Kriegsfürsorgeamt

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Das Kriegsfürsorgeamt war ein Amt der k.u.k. Monarchie, das sich um die Organisation der Hilfe für Frontsoldaten, Kriegsinvaliden und Kriegswitwen bzw. Kriegswaisen während des ersten Weltkriegs kümmerte. Es wurde am 28.Juli 1914, bald nach Kriegsbeginn, mittels Erlass des k.u.k. Kriegsministeriums gegründet. Dieses Amt betreute die cisleithanische Reichshälfte Österreich-Ungarns sowie Bosnien-Herzegovina.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zum Kriegsfürsorgeamt.

Kaiser Karl Serie

Militär Serie

Rotes Kreuz

Flaggen Serie

Wappen Serie

Geschichte

Ausgangslage

Die seit 1868 in Österreich-Ungarn bestehende Wehrdienstpflicht führte dazu, dass im ersten Weltkrieg 7,8 Millionen Männer für die Habsburgermonarchie in den Krieg ziehen mussten. Die technischen und militärtaktischen Erneuerungen der Auseinandersetzungen verursachten eine nie zuvor erreichte Opferzahl unter den Soldaten des Kaisers: 1,5 Millionen verstarben und viele Tausende wurden verletzt.[4] Das durch diese Umstände verursachte Leid der Bevölkerung führte in Österreich-Ungarn relativ schnell nach Kriegsanfang zur Gründung des Kriegsfürsorgeamtes, um die Not unter den Kriegsopfern – Soldaten sowie hinterbliebenen Familien – zu lindern.

Zweck

Selbstbeschreibung

Das Kriegsfürsorgeamt definiert sich selbst als zuständig für die effiziente Organisation und das Verteilen von Sach- und Geldspenden an Frontsoldaten, als Anlaufstelle für Kriegsinvalide und Hinterbliebene zur Information über Amtswege bei Unterstützungsansuchen und als Plattform zur Koordination von "jeder spontanen Betätigung der freiwilligen Hilfeleistung",[5] ausgenommen der Krankenpflege. In diesem Sinne wurde in zeitgenössischen Berichten betont, dass die Einrichtung dieser dringend nötigen Stelle die "humanen Anschauungen unserer Kriegsverwaltung"[6] besonders hervorheben würde.

Seine Hauptarbeit sah das Kriegsfürsorgeamt in Liebesgabenaktionen, Geldbeschaffung, kriegswirtschaftlichen Unternehmungen (Sammlungen von Metall, Wolle, Kautschuk sowie Schuhreparatur) und dem k.u.k Invalidenfond.[7] Durch seine strategische Arbeit erschloss das Kriegsfürsorgeamt private, personelle und materielle Ressourcen für den Staat.[8]

Marchets Pflichtendreieck

Die Nötigkeit eines staatlichen Kriegsfürsorgeamtes begründet sich in der ethischen Verantwortung des Staates für das Wohlergehen seiner Bürger. Sie wurde schon 1915 durch Marchet als Pflichtendreieck beschrieben.[9] Dieses Dreieck besteht aus den beiden Verpflichtungen des (männlichen) Staatsbürgers zur Arbeit sowie zur Wehrpflicht, die seit 1868 gesetzlich vorgeschrieben war. Demgegenüber steht als dritte Seite die Fürsorgepflicht des Staates für Kriegsopfer. Marchet zufolge soll, wenn der Bürger seine Arbeitsfähigkeit durch den Kriegseinsatz auch nur teilweise einbüßt, der Staat den Verdienstverlust wettmachen. Weiters muss der Staat auch dazu beitragen, dass dem Kriegsinvaliden eine angemessene Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt. Falls ein Soldat verstirbt, muss der Staat für die Versorgung der Hinterbliebenen aufkommen.

Propaganda

Eine weitere wichtige Aufgabe war die Unterstützung staatstragender Werte mittels Propaganda. Dazu gehörten die Verehrung der Monarchie, die Aufrechterhaltung des Kriegswillens und die moralische Festigung der Heimatfront. Dabei wurden bei Hilfsaktionen vermehrt Kinder angesprochen. So sollten Schulkinder im Wettstreit untereinander prüfen, wer die meisten Spenden einsammelt.[10] Als Begründung führte das Kriegsfürsorgeamt an, dass einer "Bitte aus Kindesmund" niemand widerstehen könne und dadurch "flossen reichlich Spenden"[11]. Und Kinder waren auch eine wichtige Zielgruppe der vom Kriegsfürsorgeamt unterstützten Produkte. Beispiele dafür sind Sammelalben, Brettspiele oder Kinderbücher. So war die Illustrierte Kriegschronik 1914[12] ein über 300 Seiten dickes Buch mit Karten und Abbildungen der letzten Kriegshandlungen. Laut Pressemitteilung wurde besonders darauf Wert gelegt, die "ruhmreichen Kämpfe unserer österreichischen und ungarischen Truppen" hervorzuheben, weshalb sich das Buch "aus diesem Grunde ganz besonders als Weihnachtsgeschenk für die heranreifende Jugend"[13] eignen würde. Die Produkte entsprangen meist Kooperationen mit Privatunternehmen, wobei das Amt üblicherweise 10% der Erlöse erhielt.

Organisation

Das Kriegsfürsorgeamt war direkt dem k.u.k. Kriegsministerium unterstellt. Im März 1917 arbeiteten über 2000 Personen für das Amt.[14] Darunter befanden sich Freiwillige, frontdienstuntaugliche Soldaten, bezahlte Hilfskräfte, sowie Kriegsgefangene. Letztere waren Zwangsarbeiter dem Amt untergeordneten Fabriken.

Abteilungen

Das Kriegsfürsorgeamt wurde in Präsidium und 16 Gruppen (entsprechend heutigen Ministerialabteilungen) aufgeteilt:[15]

Präsidium inkl. Unterstützungsabteilung

Gruppe II: Kommerzielle Abteilung; Feldkino; Schützengraben; Marineschauspiel

Gruppe III: Weihnachten im Felde

Gruppe IV: Kriegsschauplatzkarten und Stempelabteilung

Gruppe V: Sammelbüchsenabteilung

Gruppe VI: Wollabteilung

Gruppe VII: Auskunftsstelle

Gruppe VIII: Naturalspendenabteilung

Gruppe IX: Naturalspendenexpedition

Gruppe IX/NBW: Expeditionsstelle Nordwestbahnhof

Gruppe X: Zentralkassa

Gruppe XI: Presseabteilung

Gruppe XII: Arbeitsvermittlung

Gruppe XIII: Invalidenfonds

Gruppe XIII/S: Soldatenheime

Gruppe XIV: Statistik, Rechtsangelegenheiten prinzipieller Art, Evidenz der Zwei- und Sammelstellen

Gruppe XV: Konfektionsabteilung

Gruppe XVI: Woll- und Kautschuksammlung, Schuhwiederherstellungsaktion

Registratur, Expedit und Einreichungsprotokoll

Rechnungskontrolle

Mannschaftsdetachement-Kommando

Räumlichkeiten

Kriegsfürsorgeamt

Da die Aufgaben immer weiter wuchsen, musste das Amt nach seiner Gründung mehrmals umziehen:

im Juli 1914: Büro des Flottenvereins, Schwarzspanierstrase 15, 9.Bezirk, Wien

im August 1914: Exportakademie, Berggasse 16, 9.Bezirk, Wien

im März 1917: "Präsidium" in der Berggasse 22, 9.Bezirk, Wien; weitere Teile des Amtes waren auf Büros in Wien verstreut, sowie in Industriebetrieben befindlich.[16]

Zweig- und Sammelstellen Kriegsfürsorgeamt

Im Tätigkeitsbericht[17] des Kriegsfürsorgeamts werden insgesamt 25 Zweig- und Sammelstellen erwähnt, die sich in Cisleithanien, der von Wien verwalteten Reichshälfte von Österreich-Ungarn, befanden. Der Großteil davon, insgesamt 10 Außenstellen, verteilte sich über Böhmen: Prag, Leitmeritz, Pilsen, Komotau, Brüx, Königgrätz, Aussig, Teplitz-Schönau, Kladno und Reichenberg. Die Provinzen Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg werden in der Aufzählung hingegen nicht erwähnt. Die ungarische Reichshälfte wird durch ein eigenes Fürsorgeamt betreut, das 'Hadsegélyező Hivatal-Katonai Árvák és Özvegyek Javára'.

Tätigkeiten

Der Staat baut auf die Hilfsbereitschaft seiner BürgerInnnen. Genauso wie die Monarchie den Großteil der Kriegskosten mittels Kriegsanleihen von Kleinanlegern bestritt, finanziert sich die Kriegswohlfahrt hauptsächlich über Spendengelder.

Der Tätigkeitsbericht des Fürsorgeamtes bestätigt diese Fakten in folgender Statistik: Gesamteinnahmen durch Spenden und Aktionen: 71 Millionen Kronen.

43,4 Millionen Kronen für Kriegswohlfahrtszwecke

13 Millionen Kronen Betriebsausgaben (z.B. Arbeitslöhne an Wohltätigkeitsnähstuben, Reservistenfrauen, etc.)

Fürsorge für Soldaten

Das Wiener Tagblatt schrieb "mit Stolz und Genugtuung", dass "unsere Soldaten im Felde in Bezug auf Ausrüstung, Bekleidung und Verpflegung von keiner andern Armee übertroffen werden und daß für die Soldaten in ausreichendem Maße von der Heeresverwaltung gesorgt ist."[18]

Trotz solcher Jubelmeldungen wurde bald klar, dass es am Allernötigsten mangelte. Die Bevölkerung wurde bereits einige Monate nach Kriegsbeginn, im September 1914, dazu aufgerufen, folgende Sachspenden bereitzustellen:[19]

Tabakwaren

Schokolade und Kakao

Gebäck: Kekse, Biskuit, Zwieback, Lebkuchen

Tee

Kleidung: Schneehauben, Schals, Pulswärmer

Die Sammlungen wurden meist nach unterschiedlichen Themen ausgerichtet:

"Liebesgaben"

Durch einen öffentlichen Aufruf in österreichischen Zeitungen und auf Plakaten wandte sich das Kriegsfürsorgeamt mit der Bitte um Naturalspenden an Bevölkerung und Privatfirmen. Diese sogenannten "Liebesgaben", bestehend aus Lebensmitteln und Kleidung aber auch Hygieneartikeln, Schreibwaren und Rauchutensilien, waren für die Soldaten im Feld bestimmt. In Wien wurden gleich acht Sammelstellen für diesen Zweck eingerichtet, wo die einlaufenden Spenden registriert und neu verpackt wurden. Bis zum 31. März 1917 wurden 55.258 Pakete abgefertigt und damit 980 Waggons zur Verschickung beladen, wobei vor allem um die Weihnachtszeit die Spendenmenge anschwoll.[20] Der Warenwert der gesamten Sammlung betrug über 40 Millionen Kronen. Darunter befanden sich Unterhosen im Wert von knapp 2 Millionen Euro, knapp 20.000 Moskitonetze und 875 Grammophone.[21] Besonders wichtig war den Verantwortlichen des Kriegsfürsorgeamtes aber die Beschaffung von Tabak für die Soldaten. Zu diesem Zweck wurde eigens das "Komitee zur Unterstützung unserer Soldaten im Felde mit Zigarren und Zigaretten" gegründet. Sie konnten über 143 Millionen Zigaretten und 12 Millionen Zigarren zur Versendung bereitstellen.[22] Zuerst wurden die Pakete des Kriegsfürsorgeamtes noch von allen Wiener Bahnhöfen aus an die Front geschickt. Bald musste aber die Aktion, die die Bahnhöfe mit vielen Fuhrwerken und freiwilligen Helfern blockierte, den allgemeinen Truppentransporten und dem Kriegsmaterial weichen. So wurde sie permanent auf den Nordwestbahnhof verlegt.[23]

"Liebesgaben" für die Kriegsgefangenen in Russland

Durch die Vermittlung des schwedischen und österreichischen Roten Kreuzes konnte das Kriegsfürsorgeamt Verpflegung an die österreichisch-ungarischen Kriegsgefangenen in Russland schicken. Bei dieser Extrasammlung konnten neben Sachspenden auch Geldspenden im Wert von 200.000 Kronen zusammengetragen werden. Das Amt verdoppelte diese Summe und stellte damit persönliche Wäsche- und Hygienepakete für die Kriegsgefangenen zusammen.[24] Bei dieser Sammlung fällt vor allem das gespendete Ungeziefermittel auf.[25]

"Weihnachten im Felde"

Eine eigene Gruppe des Kriegsfürsorgeamtes befasste sich ausschließlich mit der Organisation von Weihnachtspaketen. Diese wurden großteils von Wiener und niederösterreichischen Schulkindern eingesammelt. Am 17. Dezember 1914 fuhren sechs Sonderzüge mit gemeinsam 161 Waggons vom Wiener Nordwestbahnhof zu den Kriegsschauplätzen. Dabei wurden in diesem und den folgenden Jahren auch verbündete Truppen - deutsche, bulgarische, ottomanische - mit den Geschenklieferungen bedacht. Mit Fortschritt des Krieges wurde es aber durch die Lebensmittelknappheit und die Inflation immer schwieriger, genügend Spenden zusammenzustellen.[26]

Ähnliche Sonderpakete wurden auch zu Ostern und zum Kaisergeburtstag verschickt.

Kälteschutzaktion

In einem Krieg, dessen Fronten quer durchs Gebirge verliefen ist das Wetter ein großes Problem für die Armee. Damit Verluste durch Kältetode, Erfrierungen und Krankheiten eingedämmt wurden, nahm sich die Gruppe VI des Kriegsfürsorgeamtes ausschliesslich der Herstellung von Winterkleidung an. Strickwaren wurden meist von Freiwilligen erstellt, das Kriegsfürsorgeamt beauftragte aber auch Reservistenfrauen, um ihnen so ein geringes Einkommen zu ermöglichen. In Heimarbeit erstellten sie Wollsocken, Pulswärmer und Hauben. In einer Konfektionsabteilung erarbeiteten Näherinnen Schneemäntel und Leibbinden. Strohüberschuhe und kleinere Ausrüstungsgegenstände wie Gasmaskentaschen wurden zugekauft.[27] Für beide Maßnahmen mussten Rohmaterial angeschafft und Löhne ausbezahlt werden, sodass für die Gruppe VI Ausgaben in der Höhe von 6,5 Millionen Kronen entstanden.[28]

Soldatenheime

Diese Aktion wurde erst 1916 ins Leben gerufen und Stand unter dem Schutz von Kaiser Karl. Soldatenheime entstanden, um die Streitkräfte, die schon den dritten Kriegswinter an der Front ausharrten, bei Laune zu halten. Sie sollten "den Tapferen Kriegern in ihrer dienstfreien Zeit die Möglichkeit der Erholung und geistigen Erquickung"[29] geben. So wurde das "Kaiser-Karl-Soldatenheim" des Wiener Landsturmes an einem "lauschigen Plätzchen im herrlichen Walde gleich hinter dem Frontabschnitt"[30] erbaut. Ähnlich einem Offizierskasino boten sie Verköstigung an. Außerdem gab es Alkohol, Musikinstrumente, Spiele, Schreibsachen, Bücher und Zeitungen. Die einzelnen Heime wurden durch Geldspenden des Kaiserhauses, von Vereinen, Städten, Berühmtheiten und Industriellen erbaut. Einzelne Sponsoren wurden sogar in den Zeitungen mit der Höhe ihrer Spende angeführt.[31] Für die Einrichtung wurde die Bevölkerung wieder zu Sachspenden aufgerufen. Oft stand für das Sponsoring der regionale Bezug zum "heimischen" Regiment im Vordergrund. Bis 1917 konnten dadurch 629 Heime errichtet werden.[32] Laut Bericht wurden hierfür zusätzlich vom Kriegsfürsorgeamt 100.000 Kronen ausgegeben.[33]

Feldkinos

Feldkinos boten den Soldaten "nach kampferfüllten Tagen Zerstreuung und Erheiterung".[34] Dabei rangierte das Angebot von der zum Kinosaal umgewandelten Baracke bis zu modernen mobilen Feldkinozügen. Ein Feldkinozug bestand aus zwei Wägen, die von Lasttieren gezogen werden konnten. Der Gepäckwagen enthielt den kompletten Vorführapparat und war durch ein Kabel mit einem zweizylindrigen Verbrennungsmotor auf dem Lichtwagen verbunden, der den Strom erzeugte. Eine Stunde nach Ankunft des Kinozugs konnten schon die ersten Vorführungen starten. Als erstes Büro bezog die Zentralstelle für Feldkinos eine Wohnung in der Wiener Neubaugasse, dem damaligen Zentrum des Filmhandels. Die Abteilung organisierte den technischen Betrieb, die Programmierung und das Bespielen der einzelnen Feldkinos. Viele Verleihfirmen, wie die Nordisk Film Compagnie und die Projektograph A.G. überließen dem Kriegsfürsorgeamt Filmmaterial, teilweise auch mit ungarischen Untertiteln.[35] Insgesamt konnte das Amt auch günstige Bestände aufkaufen: REF! Annonce im Kinoblatt - suchen alle möglichen Filme.REF!! Dadurch schlug das Feldkino mit knapp 190.000 Kronen zu Buche.[36]

1917 verfügten sie über 520.000 Meter Film und über 100 Feldkinos. Mit einer Ausgabe von über 3 Millionen Kinotickets, sahen sie sich als das "bedeutendste Kinounternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie".[37]

Fürsorge für Invaliden und Hinterbliebene

Der Invalidenfonds wurde im Herbst 1914 gegründet. Die Aufgaben des Invalidenfonds umfassten die Anschaffung von Prothesen, physikalische Nachbehandlung, Unterstützung für Kuraufenthalte und Blindenfürsorge.[38].

Aus einem Tätigkeitsbericht 1917:[39]

Invalidenfonds (z.B. Geld für Blinde und Ertaubte, Tuberkulosekranke, Großspende von 300.00 Kronen für ein Sanatorium für Lungenkranke in Grimmenstein; geplante Errichtung von Invalidenheimen, Heimkehrerunterstützung)

Frauenkronenfonds: Diese Spendensammlung wandte sich explizit nur an Frauen mit der Bitte, 1 Krone einzuzahlen. Die Kriegsfürsorge betont in ihrem Tätigkeitsbericht, dass die "Propaganda für den Fonds "sehr intensiv und systematisch"[40] durchgeführt wurde. Er hat 783.920 Kronen eingenommen.

Zentrale Anlaufstelle für Soldaten und Angehörige

Auskunftfunktion: Unterstützt Personen in Notlagen und weist ihnen die: „richtige Stelle (...), welche zu helfen verpflichtet ist oder ihnen den Weg zeigt, auf dem sie zu Arbeit und Verdienst gelangen“ Neues Wiener Tagblatt 06.09.1914

Geldbeschaffung

Das Lukrieren von Spendengeldern war die eigentliche Hauptaufgabe der Kriegsfürsorge, noch vor der Verschickung von Sachspenden an die Frontsoldaten.[41] Alle Geldspenden wurden in Evidenz gehalten, sodass das Amt einen Überblick über die Gesamtspenden der einzelnen Wohltäter behalten konnte.[42] Das Kriegsfürsorgeamt versuchte verschiedene soziale Zwänge zur erhöhten Spendeneinkunft zu instrumentalisieren, die im folgenden Abschnitt angesprochen werden.

Sammelbüchsen

Das Kriegsfürsorgeamt leitete die Sammelbüchsenaktion, deren Einkünfte zwischen dem Roten Kreuz, dem Kriegshilfsbüro und dem Kriegsfürsorgeamt aufgeteilt wurden. Zunächst organisierte das Amt die Zustellung und Abholung von Sammelbüchsen, die in Wiener Geschäften aufgestellt wurden. Anfangs verfügten sie nur über 2000 Blechbüchsen vom Flottenverein,[43] in dessen Räumlichkeiten das Kriegsfürsorgeamt ja zuerst seinen Platz hatte. Obwohl auch oft ein Mindesteinwurf vermerkt war und im Laufe des nächsten Jahres die Anzahl auf über 12.000 Stück erhöht werden konnte, war das trotzdem für die Zwecke des Kriegsfürsorgeamtes nicht ausreichend. Da keine Blechbüchsen nachbestellt werden konnten, weil die metallverarbeitende Industrie für den Kriegszweck arbeitete, ersann man Ersatzlösungen:

private Sammlungen

Kriegssparbüchse

Bestand aus Karton und war zum Aufstellen in der Wohnung gedacht. Jeder Büchse war ein Erlagschein beigelegt, damit das gesammelte Geld unkompliziert der Kriegsfürsorge überwiesen werden konnte. Das Kriegsfürsorgeamt schlug vor, dass Familienmitglieder zu verschiedenen Anlässen eine Geldspende einwerfen sollten: Erhalt einer Feldpostkarte, Familienfeiern (bei denen der Soldat nicht anwesend sein konnte), Spielgewinne, etc.[44] 1915 wurden schon 170.000 Stück an Familien verteilt, unter eifriger Mithilfe von Schulvereinen und Zeitungen.[45] Größere Varianten der Kriegssparbüchse wurden in Betrieben und Fabriken aufgestellt, um unter den Arbeitern zu sammeln.

Geschoßsammelbüchse

Wurde für den dramatischen Effekt aber auch wegen Metallmangels aus den gesammelten Hülsen der 30,5 cm Mörser gebaut.

Schrapnellsammelbüchse

Wurde für den dramatischen Effekt aber auch wegen Metallmangels aus den gesammelten Hülsen russischer Schrapnelle gebaut.

öffentliche Sammlungen

An sogenannten „Opfertagen“ und „Soldatentagen“ wurden in Wien auch öffentliche Sammlungen von allen Bezirksvorstehungen durchgeführt.

Brief- und Stempelmarken, Ersatzgeld

Kriegsfürsorgestempel: Große Industriebetriebe, die sich zur freiwilligen Spende für die Kriegsfürsorge verpflichteten erhielten einen Stempel mit dem Wappen der Kriegsfürsorge. Sie konnten ihn auf ihren Papierwaren anbringen (Rechnungen, Frachtbriefe, Briefpapier) um auf ihr Engagement hinzuweisen. Die Stempel waren in den Einheiten 4 Heller, 10 Heller und 1 Krone erhältlich.[46]

Siegelmarken mit Wappen des Kriegsfürsorgeamtes für den Witwen und Waisenfonds[47]

Transportzertifikate für Heereslieferungeen: Privatfirmen mussten dem Frachtschein für Militärlieferungen auch ein vom Kriegsfürsorgeamt ausgestelltes Zertifikat beilegen, das für 20 Heller zu erwerben war.[48]

Kriegsgefangenengeld wurde ab 1915 eingeführt, um den Insassen die Flucht auch durch die Entziehung des Bargeldes zu erschweren. Beim Kriegsfürsorgeamt konnten Sammler Sets dieses Notgeldes erwerben. Es wurde mit einem Aufschlag von 10% auf den Nennwert verkauft.[49]

anderweitige Bareinnahmen

Das Kriegsfürsorgeamt war "von Anbeginn darauf bedacht",[50] auch andere Einnahmequellen zu erschließen. Neben eigens für das Kriegsfürsorgeamt konzipierten Kulturveranstaltungen, machte man sich die Bereitschaft der Konsumenten, kleine Geldbeträge leichter zu spenden als große, zu Nutze. In den Kriegsjahren kreierte man viele Aktionen, bei denen zur normalen Konsumation freiwillig 2 Heller aufbezahlt werden konnten.

Eintrittsgelder

Wohltätigkeitsaktion der Theater und Kinos: 2 Heller Aufpreis auf Theater-[51] und Kinokarten[52] Diese Aktion erzielte 24.000 Kronen.

Kunstaustellungen: Kunstsammlung des Invalidenfonds. Verwertung durch Eintrittsgelder und Versteigerung der gesammelten Objekte[53] am 16.-23-11.1917 (Gemälde im Wert von 350.000 Kronen wurden gesammelt; Frühling 1916 - permanente Ausstellung).[54][55]

Kriegsaustellungen

Schützengraben im Wiener Prater (August 1915): Bei dieser Schau konnte das Publikum den Alltag der Truppen an der Front nacherleben. Dabei gab es auch Vorführungen der Kriegs- und Sanitätshundestaffel.

Diorama "Görz", Eintritt kostete 40 Heller.

Marineschauspiele[56] im Wiener Prater zeigten Seeschlachten und U-Boot-Angriffe in der Adria und wurde vom Publikum rege besucht. Die Aufführungen wurden von Orchestermusik begleitet. Der Direktor der Marinespiele, Brunnensteiner, wurde nach Kriegsende vor Gericht der Veruntreuung von Geldern beschuldigt.[57]

Filme

Papeterie

Postkarten: Postkarten kamen schon in den ersten Kriegsmonaten auf den Markt (August 1914). Insgesamt wurden 2000 bis 2500 verschiedene Motive erstellt. Die Motive reichten von Weihnachtsgrußkarten und Landschaftsbildern[58] zu Kampfszenen, oder Porträts von Heeresführern und Kriegshelden. Es gab aber auch Motive mit verwundeten oder sterbenden Soldaten.[59] Für einige wurden Sammelbände geschaffen, wie das Gloria Victoria Album, das 1916 auf den Markt kam. Es hatte Platz für die eigens geschaffene Serie mit 744 unterschiedlichen Postkarten (Kaufpreis je 12 Heller).[60]

Kriegsschauplatzkarten: Die Übersichtspläne waren auf der Vorderseite mit den Frontverläufen bedruckt, auf der Rückseite befanden sich Kriegsberichte des Generalstabs. Sie wurden wöchentlich um 40 Heller als Abonnement vertrieben und fanden großen Absatz.[61]

Bücher:

Die illustrierte Kriegschronik 1914. Der Preis betrug 4 Kronen broschiert, bzw. 5 Kronen 40 Heller für die gebunden Ausgabe. 10 Prozent davon gingen als Spende an das Kriegsfürsorgeamt.[62]

Wir spielen Weltkrieg! Ein zeitgemäßes Bilderbuch für unsere Kleinen. Von Ernst Kutzer mit Versen von Armin Brunner. Herausgegeben vom Kriegshilfsbüro des k. k. Ministeriums des Innern zu Gunsten des Roten Kreuzes, des Kriegsfürsorgeamtes und des Kriegshilfsbüros.

Kleingegenstände

Kriegssouvenirs waren sehr beliebt und es entwickelte sich sogar eine rege Sammlertätigkeit. 1916 wurde ein monatlich erscheinendes Liebhabermagazin nur erschaffen, die Kriegssammler-Zeitung[63] herausgebracht, die sich an private Sammler und Museen wandte und über Neuerscheinungen informierte.

Kaiserring: Fingerring aus Eisen mit einem Porträt von Kaiser Franz Joseph , vom Künstler Schwerdtner designt. Auflage 250.000 Stück. Der große Verkaufserfolg weitere Souvenirserien zu erstellen. [64]

Souvenirs: 30,5 cm Bronze-Mörser-Modell[65] wurde von den Skoda-Werken gegossen.

(Bleistifte in der Form von Gewehrpatronen, Kriegsfürsorgekreuze, Medaillen) Tabakdosen >>>PRÜFEN!


Medaillen: Künstler, die hier mit dem Kriegsfürsorgeamt zusammenarbeiteten, waren der Bildhauer Arnold Hartig, Kammermedailleur Rudolf Marschall, Heinrich Kautsch, Bildhauer Hermann, Schwerdtner, Neuberger , Gurschner, Tiede. Das Amt rühmte sich damit, durch seine regen Verkäufe „weitere Kreise für diese vornehme Kunst gewonnen zu haben“.[66]

Maria Annunziata Medaille

Abzeichen waren während des Krieges sehr beliebt. Nachdem die anfängliche Kriegsbegeisterung der Zivilbevölkerung abgeklungen war, fanden die Hersteller von Abzeichen immer noch reißenden Absatz. Es kam dann bei den Soldaten sehr in Mode.

Das "offizielle Grußenthebungsabzeichen" konnte zum Preis von 2 Kronen erworben werden. Der Träger wäre dadurch "des lästigen Hutabnehmens beim Grüßen entbunden".[67]

Armeeabzeichen: Idee angeblich von den Truppen selbst, insgesamt wurden mehrere Millionen Stück abgesetzt,[68] als Erinnerung an den gemeinsam druchlebten Kriegsdienst. Typische Motive waren berühmte Feldherren, eroberte Festungen, legendäre Schlachtenszenen, aber auch ein eigenes Abzeichen für Weihnachten im Felde wurde entwickelt.[69] Das "steirische Kriegserinnerungskreuz" zum Beispiel wurde von der Armeeeinheit 22. Landwehr Kriegsinfanterie Truppendivisions Kommando gleich in tausendfacher Ausfertigung (3.266 Stück) bestellt.

U-Boot Plakette mit einer Widmung der Torpedofabrik Whitehead in Fiume. Der Künstler war Heinrich Kautsch.

Spenden

2-Heller-Quittung: Wurde schon im September 1914 eingeführt, bis März 1917 kam dabei die Summe von 400.000 Kronen zusammen. Es handelte sich um einen Rechnungszettel in den Farben der Monarchie, der bei Konsumation in einem Lokal noch freiwillig aufgezahlt werden konnte. Diese schwarz-gelbe Quittung war weit verbreitet, sowohl „im eleganten Stadtrestaurant wie im einfachen Dorfgasthaus“.[70]

Kriegsnagelungen - z.B. in Wien Leopoldstadt Wehrschild des Artilleristenbunds. Die Einkünfte wurden zwischen Rotem Kreuz und Kriegsfürsorgeamt geteilt.

Lorbeer für unsere Helden war eine von Flora Berl ins Leben gerufene Spendenaktion. Zum Preis von 3 Kronen konnte ein Blatt für den Lorbeerkranz erworben werden. 1916 wurden als Abschluss der Spendenaktion über 100 bronzene Lorbeerkränze am äußeren Burgtor angebracht, die sich noch heutzutage dort befinden.[71]

Materialsammlungen

Durch die Blockadepolitik der Entente-Mächte kam es in Österreich-Ungarn zu einem kritischen Rohstoffmangel. Betroffen waren Rüstungsindustrie, Textilindustrie, Pulverfabrikation, Papierfabrikation sowie Rohpappenerzeugung. Das Kriegsfürsorgeamt trug zur Beschaffung kriegswichtiger Rohstoffe bei, indem es Materialspenden der Zivilbevölkerung sammelte. Für die Weiterverarbeitung bei der Hadernsammlung kamen russische Kriegsgefangene zum Einsatz.[72]

(Lebensmittel, Kleidung, Geld, Metalle; Gold-gab-ich-für-Eisen; etc...)Metallsammlung Woll- und Kautschuksammlung Schuhwiederherstellungsaktion 450.000 kg im Wert von 500.00 Kronen

Auflösung

Das österreichische Kriegsfürsorgeamt blieb auch nach Kriegsende bestehen. So unterstützte es nachweislich den Austausch von gefangenen Kriegsinvaliden durch das Rote Kreuz[73] oder koordinierte das Ersetzen weiblicher Bürokräfte durch Kriegsinvaliden[74] . Es gab aber einige Aufgaben, die es zuvor geleitet hatte wieder ab. So übertrug es die Betreuung von Abonnoments der Kriegsschauplatzkarten an die privatwirtschaftlichen Kooperationsfirmen.[75] Das ungarische Kriegsfürsorgeamt wurde im April 1919 dem Landes-Kriegspatronageamt einverleibt.[76] Nach dem Kriegsende überliess das Kriegsfürsorgeamt die gesammelten Gegenstände für die Zerstreuung der Soldaten, wie Filme oder Grammophone, den Kasernen.[77]

Für die Weiterentwicklung der Unterstützungsleistungen für Kriegsopfer war die Selbstorganisation in Opferverbänden ausschlaggebend. Nach Kriegsende wurden die Gesetze an die Lage angepasst. Es entstand das Invalidenentschädigungsgesetz (StGB1 1919/245, "Gesetz über die staatliche Entschädigung der Kriegs-Invaiden, -Witwen und -Waisen"), das nach Kriegsende die staatlichen Hilfen regelte. Die ersten gesicherten Zahlen der Kriegsopfer konnten erst 1927 erhoben werden: Zu diesem Zeitpunkt gab es insgesamt 263.000 Personen in Östereich, denen Unterstützung zugesprochen wurde, davon waren 116.000 Kriegsinvalide und 147.000 überlebende Familienmitglieder.

berühmte Mitarbeiter

Das Kriegsfürsorgeamt bestand aus Freiwilligen und fest angestellten Mitarbeitern. Mit dem Amt kooperierten viele zeitgenössische Künstler. (BSPS!!)

Hugo von Hoffmannsthal

Der Schriftsteller war landsturmpflichtig und musste sich am 29. Juli 1914 in Pisino (Istrien) zur Stellung melden. Durch Intervention von Oberst Josef Redlich fand Hoffmannsthal Anstellung in der Presseabteilung (Gruppe XI) des Kriegsfürsorgeamts.[78]

Kritik

wirtschaftlicher (Miss-)Erfolg

Die Postkartenaktion wurde als geschäftlicher Erfolg dargestellt, allerdings wird die Höhe der Produktions- und Nebenkosten kritisiert. [79]

Arbeiterbewegung

Die sozialistische Bewegung kritisierte das Kriegsfürsorgeamt, da es eine Konkurrenz für die Lohnstrickerinnen darstellte. Durch die Kriegsumstände fänden sie keine Wolle mehr - das Kriegsfürsorgeamt hingegen hat durch Sammelaktionen mehrere Tonnen davon eingesammelt. Die so eingenommene Wolle soll ausserdem in freiwilliger Heimarbeit durch Frauen und Mädchen verarbeitet werden und den Frontsoldaten zur verfügung gestellt werden. Allerdings könnte das Amt auch durch den Kriegs arbeitslos gewordene professionelle Strickerinnen anstellen. In der Arbeiter Zeitung wird auf den Widerspruch hingewiesen, dass das Kriegsfürsorgeamt um die Not der Soldaten zu lindern, die Not bei den arbeitslosen Frauen nur verschärfen würde.[80]

Auch der sozialistische Verein "Frauenhilfsaktion" kritisiert, dass die vom Kriegsfürsorgeamt über die Gemeindefürsorge zur Verfügung gestellte Summe für die Unterstützung der Reservistenfrauen und der Arbeitslosen zu gering wäre. Der Zentralbeirat des sozialistischen Frauenhilfskomitees überreichte daher dem Ministerpräsidenten der österreichisch-ungarischen Regierung, Stürgkh, eine Petition. Darin baten sie die Geldmittel für die Unterstützung der notleidenden Bevölkerung zu erhöhen und durch Einkünfte aus den Kriegsanleihen zu erweitern.[81]

Literatur

Das Kriegsfürsorgeamt und seine Tätigkeiten zur Geldbeschaffung wurden vom zeitgenössischen Satiriker Karl Kraus in mehreren Szenen der letzten Tage der Menschheit aufs Korn genommen.


Text: Wikiversität/Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.