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Gerresheim

Gerresheim ist ein Stadtteil von Düsseldorf. Die ehemals eigenständige Stadt ist eine von vier städtischen Siedlungen, die sich im Mittelalter auf dem heutigen Düsseldorfer Stadtgebiet entwickelt haben.

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Geschichte

Von den Ursprüngen bis zur Stadterhebung

Die ersten Zeugnisse menschlicher Besiedlung im Raum Gerresheim stammen aus der Jungsteinzeit.[3] Im Norden Gerresheims sowie im Bereich Unter den Eichen und der Dreherstraße wurden Gräberfelder aus der älteren Eisenzeit[4] und an der Quadenhofstraße Siedlungskeramik aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gefunden. Aus römischer Zeit stammen die Überreste eines germanischen Brandgrabes mit römischer Keramik als Beigabe.

Das erste überlieferte Ereignis ist die Gründung eines Frauenstifts im letzten Drittel des 9. Jahrhunderts durch den fränkischen Adeligen Gerrich auf seinem Gut im Pillebachtal.[5] Dieses Jahr wird überwiegend als das Gründungsjahr des Ortes angesehen.

Entsprechend einer Urkunde vom 13. August 882 war Ende des 9. Jahrhunderts im Ort bereits eine Kirche vorhanden. In dieser Urkunde verpflichtete sich eine Familie in „Gerricheshaim“ zum „Wachszins“ und „Kurmede“ für die dem heiligen Hypolit geweihte Kirche.[6]

Weitere Urkunden des frühen 10. Jahrhunderts lassen vermuten, dass Gerresheim bereits früh ein kirchlicher und kultureller Mittelpunkt war. Auf die Gründung folgten friedliche Jahrzehnte des kontinuierlichen Ausbaues. Von den Normannenüberfällen Ende des 9. Jahrhunderts blieb Gerresheim verschont. Während der Ungarneinfälle brandschatzte eine kleine Streitmacht von Magyaren im Jahre 919 das Stift und zerstörte es fast vollständig. Die männlichen Bewohner wurden getötet oder als Geiseln entführt und die Bewohner des Stiftes flüchteten.

Nach dem Überfall wurden die zerstörten Anwesen wieder aufgebaut und im Laufe der Zeit entwickelte sich um das Stift ein Ort mit Marktplatz. Bereits Ende des 10. Jahrhunderts war Gerresheim ein Ort mit Privilegien. Kaiser Otto II. bestätigte dem Frauenstift am 12. Ostermonat (April) 976 das Recht einen Zoll in Gerresheim zu erheben.[7] Kaiser Heinrich II. bestätigte dieses Zollrecht am 11. Heumonat (Juli) 1019 erneut.[8]

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau einer neuen großen Stiftskirche begonnen. Vermutlich im Jahr 1236 wurde sie, die heutige Basilika St. Margareta, eingeweiht. Südlich davon, auf dem Gerricusplatz, stand die viel kleinere Pfarrkirche von 1142. Für die Verwaltung und Vertretung nach außen war ein Vogt zuständig. Möglicherweise war der im Jahre 1056 genannte Vogt Adolf identisch mit dem gleichnamigen Vogt des Klosters Werden, Adolf von Berg.[9] 1298 wurde das erste steinerne Wohnhaus erwähnt. Verwaltungsmäßig gehörte der Ort zum 1363 gegründeten Amt Mettmann.

Gerresheimer Frauenstift

Wie bereits angeführt, wurde das Stift in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts durch den Edelherrn „Gerrich“ gegründet. Die Bestätigung des Stiftes erfolgte nach der Meinung mehrerer Historiker, darunter Hugo Weidenhaupt, auf der Kölner Synode im September 870. In einer Urkunde von 874 bestätigt die Tochter von Gerrich, Äbtissin Regenbierg, eine Stiftung in Gerresheim durch ihren Vater und schenkte dem Kloster ihre Erbgüter.[10]

Das Gerresheimer Stift gehört damit zu den ältesten Kanonissenstiften der Erzdiözese Köln.[11] Eine erste direkte urkundliche Erwähnung des Stiftes stammt allerdings erst aus den Jahren 905/906.

Bei dem Überfall durch die Ungarn 919 wurden die Gebäude des Stiftes weitgehend zerstört, aber die Äbtissin und die Kanonissinen konnten rechtzeitig flüchten. Bei der Flucht in das Kölner Sankt-Ursula-Stift wurde die Reliquien des Stiftspatrons, des Heiligen Hippolyt, mitgenommen. Erst über tausend Jahre später, im Jahre 1953, kehrten die Überreste des Stiftspatrons nach Gerresheim zurück.

Der Wiederaufbau der zerstörten Gebäude des Stifts erfolgte in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Im Jahre 970 weihte der Kölner Erzbischof Gero eine neue Kirche ein. Kaiser Otto II. bestätigte im Jahre 976 dieser neu errichteten Stiftskirche ihr Recht auf Zollerhebung.[12]

Das Stift entwickelte sich durch die Übertragung von Pfründen und Erbschaften in den ersten Jahrhunderten ihres Bestehens zu einer wohlhabenden Einrichtung. Unter Äbtissin Gertrud (1208 bis 1215) hatte das Stift 27 Kanonissinnen.[13] Zur gleichen Zeit gehörte dem Stift umfangreicher Grundbesitz mit vielen Gütern und Höfen. In einer Aufstellung von 1218 wurden unter 12 „Haupthöfen“ viele Unterhöfe angeführt. Neben den Höfen gehörten auch 7 Mühlen zum Besitz, die aber fast alle verpachtet waren.

Der Haupthof Dern, der im Gebiet von Gerresheim lag, war Sitz des „Hofs-Behandigungs- und Lehn-Gerichtes“. Ursprünglich musste dreimal im Jahr dieses Gericht unter Vorsitz des Vogtes der Stiftung und mit Beteiligung der Abgesandten der 11 anderen Haupthöfe tagen. Bei diesen Sitzungen wurden alle offenen Fragen und die Abgaben und Lehnleistungen der einzelnen Höfe geklärt. Allerdings wurde im Laufe der Zeit die Bedeutung dieses „Lehn-Gerichts“ immer geringer. Beispielsweise tagte das Gericht im 16. Jahrhundert nur noch einmal im Jahr bei deutlich verringerten Zuständigkeiten.[14]

Wie weit die Höfe im Raum Niederrhein verteilt waren, wird durch die Haupthöfe dokumentiert. Neben dem Haupthof Dern im Bereich Gerresheim waren die 11 weiteren Haupthöfe: 2. Hubbelrath, 3. Erkrath (Hof de Monte), 4. Hoesel (Hof Masshof), 5. Sonnborn/Wupper, 6. Eppinghofen/Erft, 7. Keldenich/Brühl, 8. Rheinheim I (Mündelheim), 9. Gyverthem (Nonnighoven bei Dinslaken), 10. Viehof (Gerresheim), 11. Mintard (Hof Neden) und 12. Rheinheim II. Bis auf die Haupthöfe „Viehof“ und „Rheinheim II.“, die Einzelhöfe waren, unterstanden den anderen Haupthöfen zum Teil bis weit über 20 Unterhöfe. Der Haupthof Dern hatte 1218 beispielsweise 65 Unterhöfe im heutigen Großraum Düsseldorf.[14] Bei einer Aufteilung des Stiftsvermögens wurden dem Stift die Haupthöfe 1 bis 9 und der Äbtissin 10 bis 12 zugeteilt.[15]

Durch die vielen Pfründen und Erbschaften hatte bis Ende des 15. Jahrhunderts das Stift hohe Einkünfte. Ein 1466 vorhandenes hohes Barvermögen wurde an die Stadtkasse von Gerresheim ausgezahlt und dafür die Freigabe von allen Diensten und Abgaben an die Stadt erreicht.[16]

Ab Mitte des 16. Jahrhunderts waren die allgemeinen Bedingungen durch die Reformation für religiöse Einrichtungen generell ungünstig. Dies betraf auch das Frauenstift mit deutlich weniger Insassen und einer merklich sich verschlechternden finanziellen Situation. Durch Brände wurden die Einrichtungen des Stiftes 1550, 1568 und 1751 stark zerstört, was ebenfalls das Vermögen der Stiftung zusätzlich beanspruchte. Während nach den ersten beiden Bränden der Aufbau zügig nach dem Brand erfolgte, war dies aus finanziellen Gründen 1751 nicht mehr möglich, da das Vermögen des Stiftes hierfür nicht mehr ausreichend war. Nur durch Hilfe des Erzbischofs Friedrich von Köln, der zeitlich befristete Kollekten zu Gunsten des Stiftes anordnete, konnte das notwendige Kapital für den Wiederaufbau durch Kirchenspenden aufgebracht werden.[17]

Nach der Säkularisation 1803 im Deutschen Reich erfolgte 1805 die Anordnung zur Auflösung des Stiftes, die in der „Franzosenzeit“ am 23. März 1806 vollzogen wurde.[18]

Von der Stadterhebung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Im Jahre 1368 bezeichneten sich die Grafen von Berg als erbliche Vögte von Gerresheim. Am 5. März desselben Jahres wurde das Dorf Gerresheim durch die Grafen von Berg zur Freiheit erhoben. Die verliehenen Rechte ähnelten jedoch denen anderer bergischer Städte, sodass Gerresheim de facto eine Stadt war. Dies ist auch aus den Privilegien ersichtlich, die Gerresheim gewährt wurden. Diese waren in einigen Punkten besser als die von Düsseldorf und Ratingen. Beispielsweise dürften die Bürger ihren Bürgermeister ohne Eingriffsmöglichkeit durch den Landesherr direkt wählen. Weiterhin durfte der Ort nach eigenem Ermessen Abgaben für besondere Maßnahmen erheben. Dieses Recht hatte keine weitere bergische Stadt und Freiheit.[19] Ab 1390 bestand ein vollständiger Magistrat und es wurde eine halbkreisförmige Stadtmauer angelegt. Im Osten fühlte man sich durch die Sümpfe geschützt. Zusätzlich lag dort mit dem 1423 bis 1437 von Godert von Broichhausen mit Hilfe und Genehmigung des Herzogs von Berg erbaute Quadenhof, auch Haus zu Walde genannt, die befestigte Burg der Vögte.[20]

Mit der Stadterhebung wurde aus dem Schultheißengericht ein Stadtgericht, das seine Konsultation in Ratingen einholen musste. 1435 wurde der Richter des Amtes Mettmann Vorsitzender des Gerresheimer Schöffengerichtes. 1481 wurden die Zuständigkeiten des Gerichts geteilt. Es existierte ein Stadtgericht für die eigentliche Stadt sowie ein Landgericht, das für die Honschaften Hubbelrath, Morp, Eller, Vennhausen und Ludenberg zuständig war. 1570 wurden die Landgerichte von Gerresheim und Erkrath vereinigt.

1451 wurden vier Stadttore genannt. Seit 1465 ist mit dem Franziskanerinnenkloster Katharinenberg eine zweite geistliche Institution nachweisbar. Um 1500 hatte Gerresheim 500 Einwohner und war eine wichtige Marktstätte. Für die Bedeutung des Ortes spricht die Verwendung des Gerresheimer Maßes als Hohlmaß in weiten Teilen des Bergischen Landes vom 12. bis zum 18. Jahrhundert. Ob Gerresheim Münzprägestätte war, kann trotz des Fundes einer aus dem 14. Jahrhundert stammenden Turnose, die die Inschrift „moneta gerishem“ trägt, aufgrund fehlender weiterer Quellen nicht geklärt werden.[21]

Das 16. Jahrhundert leitete den Niedergang Gerresheims ein. 1568 kam es zu einem verheerenden Brand, bei dem das Rathaus, Gebäude des Stiftes, das Katharinenkloster, zwei Stadttürme, 22 Wohnhäuser und elf Scheunen vernichtet wurden. 1586 wurde Gerresheim in die Wirren des Truchsessischen Krieges hineingezogen. Am 6. April gelang es truchsessischen Soldaten, durch den Bau eines Damms die schützenden Sümpfe zu überwinden. Die Stadt und das Stift wurden in der Nacht zum Ostermontag ausgeplündert. Der evangelische Glauben wurde daraufhin in Gerresheim verboten. 1605 kam es erneut zu einem größeren Stadtbrand. Im Dreißigjährigen Krieg überfielen abermals protestantische Truppen die Stadt, 1624 die Brandenburger und 1635 die Schweden. Daraufhin festigte sich die katholische Tradition in Gerresheim nochmals.[22]

Im 17. und 18. Jahrhundert zog der niedere Adel in das Gerresheimer Stift ein, dessen Bedeutung abnahm. Die Stadt verarmte und wurde in der Folge wirtschaftlich und politisch bedeutungslos. Als Erich Philipp Ploennies im Jahre 1715 seine Topographia Ducatus Montani des Herzogtums Berg verfasste, stellte er bei der Beschreibung von Gerresheim fest: „Dieser Orth ist vormals sehr groß gewesen, gleich als man noch aus desselben Ringmauer absehen kann, vor izo ab sind an stadt der Häuser mehrenteils Gärten innerhalb gedachter Mauer“ und er bezeichnete Gerresheim als „sehr gering und klein“.

Neben dem Hauptgrund für den Niedergang der Stadt, die verminderte Einwohnerzahl als Folge des wirtschaftlichen Niedergangs, war ein weiterer, eine 1466 getroffene Vereinbarung zwischen Stift und Stadt. Damals hatte sich das Stift durch eine Zahlung von 100 Goldgulden an die Stadtkasse von allen zukünftigen Diensten und Abgaben für die Stadt freigekauft. Da diese nun fehlenden Zahlungen des Stiftes der Stadt immer stärker die einnehmbaren Zahlungen verminderten, kam es Mitte des 17. Jahrhunderts zu einer Klage gegen das Stift zwecks einer Revision dieser Vereinbarung. Nach zwei Urteilen 1651 und 1659, die den Streit noch nicht beendeten, wurde am 26. Juni 1685 ein einvernehmlicher Vergleich zwischen den beiden Kontrahenten erreicht.[23]

In den Jahren 1736 bis 1738 wurde der Ort noch einmal überregional bekannt, als dort nach 200-jähriger Pause der letzte Hexenprozess am Niederrhein stattfand. Die 14-jährige Helena Curtens und ihre 46-jährige Nachbarin Agnes Olmanns wurden der Hexerei beschuldigt. Die Untersuchungen führte der Gerresheimer Amtsrichter Johann Sigismund Schwarz. Die beiden Frauen wurden der Hexerei für schuldig befunden und am 19. August 1738 in Gerresheim öffentlich verbrannt.[24]

Der zunehmende Niedergang von Gerresheim führte zusätzlich dazu, dass nach Mitte des 18. Jahrhunderts der Ort wegen sehr schlechter Straßenverhältnisse nur noch beschwerlich erreichbar war. Eine Hauptverbindungsstraße, die alte Landstraße von Köln über Gerresheim nach Ratingen, versumpfte in Teilbereichen des Aaper Waldes immer mehr.[25] Nicht viel besser sah die Verbindung nach Düsseldorf aus. Als gegen Ende des 18. Jahrhunderts eine neue befestigte Chaussee von Düsseldorf nach Elberfeld angelegt wurde, sollte diese über Gerresheim führen. Durch Einspruch des Frauenstifts, dieses befürchtete Belästigungen durch Truppenbenutzungen, wurde diese Straße (aktuell: die B7) jedoch statt über Gerresheim über Grafenberg geführt und es blieb bei der schlechten Anbindung des Ortes.[26]

Vom 19. Jahrhundert bis zur Eingemeindung

1803 wurde im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses das Kanonissenstift aufgehoben. Die endgültige Schließung des Stifts erfolgte jedoch erst 1806. Die Stiftskirche wurde im Jahre 1810 der Gemeinde für die Abhaltung des Pfarrgottesdienstes gegen Bezahlung überlassen, da die südlich der Stiftskirche gelegene Pfarrkirche baufällig geworden war und schließlich abgerissen werden musste. Diesem Umstand und den Bemühungen der letzten Äbtissin Gräfin von Schönau hat Gerresheim die Erhaltung seines Wahrzeichens zu verdanken.[27] Der Hochaltar des Stifts steht heute in der katholischen Pfarrkirche St. Peter in Kettwig.

Mit der Gründung des Großherzogtums Berg am 15. März 1806 endete auch die Zugehörigkeit der Stadt zum Amt Mettmann. Gerresheim erhielt eine französische Mairie-Verfassung und gehörte zum Canton Mettmann. Zahlreiche benachbarte Orte, darunter Erkrath, Unterbach, Ludenberg und Vennhausen, lagen wie Gerresheim im Canton Mettmann.[28] 1809 hatte die neue Gemeinde 2700 Einwohner, darunter 869 in Gerresheim selbst. Ab 1815 gehörte die Stadt Gerresheim zum Königreich Preußen und wurde am 1. Mai 1816 in den neu gegründeten Landkreis Düsseldorf eingegliedert.

Das Kloster Katharinenberg überstand die Säkularisation und existierte bis 1834. Die Klostergebäude wurden zur Keimzelle der industriellen Entwicklung Gerresheims. Zunächst errichtete dort Emil von Gahlen seine Drahtstiftfabrik in Gebäuden auf dem Gelände des Klosters. Einige Jahre später folgte Ignaz Dreher, der seinen Betrieb von der Dammermühle im Süden der Stadt ins Zentrum an die Gräulinger Ecke Gerricusstraße verlegte.[29] Ab 1838 baute die Düsseldorf-Elberfelder Eisenbahn-Gesellschaft ihre Trasse über das Gemeindegebiet und die Stadt erhielt einen Bahnhof. Die Märzrevolution ging zunächst an Gerresheim vorbei. Allerdings gab es eine radikal-demokratische Bewegung im Ort, die von dem Gerresheimer Arzt Peter Joseph Neunzig geleitet wurde. Am 18. Oktober 1848 zog eine Gruppe von 800 Demonstranten von Düsseldorf nach Gerresheim. Unter roten und schwarz-rot-goldenen Fahnen fand eine Massenkundgebung vor St. Margareta mit 5000 Teilnehmern und dem Ruf nach der „rothen Republik“ statt.[30] Der bekannteste Redner war Ferdinand Lassalle,[31] der den Demonstrationszug zusammen mit seiner Geliebten Sophie von Hatzfeldt im offenen Wagen fahrend angeführt hatte.[32] Zu dieser Zeit gab es in Gerresheim gerade rund 300 Arbeitsplätze in verschiedenen metallverarbeitenden Betrieben. Im Norden der Stadt hatten sich mehrere große Ziegeleien angesiedelt. Die Entwicklung zur Industriestadt mit einer selbstbewussten Arbeiterschaft begann 1864, als der Bremer Unternehmer Ferdinand Heye die Gerresheimer Glashütte gründete, die Gerresheim weltbekannt machte. Bereits 1890 war die Gerresheimer Glashütte mit 1200 Beschäftigten die größte Glashütte der Welt.

Von der Eingemeindung 1909 bis in die Gegenwart

Eingemeindet nach Düsseldorf wurde Gerresheim erst 1909. Düsseldorf hatte vor allem Interesse an der wirtschaftlich erfolgreichen Glashütte, während die Stadt Gerresheim selbst finanziell zu schwach war, um weiterhin unabhängig von Düsseldorf zu existieren. So wurde Gerresheim bereits seit den 1880er Jahren aus Düsseldorf mit Wasser und Elektrizität versorgt. Auch die Anbindung an den ÖPNV war erst durch Unterstützung Düsseldorfs möglich geworden. Am 11. Oktober 1913 eröffnete in der Schule Unter den Eichen die erste Zweigstelle der Stadtbüchereien Düsseldorf in einem der neuen Stadtteile.

In der Weimarer Republik war Gerresheim, hier vor allem das Hüttenviertel, eine Hochburg der KPD, die hier Wahlresultate zwischen 64,5 und 77,5 Prozent erreichte. Selbst bei der Reichstagswahl am 5. März 1933 erhielt die bereits verbotene KPD in Unter-Gerresheim 37 Prozent der Stimmen. Die Nazis rächten sich am 5. Mai mit der „Razzia von Gerresheim“, als mehr als 3000 Mann von SA, SS, Polizei, Stahlhelm, Feuerwehr und Baubehörde das Hüttenviertel überfielen.[33] NS-Gegner wurden misshandelt, zwischen 50 und 280 Gefangene in das Polizeipräsidium in der Mühlenstraße verschleppt. Bei einem Bombenangriff am 2. November 1944 starben über 30 Personen, als sie nach zu früh erfolgter Entwarnung einen Schutzbunker verließen. Die Gaststätte Rosenbaum im Zentrum Gerresheims und mehrere Wohngebäude an der Gräulinger Straße wurden von Bomben getroffen. Insgesamt überstand der Stadtteil die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend unzerstört. Dies führte nach Kriegsende zu einem starken Zuzug von Menschen aus anderen Bereichen Düsseldorfs.

1947 wurde das Gymnasium Gerresheim für Jungen gegründet und 1950 folgte das Marie-Curie-Gymnasium für Mädchen. 1959 zog das Gymnasium Gerresheim in einen neu errichteten Schulkomplex an der Straße Am Poth. 1960 hatte die Glashütte mit 10.000 Mitarbeitern und üppigen Dividenden ihren wirtschaftlichen Höhepunkt. In dieser Zeit engagierte sich das Unternehmen finanziell im Stadtteil. Von 1966 bis 1970 wurden die Reste des alten Stiftsgebäudes denkmalpflegerisch instand gesetzt. Im Jahre 1970 wurde die 1100-Jahr-Feier Gerresheims begangen. Im selben Jahr erhielt das Marie-Curie-Gymnasium einen Neubau an der Gräulinger Straße neben der 1966 eingerichteten Feuerwache. 1971 wurde, ebenfalls an der Gräulinger Straße, ein großes Krankenhaus eingeweiht und an der Märkischen Straße eine Badeanstalt eingerichtet. Auf der Benderstraße wurden in den 1970er Jahren die letzten Baulücken geschlossen. 1974 begannen umfangreiche bis 1985 andauernde Sanierungsarbeiten an der Stiftskirche, die aufgrund statischer Probleme notwendig geworden waren. In den 1980er-Jahren wurden zahlreiche Gebäude rund um den Gerricusplatz saniert. Die von 1989 bis 1994 währende Ortskernsanierung brachte Gerresheim eine neue Umgehungsstraße und eine Fußgängerzone. Die Straßenbahn wurde um den alten Ortskern, entlang der ehemaligen Stadtmauer geführt. Ebenfalls in den 1990er-Jahren entstand entlang der Bergischen Landstraße ein neues Wohnviertel, die Heinrich-Könn-Siedlung. Die letzten Baulücken in diesem Bereich wurden 2009 geschlossen.

Im September 2002 wurde das Gerresheimer Krankenhaus durch den Neubau einer 1,1 Kilometer langen und 18,4 Millionen Euro teuren Strecke an das Straßenbahnnetz angebunden. Nach Fehlern im Management, Überproduktion und Preisverfall wurden nach dem Verkauf an den weltgrößten Glasverpackungshersteller Owens-Illinois am 31. August 2005 die letzten Öfen nach 141 Jahren stillgelegt und die Glashütte geschlossen. Ende 2008 wurde mit der Erschließung des Geländes Am Quellenbusch mit dem Bau eines der größten Wohnneubaugebiete in Düsseldorf begonnen. Im März 2009 begann der Abbruch von Produktionsanlagen auf dem ehemaligen Glashüttengelände. Im Januar 2012 wurde bekanntgegeben, dass das 300.000 m² große Gelände zu 2/3 an den Augsburger Immobilienentwickler Patrizia verkauft wurde. 100.000 m² übernahm die Stadt Düsseldorf. Ab Herbst 2012 hat Patrizia mit der Sicherung vorhandener Industriedenkmäler und der Bodensanierung auf dem Gelände begonnen, welches unter dem Namen Glasmacherviertel überwiegend der Wohnnutzung zugeführt und vermarktet werden soll.[34]

Am 2. Juli 2017 führte die 2. Etappe der Tour de France über rund vier Kilometer durch den Ort.[35]

Während der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 trat auch die Düssel über die Ufer und die Bewohner der Ostparksiedlung mussten ihre Häuser verlassen. Oberbürgermeister Stephan Keller sprach von einem „Jahrtausendhochwasser“.[36]


Text: Wikipedia

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