Otto Lilienthal

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Ansichtskarte des Denkmals in Lichterfelde (1935)

Karl Wilhelm Otto Lilienthal (* 23. Mai 1848 in Anklam; † 10. August 1896 in Berlin nach einem Absturz mit einem seiner Flugapparate) war ein deutscher Luftfahrtpionier. Nach heutigem Wissen war er der erste Mensch, der erfolgreich und wiederholbar Gleitflüge mit einem Flugzeug (Hängegleiter) absolvierte und dem Flugprinzip schwerer als Luft damit zum Durchbruch verhalf. Seine experimentellen Vorarbeiten führten zur bis heute gültigen physikalischen Beschreibung der Tragfläche. Die Produktion des Normalsegelapparates in seiner Maschinenfabrik in Berlin war die erste Serienfertigung eines Flugzeugs. Sein Flugprinzip war das des heutigen Hängegleiters und wurde von den Gebrüdern Wright zum Prinzip des Flugzeugs weiterentwickelt.

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Leben und Werk

Kindheit

Otto Lilienthal wurde als erstes von acht Kindern des Kaufmanns Gustav Lilienthal und seiner Frau Caroline, geb. Pohle, geboren. (Die Urgroßmutter väterlicherseits war Charlotte von Tigerström, geb. von Balthasar; eine Urenkelin des Greifswalder Bürgermeisters Heinrich Balthasar).

Fünf Geschwister starben im Alter von wenigen Monaten oder Jahren. Der Vater war ein mathematisch und technisch begabter Mann, die Mutter hatte in Dresden und Berlin Musik studiert. Als die Familie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, beschloss sie die Auswanderung nach Amerika. Der plötzliche Tod des Vaters vereitelte die Übersiedlung. Otto Lilienthal war zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt.

Der Mutter gelang es unter großen Anstrengungen, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Ihre Söhne Otto und Gustav Lilienthal besuchten ab 1856 zunächst das heute nach ihm benannte Gymnasium in Anklam. Zu ihren Lehrern gehörte der Astronom Gustav Spörer. Flugversuche und -experimente sowie das Studium des Vogelflugs fallen bereits in diese Zeit.

Die Brüder blieben über zahlreiche Projekte und Erfindungen zeitlebens eng verbunden.

=Ausbildung

Ab 1864 besuchte Otto Lilienthal die Potsdamer Provinzialgewerbeschule. Nach zwei Jahren begann er ein Praktikum bei der Berliner Maschinenfabrik Schwartzkopff. Er lebte in dieser Zeit als „Schlafbursche“: Sein Bett musste er mit einem Droschken- und einem Rollkutscher teilen, wie er in einer Chronik berichtete.

1867 und 1868 bauten die Brüder Lilienthal in Anklam Experimentiergeräte zur Erzeugung von Auftrieb durch Flügelschlag. Das Ergebnis war eine maximal hebbare Masse von 40 kg. Zu den entscheidenden Experimenten wurden die darauf folgenden Untersuchungen des gewölbten Flügels in der Luftströmung ohne Flügelschlag.

Der Zusammenhang zwischen Luftströmung und Auftrieb wurde durch die Physik noch nicht zutreffend beschrieben. Beispielsweise untersuchte Hermann von Helmholtz die Problematik und erklärte 1873 in einem Vortrag vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften, dass „es kaum als wahrscheinlich zu betrachten [ist], dass der Mensch auch durch den allergeschicktesten flügelähnlichen Mechanismus, den er durch seine eigene Muskelkraft zu bewegen hätte, in den Stand gesetzt werden würde, sein eigenes Gewicht in die Höhe zu heben und dort zu erhalten“. Die Aussage wurde allerdings so missverstanden, als habe „die Wissenschaft nun ein für alle mal festgelegt, dass der Mensch nicht fliegen könne“, wie Lilienthal in einem Vortrag ironisch konterte. (Mit modernen Leichtbau-Werkstoffen und erheblichem Aufwand wurde in den 1970er Jahren allerdings auch das Muskelkraft-Flugzeug verwirklicht.)

Im November 1867 begann Lilienthal ein Studium an der von Franz Reuleaux geleiteten Gewerbeakademie Berlin, aus der später die TU Charlottenburg hervorging, und bekam ein Stipendium, das seine Lebenssituation deutlich verbesserte. Auch seine flugtechnischen Ambitionen waren an der Schule nicht unerkannt geblieben. Nach Abschluss der Ausbildung 1870 schlug Lilienthal ein Angebot von Reuleaux aus, dessen Assistent zu werden. In einen Brief aus dem Deutsch-Französischen Krieg, an dem Lilienthal als „Einjährig-Freiwilliger“ teilnahm, berichtet er seinem Bruder über die Luftballone, die das belagerte Paris verließen.

=Wege in die Selbständigkeit

Die ersten Versuche der Brüder, mit einem eigenen Unternehmen Geld zu verdienen, waren nicht erfolgreich. Die Patentanmeldung für einen Heißluftmotor schlug fehl, das Patent auf eine Schrämmaschine für den Bergbau führte zwar zu einer Serienfertigung, jedoch nicht in einem eigenen Unternehmen.

Am 11. Juni 1878 heiratete Lilienthal in Döhlen (heute Freital) Agnes Fischer, die Tochter eines Bergmanns, mit der er vier Kinder hatte. 1879 wurde der erste Sohn, Otto, geboren.

Im selben Jahr entwickelte er mit seinem Bruder Gustav ein Baukastensystem für Kinder mit Steinen aus mineralischen, mit Leinöl gebundenen Bestandteilen. Die ausgereiften Entwürfe mussten abgegeben werden, da die Vermarktung nicht gelang. Friedrich A. Richter kaufte sie und machte den Anker-Steinbaukasten, der heute noch hergestellt wird, weltberühmt.

1881 erhielt Lilienthal ein Patent für Schlangenrohrkessel, das den erhofften Erfolg brachte: Zusammen mit einer kleinen Wand-Dampfmaschine entstand der Lilienthalsche Kleinmotor, der ab 1883 in einer eigenen Firma hergestellt wurde, die schnell zur Fabrik mit bis zu 60 Mitarbeitern anwuchs. Ab 1894 stellte sie auch den „Normalsegelapparat“ in Serie her und wurde damit zur ersten Flugzeugfabrik der Welt.

Das Unternehmen wurde – beeinflusst von den Ideen von Moritz von Egidy und Theodor Hertzka – überaus modern geführt. Schon 1890 wurden die Arbeiter mit 25 % am Reingewinn des Unternehmens beteiligt. Für diese Maßnahme wurden später die Carl-Zeiss-Werke und der Berliner Holzpflaster-Fabrikant Heinrich Freese bekannt. Aus einem Brief an Egidy stammt auch Lilienthals bekannt gewordene Vision vom Flugzeug als Mittel zur Völkerverständigung und zum ewigen Frieden.

Die Dampfkessel- und Maschinenfabrik Otto Lilienthal existierte unter diesem Namen noch bis zum Ersten Weltkrieg.

Eine interessante unternehmerische Episode ist auch Lilienthals Engagement für eine Volksbühne im Berliner Ostend-Theater, die ihn zum Theaterdirektor, Schauspieler und Stück-Autor werden ließ.


Adresse: Lindenstraße 15 in Potsdam, Boothstraße 17 Berlin-Lichterfelde



Text: Wikipedia

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