Hertie Waren- und Kaufhaus

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Die Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH war bis zur Übernahme durch Karstadt 1994 einer der führenden Warenhauskonzerne in Deutschland. Die Konzernzentrale befand sich zuletzt in der Herriotstraße 4, heute Campus Tower, in Frankfurt am Main. Die Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH betrieb rund 115 Warenhäuser unter den Namen Hertie, Wertheim, Alsterhaus und KaDeWe sowie rund 35 Bilka-Warenhäuser. Daneben gehörten zu Hertie die Restaurant-Kette LeBuffet, die Elektronik-Fachmärkte Schaulandt, Schürmann und WOM (World of Music) sowie die Bekleidungs-Märkte Wehmeyer.

Reklamemarken und Siegelmarken

Katalog der Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zum Hertie Kaufhaus.

Fotografie

Im Kaufhaus von Hermann Tietz befand sich auch ein Fotoatelier.

Geschichte

Hermann Tietz Warenhäuser

Die Firma Hermann Tietz, gegründet von Oscar Tietz mit dem Kapital seines Onkels Hermann Tietz, eröffnete ihr erstes Geschäft am 1. März 1882 in Gera. Es nannte sich „Garn-, Knopf-, Posamentier-, Weiß- und Wollwarengeschäft Hermann Tietz“ und hatte bereits einige Merkmale moderner Warenhäuser, wie festgelegte Preise, keine Stundung oder Anschreiben und ein vielfältiges, branchenübergreifendes Angebot.

Nach einer Anlaufphase von sechs Jahren folgten die Eröffnungen der Filialen in Weimar (1886), Bamberg, München (1889) und Hamburg (1896). 1900 schließlich wurde der Unternehmenssitz nach Berlin verlegt. Unweit des damals größten Warenhauses Europas, Wertheim am Leipziger Platz, siedelte die Firma Hermann Tietz in der Leipziger Straße einen konkurrierenden Konsumtempel mit eigener Kellerei an. In großen, luxuriösen Warenhauspalästen wie diesem wurde den Kunden ein neuartiges Einkaufserlebnis geboten. Für den Bau des 1904 eingeweihten Warenhauses am Alexanderplatz wurde das Lessinghaus abgerissen. Nach und nach eröffnete die Firma in der Reichshauptstadt zehn Warenhäuser und verfügte damit dort über die größte Verkaufsfläche. In Hamburg folgte 1912 das „Warenhaus Hermann Tietz“ (seit 1935 Alsterhaus) am Jungfernstieg.

Das Unternehmen Hermann Tietz konzentrierte seine Geschäfte auf den Süden und Osten des Deutschen Reiches, während die von Oscar Tietz' Bruder Leonhard Tietz gegründete Firma (später Kaufhof) ihre Filialen im Westen Deutschlands und in Belgien betrieb.

1926 übernahm Hermann Tietz, inzwischen unter der Leitung von Oscar Tietz' Söhnen Georg und Martin Tietz sowie von Hugo Zwillenberg, das Berliner Kaufhausunternehmen A. Jandorf & Co., zu dem unter anderem das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin-Schöneberg gehörte. 1927 waren im Unternehmen 13.000 Angestellte tätig.

„Arisierung“ und der Name Hertie

Die Abkürzung des Firmennamens Hertie, vorher gelegentlich als Eigenmarke genutzt, wurde während der Zeit des Nationalsozialismus zur offiziellen Bezeichnung, da der jüdische Name Tietz nicht mehr geführt werden sollte. Sie setzte sich aus den Anfangsbuchstaben des bisherigen Firmennamens Hermann Tietz zusammen. Im Zuge der „Arisierung“ sogenannter jüdischer Unternehmen im Dritten Reich setzte 1933 die Dresdner Bank Georg Karg als Geschäftsführer des Kaufhauskonzerns ein. Georg Karg gelang es danach, durch Druck auf die Eigentümer die Kaufhauskette zu kaufen. Damit steuerte Karg die zweitgrößte deutsche Kaufhauskette, die 1930 über 16.500 Menschen beschäftigte.

Nachkriegszeit

Das Ende des Zweiten Weltkrieges bedeutete einen Einschnitt in der Unternehmensgeschichte. Allein in Berlin ging mehr als die Hälfte der Filialen verloren. Der Konzern büßte aber auch die Standorte in der sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, ein. Die noch vorhandenen Filialen waren oft durch die Kriegseinwirkungen zerstört. Hertie erholte sich jedoch rasch von den erlittenen Verlusten und expandierte wieder. 1948 wurden die Warenhäuser in München, Stuttgart und Karlsruhe wieder in den Konzern integriert, 1950 wurde das KaDeWe wiedereröffnet. Schon ein Jahr zuvor hatte Hertie drei neue Filialen in Stuttgart, Wiesbaden und Hamburg-Bergedorf übernommen. Der erste vollständige Neubau eines Warenhauses fand 1951 in Neumünster statt, im gleichen Jahr wurden neue Verkaufsstätten in Landshut und Frankfurt-Höchst übernommen.

1952 übernahm Hertie die Mehrheit an der „Wertheim AG“ und der „Hansa AG“ und baute so die Position in den Räumen Frankfurt am Main, Mannheim und Braunschweig (Neubau 1954) aus. Um gegen die damals gut eingeführten Niedrigpreis-Warenhäuser „Kepa“, „DeFaKa“ und „Woolworth“ antreten zu können, gründete Hertie die Niedrigpreis-Warenhauskette „Bilka“ und baute kontinuierlich ein breites Filialnetz auf. Hauptgesellschafter der Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH wurde die 1953 gegründete „Karg’sche Familienstiftung“, die spätere „Hertie-Stiftung“. Am 31. Oktober 1957 wurde die „Hertie Italiana s.r.l.“ in Mailand gegründet. Im Jahr 1959 beschloss die Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH die Verlegung der Verwaltung von Berlin nach Frankfurt. Die Zentrale war zunächst im Gebäude Zeil 42 (heute als Oberlandesgericht Frankfurt am Main genutzt) und dann in einem Gebäude in Frankfurt-Niederrad untergebracht.

Zwei Jahre nach dem Tod Georg Kargs gründeten seine Erben 1974 in Fortführung seiner Pläne die gemeinnützige Hertie-Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main. Georg Kargs Sohn Hans-Georg Karg übernahm den Konzern und baute gleichzeitig die Karg-Stiftung auf.

Nachdem der Kaufhaus-Konzern bis in die 1970er-Jahre rasch expandiert hatte und zahlreiche neue Filialen, auch in kleineren und mittelgroßen Städten eröffnet worden waren, gingen die Umsätze Mitte der 1980er-Jahre massiv zurück. So hatte der Hertie-Konzern bis ca. 1984 noch 123 Kaufhäuser bzw. Filialen. Erst in den Folgejahren wurden dann zahlreiche, oft erst wenige Jahre zuvor eröffnete Warenhäuser geschlossen, so zum Beispiel die Hertie-Filialen in Bremen, Castrop-Rauxel, Dortmund, Emden, Hameln, Osnabrück, Ratingen und Herne-Wanne sowie die Wertheim-Filialen in Hannover, Essen, Kaiserslautern und Bochum. Hertie-Logo mit „Sonne“ in den 1970er- und 1980er-Jahren

Darüber wurden defizitäre Sparten in Tochtergesellschaften ausgegliedert. So gründete Hertie 1986 die System-Gastronomie-Kette „Le Buffet“, die über 70 Filialen besaß, die meisten davon innerhalb der eigenen Kaufhäuser. Den Lebensmittel- und Süßwaren-Bereich übernahm die „NUG Optimus Lebensmittel-Einzelhandelsgesellschaft mbH“.

Hertie versuchte einige Bilka- und Hertie-Filialen vollständig auf Selbstbedienung umzustellen. Hierfür wurde 1986 die „Preisland-City-SB“ gegründet. Das Preisland-Konzept war die innerstädtische Antwort von Hertie auf die vor den Toren der Städte entstehenden SB-Warenhäuser. Insgesamt wurden sieben Häuser entsprechend dem Preisland-Konzept umgewandelt. Der Versuch, gegen die Konkurrenz „auf der grünen Wiese“ zu bestehen, blieb jedoch weitgehend erfolglos.

Darüber hinaus wollte Hertie vom damals einsetzenden Aufschwung der Elektronik-Fachmärkte profitieren. Deshalb erwarb Hertie 1987 die Hamburger Elektronik-Kette „Schaulandt GmbH“ mit 28 Filialen in Norddeutschland und Berlin sowie die „Schürmann Elektrohandelsgesellschaft mbH“, die mehrere Elektronik-Fachmärkte in Nordrhein-Westfalen betrieb. 1988 wurde die „WOM (World of Music) Musikhandelsgesellschaft mbH“ ins Leben gerufen, mit der der Verkauf von Tonträgern mittels spezieller Musik-Fachmärkte in Großstädten angekurbelt werden sollte. Auch im Bereich Bekleidung wurde 1988 eine Tochtergesellschaft gegründet: die „Wehmeyer GmbH & Co. KG“, die rund 20 Filialen betrieb. Nach dem Ende der DDR übernahm Hertie elf neue Standorte in den neuen Bundesländern.

Ende der 1980er-Jahre bemühte sich Hertie, Partner für den Einkauf in Fernost zu finden, um das Gewicht bei Verhandlungen zu stärken. Schließlich wurden zwei Partner gefunden, die schon Erfahrungen mit Einkaufsgemeinschaften hatten. Zum einen war dies die „Horten AG“, die damals nach „Karstadt“, „Kaufhof“ und Hertie viertgrößte deutsche Kaufhauskette, zum anderen die „Kaufring AG“, die mit Horten schon eine europäische Einkaufsgesellschaft gegründet hatte. 1990 gründeten die drei Partner daraufhin die Einkaufsgesellschaft „Sono-Centra“, an der jeder Gesellschafter ein Drittel der Anteile hielt.

1970 wurde (als eines der ersten Kundenbindungsprogramme überhaupt) die Goldene Kundenkarte eingeführt, die auch als Kreditkarte fungierte. Sie war kostenlos und hatte in den 1980er-Jahren 350.000 Abonnenten.[1] Die Goldene Kundenkarte wurde zum Gattungsbegriff für zahlreiche ähnliche Programme. Im Zuge der Übernahme durch Karstadt wurde diese 1996 mit der Klub Karstadt zur Karstadt – Hertie Kundenkarte zusammengeführt, und von 1998 bis 2002 zur Karstadt MasterCard. Ab 2002 wurde den verbliebenen Abonnenten die HappyDigitsCard angeboten.

Übernahme durch Karstadt

Die Hertie Waren- und Kaufhaus GmbH wurde 1994 von der „Karstadt AG“ erworben, die 1999 mit dem Versandhaus „Quelle Schickedanz AG & Co“ fusionierte, und war somit Teil der „Arcandor AG“. Daraufhin wurden alle Hertie-Filialen entweder in „Karstadt“ umbenannt, geschlossen oder verkauft. Einzig das Münchner Warenhaus sowie die Filiale in Berlin-Neukölln firmierten bis September 2007 als Hertie.

Wiederbelebung der Marke Hertie durch Karstadt Kompakt und Schließung

Im Spätsommer 2005 verkaufte Karstadt die in der „Karstadt Kompakt GmbH & Co. KG“ zusammengefassten, kleineren Warenhäuser an die britischen Finanzinvestoren Dawnay, Day und Hilco UK Ltd. Seit 1. März 2007 trugen diese Filialen den Namen „Hertie“ (siehe: Hertie GmbH). Am 31. Juli 2008 meldete das Unternehmen, das bis zu diesem Zeitpunkt bundesweit 73 Warenhäuser betrieb, beim Amtsgericht Essen wegen der Finanzprobleme des britischen Haupteigentümers Dawnay, Day und Hilco UK Ltd. Insolvenz an. Am 20. Mai 2009 beschloss die Versammlung der Gläubiger, die 54 noch unter dem Namen Hertie betriebenen Kaufhäuser sowie die Konzernzentrale in Essen zu schließen, da eine Rettung aussichtslos erschien.

Am 8. August 2009 waren die Hälfte der 50 Hertie-Warenhäuser zum letzten Mal geöffnet. Die restlichen Kaufhäuser wurden am 15. August 2009 geschlossen.[2][3] In einer Aktion der Gewerkschaft ver.di wurde am 27. August 2009 von den ehemaligen Beschäftigten der drei Berliner Hertie-Häuser das Logo des Hertie-Konzerns symbolisch in der Spree[4] versenkt.

Im August 2012 erwarb das Osnabrücker Unternehmen HDK AG aus der Insolvenzmasse die Namensrechte an der Marke „Hertie“, um sie künftig für Online-Shops zu nutzen.[5]

Standorte der früheren Warenhäuser (unvollständig)

Bamberg, Grüner Markt 23; ehem. H.& C. Tietz, 1951 übernommen, heute „Karstadt“ (Architekt: Johannes Kronfuß)

Berlin-Friedrichshain, Frankfurter Allee 5–7; bis 1945 → kriegszerstört

Berlin-Mitte, (ehem. sowjetisch besetztes Stadtgebiet), Brunnenstraße 19–21; bis 1945, zuletzt unter „Union“, danach versch. Nutzer, u. a. „Modeinstitut der DDR“

Berlin-Alexanderplatz 3; bis 1945 → kriegszerstört, danach abgerissen, Neubau als HO Centrum Warenhaus, heute „Galeria Kaufhof“

Berlin-Mitte, Leipziger Straße 46–49 am Dönhoffplatz; bis 1945 → kriegszerstört

Berlin-Wedding, Chausseestraße 69–71; kriegszerstört, Wiederaufbau, 1977 geschlossen

Gera, Sorge 23; „Gründerhaus“: Am 1. März 1882 eröffnete hier Oscar Tietz das Warenhaus Hermann Tietz, später „Union“; das Kaufhaus wurde nach der Wende der „Horten AG“ zugesprochen, seit 2003 leerstehend

Hamburg, Jungfernstieg 16–20; 1935 umfirmiert nach Arisierung in „Alsterhaus“

München, Bahnhofplatz 7; erbaut 1905; seit 27. September 2007 „Karstadt“


Text: Wikipedia

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