Friedrichroda

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Friedrichroda ist eine Kleinstadt im Landkreis Gotha. Die Stadt ist einer von drei staatlich anerkannten Heilklimatischen Kurorten in Thüringen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Friedrichroda.

Geschichte

Mit dem Bau der Schauenburg durch Ludwig mit dem Barte um 1044 kam es zur Ortsgründung des heutigen Friedrichroda. Sein Sohn, Ludwig der Springer, erbaute die Wartburg bei Eisenach und gründete 1085 das Kloster Reinhardsbrunn, für viele Jahre ein geistiges und kulturelles Zentrum Thüringens. Für die Entwicklung der Landesherrschaft der Ludowinger kam den Vogteien über das Kloster Reinhardsbrunn, das Kloster Hersfeld und andere Stifte große Bedeutung zu. Das Hauskloster wurde nicht nur vom Landgrafen, sondern auch über andere Adelsfamilien gefördert. Deshalb konnte das Kloster mehrere Filialen wie in Zscheiplitz, in der Propstei Zella St. Blasii, in der Propstei Dietenborn, in Bonnrode und Oberellen gründen. Die Pröpste setzte das Mutterkloster ein. Eine besondere Wohltäterin der Klostergemeinschaft war Landgräfin Jutta.[3]

Ersterwähnung

Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte 1114 als Friderichesrot.[4] Der Ort lag im Zentrum des Landesausbaus der Thüringer Landgrafen, hierzu wurden neue Siedler aus den übervölkerten Dörfern Innerthüringens angelockt und zur Gründung neuer Höfe aufgefordert.

Kloster Reinhardsbrunn

Nach dem Aussterben der Ludowinger wuchs für den Ort die Bedeutung des Klosters Reinhardsbrunn. Die Mönche förderten die Landwirtschaft und ließen zahlreiche Fischteiche anlegen. In einer Verordnung des Klosters war den Friedrichrodaern das Halten von Gänsen untersagt, man benötigte die betreffenden Wiesen an den Bächen als Bleiche, da das Kloster auch im Textilgeschäft tätig war. Die Herstellung von Zwirn und Leinenstoffen war im Ort bedeutend, 1546 zählte man 43 Zwirnhändler.

Entwicklung des Ortes seit dem Mittelalter

Friedrichroda hatte durch seine Lage an einer wichtigen Passstraße über den Thüringer Wald eine Bedeutung als Straßenstation; für den steilen Aufstieg zum Rennsteig waren Vorspanndienste zu leisten. Viele Bürger wählten daher mit zunehmendem Transportaufkommen das Fuhrmannsleben als Erwerbsgrundlage. An den Quellbächen südlich des Ortes entstanden erste Hammerwerke und Mühlen. Diese waren Teil einer komplexen Bergbaulandschaft am Nordrand des Gebirges. Während des Bauernkrieges wurde das Kloster Reinhardsbrunn von aufständischen Bauern und Tagelöhnern aus den umliegenden Orten gestürmt und ausgeplündert, die Mönche ergriffen die Flucht. Das Kloster wurde säkularisiert und ging in den Besitz der Landesherrschaft über. Die ehemaligen Klosterorte wurden im Amt Reinhardsbrunn zusammengefasst. Friedrichroda erhielt im Jahre 1595 das Marktrecht und 1597 das Stadtrecht. Ein städtischer Rat, dem jedoch keine Gerichtsbarkeit zustand, ist seit 1605 nachweisbar. Der Ort wurde 1634 während des Dreißigjährigen Krieges schwer heimgesucht und ausgeplündert.

Einem Großfeuer fielen Rathaus und die Hälfte der Gebäude zum Opfer. Von diesem Geschehen erholte sich der Ort jedoch rasch. Neben Waldnutzung, Weberei, Zwirnhandel, Färberei und Bleicherei wurde in der Bergstadt Eisenbergbau betrieben, Bereits im 15. Jahrhundert erlebte der Kupferbergbau eine erste Blütezeit, etwa 100 Bergleute fanden ein Einkommen. Bei der Suche nach anderen Erzen und Gesteinen wurde 1784 die Marienglashöhle entdeckt. Der gewerbliche Bergbau wurde um 1840 eingestellt. 1967/68 wurde ein Schaubergwerk gegründet.

19. Jahrhundert

Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts war eine der wichtigsten Erwerbsquellen Garnbleichen und Weben. 1813 besaßen von 272 immerhin 240 Wohnstätten Bleichplätze. Wegen der Gefahr der Verunreinigung der Bleichen durch Enten, Hühner und Gänse wurde das Halten des Geflügels 1521 per Verordnung untersagt.[5] Während des Rückzuges der geschlagenen französischen Armee im Herbst 1813 zogen am Saum des Gebirges Lützower Jäger und als Kosaken bezeichnete russische Reiterei durch den Ort, um durch ständiges Attackieren eine Reorganisation der in regelloser Flucht befindlichen französischen Einheiten zu verhindern. Es kam zu zahlreichen Einzelgefechten, die Toten wurden meist in den als Franzosengräber bezeichneten Massengräbern verscharrt.

1807 und 1836 verursachten erneut Großfeuer im Ort zahlreiche Schäden und Obdachlose. Im 19. Jahrhundert wurde Friedrichroda auch durch die im Nachbarort Schnepfenthal entstandene Salzmannschule bekannt. Die als Zöglinge bezeichneten Schüler, zu denen auch einige Prinzen und Adelige gehörten, besuchten auf ihren Exkursionen und in der Freizeit gerne auch Friedrichroda. Zur Erinnerung wurde unlängst der heimatkundliche Rundwanderweg Zöglingsweg zwischen Waltershausen, Friedrichroda und Schnepfenthal angelegt.

1827 wurde das Kloster Reinhardsbrunn von den Gothaer Herzögen als Landschloss mit Park in englischem Stil umgestaltet. 1828 baute der Friedrichrodaer Christian Friedrich Ludwig Buschmann im Alter von 13 Jahren ein mit dem Mund anzublasendes Instrument. Das Instrument war ein würfelförmiges Kästchen mit Blasöffnungen, in dem Stimmzungen eingebaut waren, und ähnelte somit der Mundharmonika. Wenig später baute er unter der Anleitung seines Vaters das erste Terpodion mit einem Zungenregister. Er und sein Vater sind die Erfinder dieses Instrumentes.

1837 kam der Gothaer Buchhändler Friedrich Christoph Perthes als erster Kurgast nach Friedrichroda, um sich von den Folgen einer schweren Krankheit zu erholen. 1841 wurde er Ehrenbürger von Friedrichroda. Zum eigentlichen Ruf als heilklimatischer Kurort kam Friedrichroda erst, als sich der Arzt Ferdinand Keil 1844 niederließ und andere Mediziner auf den Ort aufmerksam machte. 1852 zählte der Ort schon 333 Erholungssuchende, 1892 waren es 9381.[5] Heute prägen zahlreiche gründerzeitliche Bauten, als Kurpensionen und Hotels errichtet, das Stadtbild.[6]

1876 wurde die Eisenbahnlinie nach Fröttstädt und 1896 die 1947 stillgelegte Strecke nach Georgenthal gebaut. Seit 1929 ist die Stadt Station der elektrischen Thüringerwaldbahn Gotha–Bad Tabarz.

An Pfingsten 1890 wurde in Friedrichroda der einflussreiche und für die Frauenbewegung wichtige Allgemeine Deutsche Lehrerinnenverein gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählen Marie Loeper-Housselle, Helene Lange und Auguste Schmidt.

20. Jahrhundert

Im Zuge der Industrialisierung entstanden Fabriken für Möbel, Taschenlampen, Batterien und Kunststofferzeugnisse. Der aufstrebende Fremdenverkehr zog vor dem Ersten Weltkrieg jährlich ca. 15.000 Gäste an.

In einer der ortstypischen Villen am Schreibersweg (Nr. 6) richtete 1918 der Mitarbeiter- und Freundeskreis um die protestantische Kulturzeitschrift Die Christliche Welt unter Leitung des Marburger Theologieprofessors Martin Rade ein Vereinshaus ein, das als Ort regelmäßiger größerer Zusammenkünfte sowie als Pensionsbetrieb bis in die dreißiger Jahre bestand. Heute dient das baulich inzwischen stark veränderte Haus privaten Wohnzwecken.[7]

1933 wurde das Friedrichrodaer Krankenhaus nach dem verdienten Bürgermeister (Amtszeit 1904–1919) umbenannt in „Max-Küstner-Kranken- und Erholungshaus“. Max Küstner hatte vor dem Ersten Weltkrieg für den Bau des Städtischen Krankenhauses gesorgt und mit Wasserversorgung, Kanalisation, Kläranlage und WC-Pflicht für jedes Haus besonders viel für die Hygiene im Ort getan. Damit waren auch die sonst zweimal jährlich auftretenden Typhus-Endemien beendet worden.[8]

Ebenfalls am Schreibersweg unterhielt seit 1931 Bettina Brenner ein jüdisches Fremdenheim, das beim Novemberpogrom 1938 Ziel antisemitischer Angriffe wurde. Seit 1939 mussten über einhundert Frauen und Männer aus den von Deutschland besetzten Ländern in Hotels, Pensionen, im Lazarett und in der Eka-Möbelfabrik Zwangsarbeit leisten. Aus dem „Judenhaus“ in der Alexandrinenstraße wurden die Bewohner zwischen 1942 und 1943 nach den KZ Theresienstadt und Auschwitz deportiert. Im Stadtpark erinnert seit 1949 ein Mahnmal an die Opfer des Faschismus. Die Kommunistin Käte Duncker lebte einige Zeit in Friedrichroda, ihr wurde im Park ein Gedenkstein gewidmet.

Am 24. Februar 1944 stürzte ein abgeschossener schwerer, viermotoriger US-Bomber vom Typ Liberator am Körnberg (Salzschlag) ab. → Hauptartikel: Luftangriff auf Friedrichroda

Am 6. Februar 1945 erlitt Friedrichroda einen amerikanischen Luftangriff mit Abwurf von „120.500 Pfund Bomben und 10 Flugblatt-Einheiten“.[9] 135 Tote (darunter 29 Kinder), 74 total zerstörte und 350 beschädigte Häuser waren die Folge. Die Opfer wurden in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof beigesetzt, das 1989 ein Denkmal von Günter Reichert erhielt.[10] Friedrichroda war Lazarettstadt, eine Luftabwehr und adäquate Schutzräume fehlten. Bei der Besetzung durch die US-Armee am 7./8. April 1945 wurde der Ort durch Artillerie beschossen, wobei besonders das dominante, auf einer Höhe gelegene Kurhaus (Kurhaus Friedrichroda) zerstört worden ist. 40 Tote waren auf deutscher Seite bei der Besetzung zu beklagen.[11]

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges unterhielt die Gothaer Waggonfabrik im Ort ein Zweigwerk, in dem die Vorserienfertigung des revolutionären Nurflügel-Strahljägers Ho 229 (Ho IX) der Gebrüder Horten begann. Als die Amerikaner im April 1945 Friedrichroda erreichten, fiel ihnen neben den Konstruktionsunterlagen auch der fast fertige dritte Prototyp dieses Flugzeugs in die Hände, den sie zerlegten und in die USA verschifften.

Am 3. Juli 1945 wurde die US-Armee durch die Rote Armee als Besatzung abgelöst. Damit gehörte Friedrichroda, wie ganz Thüringen, zur Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und ab 1949 zur DDR.

Friedrichroda – mit seinen gut 5.000 Einwohnern – nahm 1945/46 etwa 2.000 Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten auf. Darunter befanden sich über 1.700 Nordböhmen. Die Gablonzer unter ihnen, die nichts als ihr Fachwissen hatten mitbringen können, bauten ein Zentrum der Schmuckindustrie in Friedrichroda und Nachbarorten auf.[12] Der „Thüringer Schmuck“ hat hier einen Ursprung.

In der Zeit nach 1949 bis zur Wende 1989 war Friedrichroda eines der beliebtesten mitteldeutschen Ferienziele und galt als zweitgrößter Erholungsort der DDR. Seit 1954 gab es das FDGB-Ferienheim „Walter Ulbricht“ (anstelle des 1945 zerstörten Kurhauses), das nach 1990 in „Ramada Friedrichroda“ umbenannt wurde. Am Stadtrand, auf dem Reinhardsberg, wurde 1980 das markante FDGB-Ferienheim „August Bebel“ errichtet, das vor allem durch privilegierte DDR-Bürger besucht wurde. Nach der Wende wurde es in Berghotel Friedrichroda umbenannt und gehört zur Hotelkette der Ahorn-Hotels.

1966 sollten auf der Friedrichrodaer Spießbergbahn die 10. Weltmeisterschaften und 1967 die Europameisterschaften im Rennschlittensport ausgetragen werden; aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse konnten beide Wettbewerbe jedoch nicht durchgeführt werden.[13] Die DDR hatte allerdings im Vorfeld zur Weltmeisterschaft 1966 eine Briefmarkenreihe mit drei Motiven ausgegeben.

1970 fanden in der Gegend um Friedrichroda und Eisenach die Orientierungslauf-Weltmeisterschaften statt.


Text: Wikipedia

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