Justizgebäude am Appellhofplatz

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Siegelmarke vom Appelationsgericht Köln

Das Justizgebäude am Appellhofplatz ist ein historisches Gebäude in Köln. Das verändert erhaltene Gebäude steht seit 1983 unter Denkmalschutz.


Geschichte

Das Gerichtsgebäude steht beispielhaft für die Rechtsentwicklung im Rheinland, beginnend mit dem Französischen Recht unter Napoleon über das Rheinische Recht in Preußen bis hin zu unserer heutigen Rechtsordnung. Diese Rechtsentwicklung lässt sich auch heute noch an der Architektur nachvollziehen. Die Ortsbezeichnung „Appellhofplatz“ und die heute noch übliche Kurzbezeichnung „Appellhof“ für das Gerichtsgebäude gehen zurück auf den Rheinischen Appellationsgerichtshof. Die Einrichtung dieses Berufungsgerichts wurde 1819 in Köln erforderlich, nachdem der Wiener Kongress 1815 die Rheinlande Preußen zugesprochen und der preußische König Friedrich Wilhelm III. die Fortgeltung der bis dahin geltenden Napoleonischen Gesetzesbücher als Rheinisches Recht gebilligt hatte.

Nach der provisorischen Nutzung von Räumen im Spanischen Bau des Rathauses errichtete die Stadt Köln für das Obergericht nach den Plänen von Regierungsbaumeister Johann Peter Weyer ein 1826 fertiggestelltes halbkreisförmiges Gerichtsgebäude. Das auf einem früheren Klostergelände in Domnähe errichtete Gebäude nahm neben dem Rheinischen Appellationsgerichtshof fast die gesamte weitere Kölner Justiz auf. Anders als das Preußische Recht mit seinem Aktenprozess hatte das Rheinische Recht die fortschrittlichen Verfahrensgrundsätze der Öffentlichkeit und Mündlichkeit aus der Franzosenzeit übernommen. Deshalb boten fünf große Sitzungssäle schon in diesem Vorgängerbau am Appellhofplatz dem interessierten Publikum die Möglichkeit, in das Gericht zu kommen und die mündlich verhandelten Prozesse zu verfolgen.

Die Zuständigkeit des Rheinischen Appellationsgerichtshofs als Berufungsinstanz reichte von Saarbrücken über Trier, Koblenz, Köln und Düsseldorf bis nach Kleve am Niederrhein. Damit verfügte Köln als größte Stadt im Rheinland über die so dringlich gewünschte bedeutsame Provinzialinstitution. Die Ausweitung der Rechtsmaterie durch die Reichsjustizgesetze in 1879 sowie der sprunghafte Bevölkerungszuwachs in Köln durch die beginnende Industrialisierung ließen den Weyer-Gerichtsbau schließlich für die Bedürfnisse einer Großstadt zu klein werden. Darum wurde nach Abbruch des alten Gebäudes in zwei Bauabschnitten von 1884 bis 1893 das heutige, erheblich größere Justizgebäude an gleicher Stelle für das Königliche Oberlandesgericht (also das umbenannte Appellationsgericht), das Landgericht und die Staatsanwaltschaft neu errichtet.

Der Planer, Regierungsbaurat Paul Thoemer, legte wie sein Vorgänger Weyer besonderen Wert auf ein großzügiges Raumangebot für die Öffentlichkeit und leichte Zugänglichkeit für Zuhörer. Schon 1911 reichte der Platz wieder nicht mehr aus und das Oberlandesgericht sowie die Zivilkammern des Landgerichts zogen in einen ebenfalls von Paul Thoemer entworfenen Gerichtsneubau, das Justizgebäude am Reichensperger Platz. Danach diente der Appellhof bis 1980 ausschließlich der Strafjustiz. Es war diese Zeit, die für die Kölner Bevölkerung das Bild von „ihrem Appellhof“ prägte. Spektakuläre Prozesse, bei denen insbesondere vor dem Schwurgericht über Schuld oder Unschuld angeklagter Mörder, Giftmischerinnen oder Räuber befunden wurde, lockten Massen von Zuschauern in die großen Sitzungssäle.

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten in 1933 tagten im Appellhof bis 1945 sogenannte „Sondergerichte“. Sie konnten praktisch ohne Bindung an Recht und Gesetz im Sinne des Naziterrors urteilen und taten dies in sich steigerndem Maße auch: Bis zum Kriegsende wurden im Appellhof durch diese Sondergerichte über 120 politisch motivierte Todesurteile gefällt, teilweise aus nichtigem Anlass mit dem einzigen Ziel der Abschreckung. Die vereinzelt vertretene These, dass ein unterirdischer Gang das Justizgebäude mit der gegenüber gelegenen Gestapo-Zentrale im EL-DE-Haus verbunden habe, ist durch keine überprüfbaren Quellenangaben belegt. Insbesondere existieren – soweit ersichtlich – keine Veröffentlichungen, wonach in einem dieser beiden Gebäude Spuren des angeblichen Gangs gefunden worden wären.

Nach einer teilweisen Zerstörung durch Bombenangriffe im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude in den 1950er Jahren in veränderter Form wieder aufgebaut. Heute sind das Verwaltungsgericht Köln und das Finanzgericht Köln im Gebäudekomplex am Appellhofplatz untergebracht. Das traditionsreiche Justizgebäude kommt bis heute ohne eine Hausnummer aus. Der Versuch politischer Kräfte, den Appellhofplatz in Heinrich Böll-Platz umzubenennen, wurde bei einer Meinungsumfrage nur von 17 Prozent der Kölner unterstützt und scheiterte im Stadtrat.


Architektur

Der Südteil des Gebäudes, in dem früher einmal das Amtsgericht untergebracht war, ist ein dreigeschossiger, freistehender, mehrflügeliger Bau mit Satteldach, dessen abgestufter Grundriss halbkreisförmig ist. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Neubau der Grundstücksform des niedergelegten Weyer-Baus angepasst werden musste. Der gesamte Bau umschließt einen Innenhof. Die Fassade zur Burgmauer hat Seitenrisalite und einen (nach dem Zweiten Weltkrieg verändert wiederaufgebauten) Mittelrisalit. Die Südfassade ist geprägt durch den zweistufig vorspringenden Mitteltrakt (Portal (1950er Jahre), Eingangshalle und Treppenanlage). An der Ost- und der Westfassade befinden sich fünfseitig hervorstehende Treppentürme. Hof- und Straßenfassaden sind in Backstein mit Maßwerk-Fenstern und Gliederungselementen aus Naturstein ausgeführt.

In der Architektur lassen sich noch heute, wie beim Vorgängerbau, deutliche Spuren von Ideen der Französischen Revolution erkennen: Ganz im Sinne der Grundsätze von Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Gerichtsverfahren wurden Anreize geschaffen, um dem Publikum den Zugang zu den Gerichtssälen zu erleichtern. Außer den zwei Haupteingängen an der Nord- und der Südseite des Gebäudes gibt es zwei – jetzt geschlossene – Nebeneingänge, durch die Zuschauer unmittelbar von der Straße aus jeweils ein Treppenhaus erreichen konnten, das zu den übereinander liegenden Sitzungssälen führte. Der glasüberdachte Lichthof bietet bei Veranstaltungen über 400 Personen Platz. Breite, helle Gänge verstärken den Eindruck eines bürgerfreundlichen Gerichtsgebäudes. Bei seiner Fertigstellung in 1893 verfügte das Gericht über zwei verschiedene moderne Heizungssysteme, nämlich durch Warmwasser- und Warmluftbetrieb. Im Sommer konnte durch die Großventilatoren aus dem Keller kalte Luft in die Sitzungssäle gepumpt werden, die so klimatisiert wurden. Noch erhalten sind die historischen Vorführzellen und die von dort zu den Sitzungssälen führenden eigenen Gefangenen-Treppenhäuser (Wendeltreppen), die Kontakte zwischen Gefangenen und Publikum sowie etwaige Fluchtversuche verhindern sollten.

Nach dem Umzug von Landgericht und Staatsanwaltschaft in das neue Justizgebäude an der Luxemburger Straße in 1980 erfuhr der historische Appellhof bis 1995 die bisher umfangreichsten Umbau- und Restaurierungsarbeiten. Diese Baumaßnahmen erweiterten auch die Hauptnutzfläche auf rund 7.000 qm und schafften mit Kosten von ca. 32 Mio. DM die Voraussetzungen für die Unterbringung des Verwaltungsgerichts Köln und des Finanzgerichts Köln.



Text: Wikipedia

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