Hainichen

Aus veikkos-archiv
Version vom 30. Dezember 2021, 15:43 Uhr von WikiSysop (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Hainichen ist eine sächsische Kleinstadt.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Hainichen.

Christian Fürchtegott Gellert

Sonstige

Geschichte

Von der Gründung bis 1800

Hainichen wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von fränkischen Siedlern als Waldhufendorf gegründet und im Jahr 1276 erstmals urkundlich als Marktflecken villa forensis Heynichen erwähnt.[4] In einer Urkunde aus dem Jahr 1282 liest man „…Frankenberg et Haynnechyn opida nostra…“ hier wird Hainichen, zusammen mit der Nachbarstadt Frankenberg als Stadt bezeichnet.[5]

Als Besitzer Hainichens wird erstmals 1283 die Familie von Honsberg (Arnsdorf) genannt. Diese Familie besaß die Stadt nachweislich bis ins Jahr 1435.[6] Kurz darauf ging der Besitz in die Familie von Maltitz über, die Hainichen aber bereits 1446 an die Familie von Schönberg verkaufte.[7][4][8][9]

Die Grundherrschaft einschließlich der Patrimonialgerichtsbarkeit oblag dem Rittergut Oberschöna und später dem Rittergut Wingendorf.[10][11] Am 1. Februar 1851 erhielt Hainichen städtische Rechte und die Gerichtsherrschaft ging auf den sächsischen Staat über.[4][11]

Die Grundherrschaft der späteren Ortsteile Berthelsdorf, Bockendorf, Crumbach, Cunnersdorf, Eulendorf, Riechberg und Schlegel besaß hingegen das 1162 gestiftete Zisterzienser-Kloster Altzelle (später: Amt Nossen), während Hainichen als Exklave zum Rittergut Wingendorf (Kreisamt Freiberg) gehörte.[12] Ottendorf, Falkenau und Gersdorf bei Hainichen gehörten zu keiner Zeit zum Kloster, sie unterstanden als Exklaven der Herrschaft Arnsdorf (Amt Leisnig).[13]

Tuchmacher und Leineweber prägten schon zeitig die Stadt, wovon heute noch die Spülgasse oder der Rahmenberg künden. Der Innungsartikel der Tuchmacher wird 1481 von Caspar von Schönberg ausgestellt.[14] 1784 wurde das Innungshaus der Tuchmacher, das heute im städtischen Besitz befindliche Tuchmacherhaus, gebaut.

Der Gasthof „Goldener Löwe“ wurde 1586 erstmals erwähnt.[4]

1607 fallen 682 Mitglieder der Kirchgemeinde der Pest zum Opfer.[4] 1644 werden bei einem Stadtbrand „70 Häuser, Rathaus, Kirche, Pfarrhaus und Schule“ zerstört.[4] Im Siebenjährigen Krieg (1756–1763) sind in Hainichen preußische bzw. österreichische Truppen zu Kosten der Stadt untergebracht.[4]

1800 bis 1933

Am 23. April des Jahres 1800 wurde Hainichen von einem Tornado der höchsten Klasse F5 (nach der Fujita-Skala) heimgesucht und ist damit einer der beiden einzigen bisher bekannten F5-Fälle in Deutschland. Ein großer Stadtbrand am 14. Juli 1832 vernichtete „194 Wohnhäuser, 130 Hintergebäude, die Schule, das Rathaus und das Hospital“.[4][8] Beim Wiederaufbau der Häuser am Markt entstanden die charakteristischen Heisten.

Eine Gellertstiftung für Arme wurde 1815 gegründet.[15] Diese betrieb ab 1859 das Gellert-Kinderheim (oberer Stadtgraben 1). 1871 wurde dieses geschlossen und das Kapital dem Stadtrat übergeben.[16]

1838 wurde die Aktiengesellschaft Hainichener Steinkohlenbauverein gegründet aber bereits 1842 wieder aufgelöst. 1849 wurde der Hainichener Steinkohlenbau-Aktienverein ins Leben gerufen, der sich 1853/54 ebenfalls wieder auflöste. Ein Steinkohlenbergbauverein in Berthelsdorf wurde 1857 gegründet. Der Zeitpunkt der Auflösung ist hier nicht belegt. Insgesamt stellten sich die Steinkohlevorkommen in Hainichen als nicht abbauwürdig heraus.[17]

1843 endete die Zugehörigkeit der Stadt zum Kreisamt Freiberg als Exklave, indem Hainichen dem es umgebenden Amt Nossen zugeordnet wurde. Mit dem Ende der Schönbergschen Patrimonialgerichtsbarkeit wurde am 1. Februar 1851 die Gerichtsbarkeit auf das Königliche Gericht Hainichen übertragen. Diesem folgte das Gerichtsamt Hainichen. Das heutige Amtsgerichtsgebäude wurde 1878 in der Gerichtsstrasse 26 errichtet. 1879 wurde das Gerichtsamt in das Amtsgericht Hainichen umgewandelt. Ab 1875 unterstand Hainichen der Amtshauptmannschaft Döbeln.[18] Am 14. Juli 1870 erfolgte die amtliche Festlegung der Schreibweise Hainichen für den Stadtnamen.[4] Vorherige Schreibweisen waren Heynichen (1276), Heynnechyn (1282), Heynchin (1335), Heinchin, Henichin (1350), Heynichen (1473), Hähnichen (1721) und Haynichen (1791).[10]

Um 1859 wird Hainichen als „Amts- u. Fabrikstadt“ bezeichnet und verfügt über Woll-, Baumwoll- und Leinenspinnereien, Putzwarenfabriken, eine Gerberei sowie Wollhandel.[9] Hainichen erlangte europaweite Berühmtheit für die Qualität seiner Flanell- und Friesstoffe.[15] Die industrielle Entwicklung von Hainichen wurde durch die Bahnstrecke Roßwein–Niederwiesa begünstigt. Das Teilstück Niederwiesa–Frankenberg–Hainichen wurde 1869 eröffnet und 1874 bis nach Roßwein erweitert.[4] Eine weitere Bahnstrecke von Hainichen nach Freiberg wurde von Hainichen gefordert und 1900 sowie 1912 im Landtag diskutiert aber nie realisiert.[19]

Um 1885 bestanden 22 Spinnereien, 2000 Webstühle, Färbereien und Bleichen sowie Leder-, Lederlack-, Chenille- und Plüschfabriken.[20] Vom 4. November 1900 bis zum 1. April 1934 war Hainichen Heimat eines Technikums, an dem bis zu 400 Studenten Maschinenbau bzw. Elektrotechnik hörten.[21]

Seit 1933 ist die Automobilindustrie ein bedeutender Wirtschaftszweig in Hainichen. In diesem Jahr wurde die Kleinlastwagenproduktion der Framo-Werke aus der Nachbarstadt Frankenberg nach Hainichen verlegt. Framo bezog das Gebäude der in Konkurs geratenen Wollhaarkämmerei und Spinnerei des Nordwolle-Konzerns.[22]

1933 bis 1945

Von 4. April bis 13. Juni 1933 befand sich ein Internierungslager (frühes KZ) der SA im Volks- und Sportheim in der Oederaner Straße.[23] Ca. 200 bis 300 Männer durchliefen dieses Lager. Interniert wurden Sympathisanten, Mitglieder und Funktionäre linker Parteien. Die Häftlinge wurden anschließend ins KZ Sachsenburg und KZ Colditz verbracht.

Ein Frauen-Außenlager des KZ Flossenbürg wurde vom 2. September 1944 bis 30. April 1945 betrieben.[24] Die 500 jüdischen Frauen aus Ungarn und Polen waren in der Frankenberger Straße (ehemalige Nadelfabrik) untergebracht und mussten in der Gottlob-Keller-Straße (Framo-Werke) Zwangsarbeit verrichten.[25] Berichte über eine brutale Oberaufseherin liegen vor.[26] Mindestens zwanzig KZ-Häftlinge lassen ihr Leben in Hainichen (siehe Gedenkstätten). Die Häftlinge wurden im April 1945 in das KZ Theresienstadt verbracht.[27] Im Frühjahr 1945 bestand ein Lager der SS im Goßberger Wald für ca. 1500 weibliche Häftlinge.[4] Dazu kamen weitere Frauen und Männer aus den von Deutschland besetzten Ländern (insbesondere Frankreich und Serbien) als Zwangsarbeiter, von denen viele in der Landwirtschaft arbeiteten.[26] Mindestens vier Zwangsarbeiter verstarben in Hainichen (siehe Gedenkstätten).

Seit Ende 1944 trafen Heimatvertriebene aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches in Hainichen ein. Sie wurden im Hotel 'Goldener Löwe' untergebracht und anschließend auf Hainichener Familien aufgeteilt.[26] Infolge der Ankunft der Heimatvertriebenen erreichte die Einwohnerzahl ihren Höchststand. Noch heute leben viele Schlesier und Ostpreußen in Hainichen.

Am 7. Mai 1945 wurde Hainichen von Einheiten der Roten Armee eingenommen.[4]

1945 wurden tatsächliche und vermeintliche Nationalsozialisten aus Hainichen und Jugendliche, denen die Mitgliedschaft in den Werwölfen vorgeworfen wurden, im NKWD-Internierungslager Toszek und Speziallager Nr. 1 Mühlberg interniert.[26] Der Geschäftsführer der Framo-Werke, Hans Rasmussen, verstirbt unter anderem in Toszek.[22][28]

1945 bis 1990

Die Framo-Werke wurden als Reparationsleistung vollständig demontiert. Alle Produktionseinrichtungen wurden in die Sowjetunion verbracht. 1946 beginnt die Produktion von Haushaltsgütern wie Töpfen, Handwagen, Kartoffelkörben und KFZ-Ersatzteilen, unter anderem aus Granatenrohlingen, die gegen Kriegsende noch auf dem Hainichener Bahnhof lagerten.[22][26] 1949 erfolgte die Wiederaufnahme der Fahrzeugproduktion. 1957 entstanden aus den Framo-Werken der VEB Barkas-Werke. Von 1961 bis 1991 wurden in Hainichen Kleinlasttransporter und Minibusse der Marke Barkas B 1000 produziert. In Hainichen befand sich die Endmontage, während die Rohkarosserie und Komponenten in Frankenberg und Chemnitz hergestellt wurden.

Hainichen war von 1952 bis 1990 Sitz der Verwaltungseinheit Kreis Hainichen im Bezirk Karl-Marx-Stadt der DDR.[10] Im Jahr 1985 fand die 800-Jahr-Feier statt.

Am 7. Oktober 1989 fand nachmittags eine Demonstration von knapp 20 Jugendlichen statt, die von der Volkspolizei aufgelöst wurde. Im Anschluss an eine Diskoveranstaltung im Kreiskulturhaus, zu der auch mehrere der Demonstrationsteilnehmer vom Nachmittag gegangen waren, kam es in der Nacht vom 7. zum 8. Oktober zu einer weiteren spontanen Demonstration von zunächst etwa 150 Personen, die auf der Gellertstraße gewaltsam von der Volkspolizei aufgelöst wurde. Mindestens 30 Personen wurden verhaftet und im Speisesaal des Ziegelwerkes unter menschenunwürdigen Umständen festgehalten. Mindestens 7 Personen wurden in das Gefängnis auf dem Kaßberg in Karl-Marx-Stadt überführt. Aufgrund des anhaltenden Druckes durch die Bevölkerung kamen die Gefangenen am 12. und 13. Oktober 1989 wieder frei.[29]

Am 2. November 1989 bildete sich in Hainichen eine Untersuchungskommission zu den Ereignissen des 7./8. Oktober 1989. Es wurden mindestens acht Anklagen gegen Angehörige der Deutschen Volkspolizei erhoben und vier Verurteilungen ausgesprochen.[30]

Seit 1990

Die Produktion des Barkas B 1000 wurde 1991 eingestellt. Der Maschinenpark wurde demontiert, aber die angestrebte Produktionsverlagerung nach China, Russland oder Litauen fand nicht statt.

Im Jahr 1994 wurde der Kreis Hainichen aufgelöst und Hainichen verlor den Status einer Kreisstadt. Die Stadt gehörte seitdem zum Landkreis Mittweida, der 2008 im Landkreis Mittelsachsen aufging. 1995 erregte der Fall des Vorstandsvorsitzenden der Kreissparkasse Hainichen Kurt Fischer für Aufsehen, der einer geplanten Entführung des Landrates Andreas Schramm für schuldig befunden wurde. Im Jahr 2005 wurde das Gellertgymnasium geschlossen.

2008 wurde die HWG, das kommunale Wohnungsunternehmen, mit 1.100 Wohnungen und circa 78.100 m² Wohnfläche an die Kommunale Wohnen AG verkauft. Der Verkaufspreis betrug schätzungsweise 3 bis 4 Millionen Euro bzw. 22 bis 24 Millionen Euro unter Berücksichtigung der Altschulden.[31] Dies entspricht ca. 20.000 bis 22.000 Euro pro Wohnung.


Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.