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Gelsenkirchen

Gelsenkirchen ist eine Großstadt im zentralen Ruhrgebiet in Nordrhein-Westfalen.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Gelsenkirchen.

Piedboeuf

Theodor Althoff

Westfaelische Bankkommandite Ohm, Hernekamp & Co.

Sonstige

Geschichte

Mittelalter und Frühgeschichte

Obwohl der heutige Stadtteil Buer erst 1003 n. Chr. als Puira (vermutlich ein verunglücktes Buira) urkundlich zum ersten Mal von Heribert I. erwähnt wurde, gab es auf dem Hügel nördlich der Emscher schon in der Bronzezeit, also mehr als tausend Jahre vor Christus, einige Jagdvölker (möglicherweise germanische Brukterer), die dort zwar nicht in Siedlungen, aber in dicht beieinander liegenden Einzelhöfen lebten. Später drangen die Römer in die Region vor. Um 700 n. Chr. wurde das Gebiet von den Sachsen besiedelt. Auch einige weitere Stadtteile, die heute im nördlichen Gelsenkirchen liegen, wurden bereits im frühen Mittelalter erwähnt; einige Beispiele sind Raedese (heute Stadtteil Resse), Middelvic (Middelich; heute zum Stadtteil Resse gehörend) oder Sutheim (Sutum) und Sculven (heute Stadtteil Scholven). Viele Bauerschaften wurden später mit der Bezeichnung iuxta Bure (bei Buer) näher lokalisiert.

Um 1150 tauchte zum ersten Mal der Name Gelstenkerken oder Geilistirinkirkin auf. Die erste Schreibweise heißt übersetzt so viel wie Kirche bei den Siedlern (-seten) im Bruchland (gel). Die zweite Variante wurde von Franz Darpe mit Kirche (am Bach) der üppigen Stiere und von Paul Derks mit Kirche am Platz, wo sich geile Stiere tummelten übersetzt. Die benannte Kirche bezeichnete vermutlich die Gelsenkirchener Dorfkirche, eine der Vorgängerbauten der Kirche St. Georg. Der Schutzpatron St. Georg hat jedoch nichts mit dem ersten Teil des Stadtnamens zu tun. Etwa gleichzeitig wurde im Norden des heutigen Stadtgebiets im Stadtteil Buer die erste Kirche gebaut; diese ecclesia Buron (Kirche zu Buer) wurde 1160 in einem Verzeichnis von Pfarrkirchen des Deutzer Küsters Theodericus aufgelistet. Die Siedlung gehörte zum Vest Recklinghausen. Allerdings lebten in der Frühzeit und im Mittelalter nur wenige Dutzend Menschen in den Siedlungen um die Emschermulde. Die südlich der Emscher gelegenen Gebiete der heutigen Stadt Gelsenkirchen gehörten hingegen zur Grafschaft Mark, die seit 1666 (ab 1609 provisorisch) Teil Brandenburg-Preußens war.

Von 1609 bis 1706 waren im Gebiet der heutigen Stadt Gelsenkirchen 15 Personen von Hexenverfolgungen betroffen. Anna Spiekermann, geboren in Gelsenkirchen-Buer (Bauerschaft Sutum), wurde am 31. Juli 1706 in Westerholt hingerichtet. Sie war das letzte Opfer der Hexenverfolgungen im Vest Recklinghausen.[9]

In den Hexenprozessen in der Freiheit Horst (Gelsenkirchen-Horst) gerieten 14 Personen in Hexenprozesse, sechs wurden hingerichtet. 1609 wurden die Kinder Greitgen Nothoff, Johann Nothoff und die 8-jährige Trina Nothoff der Herrschaft verwiesen. Ihre Eltern Johann Nothoff und Hille Nothoff wurden stranguliert und anschließend verbrannt.[10]

Industrialisierung

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war das Gebiet in und um Gelsenkirchen nur dünn besiedelt und fast ausschließlich agrarisch geprägt. 1815 ging das heutige Stadtgebiet Gelsenkirchens – nach vorübergehender Zugehörigkeit zum Großherzogtum Berg – an Preußen, das es der Provinz Westfalen angliederte. Während das damalige Gelsenkirchen dem Amt Wattenscheid im Kreis Bochum des Regierungsbezirks Arnsberg zugeordnet wurde, kam das Amt Buer (mit Horst) zum Kreis Recklinghausen im Regierungsbezirk Münster. Diese Zuordnung zu zwei Regierungsbezirken endete erst 1928.

Nach der Entdeckung der Steinkohle im Jahre 1840 und der ihr folgenden Industrialisierung wurden 1847 die Stammstrecke der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft und der erste Gelsenkirchener Bahnhof eröffnet. 1868 wurde Gelsenkirchen Sitz eines eigenen Amtes im Kreis Bochum. Dazu gehörten die Gemeinden Gelsenkirchen, Braubauerschaft (ab 1900 Bismarck), Schalke, Heßler, Bulmke und Hüllen. Friedrich Grillo gründete 1872 in Schalke die Aktiengesellschaft für Chemische Industrie und den Schalker Gruben- und Hüttenverein. Ein Jahr später gründete er, ebenfalls in Schalke, die Glas- und Spiegel-Manufaktur AG. Nachdem Gelsenkirchen zu einem wichtigen Standort der Schwerindustrie geworden war, erhielt es 1875 das Stadtrecht.

Gelsenkirchen wird Großstadt

Im Jahre 1885 wurde Gelsenkirchen nach der Aufteilung des Kreises Bochum Sitz eines eigenen Kreises, der bis 1926 bestehen sollte. Dem Kreis Gelsenkirchen gehörten die Städte Gelsenkirchen und Wattenscheid sowie die Ämter Braubauerschaft (ab 1900 Bismarck), Schalke, Ückendorf und Wanne an. Wenige Jahre später, am 1. April 1897, schied Gelsenkirchen aus dem Kreis Gelsenkirchen aus und wurde kreisfreie Stadt. Horst schied 1891 aus dem Amt Buer aus.

Die Verantwortungslosigkeit der Betreiber der Wasserversorgung führte 1901 zur Typhusepidemie in Gelsenkirchen.

Am 1. Juli 1907 wurde der Hauptbahnhof Gelsenkirchen eröffnet, weil der alte Bahnhof auf Grund des starken Bevölkerungszuwachses nicht mehr genügend Kapazitäten hatte. Im Zuge der Industrialisierung waren viele polnischsprachige Arbeitnehmer aus der Provinz Posen zugezogen, die im Jahre 1905 13,9 % der Gelsenkirchener Stadtbevölkerung ausmachten. Buer wurde 1911 zur Stadt erhoben und ein Jahr später kreisfrei; das bis dahin zum Amt Buer gehörende Westerholt wurde Sitz eines eigenen Amtes. 1924 kam die Landgemeinde Rotthausen, die bis dahin zum Kreis Essen gehört hatte, zur Stadt Gelsenkirchen.

Die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft baute von 1924 bis 1926 das Betriebswerk Gelsenkirchen-Bismarck, das bis 1981 in Betrieb war. Im Zuge der preußischen Gebietsreform wurden zum 1. April 1928 die Städte Gelsenkirchen und Buer mit dem Amt Horst zur neuen kreisfreien Stadt „Gelsenkirchen-Buer“ zusammengeschlossen. Seither gehört das gesamte Stadtgebiet zum Regierungsbezirk Münster. 1930 wurde der Name Gelsenkirchen-Buer durch den Rat der Stadt mit Wirkung vom 21. Mai in Gelsenkirchen geändert. Die Stadt beheimatete in der neuen Konstellation nun etwa 340.000 Menschen.

Gelsenkirchen zur Zeit des Nationalsozialismus

Während der Zeit des Nationalsozialismus war Gelsenkirchen durch seine Lage im Herzen des Ruhrgebiets eines der Zentren der Rüstungswirtschaft. Mitte der 1930er Jahre baute die Hibernia AG als Tochterfirma das Hydrierwerk Scholven, wo durch Kohleverflüssigung synthetisches Benzin erzeugt wurde. Im gleichen Jahr 1936 gründete die Gelsenkirchener Bergwerks-AG in Horst die Gelsenberg Benzin AG und erzeugte dort ab 1939 Benzin aus Kohle. Beide Werke gehören heute zu BP Gelsenkirchen. In keiner anderen Zeit war die Produktion der Gelsenkirchener Industrie so hoch. Dies schuf zwar zum einen – nach der Wegrationalisierung vieler Arbeitsplätze in den 1920er Jahren – kurzzeitig wieder mehr Arbeitsplätze im Bergbau und in der Schwerindustrie, zum anderen wurde Gelsenkirchen im Zweiten Weltkrieg zum Ziel alliierter Bomber, die bei den Luftangriffen auf das Ruhrgebiet drei Viertel des Stadtgebiets zerstörten. Noch heute sind manch ehemalige Hochbunker im Stadtbild zu finden. Neben dem Rathaus in Buer ist ein Luftschutzbunker teilweise noch im Originalzustand erhalten, im Zuge der Entkernung des Hans-Sachs-Hauses wurden dort noch vorhandene Bunkerreste entfernt.

Der Fußballverein FC Schalke 04 passte sich zwar den politischen Gegebenheiten an, war dennoch nicht nationalsozialistisch aktiv.[11]

Adolf Hitler besuchte Gelsenkirchen zu den Trauerfeierlichkeiten des Industriellen Emil Kirdorf, die im Juli 1938 auf dem Gelände der Zeche Rheinelbe in Gelsenkirchen-Ückendorf stattfanden.[12]

Auch in Gelsenkirchen wurde im November 1938 die Synagoge im Stadtteil Buer von den Nationalsozialisten niedergebrannt, die Synagoge in der Gelsenkirchener Innenstadt wurde ebenfalls zerstört. Genau 66 Jahre später wurde dort der Grundstein für die am 1. Februar 2007 eingeweihte neue Synagoge Gelsenkirchen gelegt.

In Gelsenkirchen-Horst gab es im Jahre 1944 ein Außenlager des KZ Buchenwald. Im Gelsenberg-Lager[13] auf dem Betriebsgelände der Gelsenberg Benzin AG waren etwa 2000 ungarische Frauen und Mädchen untergebracht, die zur Zwangsarbeit auf dem Hydrierwerk eingesetzt waren. Bei den Bombenangriffen vom 11. September 1944 auf die Gelsenberg Benzin AG kamen etwa 150 von ihnen ums Leben. Ihnen war der Zutritt zu Bunkern und Schutzgräben verboten.

Von dem Chirurgen Rudolf Bertram, der ab 1937 das Krankenhaus in Rotthausen und das St.-Josefs-Hospital in Gelsenkirchen-Horst betreute, ist überliefert, dass er zusammen mit der Krankenhausfürsorgerin Ruth Theobald und der Ordensschwester Epimacha 17 schwerstverletzte Jüdinnen vor dem Abtransport nach Sömmerda in das dortige Außenlager des KZ Buchenwald rettete, die nach den Bombenangriffen in Gelsenkirchener Krankenhäuser verbracht worden waren. Durch den Einsatz von Bertram und vielen weiteren Beschäftigten der Krankenhäuser erlebten diese Frauen und Mädchen ihre Befreiung im April 1945 im Rotthauser Marienhospital. Für diesen Akt der Menschlichkeit wurde Bernhard Rudolf Bertram im Jahre 1980 posthum von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem die Auszeichnung Gerechter unter den Völkern zuteil. Bertram blieb bis zur Pensionierung im Jahr 1965 Chefarzt am St.-Josefs-Hospital und verstarb 1975 in Gelsenkirchen. 1996 wurde ihm zu Ehren vor dem St.-Josefs-Hospital in Gelsenkirchen-Horst eine Stele mit einer Gedenktafel aufgestellt, die an die Ereignisse erinnert. Der Platz vor dem Krankenhaus erhielt den Namen Rudolf-Bertram-Platz.

Das nördlich des Rhein-Herne-Kanals gelegene Gebiet wurde Ende März durch die US-Armee besetzt. Der südlich des Kanals gelegene Teil Gelsenkirchens wurde erst am 10. April 1945 besetzt. Andernorts in Deutschland wurde der Krieg noch bis Anfang Mai fortgesetzt. Der Zweite Weltkrieg endete letztlich am 8. Mai mit der Bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht.[14] An der Cranger Str. 323 im Stadtteil Erle befindet sich heute die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“.

Nachkriegszeit

Nach der weitreichenden Zerstörung der Stadt und ihrer Industrie im Zweiten Weltkrieg ging am 17. Dezember 1953 die Kokerei Hassel als Deutschlands erster Kokereineubau nach dem Krieg in Betrieb.

Mit der Einführung der Postleitzahlen erhielt Gelsenkirchen 1961 als eine von wenigen Städten zwei Postleitzahlen: Gelsenkirchen 465 und Buer 466 (beide bis zum 1. Juli 1993 in Gebrauch). Die erste Gesamtschule in NRW wurde 1969 in Gelsenkirchen eingerichtet. Die Scholven-Chemie AG (ehemals Hydrierwerk Scholven) fusionierte 1975 mit der Gelsenberg-Benzin-AG zur VEBA-Oel AG.

Gelsenkirchen war ein bedeutender Standort der Bekleidungsindustrie. Diese war einmal eine der fünf tragenden Säulen der lokalen Wirtschaft. Der steile Aufstieg begann in den 1950er und 1960er Jahren, dies zeigt auch das ehemalige Bahnhofsfenster, das heute am Fuße der Bahnhofstraße zu sehen ist. Etwa 50 Unternehmen, wie etwa die Kemper KG, Nienhaus & Luig, Marcona, Harald Feigenhauer, Hugo Kogge, Napieralla & Söhne, Schreck und Witschel&Markmann boten Anfang der 1950er Jahre Arbeit für über 6000 Beschäftigte. 1958 begann zunächst Kurzarbeit, fünf Unternehmen mussten schließen. Anfang der 1970er Jahre fielen der Ölkrise und der dadurch fast unbezahlbar gewordenen Kunstfaserstoffe weitere Unternehmen zum Opfer.

Zwischen 1979 und 1981 wurden die Heinze-Frauen bundesweit bekannt. Die Beschäftigten eines Gelsenkirchener Fotounternehmens erstritten vor Gericht die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen.

Bei seinem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland zelebrierte Papst Johannes Paul II. am 2. Mai 1987 im Parkstadion vor 85.000 Menschen eine Heilige Messe. Er nahm die ihm angetragene Ehrenmitgliedschaft im FC Schalke 04 an.

Bis weit in die Zeit der Montan- und Stahlkrisen gab und gibt es in Gelsenkirchen große produzierende Unternehmen aus diesem Industriebereich, unter anderem die heute weiterhin bestehende Schalker Eisenhütte Maschinenfabrik und das Gussstahlwerk der Thyssen AG.

In den 1990er Jahren wurde in Gelsenkirchen – später als in einigen anderen Ruhrgebietsstädten – die Umstrukturierung der Wirtschaft und der Stadt selbst sichtbar. So fand 1997 auf dem Gelände der stillgelegten Zeche Nordstern die Bundesgartenschau (BUGA) statt, die das ehemalige Zechengelände zum Landschaftspark umgestaltete. Zwei Jahre später fand das Finale der 1989 begonnenen, städteübergreifenden IBA Emscher Park statt.

Die Kokerei Hassel produzierte am 29. September 1999 zum letzten Mal Koks. Mit der Stilllegung stellte die letzte Kokerei auf Gelsenkirchener Stadtgebiet ihre Produktion ein. Bis dahin war in Gelsenkirchen über 117 Jahre und 12 Tage Koks produziert worden. Im selben Jahr nahm die Shell Solar Deutschland AG die Produktion von Photovoltaikanlagen auf. Mit der Schließung der letzten Zeche Gelsenkirchens, der Zeche Ewald Hugo, wurden am 28. April 2000 - 3000 Bergleute entlassen.


Text: Wikipedia

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