Hauptpost (Leipzig)

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Siegelmarke vom Kaiserlichen Postamt 1
Siegelmarke vom Kaiserlichen Briefpostamt 13
Ansichtskarte vom Postamt

Schon um 1700 hatte in unmittelbarer Nachbarschaft des späteren Postgebäudes auf dem „Platz vor dem Grimmaischen Thore“ – nämlich auf der Süd- statt auf der Nordseite des Grimmaischen Steinwegs – der „Poststall“ bestanden, auch „Posthörnchen“ genannt. Nicht zu verwechseln mit dem Gasthof „Das Goldene Posthorn“ am ehemaligen Königsplatz (heute Wilhelm-Leuschner-Platz), der oft auch mit Posthörnchen bezeichnet wurde. Der Poststall war eine Poststation zum Pferdewechsel für die fahrende und reitende Post, in späteren Zeiten auch mit Gasthof. Hier war der Ausgangs- und Endpunkt der Poststraßen nach Dresden, Grimma und Wurzen. Von dieser Stelle ging auch die Post nach Freiberg via Colditz und Nossen ab. Der längste Postkurs führte bereits 1694 über die Städte Großenhain und Königsbrück nach Breslau. Die Gebäude für die Abfertigung von Brief- und Paketpost befanden sich zunächst in der Leipziger Altstadt: Zuerst ab 1590 als Leipziger Ratspost und von 1661 bis 1712 als kursächsisches Postamt in der Alten Waage am Markt, später von 1712 bis 1839 im Amtshaus an der Ecke Thomaskirchhof / Klostergasse gegenüber der Thomaskirche.

1836 bis 1838 wurde am heutigen Augustusplatz an der nördlichen Ecke des Grimmaischen Steinwegs das von Albert Geutebrück (1801–1868) entworfene Neue Postgebäude errichtet. Die Erstentwürfe dazu stammten von dem Dresdner Architekten Woldemar Hermann (1807–1878), der diese 1835 für den Leipziger Buchhändler Wilhelm Ambrosius Barth (1790–1851) kostenfrei erstellte. Dieser wiederum reichte sie im Ministerium ein und überließ sie ohne Abstimmung mit Hermann dem Stadtbaudirektor Geutebrück zur Realisierung.

Zuvor befand sich an dieser Stelle bis 1835 der Gasthof „Zum weißen Schwan“. Dieser und einige kleinere Häuser wurden beim Bau des 87 Meter langen klassizistischen Gebäudes der Leipziger Oberpostdirektion abgerissen, dessen Hauptfront zum Augustusplatz ausgerichtet war. Der dreistöckige Bau mit einem Halbgeschoss über dem Erdgeschoss hatte zwei unterschiedlich lange Seitenflügel von etwa 28 Metern am Grimmaischen Steinweg und 54 Metern[5] an der früheren Poststraße, die später bei der Errichtung des DDR-Neubaus von 1964 überbaut worden ist. Das Postgebäude war bis 1867 Sitz der wichtigsten Oberpostdirektion des Königreiches Sachsen.

Nach dem verlorenen preußisch-österreichischen Krieg als Bundesgenosse Österreichs wurde Sachsens wichtigste Postbehörde 1867 auf Druck Preußens eine untergeordnete Oberpostdirektion des Norddeutschen Bundes und nach der Reichsgründung 1871 der Kaiserlichen Deutschen Post (→ Reichspost). Das Bauwerk wurde in den Jahren 1881 bis 1884 durch Paul Richter (1859–1944) im Stil des Historismus (Neorenaissance) umgebaut. Es erfuhr dabei Veränderungen am Gesims und eine zeitgemäße Hervorhebung des Hauptportals in Form von aufgesetzten Säulen, Dreiecksgiebel und Tympanon. Das ursprünglich schlichte Dachgeschoss wurde zu einer repräsentativen Attika umgewandelt.

Unter den sechs allegorischen Figuren von Joseph Kaffsack (1850–1890) auf der Attika über dem Mittelrisalit war auch eine mit Flügeln, die die damals modernste Form der Nachrichtenübertragung, die Telegrafie, darstellte. Ihr gegenüber war die zweite ebenfalls geflügelte Figur angeordnet, die die Briefpost verkörperte. Die anderen vier (flügellosen) Figuren dazwischen symbolisierten Handel, Kunst, Wissenschaft und Gewerbe. Mit dieser Figurenanordnung sollte wohl die Rolle einer schnellen Nachrichtenübertragung deutlich gemacht werden.

Nach dem Untergang des Deutschen Kaiserreichs war hier seit 1919 die Leipziger Oberpostdirektion der Reichspost der Weimarer Republik angesiedelt, die 1926 in den Neubau in der Südstraße umzog. Danach übernahm das Postgebäude am Augustusplatz immer mehr die Funktion eines Hauptpostamtes, bis es bei dem Luftangriff am 4. Dezember 1943 vollkommen zerstört wurde. Bis Kriegsende wurden behelfsweise deren Funktionen auf andere Postämter verlagert oder Notmaßnahmen ergriffen, um den Postverkehr aufrechtzuerhalten. So wurde im Reichsgericht ein Briefverteilzentrum installiert und 1944 im sogenannten Kosmos-Messehaus in der Gottschedstraße ein Ausweichquartier als Hauptpostamt geschaffen.

Der Nachfolgebau des historischen Bauwerks von Albert Geutebrück entstand in Gestalt der heutigen Hauptpost erst 1964. Wie in allen größeren Postämter der DDR befanden sich auch hier gesonderte Räume der Abteilung „M“ (Postkontrolle) des Ministeriums für Staatssicherheit („Stasi“) zur Überwachung der Brief- und Paketpost. Das MfS hatte außerdem Abhöranlagen im angeschlossenen Fernmeldeamt installiert.

Seit 1990 verlor die Hauptpost nach und nach ihre frühere Bedeutung. Ursache dafür war die in der ersten Hälfte der 1990er Jahre vollzogene Privatisierung und Aufspaltung des Staatsunternehmens Deutsche Bundespost in drei Teile: Deutsche Post AG, Deutsche Telekom AG und Postbank. Die Telekom baute 1992 unweit der Hauptpost am Grimmaischen Steinweg (Ecke Querstraße) ein neues Verwaltungsgebäude für ihre Leipziger Niederlassung. In Radefeld, Landkreis Nordsachsen, entstand 1996 ein neues Postverteilungszentrum der Deutschen Post, und die Postbank nahm Quartier in einem Neubau in der Rohrteichstraße. Damit war das Gebäude der Hauptpost weitgehend funktionslos geworden. Bis zum Juli 2011 wurde noch der Betrieb in der großen Schalterhalle aufrechterhalten.

Seit der Schließung ist das leerstehende Haus zwischenzeitlich zur Location und Kulisse für TV-Produktionen und allerlei Spektakel wie Halloween-Partys geworden. Die Rekonstruktion mit teilweisem Neubau des Gesamtkomplexes Hauptpost soll 2015 beginnen.



Text: Wikipedia

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