gesicht, der ihm gleich die Lampe wegnahm. Zwei riesige Kerle kamen herunter...Sie sagten:'Uhri!' Jeder gab ihnen seine, und sie verschwanden wieder, ohne uns etwas zu tun. Wir dachten, wir hätten es nun überstanden, denn die Russen mußten ja weiter nach Berlin." Es handelt sich in diesem Bericht offenbar ebenfalls um den Abend des 23. April. Die sowjetischen Panzer und Panjewagen - das waren leichte, mit Pferden bespannte hölzerne Wagen - fuhren durch Eichwalde und ließen sich dabei unter anderem in der heutigen Waldstraße von Anwohnern anhand ihrer Karten den besten Weg nach Schönefeld erklären.
Am frühen Morgen des 24. April entschloß sich der amtierende Bürgermeister Streichan, auf dem Rathausdach ein gut sichtbares weißes Tuch an jenem Mast zu befestigen, an dem seit zwölf Jahren oft die Hakenkreuzfahne geweht hatte. Die weiße Fahne sollte Eichwalde vor möglichem Beschuß oder Bombenabwürfen bewahren und als Zeichen der kampflosen Übergabe gelten. Da er zu diesem Zeitpunkt noch nicht überblicken konnte, daß die sowjetischen Truppen längst über die militärische Lage im Bilde waren, war sein Verhalten durchaus mutig. Zweifellos wußte Streichan, daß derartige Handlungen jeden Waffenträger berechtigten, die 'Verräter' standrechtlich zu erschießen. Zusammen mit seinem Sohn stieg er die Treppen zum Dachgeschoß hinauf. Dabei entdeckten sie im Rathaus den toten Polizei-Hauptwachmeister George, der sich mit seiner Dienstpistole erschossen hatte.
 
Frau Ziemann bestätigt:"Am nächsten Morgen um sieben Uhr hörten wir wieder verdächtige Geräusche auf der Straße. Frau Hanke nahm mich mit nach oben, und wir spähten durch die Ritzen der heruntergelassenen Jalousien. Wir sahen deutsche Soldaten. Frau Hanke war außer sich: 'Jetzt ist alles aus! Ich habe doch die weiße Fahne rausgehängt.' Das hatten wir auch. Aber die Soldaten waren offenbar froh, daß ihnen keiner etwas tat. Sie wollten sich absetzen und wußten nicht wie. Sie verschwanden aus unserem Blickfeld, und um zehn Uhr war die Straße wieder voller Russen." Sehr wahrscheinlich berichtet Frau Ziemann hier über den Morgen des 24. April 1945. Zu dieser Zeit wurde noch bei Schönefeld, Diepensee sowie entlang des Teltowkanals gekämpft, überwanden sowjetische Truppen bei Niederlehme die Dahme. Zeuthener Einwohner beobachteten vom Ufer des Sees aus am gleichen Tag die Sprengung der Schmöckwitzer Brücke. Von einem durch Eichwalde rasenden LKW riefen jungendliche Uniformierte den Einwohnern in der Schmöckwitzer Straße zu, daß die Brücke gesprengt worden sei.
 
Am 25. April kamen die ersten sowjetischen Soldaten nach Zeuthen, Miersdorf, Schulzendorf und Waltersdorf. An diesem Tag schlossen die sowjetischen Armeen hinter Potsdam bei Ketzin den Ring um Berlin. Am gleichen Tage begegneten sich amerikanische und sowjetische Truppen bei Torgau an der Elbe.
Die meisten Eichwalder sehen im 23. April 1945 jenen Tag, an welchem für sie der Krieg zu Ende war, manche nennen auch den 24. April. Der schon genannte Heinz Sandelowski schilderte, mit welcher Freude seine Bekannten, die ihn versteckt und unterstützt hatten, die Rote Armee begrüßten:
" Wie die Russen 'reingekommen sind, hat Emil (Emil Kaschel, d. A.) die kommunistische Fahne genommen – ich seh's noch so wie damals. Da war ein Wagen mit einem Pferd, Stroh war drauf, und ein russischer Offizier hat hinten auf dem Stroh gesessen, und einer hat den Wagen gefahren. Er ist 'rausgegangen und hat die Fahne mit Hammer und Sichel getragen, der Emil, und hat seine Parteikarte vorgezeigt. Er ist 'reingefahren mit dem Offizier nach Eichwalde (Kaschels wohnten
in der heutigen Schulzendorfer Rudolf- Breitscheid-Str., d. A.). Das war für ihn der schönste Moment im Leben. Darauf hatte er zwölf Jahre gewartet. Das war für ihn - wenn man ihm dafür eine Million Mark hingelegt hätte, hätte er sie nicht genommen ".
 
Diese Gefühle wurden von jenen Einwohnern geteilt, für die als Verfolgte des Naziregimes, als Widerstandskämpfer oder einfach als Hitlergegner die Zeit der Freiheit begonnen hatte. Bei aller Freude über das Ausbleiben weiterer Fliegeralarme und von Kämpfen im Ort, über das Ende der Naziwillkür, der Freude darüber, am Leben geblieben zu sein und über das nahe Kriegsende wurde eine ähnliche Begeisterung von den meisten Einwohner nicht so empfunden. Zu groß war noch die Angst vor den Siegern, vor erwarteter Bestrafung, vor Rückkehr in ein normales Leben, vor dem Kommenden. Manche Einwohner hatten den Ort vor dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Richtung der westlichen Alliierten verlassen. Die leerstehenden Wohnungen und Häuser wurden mit Flüchtlingen und Umsiedlern belegt. In diesen Tagen kam es in Eichwalde wohl noch nicht zu Vergewaltigungen und Plünderungen. Erst nach dem Ende der Kämpfe in Berlin ereigneten sich derartige Übergriffe auch im Ort. Vielfach sind gute Erfahrungen mit sowjetischen Soldaten in Erinnerung geblieben. Seit dem 25. April hatte Eichwalde einen "russischen Kommandanten", Major Kusnezow. Er war sehr bemüht, das Leben in geordnete Bahnen zu lenken und ordnete an, daß der amtierende Bürgermeister Wilhelm Streichan wichtige Amtsgeschäfte zunächst weiter auszuüben hatte. Ihm zur Seite wurde der Kommunist und ehemalige KZ-Häftling Errulat gestellt. Die sowjetischen Zwangsarbeiter waren schon Stunden nach ihrer Befreiung mit LKW abgefahren worden. Erst später erfuhr man davon, daß viele nicht in ihre Heimatorte, sondern als Gefangene in spezielle Lager gebracht worden waren.
 
Am 28. April 1945 wurde die Gemeindeverwaltung zunächst vom Komitee "Freies Deutschland" (KFD) übernommen, das von einer Gruppe von Antifaschisten gebildet worden war. Die Angehörigen des Komitees trugen rote Armbinden mit den Buchstaben KFD. Wilhelm Streichan erfüllte seinen vom sowjetischen Kommandanten erhaltenen Auftrag bis Anfang Juni 1945 weiter. Nach seiner unerwarteten Verhaftung setzte der sowjetische Kommandant Errulat als Bürgermeister ein, sein Stellvertreter wurde der in Berlin-Schmöckwitz wohnende Arbeiter und Kommunist Max Weidner.
Während in Eichwalde fast schon die Nachkriegszeit begonnen hatte, wurde im Raum Märkisch-Buchholz/Halbe/Teupitz noch gekämpft. Vom 26. April bis zum 1. Mai dauerten hier die Kämpfe der Roten Armee bei der Zerschlagung von Truppen der eingekesselten deutschen 9. Armee und 4. Panzerarmee, wurde gelitten, geblutet, gestorben, ermordeten SS-Kommandos Einwohner und Soldaten, die nicht mehr 'siegen' wollten.
Im Eichwalder Rathaussaal versammelten sich am 1. Mai etwa 25 bis 30 Einwohner, meist Kommunisten, zu einer Feierstunde. Herr Dr. Weidner berichtet: "An der Seite meiner Eltern erlebte ich diese Maifeier. Sie waren erstaunt und erfreut darüber, daß nach diesen zwölf Jahren sich noch weitere Einwohner außer unseren Freunden ihre Ideale bewahrt hatten ... Ich weiß noch, daß nicht nur meine Mutter, sondern auch andere der Anwesenden ihren Tränen freien Lauf ließen, als man nach einer kurzen Rede eines älteren Genossen die "Internationale" anstimmte und das Lied "Brüder, zur Sonne, zur Freiheit" sang. "
 
In einem Protokoll aus diesen Tagen wird berichtet: " Rottschäfer sen. ... brachte nach dem Russeneinmarsch jeden Morgen die neuen Nachrichten (zu einem Bekannten im Hause des Zeugen, d. A.). R. hatte trotz des ausdrücklichen Verbotes der Militärverwaltung noch mehrere Radioapparate behalten (sie wurden bei der Haussuchung gefunden) und hörte damit ständig die Nachrichten ... Eines Morgens erschien er wieder... Er wollte neue Nachrichten bringen und rief über den Zaun: 'Fritz, der rote Mob hat im Rathaus die Macht an sich gerissen', brach plötzlich ab und sprach nicht weiter...die Aussprache wurde im Flüsterton weitergeführt."
Erstmals meldete der Rundfunk am Abend des 1. Mai, daß sich Hitler am 30. April durch Selbstmord seiner Verantwortung entzogen hatte. Seit dem Morgen des
2. Mai schwiegen in Berlin nahezu überall die Waffen. Am gleichen Tage kapitulierten die deutschen Truppen in Berlin. Ein ebenfalls im Nachbarort Schulzendorf gebildetes Komitee "Freies Deutschland" gab am 3. Mai 1945 seine beiden ersten und nun fast täglich erscheinenden Nachrichtenblätter heraus. Sie wurden auf der Schreibmaschine geschrieben und anschließend vervielfältigt. Blatt Nr.1 meldete:
" Laut Radiomeldung gehen die Kämpfe in Berlin ihrem Ende entgegen. Russische Truppen haben am 1. Mai das Reichstagsgebäude besetzt." Allein bei der Eroberung Berlins fielen 30 000 sowjetische Soldaten. Im Blatt Nr. 2 war zu lesen: "Nach unbestätigten Meldungen soll Adolf Hitler verstorben sein." Und nach einem Absatz hieß es: "Freiwillige vor zum Arbeitseinsatz! Die Feldbestellung ist jetzt die dringlichste Aufgabe!"
 
Am 7. Mai 1945 wurden in Reims und am 9. Mai1945 um 0.16 Uhr in Berlin-Karlshorst Urkunden über eine bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterzeichnet. Beide Protokolle enthielten die Bestimmung, daß alle deutschen Streitkräfte bis zum 8. Mai, 23.00 Uhr MEZ, die Kampfhandlungen einzustellen haben. Ein Anwohner der Wagnerstraße erzählte, daß viele sowjetische Soldaten mit gepanzerten Fahrzeugen auf dem Platz am Wasserturm versammelt waren. Am Tag des Sieges, dem 9. Mai, veranstalteten sie hier und an weiteren Stellen des Ortes mit Leuchtspurmunition ein kräftiges Siegesfeuerwerk.
In Rußland gilt der 9. Mai als der " Djen Pobedy " (Tag des Sieges), in den USA der 8. Mai als "Day of Liberation" (Tag der Befreiung), in der Republik Frankreich ist es der "Jour de la victoire" (Tag des Sieges), in der DDR war er als "Tag der Befreiung" ein gesetzlicher Feiertag.
In Eichwalde erinnerte im Jahre 2004 nichts mehr an die Befreiung des Ortes durch die Rote Armee. Die nach 1989 erfolgte Umbenennung des Eichwalder "Platzes der Roten Armee" in Platz "Am Stern" tilgte das bis dahin einzige Symbol öffentlichen Gedenkens im Ort für diese geschichtliche Tatsache.
 
Acht jüdische Mitbürger wurden vom Naziregime ermordet. Bisher erinnert im Ort kein öffentliches Mahnmal an sie.
Die Anzahl der im zweiten Weltkrieg durch Kriegshandlungen ums Leben gekommenen Eichwalder Bürger konnte nicht ermittelt werden. Eine Gedenktafel in der evangelischen Kirche Eichwaldes erinnert an die Opfer zweier Weltkriege.
Die individuelle Anwort der Einwohner Eichwaldes darauf, ob es eine Niederlage oder die Befreiung war, ist jeweils Ausdruck eines bestimmten historischen Gedächtnisses. Ein Blick auf den Weg Eichwaldes vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 kann noch immer bei der Beantwortung dieser Frage hilfreich sein. Wesentlich aber war, daß im Mai 1945 wieder Frieden herrschte, der in Eichwalde schon im April begonnen hatte und der für immer bewahrt bleiben muß.
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1 Front = In der Roten Armee Bezeichnung für eine Vereinigung von Verbänden der Teilstreitkräfte zur Lösung operativ-strategischer Aufgaben. Eine Front bestand aus mehreren Armeen. Der Begriff ist in der Wehrmacht etwa mit der Heeresgruppe vergleichbar.<br />
2 Sonja Ziemann, a.a.O. ,S. 49 f.<br />
3 Bericht Frau Kollin, Eichwalde, Goethestr., November 2003.<br />
4 Bericht Frau Glaß, Eichwalde, Bahnhofstr., Januar 2004.<br />
5 BLHA, Pr. Br. Rep. 203 AzS, BET, Nr. 1270; 1176.<br />
6 Gespräch mit Frau Judith Hartung, Eichwalde, Chopinstr., März 2004.<br />
7 Franziska Mohr: Nach 57 Jahren endlich Gewissheit, in: Märkische Allgemeine Zeitung v.6. / 7. Juli 2002.<br />
8 Davon erfuhr Frau Hartung nach 57 Jahren durch den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, dessen Suche erst nach der Öffnung russischer Archive endlich zu einem Ergebnis geführte hatte.<br />
9 Sonja Ziemann, a.a.O., S. 52.<br />
10 Bericht Frau Erika Zietz, Berlin- Schmöckwitz, Siedlers Eck, Januar 2004.<br />
11 Bericht Frau Kollin, geb. Streichan, Eichwalde, Goethestr., Februar 2004. Der standesamtliche Eintrag über den Todesfall ist vom 25. April 1945 .<br />
12 Sonja Ziemann, a.a.O., S. 52f.<br />
13 Vgl. Zeuthen, S. 347.<br />
14 Deutschland, Bd.6, S. 702 ff.<br />
15 Zit. nach Martina Voigt, a.a.O., S. 113.<br />
16 Gespräch mit Frau Kollin, geb. Streichan , Eichwalde, Goethestr, April 2003. Wilhelm Streichan verstarb 1945 im Ort Weesow auf dem Transport in ein Internierungslager.<br />
17 Deutschland, Bd. 6, S. 713 ff.<br />
18 Bericht Herr Dr. Klaus Weidner, Eichwalde, Wusterhausener Str., Juli 2004.<br />
19 BLHA, Pr. Br. Rep. 203 AzS, BET Nr. 1270, Blatt 224 .<br />
20 Vgl. Kurt Pätzold / Manfred Weißbecker: Adolf Hitler. Eine politische Biographie. Leipzig 1995,S.586.<br />
21 Heimatarchiv , Sammlung von Nachrichtenblättern des Komitees Freies Deutschland Schulzendorf, Nachrichtenblatt Nr. 1 und Nr. 2 v. 3. Mai 1945.<br />
22 Deutschland, Bd. 6, S. 779.<br />
23 Der Autor hat bisher 45 Namen festgehalten. Eine Anfrage bei der Deutschen Dienststelle (WASt.) mit Antwort vom 15. Juli 2003 liegt vor.<br />
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