Meierei C. Bolle

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Kutscher der Meierei Bolle beim beladen der Fuhrwerke

Die Meierei C. Bolle war ein Milchunternehmen, das im Jahr 1879 in Berlin von Carl Andreas Julius Bolle gegründet wurde. Die Bolle-Meierei durchlief Fusionen und Besitzerwechsel. Inhaber der Marke ist seit 2000 die Campina. Daneben gab es noch einzelne Handelsunternehmen unter dem Namen Bolle, meist auf Berlin und Köln beschränkt, darunter auch Supermarkt Bolle.

Katalog der Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken von Bolle.

Historische Entwicklung

In den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts war das kaiserliche Berlin in starkem Wachstum begriffen, die Stadt expandierte und der Bedarf an verderblichen Agrarprodukten wie Milch, Butter, Eier, Fleisch, Gemüse und Obst konnte durch die kleine, meist bäuerliche Handelsversorgung nicht mehr ausreichend gedeckt werden.

Carl Bolle, ein vielseitiger Unternehmer, begann unter anderem ab 1879 die Stadt mit Milch und Milchprodukten zu beliefern, die von seinen Kühen stammten, die unweit seiner Baumschule am Lützowufer 31 weideten und ursprünglich als Düngerlieferanten gebraucht wurden. Der Verkauf der Milch begann zunächst vor Ort in einer Milchbar, in den folgenden zwei Jahren zunehmend auch über Milchmädchen, welche Kannen mit Handwagen durch die Stadt zogen.

Ab etwa 1881 wurden Pferdegespanne eingeführt, die mit jeweils einem Jungen als Kutscher (wegen der Aufschrift auf dem Wagen im Volksmund Bolle genannt) und einem Milchmädchen (Bolle-Mädchen) besetzt waren, das die Milch austrug und in einer umgebundenen Ledertasche die Kasse dabei hatte. Beide waren uniformiert. Bolle und Bolle-Mädchen galten als beliebter Bestandteil des Stadtbildes und verbreiteten Neuigkeiten und freche Sprüche.

Die Bolle-Meierei wurde zum größten und bekanntesten Milchunternehmen dieser Zeit, verfügte zeitweise über 250 Wagen und tausende Angestellte. Sie zog nach 1897 in ein größeres Firmengelände nach Alt-Moabit um, wo Anlieferung von Frischmilch aus 200 km Umkreis, meist aus Brandenburg per Bahn, angenommen und verarbeitet wurde. Nicht unwesentlich für diesen Milchboom war, dass die Milch kontrolliert und gefiltert wurde und weder verwässert noch sauer war. Auch Joghurt und Quark wurden ausgeliefert.

Erste Ansätze der industriellen Milchkühlung mit Eis aus dem Landwehrkanal gab es ab dem Winter 1885. Ab 1900 kam erstmals pasteurisierte Milch auf den Markt, zunächst in verplombten Flaschen für Kleinkinder und Säuglinge. Viele der Angestellten fanden Unterkunft in den unter Carl Bolle gebauten Mietskasernen, der sein enormes Vermögen gemeinnützig verwendete und später zum Geheimen Kommerzienrat ernannt wurde.

Mit der Geschichte der Meierei C. Bolle verbunden ist der Bau des Theaters des Westens in der Charlottenburger Kantstraße im Jahre 1896, wo sich zuvor der Kohlenplatz des Unternehmens befand.


Bauwerke

Die Unternehmenszentrale lag seit der Gründerzeit in Berlin-Moabit. In dem dortigen Backsteinbau zwischen Spree und der Straße Alt-Moabit befanden sich sämtliche Produktions- und Logistikabteilungen. Im Kopfbau der Alten Meierei war eines der ersten Berliner Kinos untergebracht, das später als Theater der Berliner Kammerspiele unzählige Grundschulkinder in die Theaterwelt einführte. In den 90er Jahren entwickelte sich das Gelände - nach Flächentausch mit dem benachbarten Focus-Teleport-Gelände - zu einem Büro- und Gewerbepark, der u.a. das Bundesinnenministerium beherbergt, welches als einziges Bundesministerium in gemieteten Räumen arbeitet.


Milchmädchenrechnung

Während die Vertriebsnetze leicht verderblicher Produkte aus den Erzeugerregionen des Brandenburger Umlands bis zum Kunden bereits um die Jahrhundertwende zentral organisierbar waren und der Ankaufpreis weitgehend von der Industrie bestimmt werden konnte, war der Rückfluss des Kapitals aus der Stadt meist unberechenbar und aus unternehmerischer Sicht ein Risiko. Frische Milch verdirbt schon bei geringen Zeitverzögerungen im Ablauf. Zum anderen besteht der Umsatz durch das Einsammeln von Kleinstbeträgen und war von exakter Rechnungsführung gegenüber den Kunden abhängig, die oft eine betont freundliche Beziehung zu ihren Milchmädchen hatten. Die Kunden kauften auch täglich nur eine kleine, frische aber jedes mal unterschiedliche Menge. Mängel in der Rechenfähigkeit der Angestellten konnten sich spürbar auswirken, zumal es sich um Hilfskräfte handelte, die über geringe Schulbildung verfügten und auch noch nach anderen Kriterien ausgesucht werden mussten, wie der Fähigkeit, Fuhrwerke zu fahren, die Pferde zu versorgen, zu reparieren, die Wagen zu putzen und reinlich zu halten. Die Rechnungsführung im Einzelvertrieb vieler verderblicher Kleinstmengen war damals ein ernstes Problem. Wegen der einfachen Rechenschemata könnte dies auch der Grund für die Entstehung des Begriffes Milchmädchenrechnung sein.



Text: Wikipedia

Bild (Links): Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 183-1985-0621-501 / John Graudenz / CC-BY-SA

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