Kaufhaus Ury (Leipzig)

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Moritz und Julius Ury eröffneten 1896 das erste Leipziger Warenhaus „Ury Gebrüder: Warenhaus“ am Königsplatz 15 (Wilhelm-Leuschner-Platz). Die Familie Ury, Mutter und Witwe Ernestine Ury und ihre Kinder zogen 1896 nach dem Tode des Vaters Salomon Ury nach Leipzig. Zu den Vorfahren der traditionsreichen jüdischen Familie zählen der Tangermünder Schutzjude Lewin Samuel Ury und dessen Sohn Lewin Esaias Ury – Gemeindevorsteher der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken vom Kaufhaus Ury.

Geschichte

Moritz und Julius Ury eröffneten 1896 das erste Leipziger Warenhaus „Ury Gebrüder: Warenhaus“ am Königsplatz 15 (Wilhelm-Leuschner-Platz). Die Familie Ury, Mutter und Witwe Ernestine Ury und ihre Kinder zogen 1896 nach dem Tode des Vaters Salomon Ury nach Leipzig. Zu den Vorfahren der traditionsreichen jüdischen Familie zählen der Tangermünder Schutzjude Lewin Samuel Ury und dessen Sohn Lewin Esaias Ury – Gemeindevorsteher der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Moritz und Julius Ury erhielten in Landsberg a. W. eine kaufmännische Ausbildung und arbeiteten als kaufmännische Angestellte und Filialleiter. Sie gründeten und waren Gesellschafter der (Grohag) GmbH Leipzig, Berlin und Chemnitz, sowie Gesellschafter der Wohlwert-Einkaufszentrale. Moritz gehörte dem Aufsichtsrat der Textilmesshäuser AG, Leipzig und als Vorstandsmitglied dem Verband Deutscher Waren- und Kaufhäuser e.V. Berlin an.

1904 heiratet Moritz Selma Bamberger, die aus Schmallenberg, Westfalen stammte und wurde endgültig in Leipzig ansässig, während sein Bruder Julius Ury mit seiner Frau Klara, geb. Fraenkel, nach Berlin ging. Die Urys bezogen die „Ury-Villa“ in der Wächterstraße 32.

Zum engeren Familienkreis der Urys gehörten Moritz Cousine, die Schriftstellerin Else Ury und sein Cousin der Impressionist Lesser Ury. Moritz und Julius engagierten sich vielfältig im Leipziger jüdischen Gemeindeleben. Moritz war im Hilfsverein israelitischer Gewerbetreibender e.V. Leipzig, im Felix Goldmann-Gedächtnisbund zur Erziehung jüdischer Waisenkinder (Mitglied des Kuratoriums) sowie im Hauptvorstand des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens tätig. Moritz und Julius gehörten als Mitglieder dem Israelitischen Wohltätigkeitsverein an. Ihre Firma war Mitglied im Hilfsverein der Juden in Deutschland. Moritz hatte noch zwei weitere Geschwister. Der Bruder Jacob Ury (Berlin) war Arzt und heiratete 1902 in Weißenfels Deborah (Dora) Schloß, geboren 1879 in Gleicherweisen. Nach dem Tode ihres Mannes kam sie 1916 gänzlich nach Leipzig, engagierte sich auf sozialem Gebiet im Kaufhaus und in der jüdischen Gemeinde (Frauenverband des Central-Vereins, Kulturbund Deutscher Juden. Moritz Urys Schwester Rosa heiratete in die berühmte Kaufmanns- und Verlegerfamilie Schocken ein. Seitdem verbanden die Familien Schocken und Ury enge verwandtschaftliche und geschäftliche Beziehungen, die zur Gründung eines Schockenwarenhauses in Zwickau führten.

Moritz Sohn, Walther Ury, trat als Gesellschafter und Prokura der Grohag GmbH und der UWO-Handelsgesellschaft in die Fußstapfen seines Vaters, wurde Kaufmann und Geschäftsführer. Walther und seine Frau Tanja Ury gehörten zu den Mitbegründern und Aktivisten des Kulturbundes Deutscher Juden in Leipzig, Tanja als künstlerische Leiterin und Pianistin. Außerdem war Walther wie sein Vater im Hilfsverein israelitischer Gewerbetreibender Leipzig e.V. vertreten und darüber hinaus in der Gesellschaft der Freunde zu Leipzig. Seit 1929 spendete die Salomon-Ernestine-Stiftung – rund 2000 RM an die Jüdische Gemeinde. Zinsen sollten am 17.01. jeden Jahres für kranke und bedürftige Gemeindemitgliede verwendet werden. Die Urys werden als Spender auf der Gedenktafel des Eitingonkrankenhauses aufgeführt.

Moritz Ury und seine Frau Selma nahmen im Oktober 1937 ständigen Wohnsitz in der Schweiz. In Montreux hatte Moritz Ury in den Jahren zuvor regelmäßig seine schwere Krankheit behandeln lassen. Walther und Tanja emigrierten im August 1938 in die Schweiz. Julius Emigration misslang. Er kam nur bis nach Frankreich, musste sich dort verstecken und verstarb 1940 an unbekanntem Ort. Julius Frau Klara konnte sich mit den zwei Kindern in die Schweiz retten.

Moritz, Julius und Walther verdrängte man im Zuge der Arisierung als Gesellschafter und Geschäftsleiter aus den Vorständen des Warenhauses am Königsplatz und aus ihren Handelsketten. Das Warenhaus wurde bis 1941 liquidiert und zum Reichsmessetextilhaus umgestaltet.


Literatur:


Kirchhof, Heike: Jüdisches Leben in Leipzig: Gestern - Heute – Morgen: Ein Literatur- und Bestandsverzeichnis der Rolf-Kralovitz-Bibliothek der ECS Stiftung Leipzig, 2006, Leipzig, 160-161.

Lorz, Andrea: Suchet der Stadt Bestes: Lebensbilder jüdischer Unternehmer aus Leipzig, Pro Leipzig, 1996, Leipzig, 12-41.

Riedel, Horst: Stadtlexikon Leipzig von A bis Z, Pro Leipzig, 2005, Leipzig, 615.

Quelle:Juden in Sachsen


Adresse: Wilhelm-Leuschner Platz 15 (Leipzig)

Früher: Königsplatz 15