Loeser & Richter: Unterschied zwischen den Versionen

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==Unternehmensgeschichte==
 
==Unternehmensgeschichte==

Version vom 11. Dezember 2018, 20:49 Uhr

Das unter Loeser & Richter firmierende Unternehmen produzierte unter dem Handels- und Schutzzeichen Anker Marken-Nudeln. Es war die erste deutsche Fabrik, die Nudeln in Cellophan einpackte. Vor dem Zweiten Weltkrieg belieferte das Unternehmen auch den US-amerikanischen Markt. Unternehmenssitz war das sächsische Löbau. Die Geschichte des Unternehmens steht in engem Zusammenhang mit dem Bau des Hauses Schminke.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken von Loeser & Richter.

Unternehmensgeschichte

Die ersten Jahre

Die Firma Woldemar Loeser & Co. wurde mit der Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrag am 5. März 1874 von dem Dresdner Kaufmann Georg Woldemar Loeser und dem Gutsbesitzer und Kaufmann Stephan von Keszycki aus Ilgen bei Fraustadt gegründet.[1] Bereits im Folgejahr, am 20. Oktober des 1875 schied Stephan von Keszycki als Mitinhaber des Unternehmens aus. Neuer Gesellschafter wurde am 23. Oktober 1875 der Löbauer Rentier Herrmann Lange.[2] Auch dieser schied ein Jahr später, am 2. Oktober 1876, wieder aus dem Unternehmen aus. Neuer Mitinhaber wurde nun der Löbauer Kaufmann Julius Richter. Gemeinsam mit dem Namen des neuen Teilhabers entstand der bis 1946 geführte Firmenname Loeser & Richter.[3] Woldemar Loeser verstarb im Alter von 41 Jahren am 23. November 1888 in Löbau.[4]

Schon 1881 bekamen die Teigwarenprodukte die Handels- und Schutzmarke Anker, mit der sich die Löbauer Nudeln rasch zur weltbekannten Marke entwickelten.

Im Jahr 1890 verfügte das Unternehmen mit der Rufnummer 42 bereits über einen von 44 Telefonanschlüssen des Fernsprech-Vermittelungsamtes Löbau.[5]

Während das Unternehmen anfangs nur in gemieteten Räumen produzierte, beschäftigte man sich kurz vor der Jahrhundertwende mit dem Bau eigener Gebäude. 1899 erwarb es schließlich ein geeignetes Grundstück am Stadtrand und ließ darauf eigene Fabrikgebäude errichten, die am 28. März 1900 bezogen wurden.[6]

Am 1. Juli 1908 wurde dem Löbauer Kaufmann Max Richard Urban die Prokura erteilt.[7]

Verkauf an Wilhelm Schminke

Vermutlich kam der Glauchauer Textilfabrikant Wilhelm Schminke mit dem Unternehmen in Kontakt, als es im Juni 1904 am Glauchauer Gastwirtstag teilnahm.[8] Kurze Zeit später, am 4. Juli 1904, kaufte er es von Julius Richter. Da die bisherigen Absatzmärkte im Ausland zunehmend nur noch unrentabel bewirtschaftet werden konnten, bemühte sich Wilhelm Schminke zunächst verstärkt den einheimischen deutschen Markt zu erobern. Nur so konnte er den Weiterbestand der Fabrik sichern. Dank geschickter Werbestrategien trug er dazu bei, der Nudel neben der Kartoffel einen festen Platz in deutschen Küchen zu sichern. Wilhelm Schminke war sich darüber im Klaren, dass der deutsche Markt nur mit den besten Qualitäten zu erschließen sei. So stellte er die Produktion auf Grieß um, wie dies bereits bei größeren süddeutschen Fabriken der Fall war.[9] Der wirtschaftliche Aufschwung, der vor allem aus dem immer größeren deutschen Kundenkreis herrührte, kam mit dem Ersten Weltkrieg ins Stocken. Die staatlichen Behörden erkannten aber bald die Vorzüge der Teigwaren für die Truppenverpflegung, nachdem schon ein im Sommer 1906 eingegangener größerer Auftrag des Reichsfiskus für die Belieferung der Schutztruppe deutscher Kolonien erfüllt wurde.[10] Der größer werdende Absatz ermöglichte, dass die Firma weiter ausgebaut und modernisiert werden konnte. So beteiligte sich das Unternehmen zwischen 1919 und 1920 auch an Planungen für den Bau eines Entladegleises in der Bautzener Vorstadt, das gemeinsam mit anderen Unternehmen gebaut werden sollte. Wegen der damaligen Inflation stieg es jedoch 1920 aus dem Projekt aus.[11]

Modernisierung unter Fritz Schminke Nach dem Tod Wilhelm Schminkes am 28. April 1920 übernahm sein ältester Sohn Fritz im Frühjahr 1920 offiziell die Leitung der Fabrik, die er schon seit 1918 kommissarisch innehatte. Er gestaltete die Firma Loeser & Richter systematisch zum Hersteller von Markenprodukten um. So ließ er nur noch einheitlich ausgerichtete Faltschachtel-Verpackungen in den Farben Blau und Orange verwenden, teilweise mit Sichtfenstern. Die neuen Verpackungsmaschinen ermöglichten, dass Loeser & Richter zu den ersten deutschen Nudelfabriken gehörte, die ihre Produkte in Cellophan verpackt auf dem Markt anbot.[12]

Nachdem Fritz Schminke sich vom Werkbund-Architekten Hans Scharoun ein privates Wohnhaus errichten lassen hatte, beauftragte er diesen auch mit Planungen für den Um- und Ausbau der Fabrikgebäude. So wurde in den Jahren 1934 bis 1935 die Fabrikfassade an der Äußeren Bautzener Straße großflächig umgestaltet. Zum damals beabsichtigten vollständigen Umbau der Fabrik kam es nicht, zunächst infolge finanzieller Zwänge und später wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges.

Soziales Engagement

Schminke investierte in zahlreiche Verbesserungen für die Belegschaft: etwa Sanitäranlagen mit Duschen und Spülklosetts, eine Betriebsküche mit Kantine, ein Pausengarten, aber auch eine Betriebsbibliothek und eine Ausleihstation für Urlaubsutensilien wie Ferngläser, Zelte und Wanderkarten. Derartige soziale Verbesserungen auf betrieblicher Ebene waren seit den 1920er Jahren verbreitet, sie dienten der Motivation und der Bindung der Belegschaft an das Unternehmen. Auch Betriebsausflüge mittels Autobus wurden organisiert.[13] In Schminkes humanistischem Weltbild war jeder einzelne Mitarbeiter ein gleichwertiger Mensch und nicht etwa bewegliches Kapital. Dies belegt auch die Tatsache, dass im Nationalsozialismus die Fabrikmitarbeiter „Anker-Familienkreis“ genannt wurden. Diese Bezeichnung erfolgte in bewusster Abkehr von der Terminologie der Nationalsozialisten, die die Belegschaften „Gefolgschaft“ nannten.

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschäftigte Loeser & Richter ca. 280 Männer und Frauen. Die zum Wehrdienst einberufenen „Ankerianer“ unterrichtete nun die „Anker-Feldpost“ über alle Neuigkeiten innerhalb und außerhalb der Fabrik und ihrer Belegschaft.

Firmenzeitschrift

Von 1934 bis 1939 wurde die hauseigene Zeitschrift „Nach Ladenschluss“ für Kolonial- und Feinkosthändler herausgegeben und kostenlos verteilt. Das Blatt befasste sich in erster Linie damit, dem Einzelhandel Warenkunde, Verkaufskunde, Werbemöglichkeiten und Anregungen für die Umsatzsteigerung im Einzelhandel zu vermitteln. „Nach Ladenschluss“ erreichte eine Auflage von bis zu 10.000 Stück.

Ab 1939 leitete Joachim Schminke, der jüngere Bruder Fritz Schminkes, die Firma, da sein Bruder zum Kriegsdienst einberufen wurde. Unter seiner Leitung stieg die Anker-Produktion kriegsbedingt nochmals stark an, da auch die Wehrmacht beliefert wurde. Weil sich das Fehlen der zum Wehrdienst einberufenen Mitarbeiter in der Produktion deutlich bemerkbar machte, wurde das Sortiment wesentlich reduziert.

Situation zum Kriegsende

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges unterband Mangel an Mehl zunächst jede weitere Nudelproduktion. Zur Beschäftigung der Belegschaft wurden deshalb vorübergehend Spielsachen und Handtaschen hergestellt. Erst ab Sommer 1945 kam mit Lohnaufträgen für die Rote Armee und einzelne Privatkunden die Produktion wieder in Gang. Dabei wurde abgeliefertes Mehl in Teigwaren umgerechnet (oft in Kleinstmengen bis 500 g). In den vorhandenen Trockenschränken wurde auch die Lohntrocknung von Obst und Gemüse aufgenommen.

Enteignung

Am 1. Juli 1946 wurden die Brüder Fritz und Joachim Schminke enteignet. Wegen der Lieferung von Nahrungsmitteln an die Wehrmacht galten die Unternehmer in der sowjetischen Besatzungszone als Kriegsverbrecher. Fritz Schminke selbst befand sich zu dieser Zeit noch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft, aus der erst im November 1948 entlassen wurde. Volkseigener Betrieb

Nach der Enteignung wurde das Unternehmen zum Volkseigenen Betrieb VEB Anker-Teigwaren umgewandelt. In den Nachkriegsjahren steigerte sich die Produktionsmenge allmählich wieder und erreichte schon 1948 den größten Warenausstoß seit Gründung der Fabrik. So wurde diese zum Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre nochmals erweitert und modernisiert. 1953 wurde ein großer Gebäudeteil aufgestockt, wie schon 1934 geplant. Dieses Bauvorhaben erfolgte annähernd an die Planung des Architekten Hans Scharoun.

Anfang der 1950er Jahre wurden zum zweiten Mal in der Betriebsgeschichte wieder in größerem Umfang Kleinpackungen unter der Marke Anker und in den althergebrachten Hausfarben Blau und Orange auf den Markt gebracht. Gleichzeitig wurde erstmals nach Kriegsende mit relativ hohem Aufwand die Beteiligung an der Leipziger Messe betrieben. Infolge von Umstrukturierungen der DDR-Planwirtschaft wuchs die Firma durch Zuordnung anderer Lebensmittelbetriebe zwar, allerdings hatte dies zunehmend zur Folge, dass notwendige Modernisierungs- und Werterhaltungsmaßnahmen im Stammwerk ausblieben. Die Produktionsmenge begann deshalb wieder zu sinken.

Nach der Deutschen Wiedervereinigung

Nach der Deutschen Wiedervereinigung wurde die Anker-Teigwarenfabrik in eine GmbH umgewandelt. Durch die jahrelang verfehlte DDR-Wirtschaftspolitik war die Anker-Teigwarenfabrik jedoch nicht mehr wettbewerbsfähig und musste 1992 die gesamte verbliebene Belegschaft entlassen. Bemühungen der Familie Schminke, die Fabrik wieder in Familienbesitz zu überführen, scheiterten am politischen Widerstand der Betriebsleitung und am Fehlen von zielführenden Entscheidungen der Treuhandanstalt. 1992 wurde das Unternehmen liquidiert.

In den 1990er Jahren erwarb die Sipo Lehrbauhof GmbH die Fabrik, um sie zu einem Schulungs- und Ausbildungszentrum für Bauberufe auszubauen. Nach der Insolvenz dieses Unternehmens wurde der Lehrhof e.V. Mieter des Gebäudekomplexes. Der Verein zog am 31. Dezember 2010 aus dem Gebäude aus.[14] Gegenwärtig (2016) steht das wegen der Umbauten durch Hans Scharoun denkmalgeschützte Gebäudeensemble leer und ist dem Verfall ausgesetzt.

Werbeslogans

„Anker koche jede Woche!“ (ca. 1920)

„Im neuen Jahr – auf jedem Tisch zum Alltag und bei Festen,

Spaghetti, Makkaroni frisch vom Anker – sind die besten!“ (1935)


Text: Wikipedia

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