Geheimes Civilcabinet des Kaisers

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Das Geheime Civilcabinet hatte die Aufgabe, die der Entscheidung des Kaisers unterliegenden und von den Ressortministern und dem Reichskanzler vorbereiteten Angelegenheiten dem Monarchen vorzulegen und dessen Weisungen den zuständigen Stellen zu übermitteln.

Die Behörde hörte mit dem Ende der Monarchie auf zu existieren.

Das Kabinet hatte seinen Sitz bis 1900 in der Leipziger Straße 56 und dann in der Wilhelmstraße 54 in Berlin (früher Nr. 64).

Siegelmarken

Geschichte

Königreich Preußen

Im frühen 18. Jahrhundert entstand das allgemeine Kabinettsystem, in dem sich der Landesherr mit einem engen Kreis von Vertrauten umgab, mit dem er „aus dem Kabinett“, d.h. aus seinen privaten Gemächern heraus, entschied. In Preußen entstand diese Form der monarchischen Selbstregierung in der friderizianischer Zeit.

Das preußische Geheime Zivilkabinett richtete 1797 Friedrich Wilhelm III. ein.

Nach den Befreiungskriegen

Im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen beseitigte Freiherr vom Stein 1808 zur Stärkung der Regierung das Kabinettsystem. Das Nebeneinander von Ministerialressorts und des außerhalb jeder Verantwortung stehenden Zivilkabinetts wurde als hinderlich angesehen.

1853 wurde das Zivilkabinett unter König Friedrich Wilhelm IV. wieder eingerichtet. Der Chef des Büros des Ministerpräsidenten wurde dabei gleichzeitig Chef des Zivilkabinetts. Durch die Vereinigung beider Ämter in einer Person wurde die Bezeichnung Zivilkabinett beibehalten, es handelte sich aber nur um eine bescheidene Büroorganisation zur Erledigung der Korrespondenz und der privaten Angelegenheiten des Königs. Solange beide Ämter in einer Person vereinigt waren und der verantwortliche Ministerpräsident nicht umgangen werden konnte, bestanden gegen diese Lösung keine Bedenken.

Die beiden Aufgabenbereiche wurden unter Prinzregent Wilhelm (I.) wieder getrennt und aus dem bloßen Sekretariat des Königs wurde wieder eine selbstständig beratende Behörde, die jeder Kontrolle von außen entzogen war.

Kaiserreich

Mit der Gründung des deutschen Kaiserreichs bestand die Notwendigkeit, ein Büro des Kaisers zu schaffen. Da das geheime Zivilkabinett schon unter Wilhelm I. zwischen 1867 und 1870 für Bundespräsidialsachen zuständig gewesen war, übernahm das Königlich-Preußische Geheime Zivilkabinett ab 1871 auch die Reichsangelegenheiten. Die Betrauung von preußischen Behörden mit Reichsaufgaben war kein Sonderfall. So wurde bereits 1870 das preußische Außenministerium als Auswärtiges Amt übernommen. Viele weitere oberste preußische Ämter nahmen unmittelbare Reichsaufgaben wahr. So waren beispielsweise das preußische Kriegsministerium, der preußische Generalstab und das Militärkabinett ebenfalls für Reichsaufgaben zuständig, ohne in Reichsämter umgewandelt worden zu sein.

Durch die Reichsverfassung war der Reichskanzler als oberster Berater des Kaisers vorgesehen. Die starke Stellung Bismarcks führte dazu, dass die Bedeutung des Zivilkabinetts nach Reichsgründung gering war. Nach Bismarcks Ausscheiden stieg die Bedeutung des Zivilkabinetts jedoch spürbar an. Dieses Regierungs-Verwaltungsamt, zunächst am Dönhoffplatz in Berlin, erhielt im Jahr 1903 ein eigenes neobarockes Gebäude in der Wilhelmstraße 64, dessen Baupläne von dem Architekten Carl Vohl stammten. Im gleichen Neubau war auch das Preußische Staatsministerium und im Nachbargebäude die Generallotteriedirektion untergebracht. – Das Geheime Zivilkabinett seiner Majestät des Kaisers und Königs beschäftigte sich im Wesentlichen mit allen Personalfragen des zivilen Bereichs. Hierzu zählten politische Information und Beratung in Fragen der inneren Verwaltung und Politik.

Auflösung

Nach der Ausrufung der Republik 1918 wurde das Zivilkabinett aufgelöst. Die Aufgaben, die das Zivilkabinett für den König von Preußen übernommen hatten, gingen an das Preußische Staatsministerium über. Funktionsnachfolger des Geheimen Zivilkabinetts bezüglich der Personalangelenheiten war das Reichspräsidialamt. In dem Verwaltungsgebäude verblieben weitere Abteilungen der neuen Ministerien.

Organisation

Um 1900 bestand es aus dem Chef mit dem Titel Geheimer Kabinettsrat, aus zwei Geheimen Kabinettssekretären und zehn Geheimen Registratoren.

Der Chef des Zivilkabinetts hatte den Geschäftsverkehr zwischen der preußischen Regierung und dem König abzuwickeln: Er trug alle Berichte der Minister und des Ministerpräsidenten vor und holte die Unterschriften des Königs ein. Die gleichen Aufgaben übernahm das Zivilkabinett nach 1871 auch für alle Reichsangelegenheiten, in denen der König von Preußen als deutscher Kaiser die letzte Entscheidung hatte.

Chefs des Zivilkabinetts waren:

1852–1866 Erneste Emile Illaire

1866–1870 Ferdinand von Mühler

1870–1888 Karl von Wilmowski

1888–1908 Hermann von Lucanus

1908–1918 Rudolf von Valentini

01/1918–10/1918 Friedrich von Berg

10/1918–11/1918 Clemens von Delbrück

Weiternutzung des Gebäudes in der Wilhelmstraße

Nach 1936 zog in die Gebäude Wilhelmstraße 64 (und 63) die Reichsleitung der NSDAP. In den folgenden Jahren wurde die Straßenfassade vereinfacht, d.h. der neobarocke Bauschmuck wurde abgeschlagen. In der DDR-Zeit nutzte die Musikhochschule „Hanns Eisler“ einen Teil des Hauses. Als nach der Wende für die neue Bundesregierung Bürogebäude gebraucht wurden, wurde das Haus Wilhelmstraße 64 (nun jedoch neu nummeriert mit Nr. 54) umgebaut, wobei Reste der kaiserzeitlichen Ausstattung und der NS-Zeit erhalten wurden. Das Dachgeschoss der Nachkriegszeit wurde rekonstruiert und dem historischen Bau nachempfunden. Das Gebäude ist nun der Berliner Dienstsitz des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.



Text: Wikipedia


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