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Friesack

Friesack ist eine amtsangehörige Stadt im Landkreis Havelland im Land Brandenburg.

Ortsführer

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(c) Karte: CC-BY-SA OpenStreetMap.org contributors

Reklamemarken und Siegelmarken

Geschichte

Sage

„Der Teufel hat einmal Musterung auf der Erde gehalten und alle die Edelleute, die nicht mehr gut thun wollten, in einen großen Sack gesteckt, den auf den Rücken gethan und ist lustig damit zur Hölle geflogen. Wie er nun über der Stadt Friesack ist, so streift der Sack etwas hart an der Spitze des Kirchthurms, sodass ein Loch hineinreißt und eine ganze Gesellschaft von Edelleuten, wohl ein Viertheil der Bewohner des Sacks, ohne daß der Teufel es gemerkt hätte, herausfallen. Das sind aber die Herren von Bredow gewesen, die nun nicht wenig froh waren, den Krallen des Teufels für diesmal entkommen zu sein. Zum Andenken nannten sie nun die Stadt, wo der Sack das Loch bekommen und sie befreit hatte, Frie-Sack, und von hier haben sie sich dann über das ganze Havelland verbreitet, wo bekanntlich eine große Menge von Rittergütern in ihrem Besitz sind. Die Namen derselben haben sie ihnen ebenfalls gegeben, und zwar meist nach der Richtung des Weges, den sie nahmen; der älteste der Brüder nämlich, der in Friesack blieb, sagte zum zweiten: »gå beß (besser) hin«, da nannte der den Ort, wo er sich niederließ, Beßhin, woraus nachher Peßin wurde; ein dritter ging von Friesack, das am Rande des mächtigen havelländischen Luchs liegt, Land einwärts, darum nannte er seine Ansiedlung »Land in« oder Landin; ein vierter ging denselben Weg entlang wie der zweite, und baute Selbelang; ein fünfter ging von dort aus rechts zu (rechts too) und baute Retzow, ein sechster endlich nannte sein Dorf nach seinem eigenen Namen Bredow.“ (Kuhn, Adalbert: Märkische Sagen und Märchen. Berlin 1843)

Religion

In den Jahren 1538–1539, als die Hohenzollern zur evangelisch-lutherischen Lehre übertraten, wurden auch Friesack und das ganze Land evangelisch.

Nachdem sich in Friesack katholische Arbeiter niedergelassen hatten, fand 1852 durch Missionsvikar Eduard Müller die erste Heilige Messe nach der Reformation in Friesack statt. Ab 1878 fanden die katholischen Gottesdienste in der Rosenkranzkapelle statt. Von 1927 bis 1935 war der am 22. Februar 1940 im KZ Sachsenhausen umgekommene Albert Willimsky Pfarrer in Friesack, 1927 wurde das Pfarrhaus erbaut. Seit 2004 gehört die katholische Gemeinde Friesack zur Pfarrei St. Peter und Paul in Nauen. Auf Grund von baulichen Mängeln der Rosenkranzkapelle finden seit 2010 die katholischen Gottesdienste im Gemeinderaum des Pfarrhauses an der Berliner Allee 9 statt. 2015 wurde auf Initiative des Vereins deo iuvante Freisack e. V. (= mit Gottes Hilfe) die Seitenstraße an der Rosenkranzkapelle in Pfarrer-Albert-Willimsky-Weg umbenannt und es wurde eine Gedenktafel enthüllt.

Stadtbrände

Feuersbrünste, der „rote Hahn“, wüteten des Öfteren in Friesack. Im Jahr 1616 erhielt der Ort als dessen Folge umfangreiche Statuten, welche den Bürgern Verhaltensmaßregeln zur Brandvermeidung auferlegten. Diese findet man heute im Friesacker Heimatmuseum. Trotzdem wurden 1619 die Stadt und die zwischen 1560 und 1588 neuerrichtete Burg durch einen Brand fast völlig zerstört.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es wegen der Brandgefahr verboten, im Ort Scheunen zu bauen. Stattdessen entstand am Rande der Stadt eine ununterbrochene Reihe von Scheunen entlang der heutige Thiemannstraße. Es brannte aber immer wieder. Größere Feuer wüteten 1800, 1825, 1841 und 1945.

Nach dem großen Brand von 1841, der auch das Burggelände erfasste, aber das Herrenhaus (Friesack I) verschonte, baute Karl Georg G. F. von Bredow ein neues Herrenhaus an der Straße nach Klessen, um der Brandgefahr möglichst zu entgehen. Dieses Haus brannte 1948 infolge Brandstiftung, möglicherweise zur Vertuschung eines Einbruchs, ab. Mit dem Haus wurden viele historischen Gegenstände des ausgelagerten historischen Museums zerstört. Der Zweite Weltkrieg zerstörte neben der bald wieder errichteten Kirche und einigen wenigen Gebäude zunächst nur wenig. Erst durch Brandlegung der Besatzer wurde etwa ein Drittel der Stadt vernichtet. Noch heute finden sich daher einige Baulücken, z. B. in der Berliner Straße. Burganlage von Friesack zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges

Kriege, Könige und Kaiser

Während des Dreißigjährigen Krieges hatte auch Friesack stark zu leiden. 1635 wurde der Ort tagelang geplündert. 1638 belagerten die Schweden die Burg, die von den Kaiserlichen unter General Gallas verteidigt wurde, aber nach dem Ausgehen der Verpflegung übergeben werden musste.

Große Bedeutung hatten dann wieder die Bestrebungen von Friedrich Wilhelm I. und Friedrich dem Großen im 18. Jahrhundert zur Urbarmachung und Kolonisation des Havellandes und des Rhinluches. In dieser Zeit wurden der Rhinkanal und der Havelländische Hauptkanal gebaut. Nach dem Sieg der napoleonischen über die preußischen Armeen in der Schlacht bei Jena und Auerstedt und dem Frieden von Tilsit wurden 1807 und 1808 französische Soldaten in Friesack einquartiert. Die Einwohner hatten Pferde und Wagen sowie Proviant zu stellen.

Durch den Bau der Straße Berlin–Hamburg im Jahre 1829 (im groben die heutige B5) erlebte Friesack einen wirtschaftlichen Aufschwung, welcher jedoch durch den Eisenbahnbau 1846 wieder zurückging. Weit besser erging es Friesack dann wieder von 1860 bis 1886 als Garnisonsstadt. Die Zieten-Husaren machten ihre Reitübungen an den steilen Hängen der jetzigen Freilichtbühne. 1885 hatte der Prinz und Feldmarschall Friedrich Karl Nikolaus von Preußen eine Parade abgenommen. Ihm zu Ehren wurde dort 1899 ein Denkmal eingeweiht.

Am 13. Oktober 1894 weihte Kaiser Wilhelm II. das Denkmal für den Kurfürsten Friedrich I., den Bezwinger der Quitzow-Burg, feierlich ein. Die drei Meter hohe bronzene Statue wurde während des Zweiten Weltkrieges heruntergenommen und sollte zu Kriegszwecken eingeschmolzen werden. Dies geschah nicht mehr, sie wurde aber in der DDR-Zeit zur Produktion von Kleinersatzteilen für Landmaschinen verwendet. 2012 wurde eine Nachbildung aufgestellt.

Handwerk

Besondere Erwerbszweige waren die Torfgewinnung und das Holzpantinengewerk. Weiterhin existierten natürlich die Landwirtschaft, das generelle Handwerk für Gegenstände des täglichen Bedarfs und ein gewisses Maß an dienstleistendem Gewerbe. So wurden 1939 14 Gastwirtschaften, 15 Lebensmittel- und Gemischtwarengeschäfte, 8 Bäckereien, 5 Fleischereien, 3 Schmiede, 4 Herrenschneider, 2 Uhrmacher, 3 Sattler und 5 Schuhmacher u. a. verzeichnet.

Kleinere Unternehmen als Folge der Industrialisierung gab es nur wenige. So bestanden zwei Ziegeleien, 1889 wurden eine Brauerei und 1920 die Molkerei gegründet. 1925 kamen ein Sägewerk und eine Haferflockenfabrik hinzu. Von 1854 bis 1945 besaß die Stadt eine eigene Heimatzeitung. Der erste Druckereibesitzer war Gustav Goldsche. Heute informiert der viermal im Jahr erscheinende Friesacker Quitzow-Kurier über die Begebenheiten im Ort.

Vereinsleben

Im Jahr 1830 wurde die Schützengilde gegründet. 1897 setzte sich der Verschönerungsverein u. a. zur Aufgabe, die Wege und Plätze mit Flieder zu bepflanzen. Daraus resultierte das alljährliche gefeierte Fliederfest. 1884 wurde der Turn- und Sportverein gegründet, nach 1945 u. a. mit einer Feldhandballerinnen- und einer Fußballmannschaft. Weiterhin existierten mehrere Gesangs-, Theater-, Frauen- und „Krieger“-vereine. Auch eine Badeanstalt am Rhin sowie ein Badehaus mit Wannenbädern gehörten zum Freizeitangebot. Sie wurde nach 1945 als Müllkippe verwendet. Es steht zu befürchten, dass sich dort noch Munition und Schlimmeres ausgraben lassen.

In der ehemaligen „Schweizer Halle“, der heutigen Diskothek, wurde geturnt und Tischtennis gespielt. Seit 1953 erfreut der Friesacker Karnevalsverein die Menschen. Weiterhin existieren ein Tennisverein, zwei Angelvereine, ein Kleintierzüchterverein, ein Imkerverein und ein Landfrauenverein. Die Interessengemeinschaft „Die Pumpenfreunde“ sorgten dafür, dass auf dem Marktplatz 1997 eine Pumpe errichtet wurde. Seitdem wird jährlich im Juli das Pumpenfest gefeiert. Musikalisch sind der ökumenische Kirchenchor, der im Katholischen Pfarrhaus probt, recht bekannt. Auch einige Auto- und Motorradvereine sind aktiv. Seit 2010 ist der Verein deo iuvante Friesack e. V. aktiv und versucht die ehemalige Rosenkranzkapelle und das Gedenken an den am 22. Februar 1940 im KZ Sachsenhausen verstorbenen Pfarrer Albert Willimsky zu erhalten.

Schulwesen

Das für diese Gegend überraschend hohe Angebot an Ausbildungs- und Schuleinrichtungen ist wohl ein Hauptgrund dafür, dass dieser Ort nicht zusehends verfällt, sondern eine Zukunftschance hat. Schon im Jahre 1541 wird eine Schule erwähnt. Nach 1600 kommt eine Mädchenschule hinzu. Beide Schulen standen auf dem Burggelände. Im Jahr 1832 wurde die Stadtschule in die Berliner Straße verlegt. Bis 1971 diente sie als Polytechnische Oberschule, bis 1990 als Sonderschule. Heute wird das Gebäude als Obdachlosenheim genutzt.

Am 10. Februar 1971 wurde die neuerrichtete Schule am Sonnenweg eingeweiht. Heute ist die Kooperationsschule nach umfangreichen Modernisierungen ein Schmuckstück der Stadt.

Aus der FDJ-Landestraktoristenschule von 1950 ist die Ingenieurschule für Landtechnik entstanden. Seit 1992 befindet sich dort das Oberstufenzentrum Havelland für theoretische Berufsausbildung. Auf dem ehemaligen Gelände der Betriebsberufsschule des Meliorationskombinats Potsdam befindet sich das überbetriebliche Ausbildungszentrum Bauwirtschaft des Landes Berlin-Brandenburg. Für Aus-, Um- und Weiterbildung ist die „Ländliche Erwachsenenbildung“ zuständig.

Friesack zur Zeit der DDR

Durch die Bodenreform vom 2. September 1945 erhielten landarme Bauern, Landarbeiter, Flüchtlinge und Vertriebene kostenlos Acker- und Weideland sowie Wald, nachdem die bisherigen Eigentümer enteignet und vertrieben worden waren. Große Betriebe wurden verstaatlicht, neue Einrichtungen und Betriebe entstanden, so z. B. das Großprojekt „Milchader für Berlin“ der FDJ im Havel- und Rhinluch. In den fünfziger Jahren begann die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft. Viele Friesacker Familien flüchteten in die Bundesrepublik Deutschland. In der Stadt waren die ACZ, Meliorations-, Forstwirtschaft, Getränkeproduktion, Sägewerk und Kreisbaubetrieb ansässig. Am 17. Juni 1953 demonstrierten die Bauarbeiter zusammen mit der Friesacker Bevölkerung gegen die staatlichen Zwangsmaßnahmen. Einige Personen wurden verhaftet, was eine weitere Auswanderung von Friesacker Bürgern in den Westen zur Folge hatte.

Etwa zwischen 1949 und 1956 war die an der Interzonenstraße Berlin–Hamburg (damals F 5, heute B 5) gelegene Tankstelle als Zuladestelle für hochprozentigen Branntwein eingerichtet, der für den innerdeutschen Branntweinschmuggel in die BRD bestimmt war. Mit dem Branntwein, der auf Interzonenverkehr-Lastkraftwagen fassweise zwischen der Ladung versteckt oder in Schmuggelbehälter (z. B. präparierte LKW-Reifen) abgefüllt wurde, sollte durch dessen illegalen Verkauf die Wirtschaft der Bundesrepublik geschädigt werden, denn dem westdeutschen Fiskus entgingen pro Hektoliter Branntwein mehr als 1.000 DM Einnahmen, während die DDR dadurch in den Besitz von harter Währung (DM oder US-Dollar) gelangte.

Friesack nach der Wende

Das Feuerwehrhaus wurde nach Abriss der anliegenden Gasanlage (1996) und des Gasometers (1999) erweitert.

Im Jahr 2000 wurde die Sanierung des Marktplatzes beendet. Angrenzend in der Berliner Straße wurde eine Ladenzeile gebaut, die derzeit zum großen Teil unvermietet ist. Im Gegensatz zu früher besteht heute die starke Tendenz, Alltagsgegenstände in Einkaufszentren, wie zum Beispiel dem vor Berlin an der B 5 liegenden Havelpark Dallgow, zu besorgen. Obwohl die Stadt für kleinere Geschäfte nicht genug Käuferpotential anzieht, stellt sie für die Umgebung im Lebensmittelbereich ein lokales Einkaufszentrum dar. Sonst ließe sich die hohe Dichte von Lebensmitteleinkaufsmärkten, die sich dort halten, nicht erklären. So mager das Angebot daneben zumeist auch ist, findet man doch weitaus mehr als in der Umgebung.

Der 2004 erfolgte Ausbau der Bahnstrecke für den ICE-Betrieb hatte auch bei Friesack einige bauliche Veränderungen wie den Brückenbau für die Hamburger Straße nach Zootzen zur Folge.

Ein Relikt der aus der Auflösung der DDR resultierenden, teils problematischen Besitzverhältnisse ist das ehemalige Hotel „Zum Stern“ in der Berliner Straße. Das einstmals schöne Haus ist derzeit in einem verwahrlosten Zustand. Nutzungskonzepte schlugen bisher fehl, inzwischen ist das Haus abgerissen worden.

Die Stadt weckt derzeit tendenziell den Eindruck einer dreigeteilten Bevölkerung. Zunächst die Alteingesessenen, welche vor allem das Stadtbild im Ortskern prägen und sich zum großen Teil aus älteren Menschen rekrutieren. Sie wohnen sowohl in aufwendig restaurierten alten Schmuckstücken als auch in maroden baufälligen Häusern, welche ein mittelalterliches Gassenbild erzeugen. Bei neuzugewanderten Familien, welche mehr die neugebildeten Stadtviertel bevölkern und kinderreicher sind, reicht das Stadtbild von Plattenbau bis zu schönen Einfamilienhäusern. Den dritten Teil der Bevölkerung bilden die sich nur vorübergehend in der Stadt aufhaltenden Schüler und Auszubildenden. So ergibt sich eine durchaus friedliche Koexistenz, wobei diese Bevölkerungskomponente einem völligen Verfall des Ortes in die Bedeutungslosigkeit entgegenzuwirken scheint. Aber im Gegensatz zu einer normalen Entwicklung einer Stadt, deren Nachwuchs von der eigenen Bevölkerung gestellt wird, haben die Schüler wenig Einfluss auf das Stadtbild. Man wundere sich deshalb nicht, dass die „Hauptstraße“, welche eher den Eindruck macht, dass die Stadt unter Landflucht zu leiden hat, von relativ vielen Jugendlichen bevölkert ist, zumal sie für diese wenig zu bieten hat. Dieses oberflächlich betrachtet nicht passen wollende Stadtbild von einem teils „noch“ maroden, mittelalterlich wirkenden, nicht touristisch erschlossenen Ortskern und relativ vielen Jugendlichen ist ein interessanter Unterschied gegenüber anderen Kleinstädten.


Text: Wikipedia

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