Johannes-Wüsten-Gedenktafel (Görlitz)

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Johannes-Wüsten-Gedenktafel

Johannes Wüsten war der Sohn eines freireligiösen Predigers und seiner Frau. Ein Jahr nach seiner Geburt zog die Familie nach Görlitz. Dort besuchte Wüsten das Gymnasium bis zur Untertertia. Nachdem man ihn wegen einer Waffenaffäre der Schule verwiesen hatte, lehnten die Eltern seinen Wunsch, Maler zu werden, ab. Er ging stattdessen nach Dresden, wo er eine Tischlerlehre begann, die er allerdings nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen abbrach. Er bekam die Gelegenheit, in Worpswede Schüler des Malers Otto Modersohn zu werden. Anschließend arbeitete er in einer Keramikfabrik in Bunzlau. Ab Sommer 1916 nahm Wüsten als Soldat am Ersten Weltkrieg teil. Im Oktober des gleichen Jahres wurde er an der Ostfront verwundet; eine weitere Verwundung erlitt er an der Westfront.

Nach Kriegsende ließ sich Wüsten als freischaffender Künstler in Hamburg nieder. Der Expressionist Wüsten, der die „Hamburgische Sezession“ mitbegründete, schuf vor allem Gemälde und Holzschnitte. Gleichzeitig wurden erste literarische Arbeiten von ihm veröffentlicht. 1922 unternahm Wüsten eine Studienreise durch die Niederlande; nach der Rückkehr gründete er in Görlitz eine Manufaktur für Keramik und Fayence, an der auch seine zweite Frau, die Malerin Dorothea Koeppen, beteiligt war. Wüsten war aktiv in der „Görlitzer Künstlerschaft“, in deren Malschule er, der inzwischen ein Vertreter der „Neuen Sachlichkeit“ war, in der zweiten Hälfte der Zwanzigerjahre die Graphikklasse leitete. Zur selben Zeit veröffentlichte er zahlreiche Kritiken und Feuilletons und hielt Vorträge. Ab 1929 begann Wüsten, sich für den Kupferstich zu interessieren; bis 1934 schuf er zahlreiche Werke in dieser Technik. Die gesellschaftskritische Tendenz seiner Werke führte dazu, dass Wüsten in Görlitz immer weniger ausstellen konnte.

Wüsten, der seit 1930 Mitglied des Antifaschistischen Kampfbundes und später der „Roten Hilfe“ war, wurde im März 1932 Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands. Kurz danach sein erster literarischer Erfolg: Sein Dreiakter Die Verrätergasse wurde uraufgeführt. Nach der Machtergreifung der Nazis übernahm er die Leitung der illegalen Görlitzer KPD, die vor allem mittels Flugblättern gegen die neuen Machthaber agitierte und Mitgliedern der verbotenen Partei zur Flucht in die Tschechoslowakei verhalf. 1934 emigrierte Wüsten nach Prag, wo er als Künstler und Schriftsteller polemische Beiträge gegen die Zustände im Deutschen Reich lieferte, die in deutschsprachigen Exilzeitschriften wie dem „Simplicissimus“ (später: „Simpl“) und der „Arbeiter Illustrierten Zeitung“ veröffentlicht wurden. Daneben schrieb er zwei Theaterstücke mit historischer Thematik (Bessie Bosch und Die Lehre vom Mariastern), Künstlergeschichten und den Roman Rübezahl, dessen Veröffentlichung durch die deutsche Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 verhindert wurde (er erschien 1963 aus dem Nachlass unter dem Titel Der Strom fließt nicht bergauf). 1937/38 verfasste er zudem einen utopischen Roman Kämpfer gegen Kometen, der in Fortsetzungen unter dem Pseudonym Walter Wyk in der Zeitschrift Volks-Illustrierte publiziert wurde. Die Identität des Verfassers wurde erst in den 1980er Jahren entdeckt, worauf es zu einer Wiederveröffentlichung 1992 kam.

Im Juli 1938 verließ Wüsten Prag und ging nach Paris, wo er für die Exilorganisation „Deutsches Kulturkartell“ als bildender Künstler tätig war. Seine wirtschaftliche Situation verschlechterte sich zusehends, und nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde er am 10. September 1939 interniert. Er durchlief verschiedene Lager; am 19. Juni 1940 glückte ihm die Flucht aus dem Arbeitslager in Saint-Nazaire. Auf der Flucht vor den vorrückenden deutschen Truppen erreichte er die französische Atlantikküste; ein Versuch, von dort aus nach England zu gelangen, scheiterte. Mitte Juli 1940 kehrte Wüsten ins nunmehr deutsch besetzte Paris zurück.

Als Wüsten im Winter an Tuberkulose erkrankte, begab er, der als Deutscher nicht von Franzosen behandelt werden durfte, sich in ein Krankenhaus der Wehrmacht. Dort pflegte man ihn gesund, um ihn anschließend der Gestapo zu übergeben. Er wurde nach Deutschland gebracht und vor dem Volksgerichtshof in Berlin angeklagt; seine künstlerischen Arbeiten wurden ihm dabei als „Vorbereitung zum Hochverrat“ ausgelegt. Der Prozess gegen Wüsten begann am 11. März 1942 und endete mit seiner Verurteilung zu fünfzehn Jahren Zuchthaus. Er trat seine Strafe im Brandenburg-Görden an, erkrankte allerdings schon bald erneut an offener Tuberkulose und verstarb am 26. April 1943 im Gefängniskrankenhaus. Ein Großteil seines künstlerischen wie auch literarischen Werkes muss als verloren gelten.

Standort: Wohnhaus in der Johannes Wüsten Straße 7



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Südstädter

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