Neupfarrkirche (Regensburg)

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Neupfarrkirche (Regensburg)

Die Neupfarrkirche ist eine evangelische Pfarrkirche am Neupfarrplatz in der Altstadt von Regensburg. Mit ihrer Errichtung wurde nach der Zerstörung des jüdischen Viertels im Jahr 1519 begonnen.


Vertreibung der Regensburger Juden

Die Neupfarrkirche befindet sich auf dem Areal des ehemaligen jüdischen Viertels im mittelalterlichen Zentrum der Stadt. Die jüdische Gemeinde Regensburgs war mit ca. 300 Mitgliedern eine der größten und bedeutsamsten im damaligen Reich. Bereits seit der Mitte des 15. Jahrhunderts versuchten der Bischof und der Rat der Stadt die Juden zu vertreiben, was jedoch am Widerspruch des Kaisers als Schutzherr scheiterte. Als Kaiser Maximilian am 12. Februar 1519 starb, nutzte der Rat der Stadt die Übergangssituation und ordnete am 21. Februar 1519 die rechtsbrüchige Vertreibung aller Juden an. Das jüdische Viertel samt Synagoge und Jeschiwa wurden in den folgenden Wochen dem Erdboden gleichgemacht, der Friedhof geschändet und geplündert. Die Vertreibung war gut vorbereitet. Bereits einen Monat vor der „Ausschaffung“ – so der zeitgenössische Ausdruck – ließ der Rat der Stadt ein juristisches Gutachten zur Legitimation des geplanten Rechtsbruchs erarbeiten. Ebenfalls vor der Vertreibung beschloss man anstelle der niedergelegten Synagoge eine Marienkirche zu errichten.


Die Wallfahrt „Zur Schönen Maria“

Wie in 16 ähnlich gelagerten Fällen wurde auch in Regensburg eine Marienkirche als antijüdische Siegesarchitektur neben der zerstörten Synagogen errichtet. Bereits im April 1519 konsekrierte man eine hölzerne Kapelle, die am Platz des Geschehens errichtet wurde. Innerhalb weniger Monate entwickelte sich daraufhin eine Marienwallfahrt, für die am 2. Juni ein Ablassbrief als Starthilfe gewährt wurde, der von 25 Kardinälen unterzeichnet ist. Im September 1519 begann man zudem mit der Errichtung einer steinernen Marienkirche, wofür man auch Grabsteine aus dem geplünderten jüdischen Friedhof benutzte. Die Wallfahrt zur „Schönen Maria“ entwickelte sich rasch zu einer der größten im deutschsprachigen Raum, was ohne den werbenden Einsatz der damals neuen Technik des Buchdrucks nicht zu erreichen gewesen wäre. Das erste von vier gedruckten Wunderbüchern trug den Titel „Die wunderbarlichen zaichen beschehen zu der schönen Maria zu Regenpurg / im xix. jhar“. Es propagierte ein vorgebliches Ursprungswunder, das beim Abbruch der Synagoge Ende Februar 1519 geschehen sei. Demnach habe der Steinmetzmeister Kern einen Sturz in die Tiefe allein durch Marias wundersames Eingreifen überstanden. Zum Dank und zur Ehre der Muttergottes habe sich daraus die Wallfahrt „Zur Schönen Maria“ am Ort der Zerstörung entwickelt. Diese Kultpropaganda stammte aus dem Kreis der Wallfahrtsinitiatoren aus Stadtrat bzw. Klerus. Eine bedeutsame Rolle spielte hierbei Domprediger Balthasar Hubmaier, der die Sammlung der angeblichen Wunder nicht nur beim Rat vorgeschlagen und durchgeführt, sondern auch noch deren Überprüfung vorgenommen hatte. Als die Pest von 1520 bis 1523 in Regensburg wütete, war der Höhepunkt der Wallfahrt längst überschritten - ihr Ende ist spätestens 1525 zu verzeichnen. Mitte des 17. Jahrhunderts nahm man die Wallfahrt für einige Jahre in einer Loretokapelle im benachbarten bayerischen Stadtamhof wieder auf. Im Jahr 1747 wurde in der Regensburger Kassianskirche erneut zur Marienwallfahrt aufgerufen.


Die Neupfarrkirche

Der Bau der Steinkirche wurde nach Plänen des Architekten Hans Hieber nur teilweise fertiggestellt und im Jahr 1540 geweiht. Aufgrund der zurückgehenden Opfergelder blieb sie zunächst unvollendet, Türme und westliches Schiff blieben Fragmente. Ein Holzmodell von Hans Hieber, aus dem man den ursprünglich beabsichtigten wesentlich größeren Kirchenbau ersehen kann, befindet sich im Historischen Museum der Stadt. Im Jahr 1542 trat Regensburg zur evangelisch-lutherischen Konfession über, woraufhin die Kirche zur ersten neu errichteten evangelischen Pfarrkirche, kurz „Neupfarrkirche“ wurde. Zahlreiche Gemeindemitglieder wirkten auch in den evangelischen Gemeinden Österreichs und Südosteuropas. Die Kirche ist auch die evangelische Universitätskirche von Regensburg. Erst 1860 wurde sie vom Münchner Architekten Ludwig Foltz durch Aufstockung des Südturms und den Bau des abschließenden Westchores endgültig fertiggestellt. Der auf einem Terrassensockel errichtete Kirchenbau ist ein einschiffiger Renaissancebau mit spätgotischen Elementen mit zwei Jochen und einer fünfseitigen Apsis und zwei Türmen. Der ursprüngliche Altar von 1555 von Michael Ostendorfer befindet sich heute im Historischen Museum. Der heutige Altar stammt aus dem Jahr 1617.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Karsten Dörre

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