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Phoenix AG

Die Phoenix AG war ein 1856 in Hamburg-Harburg gegründetes Unternehmen der Gummi-Industrie. Es stellte Autoreifen, Schläuche, Dichtungen, Förderbänder und anderes her. Nach 148 Jahren wurde die Phoenix AG 2004 von einem Konkurrenten, der Continental AG, Hannover aufgekauft und im Januar 2007 mit der Continental-Tochter ContiTech verschmolzen.

Inhaltsverzeichnis

Reklamemarken der Vereinigte Gummiwaaren Fabriken Harburg - Wien

Geschichte

Die Gründung

Im Februar des Jahres 1856 kauften die beiden Hamburger Brüder Albert und Louis Cohen, Söhne aus einer jüdischen Bankiersfamilie und Brüder des Karmeliten Hermann Cohen, in Harburg Land und ließen dort Fabrikgebäude errichten. Beide hatten vorher in Frankreich gelebt und hatten dort erste Erfahrungen mit der Kolonialware Kautschuk gemacht. Sie wählten Harburg als Standort, da sie in Hamburg kein geeignetes Gelände fanden. Harburg war günstig gelegen. Zum einen lag es nahe an Hamburg, was den günstigen Erwerb von Rohstoffen ermöglichte, zum anderen lag es im Zollgebiet des Norddeutschen Zollvereins, was den Absatz der Waren begünstigte. Mit der Erlangung des Bürgerrechtes am 13. Juni 1856 konnte der Betrieb Albert & Louis Cohen, Harburg - Schuhfabrik starten. Bereits im Juli 1856 waren 500 Arbeiter dort beschäftigt. 1859 stieg Louis Cohen aus der Firma aus und ein französischer Teilhaber Paul Vaillant trat hinzu, so wurde das Unternehmen umbenannt in Albert Cohen, Vaillant & Co. Im Jahre 1862 beschäftigte das Unternehmen 680 Arbeiter. Ab 1864 gewann der Franzose Emile Justine Menier, dessen Firma Aubert, Gerard & Co die in Harburg hergestellten Waren vertreibt, maßgeblichen Einfluss, so dass das Unternehmen darauf in Gummi und Guttapercha-Waaren-Fabrik Menier, vormals Aubert Gerard & Co umbenannt wurde. Um trotz aller Inhaberwechsel die Kunden zu halten, wurde der Markenname Phoenix in dieser Zeit geschaffen.

Harburg - Wien

Nach der Gründung des Deutschen Reiches zog Menier sich aus dem Unternehmen zurück und verkaufte 1872 seine Anteile an seinen ehemaligen Prokuristen August Würffel. Da dieser nicht genug Kapital besaß, wandte er sich an den Prager Bankenverein mit der Bitte um Kredit. Zur gleichen Zeit verhandelten dort auch die Inhaber der J.N. Reithoffer, Wien Wimpassing, der 1824 gegründeten ältesten Gummifabrik Europas mit gleichem Anliegen. Als Ergebnis wurden beide Unternehmungen in einer gemeinsamen Aktiengesellschaft Vereinigte Gummiwaaren Fabriken Harburg - Wien, vormals Menier - J.N. Reithoffer AG zusammengeschlossen. Damit wurde diese Aktiengesellschaft auch zur größten europäischen Kautschukfabrik, mit August Würffel an der Spitze. Im Jahre 1878 verstarb Würffel, ihm folgte Carl Maret als Generaldirektor. Die Gesellschaft erlebte ein rasches Wachstum, das nur durch Rohstoffmangel begrenzt schien. 1897 wurden die Hannoverschen Caoutchouc-, Guttapercha- und Telegraphen-Werke in Linden vor Hannover hinzugekauft. Um 1900 beschäftigte die Gesellschaft rund 4.000 Arbeiter.

1901 wurde das Galalith-Patent gekauft, aus dem weitere Produkte entwickelt wurden. Darauf wurde die Internationale Galalith Gesellschaft Hoff & Co als eine Tochtergesellschaft gegründet, die 1904 neu gebaute Fabrikationsanlagen im Harburger Hafen bezog. Als das Stammwerk in Harburg im Oktober 1905 fast komplett durch einen Brand zerstört wurde, konnte ein Teil der Produktion von Reifen und Schuhen ins neue Werk verlagert werden. 1904 schied auch Maret aus der Geschäftsleitung aus und wurde durch Louis Hoff ersetzt, der 1916 während einer Sitzung an einem Herzschlag starb.

Im Ersten Weltkrieg wurde die Produktion auf Heeres- und Marinebedarf umgestellt, vor allem Fesselballons und Reifen wurden daraufhin produziert. Die Versorgung mit Kautschuk und Energie war im Krieg ein ernstes Problem, so dass die Fabriken in Hannover 1917 geschlossen werden mussten. Das Werk in Harburg konnte weiter betrieben werden, da es von 1919 bis 1922 aus dem in der Nähe befindlichen und nur für die "Vereinigte Gummiwaaren Fabriken Harburg - Wien" gegründeten und betriebenen Bergwerk Robertshall mit Braunkohle beliefert wurde. Die Braunkohle wurde als Energieträger für die Vulkanisation nötige Prozesswärme genutzt. Weiterhin war sie Rohstoff für Füllstoffruß, dem wichtigsten Zuschlagstoff der Reifenproduktion.

Harburger Gummiwarenfabrik Phoenix AG

Als es während der Währungskrise 1922 im Mai zu akutem Geldbedarf kam, wurde der österreichische Firmenanteil, die Werke in Wimpassing, zu sehr ungünstigen Konditionen an die Semperit AG verkauft. Dann wurde nach einem harten Schnitt die neue Harburger Gummiwarenfabrik Phoenix AG gegründet. Die Phoenix stellte nach wie vor hauptsächlich Reifen und Schuhe sowie Matten her, und hatte mit den Schwierigkeiten der Zwischenkriegszeit zu kämpfen. 1929 gab es ein Gespräch mit dem Angebot der Continental AG zu einer Fusion der Unternehmen, die aber abgelehnt wurde. In der Weltwirtschaftskrise machte Phoenix riesige Verluste, überstand aber diese schwere Zeit. Von den Aufrüstungsbestrebungen des deutschen Reiches, die mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wieder forciert wurden, profitierte Phoenix stark. 1938 stand die Phoenix wirtschaftlich so gut wie noch nie da, beschäftigte wieder etwa 4000 Arbeiter. Da Phoenix kriegswichtige Produkte herstellte, wurde das Unternehmen ohne Einschränkungen weiter betrieben. Ab 1943 wurden die Fabrikanlagen weitestgehend durch Bombenangriffe zerstört, Ende 1944 musste die Produktion aufgegeben werden. Nach dem Krieg wurde die Fabrik wieder aufgebaut, maßgeblich verantwortlich dafür war der 1939 in den Vorstand eingetretene Otto A. Friedrich. Friedrich war bis 1965 Vorstandsvorsitzender der Phoenix, er wurde nach dem Krieg außerdem wirtschaftspolitischer Berater der Bundesregierung, später Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA (1969–1973). Rolf Dahlgrün, seit 1936 in der Rechtsabteilung der Phoenix, wurde 1962 Bundesminister der Finanzen.

Phoenix Gummiwerke Hamburg-Harburg AG

Nach dem Krieg wurde der Name bald in Phoenix Gummiwerke Hamburg-Harburg geändert. 1950 schloss die Phoenix einen lang angelegten technischen Kooperationsvertrag mit einem der größten US-amerikanischen Reifenherstellern Firestone, womit für die nächsten Jahre der Anschluss an die modernste Entwicklung in der Reifentechnologie gesichert war. Firestone erhielt in Gegenzug 25 Prozent der Aktien. 1971 wurde der Kooperationsvertrag nicht weiter verlängert, Firestone verkaufte seine Anteile an die Deutsche Bank. Im Anschluss an diese Transaktion gab es Gespräche über eine mögliche Fusion mit der Continental AG, die aber 1972 für gescheitert erklärt wurden. 9.000 Mitarbeiter waren im Jahre 1975 bei Phoenix beschäftigt. Als es 1977 zu einer Konjunkturkrise kam, gab es Überlegungen alle deutschen Reifenhersteller in einer neuen Firma der deutschen Reifen Union zusammenzuführen. Die Phoenix hatte in die neu entstandene Firma bereits 78 Prozent ihres Kapitals eingebracht, als durch politischen Druck im Dezember 1977 dieser Zusammenschluss verhindert wurde. Herbert Wehner, zu diesem Zeitpunkt Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag und direkt gewählter Abgeordneter aus dem Wahlkreis Harburg, und der Hamburger Bürgermeister Hans-Ulrich Klose setzen sich auf Initiative des Betriebsrates erfolgreich für den Erhalt der Phoenix ein. In den folgenden Jahren wurde die Reifenproduktion eingestellt.

1978 wurde der Name auf Phoenix AG verkürzt.

2003 verkaufte die Deutsche Bank ihre 13 Prozent Anteil am Aktienvermögens der Phoenix AG an das Unternehmen Daun & Cie. Diese kaufte dann in den folgenden Monaten weiter große Aktienpakete, unter anderem die Anteile der WestLB. Im Frühjahr 2004 bot die Daun & Cie ihre Anteile, die inzwischen mehr als 50 Prozent ausmachten, der mit Phoenix konkurrierenden Continental AG an. Es kam zu einer feindlichen Übernahme, die Phoenix AG wurde im Dezember 2004 der ContiTech AG, einer Tochterfirma der Continental AG, einverleibt, mit der sie im Januar 2007 verschmolzen wurde. Hierdurch wurden die Aktionäre der Phoenix AG Aktionäre der ContiTech AG.


Text: Wikipedia

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