Industrieschule Plauen

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Die Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen als Schule für die Ausbildung der Belegschaft der Textilindustrie und des Textilgewerbes wurde 1877 als Kunstgewerbliche Fachzeichenschule in Plauen gegründet. Der Name wurde 1891 zu Königlicher Industrieschule Plauen, 1903 zu Königlich-Sächsischer Kunstschule für Textilindustrie und ab 1918 zu Staatlicher Kunstschule für Textilindustrie Plauen geändert. Sie wurde 1933/4 noch zur Staatliche Kunst- und Fachschule für Textilindustrie in Plauen erweitert und dann 1945 bei einem Luftangriff zerstört.

Siegelmarken

Bildungsangebot

Die Kunstschule war Ausbildungsstätte für

Musterzeichner (Entwerfer) für das textile Kunstgewerbe oder für Flächenkunst

Frauen und Mädchen in der Textilindustrie

Stickereimaschinen-Techniker und

Musterzeichner-Lehrlinge für die Lehre ergänzende zeichnerische Fertigkeiten.

Die Ausbildung zum Musterzeichner dauerte beispielsweise in Vor-, Unter-, Mittel-, Ober- und Fachklasse viereinhalb Jahre.

Neben diesem regulären Unterricht gab es u. a. Abendkurse für Fabrikanten, in denen junge Kaufleute und sonstige Interessenten Unterweisungen im Freihandzeichnen, in praktischen Fabrikationskenntnissen der Hand- und Maschinenstickerei und der Weberei erhalten konnten.

Vorträge und Ausstellungen für die gesamte Bevölkerung machten die Schule zu einem Kommunikationszentrum der Plauener Region.

Geschichte

Das Erzgebirge, Vogtland und Sachsen waren traditionelle Standorte der deutschen Veredlungs- und Textilindustrie sowie des weltbedeutenden Maschinenbaues. Die Mechanisierung und Industrialisierung speziell in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bewirkte auch in der vogtländisch-erzgebirgischen Region mit ihren stürmisch sich entwickelnden Wirtschafts- und Industriezweigen eine verstärkte Nachfrage nach ausgebildeten Fachkräften. Mit der Gründung einer Mittleren Königlichen Gewerbeschule 1832 in der Stadt Plauen im Zentrum des Vogtlandes unter Leitung des Schulleiters Friedrich Krauße begann der Entwicklungsweg am unveränderten Standort einer Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl.. Über diese Institution, ihre Organisation, Ziele, Methoden, regionale, nationale und internationale Bedeutung gab es bis zum Jahre 1996 nur vereinzelte, fragmentarische Erwähnungen. Eine erste wissenschaftliche Veröffentlichung zu dieser Einrichtung erfolgte 1996 mit dem Buch Die Staatliche Kunst- und Fachschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl. 1877–1945.

1877–1904

Während der ersten abgrenzbaren Zeitperiode von 1877 bis 1904 stand die Kunstgewerbliche Fachzeichenschule Plauen i. Vogtl. und die Königliche Industrieschule zu Plauen i. Vogt. ab 1891 unter Leitung von Direktor Richard Hofmann (1852–1904).

1878 wurde eine textile Vorbildersammlung an der Schule geschaffen als Grundlage für zyklische Wanderausstellungen in die Zentren der Textilindustrie Eibenstock/Erzg., Falkenstein, Frankenberg, Glauchau, Meerane, Oelsnitz/Vogtl. und Reichenbach/Vogtl.

1888 wurde der Vogtländisch-Erzgebirgische Industrieverein gegründet, Ehrenvorsitzender war der Geheime Kommerzienrat Otto Erbert aus Plauen und Geschäftsführer der Hofrat Richard Hofmann aus Plauen. Dieser Verein sollte als Bindeglied zwischen Schule und Industrie, wenn auch mit Namensänderungen, bis zur Einstellung des Lehrbetriebes 1944 erfolgreich tätig sein.

1891 wurde die Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen in Königliche Industrieschule zu Plauen i. Vogtl. umbenannt. Am 3. Oktober wurde die neue Einrichtung eingeweiht und eine öffentliche kunstgewerbliche und textiltechnische Bibliothek, eine Tapetensammlung und ein Textilmuseum angliedert. Auf Anregung der Handelskammer Plauen richtete die Schule Außenstellen in Auerbach, Eibenstock, Falkenstein und Oelsnitz/Vogtl. ein. Dieses war einmalig in der höheren kunstgewerblichen Schullandschaft in Deutschland und beweist die Integration der Bildungseinrichtung als Wirtschaftsfaktor im Vogtland, Erzgebirge und Sachsen. „Die neue Anstalt ist im eigentlichen Sinne des Wortes eine Kunstgewerbeschule, welche den älteren Schwesteranstalten in Dresden und Leipzig sich würdig anreiht. Nicht das Ziel unterscheidet sie von letzteren, sondern nur der engere Rahmen ihrer Wirksamkeit.“ (Auszug aus einem Bericht von Richard d 1891).

1904–1918/1922

Während der zweiten Entwicklungsperiode von 1904 bis 1918 bzw. bis 1922 stand die Königliche Industrieschule zu Plauen i. Vogtl. und die Königl. Sächs. Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl., Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl. unter Leitung von Direktor Albert Forkel (1864- gest.??), der zum 1. Mai 1905 offiziell ernannt wurde.[1] Es bestanden drei Hauptabteilungen: die Musterzeichnerschule, die Web- und Maschinenstickschule sowie die Fabrikanten- und Frauenarbeitsschule.

1913 stellte Margarete Naumann, Mitglied des DWB, im Dresdner Künstlerhaus unter dem Titel „Die handwerkliche Papier-Gestaltungslehre.“ aus. Diese Ausstellung beinhaltete schon nachweislich die elementare Methodik zur späteren Gestaltungslehre am Bauhaus von Albers und Moholy Nagy und sollte von Albert Forkel in die Ausbildung an der „Textil-Kunstschule Plauen i. Vogtl.“ integriert werden.

1914 fand die Cölner Werkbundausstellung statt. Naumann stellt Arbeiten der Margaretenspitzentechnik in der „Einheit von Kunst und Handwerk“ als Verbindung zum industriellen Prozess in Kongenialität zu den gestalterischen Reformbemühungen der Maschinenspitze des DWB-Mitgliedes Albert Forkel aus.

1914/15 wurde erstmals an der Plauener Einrichtung als deutschlandweiter Versuch eine Abt. für „Textil- und Flächenkunst“ für begabte Mädchen eröffnet und mit Erfolg integriert.

1918 wurde die Königliche Industrieschule zu Plauen i. Vogtl. in Königl. Sächs. Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl. umbenannt, Direktor blieb Albert Forkel.

1918 erfolgte eine weitere Umbenennung auf Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl., weiter mit Albert Forkel als Leiter des Instituts.

1918 veröffentlichte Albert Forkel seine deutschlandweit Beachtung findenden Programmatischen Thesen zur Umgestaltung der textilen Fachschulen Sachsens und der Staatlichen Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl..

1918/19 erhielt die Einrichtung erstmals einen Assistenten. Otto Müller, ein Absolvent der Schule wird dafür angestellt und entwickelt gemeinsam mit Albert Forkel ein „textiles Naturstudium“ als Bestandteil des Grundlagenstudiums. OME, Künstlerpseudonym OME für Otto Müller Eibenstock, wurde später Mitglied der Berliner Künstlervereinigung „Der Sturm“. 1933 wurde seine Kunst von den Nationalsozialismus der „entarteten Kunst“ zugeordnet und er wurde mit Mal- und Ausstellungsverbot belegt.

1919 fanden in Vorwegnahme der später geforderten Einheit von „Kunst und Industrie“ bahnbrechende Gestaltungsweiterentwicklungen der Maschinenspitze an der Staatlichen Kunstschule für Textilindustrie statt. Albert Forkel forderte als erster im Vogtland den Aufbau eines Forschungsinstitutes „Für textile Kunst und Kulturentwicklung“ an der „Textil-Kunstschule Plauen i. Vogtl.“

1920 wurde die „Plauener Spitzenkünstlergruppe“ mit fortschrittlichen Plauener Firmen wie Schröder & Co., Wilhelm Berkling, Fischer & Co. Walter Poppitz jun., den Kunsthandwerkern und Spitzenkünstlern Albert Forkel, Emil Knoll, Georg Görschen, Richard Ullmann, Kurt Stoß und Margarete Naumann- Dresden gegründet. Ein Teil der vogtländisch-erzgebirgisch-sächsischen Textilindustrie; die Lehre und Forschung an der „Staatlichen Kunstschule für Textilindustrie“ trugen wesentlich über die Gestaltung von textilen Flächengebilden, deren Technologie und Technik zu einer Demokratisierung nicht nur des Massenproduktes, sondern auch zu seiner Verwertung bei.

1921/22 Verständnislosigkeit für zukunftsorientierte Prozesse innerhalb der deutschen Kunstschulreformbewegung und persönliche Befindlichkeiten nicht nur von Plauener Industriellen mit den Zielen der Textilkunstschule unter Albert Forkel führten zur Herauslösung der Musterzeichnerausbildung aus dieser. Aufsichtsbehörde wurde der Rat der Stadt Plauen, Leiter der Ausbildung Albert Hempel, welcher von einem extra gebildeten „Schulausschuß“, dem „Vogtl- Erzg.- Industrieverein“ und der „Vereinigung zur Hebung der Spitzenindustrie Plauens i. Vogtl.“ unterstützt wurde.

1922–1933

Während der dritten Zeitperiode von 1922 bis 1933 stand die Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl. unter Leitung von Direktor Karl Hanusch (1881–1969).

1922 führte Ministerialrat Klien, der Vertreter des Sächs. Wirtschaftsministeriums zu Dresden, Karl Hanusch in sein Amt ein.

1922 bestanden drei Fachklassen: Möbelstoff, Fuß- und Wandteppiche, Druckstoffe, Tapeten und bunte Gardinen (Madras). Spitzen und Stickereien, englische(gewebte) Gardinen und Tapisserien. Kunstgewerbliche Textilarbeiten (Außenstelle: Submissionsamt Dresden). Einführung der Fachgebiete und Fächer Textilkunst, Teppich-Wirkerei (Gobelin), dekorative Malerei, modische Illustration, Schnittgestaltung verbunden mit intensivierter experimenteller Atelier- und Werkstättenarbeit (Unikate) unter Anleitung von Werkmeistern erweitern das Lehrangebot der Textil-Kunstschule mit ihren Außenstellen für Studienbewerber aus ganz Deutschland. Damit hat Karl Hanusch als bildender Künstler der Industrie über Forschung und Lehre die Herausbildung des Industriealdesigners mit befördert.

1925 berief Hanusch Otto Lange als Professor für Formenlehre und freies Gestalten, Weiterentwicklung der textilen Ornamentgestaltung. Lange, der seine Arbeiten mit OL signiert, war Mitglied der Dresdner Sezession Gruppe 1919.

1926 berief Hanusch Johannes M. Avenarius als Professor für Ornamentmalen, Entwerfen und Kunstgeschichte.

1927 wurde Karl Hanusch in den Museumsrat der deutsch-österreichischen Museumsverwaltung berufen.

1928 berief Hanusch Wilhelm (Will) Heckrott als Professor für Malen und Zeichnen. Heckrott erarbeitete und führte einen Stoff- und Studienplan für Farbenlehre an der Textilkunstschule ein. Er war ebenfalls Gründungsmitglied der Dresdner Sezession Gruppe 1919.

1929 wurden insgesamt 281 Schüler unterrichtet, davon 91 an den vier Außenstellen Auerbach, Eibenstock, Falkenstein und Ölsnitz.

1931 nahm der Grafiker Winkler seinen Unterricht für Formen- und Werklehre sowie Schriftgestaltung auf.

1933 erschien der Artikel „Kulturbolschewismus an der Plauener Kunstschule“ in der Zeitschrift Freiheitskampf.

1933 wurden Direktor Karl Hanusch sowie die Lehrprofessoren Avenarius, Heckrott und Lange vom 7. Juni bis zum 15. Juni in Plauen von nationalsozialistischen Kämpfern in Schutzhaft genommen. Dies war ein einmaliger Vorgang an deutschen Kunstschulen und Kunstakademien. Die vier Professoren wurden wegen „angeblicher bolschewistischer Auffassungen“ fristlos von ihrer Lehrtätigkeit entbunden. Danach wurden unter anderem durch den sächsischen Gauleiter Mutschmann, einen ehemaligen Plauener Fabrikanten, Prozesse initiiert, denen Ausstellungs-, Berufs- und Lehrverbote, sowie der Ausschluss aus der Reichskulturkammer folgten.

1933–1934

Während der vierten Periode von 1933 bis 1934 wurde die Staatliche Kunstschule für Textilindustrie Plauen i. Vogt. kommissarisch von Paul Lorenz geleitet.

1934–1939

In der fünften Periode von 1934 bis 1939 stand die Staatliche Kunst- und Fachschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl. unter Leitung von Studienrat Georg Schauer (1900–1989).

1935 wurden an der Einrichtung Studentenausweise eingeführt.

1935 wurden die Städtische Fachgewerbeschule für Musterzeichner, die Sächsische Höhere Fachschule rückwirkend zum 1. April 1934 in die Staatliche Kunst- und Fachschule für Textilindustrie integriert, um die damit seit Hanusch „verloren“ gegangene Industriebezogenheit wiederherzustellen.

1935 wurde ein „Ausschuss für Förderung der Spitzen aller Art, der Posamenten und der Perlstickerei“ gegründet und wird beauftragt, die Modeabteilung an der Textilkunstschule zu unterstützen und den Einsatz von Spitzen- und Stickereiprodukten in der Modebranche zu fördern. Dieses Vorhaben, schon von Karl Hanusch in Zusammenarbeit mit den Wiener Werkstätten geplant, blieb aber nun dem provinziellen verhaftet und erfuhr weder angestrebte nationale noch internationale Bedeutung für die Wirtschaft.

1937 wurde Metz als Fachlehrer und Werkstätten/Atelierleiter für das Fachgebiet Weberei an die „Textil-Kunstschule Plauen i. Vogtl.“ berufen. Metz wurde noch 1939 zur Wehrmacht einberufen.

1939 wurde Studienrat Kuno Blässig kommissarischer Leiter der „Staatlichen Kunst- und Fachschule für Textilindustrie Plauen i. Vogtl.“ Schauer wurde zur Wehrmacht einberufen. Die personelle und fachlich-künstlerische Substanz des Lehrkörpers an der Einrichtung wurde weiter dezimiert und damit fiel die einstmals singuläre Textil-Kunstschule innerhalb Deutschlands und Europas in die Bedeutungslosigkeit.

1942–1945

In einem sechsten Entwicklungsabschnitt ab dem Jahr 1942 erfolgte zunächst die Umbenennung in „Staatliche Meisterschule für Textilindustrie zu Plauen mit Bücherei und Textilmuseum“, die unter Leitung von Studienrat Kuno Blässig stand.

1944 wurde der Lehrbetrieb eingestellt und die verbliebenen Studenten als Zeichner in die vogtländische Rüstungsindustrie verpflichtet.

1945 fiel das Kunstschulareal mit seinen Werkstätten und der umliegenden Gebäudestruktur Bombenangriffen zum Opfer, Plauen wurde insgesamt zu etwa 72 % zerstört.

Ab 1948

Ab den Jahren 1949 bis 1950 wurde die eine „Staatliche Meisterausbildung“ im Gebäude der ehemaligen „Vogtländischen Höheren Stickereifachschule Plauen i. Vogtl.“ in der Heubnerstraße fortgeführt. Ab 1952 begann die Ausbildung als Facharbeiter Musterzeichner, später folgten die Berufsbezeichnungen Textilzeichner und Textilmustergestalter/Abitur, was der in der Bundesrepublik Deutschland heute geläufigen Berufsbezeichnung Produktgestalter Textil/Leder vergleichbar ist.


Text: Wikipedia

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