Erfurt Hauptbahnhof

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Ansichstkarte vom Hauptbahnhof Erfurt

Der Erfurter Hauptbahnhof erfuhr im Laufe der Geschichte mehrere Neu- und Umbauten.


Bahnhof 1846–1890

Der Standort des neu zu bauenden Erfurter Bahnhofs war umstritten. Innerhalb der Erfurter Stadtbefestigung waren nur in sehr begrenztem Umfang Flächen vorhanden und außerhalb der Stadtbefestigung stand mit dem Krämpferfeld östlich des Schmidtstedter Tores eine geeignete Fläche zur Verfügung. Der Erfurter Bürgermeister Karl Friedrich Wagner sprach sich jedoch für einen Standort innerhalb der Stadtbefestigung aus und auch die preußischen Behörden und das Militär forderten einen Verlauf der Bahnstrecke durch die Festungswälle, damit sie den Bahnbetrieb in Krisensituationen unterbinden konnten. Im Juli 1845 fiel schließlich die Entscheidung, den Bahnhof innerhalb der Festungsmauern, nördlich der hohen Batterie anzulegen.


Erstes Empfangsgebäude

Der erste Bahnhof wurde ab 1846 im Zuge des Baus der Thüringer Bahn durch die Thüringische Eisenbahn-Gesellschaft errichtet. Aufgrund der gewählten Lage war auch der Bau zweier Doppeltunnel durch den Festungswall sowie mehrerer hölzerner Brücken über den Festungsgraben notwendig. Zur Eröffnung am 1. April 1847 gleichzeitig mit dem Abschnitt Weimar–Erfurt waren sämtliche Gebäude bis auf das Empfangsgebäude fertiggestellt, das 1852 vollendet wurde. Neben dem noch unvollendeten Empfangsgebäude verfügte der Bahnhof zur Eröffnung über ein Lokomotivgebäude, einen Güterschuppen, einen Wagenschuppen, einen Koksschuppen, eine Remise für Reservelokomotiven und eine Betriebswerkstätte. Schon wenige Jahre nach der Eröffnung genügten die Anlagen den wachsenden Anfordernissen nicht mehr. Zwei 1850 geplante Gebäude, je ein zusätzlicher Güter- und Wagenschuppen, wurden 1854 fertiggestellt. Eine Vergrößerung des Lokomotivschuppens war 1852 notwendig und ab 1855 wurde der Güterbahnhof erweitert. Ein Jahr später erhielt der Seitenflügel der Betriebswerkstätte ein weiteres Stockwerk, der Koksschuppen konnte nach Umstellung der Feuerung auf Steinkohle zu einem Lokomotivschuppen nebst großer Drehscheibe umgebaut werden.

Im Jahr 1860 folgte eine erneute Erweiterung der Güterverkehrsanlagen. Die beiden bestehenden Güterschuppen wurden erweitert und ein dritter neu gebaut. Der Platzmangel innerhalb der Festungsanlagen machte sich indes zunehmend bemerkbar und so erwarb die Thüringer Eisenbahn-Gesellschaft im Jahr 1865 vor dem Schmidtstedter Tor eine große Fläche, um einen Güterbahnhof zu errichten. Aufgrund des Deutschen Krieges 1866 verzögerte sich der Baustart und erst im Folgejahr konnten die Bauarbeiten beginnen. Im Jahr 1872 wurde der Güterbahnhof in Betrieb genommen nachdem im Vorjahr die Güterschuppen umgesetzt wurden; die komplette Fertigstellung erfolgte jedoch erst fünf Jahre später im Jahr 1877.

Der ab Eröffnung des Erfurter Hauptbahnhofs gültige Fahrplan sah vier Züge täglich zwischen Halle und Erfurt mit einer Fahrtzeit von drei bis dreieinhalb Stunden vor. Zehn Jahre später, im Sommer 1857, verkehrten zwei Schnellzüge, drei Personenzüge und ein Gemischter Zug täglich zwischen Halle und Eisenach über Erfurt.

Am 17. August 1869 eröffnete die Nordhausen-Erfurter-Eisenbahn-Gesellschaft die Bahnstrecke Nordhausen–Erfurt. Erfurter Endpunkt war zunächst der Nordhäuser Bahnhof auf dem Schmidtstedter Feld; es existierte jedoch von Anfang an ein Übergabegleis zum Bahnhof der Thüringer Eisenbahngesellschaft und ab 1872 fuhren Personenzüge dorthin durch. Der Nordhäuser Bahnhof diente fortan nur noch dem Güterverkehr und sein Empfangsgebäude ist heute ein Wohnhaus. Auch die Bahnstrecke Sangerhausen–Erfurt endete nach Erföffnung des Teilstücks nach Erfurt am 24. Oktober 1881 zunächst an einem eigenen Bahnhof, dem Sangerhäuser Bahnhof. Er lag unweit des Nordhäuser Bahnhofs und wurde wenige Jahre später über das seit 1863 bestehende Zweiggleis der Thüringer Bahn zum Königlichen Salzbergwerk Ilversgehofen in den Thüringer Bahnhof eingebunden. Auch der Sangerhäuser Bahnhof diente danach ausschließlich dem Güterverkehr.

Das dreigeschossige Empfangsgebäude des ersten Erfurter Bahnhofs ist noch erhalten und wird heute von der Deutschen Bahn AG genutzt. Es befindet sich westlich des heutigen Hauptbahnhofes und trägt eine weiß/olive Farbgebung. Früher, mit der niedrigen Bebauung der Bahnhofstraße, war sein Turm weithin sichtbar. Das Gebäude war von 1847 bis 1890 in Betrieb, und wurde später Sitz der Reichsbahndirektion Erfurt.


Bahnhof 1890–2002

Das zweite Hauptbahnhofsgebäude wurde ab 1887 nach Plänen des Eisenbahnbauinspektors Eduard Keil und des Regierungsbaumeisters Otto Erlandsen errichtet und 1893 in Betrieb genommen. Es befindet sich 30 Meter östlich des ersten Bahnhofsgebäudes und war ein Inselbahnhof bestehend aus der Bahnhofsvorhalle am Bahnhofsplatz mit Geschäften und den Schaltern sowie dem Empfangsgebäude zwischen den Gleisen. Die Gebäude waren im Stil des Historismus gestaltet, mit gelben Verblendmauerwerk und roten Sandsteingewändern und -simsen. Die Gleise wurden auf einen Damm, den ehemaligen Festungswall, hochgelegt.

Der Bahnhof hatte auf der Südseite am Bahnsteig 5 und 6 das durchgehende Hauptgleis von Bebra nach Halle und auf der Nordseite an den Bahnsteigen 1 und 2 das Gleis für die Gegenrichtung. Im Jahr 1912 wurde am Bahnsteig 1 eine zusätzliche Weiche eingebaut, wodurch die Möglichkeit bestand, zwei Züge hintereinander am Bahnsteig 1 und 2 aufzustellen. Daneben gab es zwei Gleise, welche auf der Nordseite lagen und als Güterzugdurchfahrgleise vom Güterbahnhof Erfurt nach Neudietendorf dienten. Die östlichen Stumpfgleise am Bahnsteig 4 waren für die Züge von und nach Sangerhausen und am daneben liegenden Bahnsteig 3 für die Züge von und nach Nordhausen und Bad Langensalza. Die westlichen Stumpfgleise am Bahnsteig 2 und 6 dienten meist für die Züge von und nach Arnstadt und weiter Richtung Suhl, Ilmenau oder Saalfeld. Zusätzlich gab es auf der Südseite noch den Inselbahnsteig 7 mit Durchgangsgleisen für Züge Richtung Osten nach Weimar, welcher in den Jahren 1940/1941 gebaut wurde. Die Bahnsteigbezeichnung galt bis 1975. Danach gab es eine neue Nummerierung, da jedes Gleis an einem Bahnsteig eine eigene Bahnsteignummer erhalten hatte. 1992 wurde schließlich von der Deutschen Bundesbahn die Bezeichnung Gleis statt Bahnsteig übernommen. Dies war allerdings etwas problematisch, weil die betriebsinternen Gleisnummern in der Sicherungstechnik nicht den ausgezeichneten Bahnsteignummern entsprachen.

Der Bahnhof hatte auf der südlichen Seite an der Westeinfahrt das Stellwerk Ew und an der Ostausfahrt das Reiterstellwerk Er. Zusätzlich gab es zwischen den Gleisen 5 und 8 das Pilzstellwerk Es sowie auf der Vorhalle das kleine Ev („Vogelnest“). Die Elektrifizierung der Gleisanlagen erfolgte 1967.

Dieser zweite Bau war in seiner ursprünglichen Form bis zum Jahr 2000 in Betrieb. Von ihm steht nur noch die Eingangshalle, die in den neuen, dritten Bahnhof integriert wurde.


Umbau

Der Bahnhof wurde ab 2002 umfassend modernisiert und am 13. Dezember 2008 offiziell dem Verkehr übergeben, wobei noch nicht alle Umbauarbeiten abgeschlossen sind. Die Kosten für den Umbau sollen ungefähr 260 Millionen Euro betragen.

Die neu errichteten Gleisanlagen umfassen 21 Bahnsteiggleise an 12 Bahnsteigen sowie 67 Weichen. Im Zuge der Bauarbeiten wurden auch sechs Eisenbahnbrücken neu errichtet. Unter den Bahnanlagen entstand ein „Dienstleistungszentrum“ auf einer Fläche von rund 3.000 m². Unterhalb dieses Einkaufszentrums befindet sich eine Tiefgarage. Beide Einrichtungen wurden im Zuge der Planung in ihrer Größe reduziert.

Für den Hauptbahnhof wurde ein offener Realisierungswettbewerb mit städtebaulichem Ideenwettbewerb realisiert. Im Herbst 1995 wählte eine elfköpfige Jury unter insgesamt 123 eingereichten Arbeiten den siegreichen Entwurf zur Umgestaltung des Bahnhofs aus.

Im September 1995 wurde der Planfeststellungsbeschluss für den Umbau des Eisenbahnknotens erlassen. Die geplanten Maßnahmen umfassten fünf Kilometer Gleis, 46 Kilometer Fahrleitungen und die Erneuerung von acht Eisenbahnbrücken.

Am 26. März 1998 wurde die Finanzierungsvereinbarung für den Umbau geschlossen. Die geplanten Gesamtkosten lagen bei rund 207 Millionen DM. Die Arbeiten sollten im Herbst 1999 beginnen und im Jahr 2003 abgeschlossen werden. Vor Beginn der großflächigen Bauarbeiten wurde im Frühjahr 1999 zunächst ein Elektronisches Stellwerk zur Steuerung des Eisenbahnknotens Erfurt in Betrieb genommen. Über die Anlage, die eine Reihe bis zu 92 Jahre alter Stellwerke ersetzte, steuerten zur Betriebsaufnahme bis zu drei Fahrdienstleiter 155 Weichen, 154 Signale und 119 Zusatzsignale. Das ESTW wird heute aus der Betriebszentrale Leipzig fernbedient. Die neue Anlage ersetzte acht Stellwerke; das älteste stammte aus dem Jahr 1907. Diese frühzeitige Fertigstellung war notwendig geworden, da für die alte Sicherungstechnik ein Umbauverbot besteht.

Nach achtmonatiger Bauzeit wurde am 21. August 2002 das sanierte Empfangsgebäude in Betrieb genommen. Die mit rund 250 Millionen Euro kalkulierten Baumaßnahmen sollten zu diesem Zeitpunkt bis 2006 abgeschlossen werden.

Mit dem umfassenden Umbau des Erfurter Hauptbahnhofs wurde im Jahr 2002 begonnen. Dabei wurde eine umfassende Neugestaltung der Gleisanlagen vorgenommen sowie das bisherige Empfangsgebäude (teilweise) und die Unterführung der Bahnhofsstraße abgerissen. Durch den Umbau soll der Hauptbahnhof Erfurt insbesondere zukünftig die Funktion eines Knotens zwischen den Schnellfahrstrecken Nürnberg–Erfurt und Erfurt–Leipzig/Halle erfüllen können. Ein wesentliches Ziel der Planung war, die ICE-Linie zwischen München und Berlin mit der ICE-Linie zwischen Frankfurt am Main und Dresden zu verknüpfen und durch Korrespondenzhalte die Reisezeiten zu verkürzen.

Zwischenzeitlich ruhten die Bauarbeiten für zwei Jahre, als unklar war, ob die beiden an Erfurt anschließenden Schnellfahrstrecken-Projekte realisiert werden würden.

Der Neubau des Bahnhofs erfolgte in mehreren Abschnitten, da der Zugverkehr vollständig aufrechterhalten werden musste. Hierzu wurde zuerst auf der Südseite des Bahnhofs ein provisorischer Bahnsteig für das zusätzliche Gleis 7a gebaut. Realisiert wurden Inselbahnsteige mit neun Durchgangsgleisen sowie vier Stumpfgleisen. Die beiden außen liegenden Fernbahnsteige 1/2 und 9/10 haben eine Länge von 420 Meter. Das am nördlichsten liegende Gleis, ein Durchfahrgleis für Güterzüge, konnte nicht realisiert werden, nachdem der Gleisabstand sich als unzureichend erwiesen hatte.

Das zweischiffige, 154 Meter lange Hallendach besteht aus einem Seitenschiff mit 20 Metern und einem Hauptschiff mit 65 Metern Spannweite, bei einer maximalen Höhe von rund 20 Metern. Die ursprünglich geplante Länge lag bei 190 Meter. Während des Umbaus des rund 2,5 Kilometer langen Knotenbereichs wurden auch Schallschutzwände mit einer Gesamtlänge von rund 3,0 Kilometern errichtet.

Als erster Teil des Bahnhofneubaus konnte im Jahr 2005 die umgebaute Vorhalle eingeweiht werden.

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2005 wurde die Nordseite des Hauptbahnhofs offiziell in Betrieb genommen. Er bestand aus einer „halben“ Glashalle im Obergeschoss, die den neu eröffneten nördlichen Inselbahnsteig mit den Gleisen 1 und 2 und teilweise den Mittelbahnsteig überspannt, sowie der Geschäftspassage im Erdgeschoss und der Tiefgarage.

Die geplanten Gesamtkosten lagen zu diesem Zeitpunkt bei 260 Millionen Euro. Sie wurden durch den Freistaat Thüringen, die Landeshauptstadt Erfurt und die Deutsche Bahn aufgebracht.

Die nächste Teileröffnung fand am 3. Juni 2007 statt. Im Rahmen einer 44-stündigen Vollsperrung wurden dabei der nördliche Teil des Mittelbahnsteiges mit Gleis 3 sowie den vier neuen Stumpfgleisen Gleis 4 und 5 am östlichen sowie 6 und 7 am westlichen Bahnsteigende in Betrieb genommen. In der letzten Bauphase wurde bis März 2008 der alte Südteil des Gleisbereichs (alte Gleise 5, 6, 7 und 7a) einschließlich der verbliebenen alten Bahnüberführung abgerissen. Danach wurden der Rest der Glasdachkonstruktion und die darunter befindlichen Bahnsteige mit den Gleisen 8, 9 und 10 errichtet. Die Inbetriebnahme erfolgte am 30. November 2008 nach einer 27-stündigen Vollsperrung. Dabei wurde der südliche Fernbahnsteig 9 zunächst als 320 Meter langer Kopfbahnsteig ohne Oberleitung in Betrieb genommen und der Bahnsteig 10 provisorisch angeschlossen, bis zwei anschließende Brückenbauwerke in der östlichen Ausfahrt gebaut sein werden. Diese wurden im Februar 2009 ausgeschrieben und sollten zwischen August 2009 und November 2010 errichtet werden, die Bauarbeiten dauern jedoch (Stand: März 2011) noch an.

Die Durchfahrgeschwindigkeit durch den Bahnhof wird auch nach Abschluss der Baumaßnahmen auf 100 km/h beschränkt bleiben, bedingt durch die Bauart und die Aufhängung der Oberleitung. Die beiden Neubaustrecken werden damit nicht über schnell befahrbare Gleise miteinander verbunden. In einer zweiten Ausbaustufe sollen die beiden Strecken niveaufrei in den Bahnhof ein- und ausgeführt werden. Aufgrund fehlender Mittel ist dieser Ausbau nur noch als Option vorgesehen, für die entsprechende Flächen freigehalten werden.



Text: Wikipedia

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