Gleiwitz

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Gliwice, deutsch Gleiwitz, ist eine oberschlesische kreisfreie Großstadt in der polnischen Woiwodschaft Schlesien und Kreisstadt des Powiat Gliwicki (Powiat Gleiwitz). Mit rund 180.000 Einwohnern ist sie die viertgrößte Stadt in der Woiwodschaft Schlesien. Gliwice besteht seit dem 13. Jahrhundert und ist eine der ältesten Städte des Oberschlesischen Industriegebiets. Die Stadt ist Sitz der Schlesischen Technischen Universität.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Gleiwitz.

Alexander von Kluck

Fritz von Friedlaender-Fuld

Gebr. Barasch

Oberschlesische Eisen-Industrie AG

Vereinigte Oberschlesische Walzwerke

Sonstige

Geschichte

Mittelalter und frühe Neuzeit

Der Ort ist seit dem 13. Jahrhundert als Stadt nachweisbar, 1276 wurde er erstmals urkundlich erwähnt. Ab 1337 war er Sitz des Teilherzogtums Gleiwitz. 1526 fiel die Stadt wie das gesamte Schlesien an das Haus Habsburg. 1601 gab es einen großen Brand. 1623 und 1645 wurde die Stadt im Dreißigjährigen Krieg geplündert, 1626 erfolglos von Polen belagert.

Der Türkenkrieg und die daraus resultierende Geldnot zwang die Habsburger, Gleiwitz für die relativ geringe Summe von 14.000 Talern an Friedrich Zettritz zu verpachten. Die Pachtzeit unter Zettritz – nur für die Stadt Gleiwitz – sollte ursprünglich 18 Jahre dauern, 1580 wurde sie jedoch um zehn Jahre und 1589 um weitere 18 Jahre verlängert.

Neuzeit und Industrialisierung

Der Zeitraum von 1740 bis 1763 war gekennzeichnet durch die so genannten schlesischen Kriege zwischen Österreich und Preußen, in deren Folge die Stadt an Preußen fiel.

Ein bedeutender wirtschaftlicher Aufstieg der Stadt folgte der Errichtung der Eisenhütten-Industrie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Nach den 1789 in Malapane gemachten Versuchen, einen Hochofen anstelle der bis dahin üblichen Holzkohle mit Koks zu betreiben, baute man im Königlich Preußischen Hüttenwerk Gleiwitz den ersten mit Koks befeuerten Hochofen auf dem europäischen Kontinent und eine Eisengießerei, die im November 1796 ihren Betrieb aufnahmen. Die Produktion von Roheisen konnte bald von 1000 kg auf 2000 kg pro Tag gesteigert werden. Die florierenden Geschäfte führten zum Ausbau und zur Erneuerung kleinerer Industriewerke wie auch zur Entstehung neuer Industriezweige. Gefördert wurde diese Entwicklung durch den Anschluss von Gleiwitz an die Wasserwege und das Schienennetz. 1804 wurde der Klodnitzkanal eröffnet; seitdem besteht eine Wasserstraße zwischen Gleiwitz und der Oder. Am 10. März 1813 unterschrieb Friedrich Wilhelm III in Breslau die Stiftungsurkunde des Eisernen Kreuzes. Die ersten Abzeichnungen, nach dem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel, entstanden in der Königlich Preußischen Eisengießerei in Gleiwitz. Hier stellte auch August Friedrich Holtzhausen in einer 1806 eigens dafür gegründeten Maschinenabteilung bis 1825 etwa 50 Dampfmaschinen her, ein wichtiger Faktor für die Industrialisierung Schlesiens. Im Jahr 1845 begann der Bau der Eisenbahnstrecke, die Gleiwitz mit Oppeln und Breslau verbindet.

1868 entstanden die Huldschinsky-Werke. Oskar und Georg Caro, die Erben der Gründer des Hüttenwerks Herminenhütte in Laband, übernahmen 1883 das Hüttenwerk Julia in Bobrek. Zusammen mit August Wilhelm Hegenscheidt gründeten sie 1887 die Firma „Obereisen“ und dehnten ihre Kontrolle und Macht über alle neu entstandenen Industriewerke aus. In der näheren Umgebung von Gleiwitz gab es in jenen Tagen 14 Brennereien, zwei Brauereibetriebe, fünf Mühlen, sieben Ziegelbrennereien, drei Sägewerke, eine Schindelfabrik, acht Kalkbrennereien und zwei Glaswerke. Überdies befanden sich dort ein Gaswerk, eine Ofenfabrik, eine Abfüllanlage für Bier, vier Druckereien sowie eine Asphalt- und Pappfabrik. Gleichzeitig wurden Institutionen errichtet, die den Geldbetrieb erleichtern sollten, so zum Beispiel Banken, Geldstuben, Sparkassen- und Anleihestellen. 1892 wurde die erste Straßenbahnlinie errichtet, die rasch bis in den Ort Deutsch Piekar weitergeführt wurde. 1899 wurde das Theater errichtet, auf dessen Bühne bis zum Zweiten Weltkrieg Schauspieler aus ganz Europa auftraten.

Im 20. Jahrhundert

Von 1896 bis 1900 wurde die Peter-Paul-Kirche erbaut. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatte Gleiwitz zwei evangelische Kirchen, vier katholische Kirchen, eine altkatholische Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, eine Oberrealschule, eine Maschinenbau- und Hüttenschule, zwei Waisenhäuser und war Sitz eines Landgerichts.[2] Zwischen 1903 und 1906 entstand das neugotische Hauptpostgebäude.

Vor dem Ersten Weltkrieg sprachen etwa ein Viertel der Einwohner Polnisch als Muttersprache.

In den Jahren 1919 bis 1921 erfolgten drei polnische Aufstände in Oberschlesien. Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 musste auch die Bevölkerung von Gleiwitz entscheiden, ob sie zu Polen oder zu Deutschland gehören wollte. 32.029 Wahlberechtigte (78,7 % der abgegebenen Stimmen) stimmten für einen Verbleib bei Deutschland, 8558 für Polen (21,0 %). 113 Stimmen (0,3 %) waren ungültig. Die Wahlbeteiligung betrug 97,0 %.

1922 wurde Oberschlesien unter den beiden Ländern aufgeteilt. Gleiwitz, Hindenburg OS und Beuthen OS waren die wenigen Städte des Oberschlesischen Industriegebiets, die beim Deutschen Reich verblieben, und Gleiwitz wurde zur Grenzstadt. Lange Zeit gab es Pläne, die drei Städte zur Dreistädteeinheit Gleiwitz-Hindenburg-Beuthen zusammenzuschließen. 1924 schlossen sich die Theater in Gleiwitz, Hindenburg und Beuthen zum „Oberschlesischen Theater“ (zwischen 1924 und 1927 „Theater Dreier Städte“) zusammen. 1927 wurden Ellguth-Zabrze, Sosnitza, Richtersdorf und Zernik ins Stadtgebiet von Gleiwitz eingemeindet. 1928 wurde das moderne Hotel „Haus Oberschlesien“ an der Wilhelmstraße (heute Zwycięstwa-Straße) erbaut. Das Gebäude ist heute Sitz der Stadtverwaltung.

Von 1925 bis 1933 war der dem Zentrum angehörende Verwaltungsjurist Georg Geisler, der seit 1912 Zweiter Bürgermeister gewesen war, Oberbürgermeister. Geisler wurde 1933 von den an die Macht gekommenen Nationalsozialisten unrechtmäßig abgesetzt.[3]

1938 wurde der Gleiwitzer Kanal fertiggestellt. Um den 10. August 1939 begannen die Vorbereitungen für den Überfall auf den Sender Gleiwitz unter der Leitung von Reinhard Heydrich und unterstützt durch den Leiter der Gestapo, Heinrich Müller. Am 31. August 1939 überfiel eine Gruppe von SS-Männern, die sich als polnische Partisanen verkleidet hatten, unter Führung von Sturmbannführer Alfred Naujocks den Sender Gleiwitz, um einen Vorwand für den deutschen Überfall auf Polen zu liefern.[4] In seiner Rede vor dem Reichstag am Vormittag des nächsten Tages sprach Hitler zum Überfall auf Polen auch davon, dass „ab 5.45 Uhr zurückgeschossen werde“.[5] Er erwähnte den Vorfall von Gleiwitz nicht genau, sondern sprach allgemein von 14 Grenzzwischenfällen, die sich in der Nacht ereignet hätten. Die Sendestation mit dem ca. 111 m hohen Holzturm ist heute ein Museum, Radiostacja, Muzeum w Gliwicach.[6]

Zwischen März und Juli 1944 entstanden in Gleiwitz vier Nebenlager des Konzentrationslagers Auschwitz I. Im März 1944 Gleiwitz I, im Mai Gleiwitz II, im Juni Gleiwitz IV und im Juli Gleiwitz III. Sie wurden am 18. Januar 1945 aufgelöst.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs besetzte am 24. Januar 1945 die Rote Armee Gleiwitz. In der Stadt, die bisher von größeren Kriegsschäden verschont geblieben war, wurden von den sowjetischen Soldaten mehrere Gebäude angezündet, darunter die Gebäude am Ring, das Stadttheater und das Haus Oberschlesien. Am 26. Januar 1945 erschien die letzte Ausgabe der in Gleiwitz herausgegebenen deutschsprachigen Zeitung Oberschlesischer Wanderer. In der Stadt befanden sich im Januar 1945 55.000 Einwohner. Zwischen Januar und März 1945 ermordeten die Rotarmisten zwischen 1500 und 3000 Gleiwitzer Zivilisten, unter ihnen war der Bildhauer Hanns Breitenbach. Zwischen Februar und März 1945 wurden tausende Personen zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion deportiert.

Im März 1945 wurde Gleiwitz unter polnische Verwaltung gestellt. Die deutsche Stadt wurde in „Gliwice“ umbenannt und am 18. März in die Woiwodschaft Schlesien eingegliedert. Schon im Mai 1945 begann in Gleiwitz die Zuwanderung polnischer Migranten, die später zum Teil aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen, wo sie der polnischen Minderheit angehört hatten. Damit einher ging die Verdrängung der einheimischen Bevölkerung aus deren Wohnungen und Häusern.

Im August 1945 wurde ein Durchgangslager für die Deutschen, die für die Vertreibung vorgesehen waren, eingerichtet. Am 6. August 1945 begann die örtliche polnische Verwaltungsbehörde mit der Vertreibung der örtlichen deutschen Bevölkerung in die Britische Besatzungszone. In der Absicht, die Spuren der deutschen Geschichte der Stadt zu verbergen, wurden in den 1940er und 1950er Jahren eigens „Entdeutschungskampagnen“ durchgeführt. Dazu gehörten insbesondere die Beseitigung deutschsprachiger Schilder und das Entfernen deutschsprachiger Inschriften und Beschriftungen.

1945 wurde die Schlesische Technische Universität gegründet. In der Nachkriegszeit wurden Hochhaus-Siedlungen errichtet und die Stadt dehnte sich weiter aus. Umliegende Dörfer wurden in die Stadt eingemeindet. In den Jahren 1975 bis 1998 gehörte die Stadt zur Woiwodschaft Kattowitz. Nach der Wende wurde Gliwice modernisiert. Die neue Autostrada A4 wurde gebaut und neue Gebäude entstanden. Die Häuser an der Zwycięstwa-Straße werden seit 1992 renoviert, um der Einkaufsmeile den alten Glanz zu verleihen. Seit 1996 befindet sich in der Nähe des Stadtteils Brzezinka eine Sonderwirtschaftszone. Weitere Sonderwirtschaftszonen entstanden in der Nähe der Stadtteile Łabędy und Trynek.

Seit dem 1. Januar 1999 liegt Gliwice in der Woiwodschaft Schlesien und erhielt durch die Verwaltungsreform den Status einer kreisfreien Stadt. Im April 1999 besuchte Papst Johannes Paul II. die Stadt.

Im Jahr 2000 feierte Gliwice sein 750-Jahr-Jubiläum.


Text: Wikipedia

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