Frankfurt (Main) Hauptbahnhof

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Ansichtskarte vom Frankfurter Hauptbahnhof (1925)

Ausgangssituation

Bevor der Hauptbahnhof auf dem Galgenfeld gebaut wurde, standen am damaligen Stadtrand, der Gallusanlage, dem Areal des heutigen Bahnhofsviertels, die drei Westbahnhöfe als Endpunkte der Taunusbahn, der Main-Weser-Bahn und der Main-Neckar-Bahn.

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Geschichte

Planungen

Durch das erhöhte Fahrgastaufkommen am Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Kapazität der drei Westbahnhöfe zunehmend unzureichend, allerdings wurden Änderungen durch die territorialen Zugehörigkeiten der die Freie Stadt Frankfurt umgebenden Staaten erschwert. Nach der Annexion Frankfurts, Nassaus und Hessen-Kassels durch Preußen 1866 waren die diesbezüglichen Hindernisse weitgehend ausgeräumt, so dass die Planung für einen Centralbahnhof ernsthaft aufgenommen wurde. Die Unzulänglichkeit des bestehenden Zustandes wurde vor allem im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 offenbar, als die Truppenbewegungen durch die verteilt liegenden Bahnhöfe spürbar behindert wurden. Der neue Bahnhof sollte, wie auch schon die drei Westbahnhöfe zuvor, als Kopfbahnhof verwirklicht werden. Zunächst wurde ein Großbahnhof mit 34 Bahnsteiggleisen geplant. Wegen der riesigen Dimension kam dann aber eine Variante mit „nur“ 18 Bahnsteiggleisen zum Zuge. Post- und Güterabfertigung sollten unter der Bahnhofshalle erfolgen, der Nahverkehr außerhalb abgefertigt werden; was später durch den später errichteten Güterbahnhof realisiert wurde. Die Stadtverordnetenversammlung, die erst ab 1875 ein Mitspracherecht bekam, wollte außerdem die Bahnanlagen vom Anlagenring ins ehemalige Galgenfeld (siehe Geschichte des Gallus) verlegen. Auf der dadurch vom Bahnbetrieb frei werdenden Fläche des Gleisfeldes der Westbahnhöfe sollte ein neuer Stadtteil mit der Kaiserstraße als Hauptachse entstehen. Diese Variante hatte zudem den großen Vorteil, dass während der Bauphase der Betrieb weitgehend ungestört erfolgen konnte, da der neue Bahnhof die bisherigen Strecken kaum beeinträchtigte.

Ab 1880 wurde von der Preußischen Akademie für Bauwesen ein Wettbewerb unter Beteiligung sämtlicher bedeutender Architekten veranstaltet, einen „höchste künstlerische Kraft herausfordernden Denkmalbau“ zu entwerfen. 1881 ging aus diesem Architekturwettbewerb unter 55 eingesandten Entwürfen der des Landbauinspektors und Universitätsbaumeisters Hermann Eggert aus Straßburg im Elsass als Sieger hervor. Er wurde mit der Planung und Baudurchführung des Empfangsgebäudes beauftragt. Der Berliner Architekt Johann Wilhelm Schwedler, der auf die Stahlbauweise spezialisiert war, erzielte den zweiten Platz. Er wurde zum Konstrukteur der drei neuartigen in Eisenkonstruktion ausgeführten Bahnhofshallen mit 28 Metern hohem Tonnengewölbe, die je drei Bahnsteige zu sechs Gleisen umfassten.


Realisierung

Am 18. August 1888 konnte nach nur fünf Jahren Bauzeit der Centralbahnhof Frankfurt eingeweiht werden. Bereits am Abend des Eröffnungstages konnte ein Zug nicht rechtzeitig bremsen und überfuhr den Prellbock. Dabei wurden die Lok und das Pflaster des Querbahnsteigs beschädigt. In den nächsten Jahren entstand das östlich des Empfangsgebäudes liegende Bahnhofsviertel, ein Areal, das bis etwa 1900 vollständig bebaut wurde. 1901 überfuhr der verspätete Ostende-Wien-Express in voller Geschwindigkeit den Prellbock, wobei Lokomotive und Tender erst im Wartesaal der ersten und zweiten Klasse zum Stillstand kamen, nachdem sie die massive Steinwand dorthin durchbrochen hatten. Als Unfallursache wurde eine geschlossene Bremsluftleitung ermittelt.

Bis zum Bau des Leipziger Hauptbahnhofs 1915 war der Frankfurter Hauptbahnhof der größte Bahnhof Europas.


Erweiterungen und Umbauten

1924 wurde das Gebäude um zwei äußere Hallen im Neoklassizistischen Stil erweitert. Die Gleiszahl erhöhte sich auf 25 (Gleise 1 bis 24 und 1a). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hauptbahnhof nur wenig beschädigt, die Verglasung der Bahnsteighallen aber zerstört. Um die Fahrgäste vor Regen zu schützen, wurden die ehemaligen Glasflächen zum Teil mit Holz geschlossen, ein Provisorium, das nahezu 60 Jahre erhalten blieb. 1956 wurde der Bahnhof vollständig elektrifiziert.

Zwischen 1955 und 1957 wurde ein 22 m hoher Stellwerksturm errichtet. In ihm wurde 1957 das damals größte und modernste Gleisbildstellwerk Europas (mit Zugnummernmeldeanlage) in Betrieb genommen. 16 Bediener steuerten die 15.000 Relais umfassende Anlage. Das auf Höhe der Gleise 9 und 10 errichtete Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.

Ebenfalls 1957 wurden neun Rangier-Dampfloks durch sieben Diesel-Rangierloks ersetzt. In den frühen 1960er Jahren wurde die größte Expressgut-Abfertigung Deutschlands unter dem Bahnhof eingerichtet. Allein 15 Millionen Stück Gepäck und Expressgut wurden in diesen Jahren jährlich abgefertigt. Zu den Anlagen gehörte auch ein Versorgungszentrum für den Bahnhof und die Speisewagen, mit eigener Konditorei, Großbäckerei und Metzgerei. Zwei Bahnpostämter gehörten ebenfalls zu den umfangreichen Anlagen, ebenso wie 70 Lastenaufzüge.

Eine einschneidende Veränderung erfuhr der Hauptbahnhof Anfang der 1970er mit der Aufhebung der Bahnsteigkartenpflicht und der daraus resultierenden Rückbau der Perronsperren, mit der erstmals alle Bahnsteige ohne Fahr- bzw. Bahnsteigkarte zugänglich wurden.

Mit dem B-Tunnel der Frankfurter U-Bahn in der Innenstadt begann 1971 der Bau der unterirdischen Bahnanlagen. Als Verteilungsebene entstand als (B-Ebene) eine große Ladenpassage, von der aus zwei je viergleisige Schnellbahnhöfe – ein U-Bahnhof (C-Ebene), sowie ein S-Bahnhof (D-Ebene) – und eine dreigeschossige Tiefgarage (die zum Teil auch als Zivilschutzraum genutzt werden kann), durch zahlreiche Gänge und Treppen erschlossen wird. Dies waren damals die ersten öffentlichen Fahrtreppen in der Stadt. Von der B-Ebene ist auch die Straßenbahnhaltestelle auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof, Am Hauptbahnhof zu erreichen – vormals ausschließlich auf diesem Weg; inzwischen gibt es auch wieder einen Fußgängerüberweg auf Straßenniveau.

Die unterirdischen Anlagen wurden in offener Bauweise errichtet: Für den Bau des unter der Fernbahnhalle liegenden S-Bahnhofs wurde der Nordflügel des Empfangsgebäudes abgetragen und später unter Verwendung der originalen Fassadenverkleidung neu errichtet. Die unterirdischen Bahnhöfe wurden 1978 in Betrieb genommen.

Zeitgleich entstand auch ein zweigeschossiger Luftschutzbunker, der Bahnangestellten im Ernstfall Schutz bieten sollte. Aus diesem Bunker konnte der gesamte Telefonbetrieb abgewickelt werden. Weiterhin war eine Bedienung der Lautsprecheranlage möglich. Auch wenn heute keine Vorräte wie Konservendosen mehr eingelagert werden, sind die technischen Anlagen (Luftfilteranlagen, Stromgeneratoren) weiterhin voll einsatzbereit.

Zur Einführung des ICE-Betriebs im Juni 1991 wurden die beiden Bahnsteige der Gleise 6 bis 9 verbreitert, erhöht und verlängert. Der Platz für die Verbreiterung wurde gewonnen, indem die – inzwischen funktionslosen – Gepäckbahnsteige zurückgebaut wurden.

Von 2002 bis 2006 wurden die seit 1972 unter Denkmalschutz stehenden Dächer der fünf Bahnsteighallen im laufenden Betrieb unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Aspekte komplett erneuert. Insgesamt wurden etwa 60.000 Quadratmeter Dach- und Wandverkleidung – davon etwa 30.000 Quadratmeter Glasfläche – erneuert und 5000 Tonnen Stahl ausgetauscht. Für diese Grundinstandsetzung wurde als Montagekonzept ein spezielles Taktverfahren entwickelt. In zehn Metern Höhe wurde für die Dauer der Bauarbeiten eine Montage- und Transportplattform über die Länge des Daches eingezogen. Im mittleren Bereich dieser Plattform wurden Turmdrehkrane installiert. Stützlasten bis zu 150 Tonnen je Stütze wurden teilweise bis in die Kellergeschosse durchgesteift und dort gegründet. Im Taktverfahren waren alle Arbeitsgänge so integriert, dass alle zwei Wochen die Plattformen um ein Feld (9,3 Meter) je Halle verfahren wurden. Schraubverbindungen anstatt Nieten dienen als Verbindungsmittel – die eigens entwickelte Nietkopfschraube erlangt die Zulassung im Einzelfall durch das Eisenbahn-Bundesamt. Durch die Sanierung des Bahnhofsdaches wird deutlich mehr Tageslicht eingelassen. Die Binder, die das Dach tragen, wurden wie im Originalzustand hellgrau gestrichen und wirken damit heller. Die Zierrosetten in den Zwickeln sind nun dunkelblau gestrichen und kommen so besser zur Geltung. Das gesamte Baugeschehen spielte sich nahezu unbemerkt zehn Meter über den Köpfen der Reisenden ab. Kurz nach Beginn der Arbeiten kam es zu einem Zwischenfall. Bei Schweißarbeiten geriet ein Teil des Daches des Nordteils des Empfangsgebäudes in Brand. Hierbei wurde die „Lüftungszentrale Nord“ fast komplett zerstört und musste erneuert werden. Da während des Brandes weiter Luft angesaugt wurde, kam es auch im Inneren des Gebäudes, vor allem in der B-Ebene, zu Verschmutzungen und Schäden. Insgesamt wurden 117 Millionen Euro in die Dachsanierung investiert. Die Kosten wurden zu 80 Prozent durch den Bund getragen.

Auch die sonstige Innengestaltung der Bahnhofs- und Empfangshallen sowie des Tiefbahnhofs wurde modernisiert. So wurden zum Beispiel im U-Bahnhof die 30 Jahre alten Wandbilder ersetzt. An Stelle der alten Fallblattanzeiger sind an den Bahnsteigen inzwischen Flüssigkristallbildschirme getreten. Sieben kubische Glas- und Stahlpavillons haben – wie im Wiesbadener Hauptbahnhof – die vorherige Bebauung des Querbahnsteigs abgelöst. Mitte 2006 sind ebenfalls kubische und transparente Aufzüge von den S-Bahn-Bahnsteigen zur U-Bahn und auf den Querbahnsteig der Bahnsteighalle installiert worden.

Aufgrund des häufigen Diebstahls von Kofferkulis, der einen jährlicher Schaden von bis zu 30.000 Euro verursachte, wurde im Frankfurter Hauptbahnhof ein Sicherungssystem installiert, das ein Entfernen der Gepäckwagen vom Gelände der Bahn verhindern soll. Beim Überschreiten einer roten Markierung blockiert das Vorderrad. Dieses System wurde ursprünglich für Einkaufswagen entwickelt und entsprechend angepasst.

Ende 2001 begannen die Arbeiten für ein Elektronisches Stellwerk, dessen stufenweise Inbetriebnahme am 27. November 2005 abgeschlossen wurde. Es ersetzt das Gleisbildstellwerk von 1957, das insgesamt etwa 20 Millionen Zug- und 100 Millionen Rangierfahrten abwickelte. Die Ein- und Ausfahrgeschwindigkeiten wurden von 30 km/h teilweise auf 40 bis 60 km/h angehoben und neue Fahrmöglichkeiten mit zusätzlichen Weichen geschaffen. Auf allen Zulaufstrecken wurde ein Gleiswechselbetrieb eingeführt, 13 Bahnsteiggleise des Hauptbahnhofs ferner in zwei Abschnitte eingeteilt (Deckungssignale). Insgesamt umfasst die Anlage 845 Stelleinheiten, darunter 340 Weichen und Gleissperren sowie 67 Hauptsignale. Das Stellwerk wird heute aus der Betriebszentrale Frankfurt am Main von sechs Fahrdienstleitern und einem Knotendisponenten fernbedient. In das Stellwerk wurden 132 Millionen Euro investiert.

Mit dem neuen Stellwerk wird die Grundlage für zahlreiche Erweiterungen und Umbauten an den Gleisanlagen des Hauptbahnhofs und der zulaufenden Strecken gelegt, um die Bahnsteiggleise des Hauptbahnhofs zukünftig besser auszulasten und dessen Kapazität zu steigern. Dabei soll der Fernverkehr zukünftig auf der Südseite des Hauptbahnhofs (Gleise 1–6) konzentriert werden, der Regionalverkehr auf der Nordseite.

Als Vorbereitung auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde seit November 2005 das Wegeleitsystem erneuert. Durch den Austausch der teilweise veralteten Beschilderung sollte eine schnelle und einfache Orientierung innerhalb des Bahnhofes möglich werden.

Bis 2007 wurden zudem die seit Jahrzehnten nicht mehr durchgängig erneuerten Fußböden und die Verkleidungen der Treppen einheitlich mit schwarzem Granit aus China belegt. Im Anschluss daran ist eine Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes, der B-Ebene und der S-Bahn-Station vorgesehen. Diese Maßnahmen werden sich voraussichtlich bis ins nächste Jahrzehnt hinziehen.

Von Juli bis September 2010 wurde der Bahnsteig 12/13 abgetragen und neu gebaut. Die Bahnsteigdecke wurde mit Betonsägen von der Unterkonstruktion getrennt, abschnittsweise abgebrochen und in Betonfertigteilen neu erstellt. Der neue Bahnsteig erhielt denselben Granit-Bodenbelag wie schon der Querbahnsteig und die Hausbahnsteige. Der außerhalb der Halle liegende Teil wird mit einem neuen, 130 Meter langen Bahnsteigdach versehen. Insgesamt kostete die Bahnsteigsanierung 8,5 Millionen Euro.



Text: Wikipedia

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