RAF-Bombenanschlag auf den Terrace Club

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RAF-Bombenanschlag auf den Terrace Club

Im Mai 1972 verübte die Rote Armee Fraktion einen Bombenanschlag auf den Terrace Club hinter dem Hauptquartier des V. US-Korps in Frankfurt am Main.


Rote Armee Fraktion

Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksextremistische terroristische Vereinigung in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war verantwortlich für 34 Morde, mehrere Entführungen und zahlreiche Banküberfälle und Sprengstoffattentate mit einer Vielzahl von Verletzten und erheblichen Sachschäden. Sie wurde 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof und weiteren Personen gegründet. Die Anzahl der Mitglieder des sogenannten harten Kerns aller drei Generationen der RAF betrug zwischen den 1970er und 1990er Jahren zwischen 60 und 80 Personen. 27 Mitglieder und Sympathisanten der RAF kamen durch Fremdeinwirkung, Selbstmord, Hungerstreik oder Krankheit ums Leben.

In ihrem Selbstverständnis betrachtete sich die erste Generation der Gruppe als kommunistische, antiimperialistische Stadtguerilla nach südamerikanischem Vorbild ähnlich den Tupamaros in Uruguay. Ab 1970 kam es zu einer Kooperation mit der palästinensischen Fatah in Jordanien. Im sogenannten Deutschen Herbst des September und Oktober 1977 erreichte der Linksterrorismus in Deutschland mit dem Scheitern einer versuchten Freipressung von Häftlingen der ersten Generation seinen Höhepunkt. 1998 erklärte sie ihre Selbstauflösung. Die Auseinandersetzung mit der RAF hatte erhebliche gesellschaftspolitische Folgen und wurde zudem Grundlage einer Vielzahl von Büchern, Filmen und Fernsehdokumentationen wie auch Theaterstücken und Romanen im In- und Ausland.


Hintergrund

In den 1960er-Jahren wuchs in der Bundesrepublik eine Generation heran, die das Verhalten ihrer Eltern während des Nationalsozialismus kritischer betrachtete. Der Kapitalismus, die parlamentarische Demokratie und die bürgerlichen Lebensformen wurden in Frage gestellt. Verstärkt durch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung und den Vietnamkrieg entstand in Teilen der Gesellschaft eine ablehnende Haltung gegenüber der Politik der USA. In den großen Universitätsstädten Westeuropas kam es zu Demonstrationen der Studenten gegen die US-amerikanische Politik, wobei oft auch andere Themen kritisch angesprochen wurden. In der Bundesrepublik entstand aus der Studentenbewegung die außerparlamentarische Opposition, die jedoch bereits 1969 zerfiel. Die stärker politisierten Jugendlichen nahmen das Ende der Bewegung als Niederlage wahr und versuchten ihre politischen Ideale auf anderen Wegen zu verwirklichen. Viele wurden Mitglieder der SPD oder versuchten anders den Marsch durch die Institutionen.

Die RAF verstand sich als Teil des internationalen Antiimperialismus und war der Ansicht, dass der bewaffnete Kampf gegen den sogenannten „US-Imperialismus” auch in Westeuropa geführt werden müsse. In Teilen der ehemaligen Studentenbewegung, den K-Gruppen und aus anderen Kreisen der Bevölkerung gab es zunächst Sympathien für die Gruppe. Dies äußerte sich etwa in Unterstützungsaktionen und einer weitverzweigten, halblegalen Unterstützer-Logistik, vor allem durch die Rote Hilfe. Auch die Liste prominenter Verteidiger der ersten Generation ist ein Indiz dafür. Die zweite Generation hatte aufgrund der Wahl ihrer Anschlagsziele diese Basis größtenteils verloren und operierte als geheime, militante und abgeschottete Gruppierung noch entfernter von der Entwicklung der öffentlichen Meinung der Bundesrepublik.

Es lassen sich mehrere Generationen unterscheiden, zwischen denen jeweils keine oder nur geringe personelle Kontinuität vorhanden war. Die im Wesentlichen drei Generationen unterscheiden sich zudem durch Organisationsstrukturen und Veränderungen in Theorie und Praxis. Trotzdem stellt das Generationenmodell eine Vereinfachung dar.

Die RAF als eine relativ kleine Gruppe wollte nicht als „Spitze“ oder „Avantgarde“ der revolutionären Bewegung in Deutschland fungieren, sondern als Teil dieser. Die Anzahl der direkt im Untergrund aktiven Mitglieder des sogenannten harten Kerns aller drei Generationen betrug zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren zusammengefasst zwischen 60 und 80 Personen. Zu den aktiven Unterstützern wurden in dem gesamten Zeitraum etwa 300 Personen gezählt. Sie scheiterte bei dem Versuch, den Kreis der bewaffnet Kämpfenden zu vergrößern. Bei ihren terroristischen Anschlägen oder Geiselnahmen wurden 34 Menschen von RAF-Mitgliedern ermordet, zahlreiche wurden verletzt. Außerdem starben in der Zeit ihres Bestehens 20 Mitglieder der RAF. Die 1977 bis 1979 in Reaktion auf die RAF-Verbrechen im „Deutschen Herbst“ verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze griffen in die Persönlichkeitsrechte aller Bundesbürger ein, wurden aber überwiegend als den rechtsstaatlichen Prinzipien genügend akzeptiert.

In den Medien wurde die RAF anfangs oft als „Baader-Meinhof-Bande“ oder als „Baader-Meinhof-Gruppe“ bezeichnet. Gebräuchlich ist seit etwa Mitte der 1970er-Jahre ihr selbst gewählter, an die Bezeichnung für kommunistische Armeen angelehnter Name „Rote Armee Fraktion“. Den anfänglichen Begriff „Rote Armee“ prägte Gudrun Ensslin in der Kampfschrift „Rote Armee aufbauen“. Statt der alphabetischen Aussprache der Abkürzung RAF als „Err-A-Eff“ hört man häufig auch die Sprechweise „Raff“.


Vorgeschichte

Die Studentenunruhen der späten sechziger Jahre hatten prägenden Einfluss auf die RAF. Als bei einer Demonstration in Berlin am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg vom Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen wurde, stellte dies einen Wendepunkt dar. Vertuschungsversuche der Behörden nach dem Vorfall trugen zur weiteren Eskalation der bereits angespannten Situation bei. Am 11. April 1968 folgte das Attentat auf einen der Wortführer der Bewegung, Rudi Dutschke, das dieser schwerverletzt nur knapp überlebte.

In der Protestbewegung entwickelte sich in den Folgejahren ein militanter Teil, aus dem sich dann die erste Generation der RAF und später die Bewegung 2. Juni (1972), die Revolutionären Zellen (1973) und die Rote Zora (spätestens 1977) entwickelten.

Nach den in der Studentenbewegung geführten Strategiediskussionen um die Legitimation von „Gewalt gegen Sachen“ hatten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein am 2. April 1968 mit Hilfe von Zeitzündern Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern gelegt, um gegen den Krieg der USA in Vietnam zu protestieren. Die Brände verursachten einen Schaden von 673.204 DM. Die Brandstifter wurden schon am 4. April gefasst und in der Folge zu je drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nachdem die Revision des Urteils durch den Bundesgerichtshof beantragt worden war, kamen die Verurteilten zunächst auf freien Fuß. Nach Ablehnung des Antrags tauchten Baader und Ensslin unter und beschlossen zusammen mit ihrem Anwalt Horst Mahler die Gründung einer Stadtguerilla nach lateinamerikanischem Vorbild.


V-Mann des Verfassungsschutzes bietet und liefert Waffen

Dieser Plan wurde jedoch zunächst durch die Verhaftung Andreas Baaders, des führenden Mitglieds der Gruppe, durchkreuzt. Er war nach einem Hinweis des Verfassungsschutz-V-Manns Peter Urbach bei einer fingierten Verkehrskontrolle verhaftet worden. Urbach hatte bis dahin eine nie vollständig aufgeklärte Rolle als Anbieter und Lieferant von Waffen und Bomben an Personen der linken Berliner Szene gespielt, was auch Baader und Horst Mahler genutzt hatten. So lieferte er Horst Mahler ungefragt dessen erste Pistole, eine Browning des Kalibers 9 mm samt Munition. Der RAF-Forscher Wolfgang Kraushaar bezeichnete Urbach als das beste Beispiel für einen geheimdienstlichen Einfluss auf die linksradikale Szene. Wenn es der Forschung nicht gelänge, die diversen Schnittstellen zwischen Geheimdiensten und terroristischen Organisationen zu erhellen, dann werde auch die historische Darstellung der RAF „höchst unzureichend“ bleiben. Er betonte jedoch gleichzeitig, dass sich seiner Ansicht nach die RAF und andere deutsche terroristische Gruppen nicht auf „von Geheimdiensten ferngesteuerte Elemente“ reduzieren ließen. Der Autor Willi Winkler (Die Geschichte der RAF) schrieb in Urbachs Nachruf im Jahr 2012, dass aus historischer Perspektive der Berliner Verfassungsschutz als „Pate der RAF“ gelten müsse.


Erste Generation

Eine formelle Gründung der RAF gab es nicht. Als erste Aktion – und damit Geburtsstunde der RAF – gilt die Baader-Befreiung am 14. Mai 1970. Andreas Baader war in das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen in Berlin ausgeführt worden, weil die Journalistin Ulrike Meinhof als Vorwand angegeben hatte, mit ihm ein Buch über Heimzöglinge verfassen zu wollen. Bei dieser Gelegenheit wurde er unter Anwendung von Waffengewalt befreit. Dabei wurde der Institutsangestellte Georg Linke durch einen Schuss schwer verletzt.

Am 5. Juni 1970 erschien in der Zeitschrift Agit 883 als erste öffentliche programmatische Erklärung der RAF der Text Die Rote Armee aufbauen!

Von Juni bis August 1970 hielten sich Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof, Horst Mahler, Peter Homann, Brigitte Asdonk und etwa ein Dutzend weitere Personen in einem Camp der Fatah in Jordanien auf und erhielten dort eine militärische Ausbildung.

In der Aufbauphase zog die Gruppe die Aufmerksamkeit des Staates zunächst durch mehrere Banküberfälle, Fahrzeug- und Dokumentendiebstähle auf sich, die vor allem das Ziel hatten, das Leben im Untergrund aufrechtzuerhalten. So wurden beispielsweise am 29. September 1970 beim sogenannten Dreierschlag mit mindestens 16 Tatbeteiligten in Berlin drei Banken gleichzeitig überfallen und dabei über 209.000 DM erbeutet. (Laut anderen Quellen lagen aber nur zwei Überfälle in der Verantwortung der RAF). Am 9. Oktober 1970 wurden Horst Mahler, Irene Goergens, Ingrid Schubert, Brigitte Asdonk und Monika Berberich in der Knesebeckstraße 89 in Berlin in der Folge der Überfälle verhaftet.

Im April 1971 trat die RAF mit dem Strategiepapier Das Konzept Stadtguerilla an die Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde eine bundesweite Fahndung nach den mittlerweile etwa fünfzig Gruppenmitgliedern gestartet. Der harte Kern der ersten Generation bestand aus Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe.

Die verschärften Fahndungsmaßnahmen der Polizei und der bereits in den Strategiepapieren angekündigte bewaffnete Widerstand der RAF-Mitglieder gegen Festnahmen forderten bald Todesopfer. Am 15. Juli 1971 wurde Petra Schelm erschossen, am 22. Oktober und 22. Dezember des Jahres die Polizisten Norbert Schmid und Herbert Schoner. Am 1. März 1972 kam in diesem Zusammenhang erstmals eine Person durch die Polizei ums Leben, die mit der RAF nichts zu tun hatte, der siebzehnjährige Lehrling Richard Epple.

1972 ging die Gruppe dazu über, auch Bombenanschläge gegen US-Militäreinrichtungen oder staatliche Einrichtungen zu verüben. Bei fünf Sprengstoffanschlägen, die die RAF 1972 im Zuge ihrer Mai-Offensive verübte, wurden vier Menschen getötet und über 30 verletzt. Im Juni 1972 wurden die wesentlichen Protagonisten der ersten Generation (Baader, Ensslin, Meinhof, Raspe, Meins, Gerhard Müller) verhaftet.

Im Gefängnis bezeichneten die Terroristen ihre Haftbedingungen als „Isolationsfolter“ und forderten unter anderem deren Aufhebung und den Status von Kriegsgefangenen. Ein 32 Personen zählender Unterstützerkreis unter dem Namen „Komitee gegen Folter“, von denen viele später der RAF beitraten, besetzte am 30. Oktober 1974 das Hamburger Büro von Amnesty International Die Inhaftierten traten zur Untermauerung ihrer Forderungen insgesamt zehn Mal in den Hungerstreik, an dessen Folgen Holger Meins am 9. November 1974 in der JVA Wittlich starb. Amnesty International kritisierte die Haftbedingungen als Isolationshaft und beschwerte sich offiziell bei Bundesjustizminister Hans-Jochen Vogel (SPD), der die Vorwürfe jedoch zurückwies.

1978 vertrat der RAF-Aussteiger Horst Mahler die Ansicht, dass der Vorwurf der Folter durch Isolation zwar von 1971 bis 1974 berechtigt war, danach jedoch nur noch der Propaganda gedient habe.

Die Aktivitäten der Inhaftierten bewirkten, mit Hilfe ihrer Verteidiger wie beispielsweise der später selbst angeklagten Rechtsanwälte Klaus Croissant und Siegfried Haag auch breitere Resonanz in der linken Szene. Zu den renommierten Anwälten der ersten RAF-Generation gehörten die späteren Politiker Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Rupert von Plottnitz sowie der angesehene Jurist Hans Heinz Heldmann.

Es kam auch zur öffentlichkeitswirksamen Intervention des französischen Philosophen Jean-Paul Sartre, der in der Auseinandersetzung um die RAF-Gefangenen zu vermitteln versuchte. Am 4. Dezember 1974 besuchte Sartre Baader in der JVA Stuttgart in Stammheim. Allerdings bezeichnete er nach dem Treffen in einer privaten Äußerung Baader als „Arschloch“.

Im Mai 1975 wurden die Festgenommenen angeklagt und im April 1977 nach 192 Prozesstagen im Stammheimer Prozess unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ulrike Meinhof war bereits am 29. November 1974 aufgrund ihrer Beteiligung an der Baader-Befreiung zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Führende Mitglieder der ersten Generation starben zwischen 1976 und 1977 im Hochsicherheitstrakt der JVA Stuttgart-Stammheim. Am 9. Mai 1976 wurde Ulrike Meinhof erhängt an einem in Streifen gerissenen Handtuch am Zellenfenster tot aufgefunden. Die offizielle Untersuchung stellte Suizid fest. Nach dem Scheitern des Versuchs der zweiten RAF-Generation, die verbliebenen Gefangenen im sogenannten Deutschen Herbst freizupressen, begingen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in der sogenannten Todesnacht von Stammheim am 18. Oktober 1977 Selbstmord. Raspe und Baader erschossen sich mit Waffen, die von Rechtsanwalt Arndt Müller eingeschmuggelt worden waren. Ensslin erhängte sich mittels eines Kabels. Irmgard Möller fügte sich mit dem anstaltseigenen Besteckmesser vier Stichverletzungen in der Herzgegend zu, die jedoch nicht tödlich waren. Wenige Wochen später, am 12. November 1977, erhängte sich auch RAF-Gründungsmitglied Ingrid Schubert in ihrer Zelle in der JVA München.

Veröffentlichungen aus dem Jahr 2007 zeigen, dass die RAF-Gefangenen in der JVA Stuttgart auch während des Deutschen Herbstes 1977 und unmittelbar vor und unter Umständen sogar während der Todesnacht von Stammheim durch Mikrofone in den Zellen und auch durch Abhörvorrichtungen an der von den Gefangenen hergestellten Wechselsprechanlage abgehört wurden. Es wird aber bestritten, dass die Behörden von den Schusswaffen im Hochsicherheitstrakt wussten.


Zweite Generation

Die zweite Generation bildete sich nach der Festnahme eines Großteils der ersten Generation, deren Schriften und Äußerungen vom Gefängnis aus eine große propagandistische Wirkung in linken Kreisen erzielen konnten. Viele der Mitglieder der zweiten Generation entstammten dem am 12. Februar 1970 gegründeten Sozialistischen Patientenkollektiv oder wurden von den Rechtsanwälten der ersten Generation, Siegfried Haag und Klaus Croissant, die später selbst in den Untergrund gingen, rekrutiert. Die Gruppe um Siegfried Haag und Roland Mayer wurde in den Medien als „Haag-Mayer-Bande“ bezeichnet.

Am 27. Februar 1975, drei Tage vor der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses, wurde der Spitzenkandidat der Berliner CDU, Peter Lorenz, von Mitgliedern der Bewegung 2. Juni entführt. Die Entführer forderten die Freilassung inhaftierter Terroristen, darunter auch RAF-Mitglieder. Die Bundesregierung ging zum einzigen Mal auf einen derartigen Freipressungsversuch ein. Verena Becker, Gabriele Kröcher-Tiedemann, Ingrid Siepmann, Rolf Heißler und Rolf Pohle wurden nach Aden im Jemen ausgeflogen, im Gegenzug wurde Lorenz am 4. März 1975 freigelassen. Die Tatsache, dass einige der freigelassenen Gefangenen später wieder terroristisch aktiv wurden, bestärkte die Bundesregierung, sich nicht wieder auf Verhandlungen mit Terroristen einzulassen.

Nach dieser Erfahrung wurde für die zweite Generation der Rote Armee Fraktion die Befreiung der inhaftierten ersten Generation zum wichtigsten Ziel. Am 24. April 1975 kam es zur Geiselnahme von Stockholm. Sechs RAF-Terroristen besetzten Teile der westdeutschen Botschaft in Stockholm und forderten die Freilassung der inhaftierten RAF-Spitze. Nach der Erschießung zweier Diplomaten durch die Botschaftsbesetzer endete die Geiselnahme blutig, weil ein Sprengsatz der Terroristen versehentlich detonierte und das gesamte Gebäude in Brand setzte. Die Terroristen Ulrich Wessel und Siegfried Hausner starben infolge der Explosion. Während des Brandes konnten die übrigen Geiseln entkommen, die Täter wurden verhaftet. Beteiligt waren Hanna Krabbe, Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer und Bernhard Rössner, die von Andreas Baaders Anwalt Siegfried Haag angeworben waren, der selbst nicht an der Aktion teilnahm. Am 30. November 1976 wurde er verhaftet. Dabei wurden die sogenannten „Haag-Mayer-Papiere“ gefunden. Diese enthielten Planungen für die Anschlagsserie des Jahres 1977. Den Ermittlern gelang es jedoch nicht, die kodierten Papiere rechtzeitig zu entschlüsseln. Nach Haags Verhaftung übernahm die gerade aus der Haft entlassene Brigitte Mohnhaupt die Führung der zweiten Generation der RAF.

Am 7. April 1977 wurden in Karlsruhe vom Kommando Ulrike Meinhof der Generalbundesanwalt Siegfried Buback, sein Fahrer Wolfgang Göbel und der Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft Georg Wurster von einem Motorrad aus in ihrem Auto erschossen. Die Täter wurden bis heute nicht identifiziert.

Am 30. Juli 1977 wurde der Vorstandssprecher der Dresdner Bank AG Jürgen Ponto ermordet. Das RAF-Mitglied Susanne Albrecht war mit dem Bankier persönlich bekannt, so dass dieser sie in seinem Privathaus in der Oberhöchstadter Straße in Oberursel empfing. Susanne Albrecht, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar erschienen in Pontos Villa, um ihn zu entführen. Als Ponto sich zur Wehr setzte, schossen Klar und Mohnhaupt mehrere Male auf Ponto und trafen ihn tödlich. Danach flohen Mohnhaupt, Klar und Albrecht mit dem von Peter-Jürgen Boock gesteuerten Auto.

Am 25. August 1977 scheiterte ein Anschlag auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe.

Im sogenannten Deutschen Herbst des September und Oktober 1977 erreichte der Linksterrorismus in Deutschland seinen Höhepunkt. Am 5. September 1977 wurde der Präsident des Bundesverbandes der Arbeitgeber Hanns Martin Schleyer in Köln entführt und bis zum 18. Oktober 1977 gefangen gehalten. Die vier Begleiter Schleyers wurden erschossen.

Die Entführer forderten die Freilassung der inhaftierten Mitglieder der ersten Generation der RAF. Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) berief daraufhin den sogenannten Großen Krisenstab ein, dem Mitglieder aller Fraktionen des Bundestages angehörten und der faktisch bis zum Ende der Krise die Regierung übernahm. Im Oktober 1977 passierte das Kontaktsperregesetz den Bundestag, das die Möglichkeit zum Verbot von Gesprächen zwischen Inhaftierten und ihren Anwälten ermöglicht. Außerdem wurde im Schnellverfahren die Strafprozessordnung dahingehend geändert, dass ein Angeklagter in einem Strafverfahren höchstens drei Rechtsanwälte benennen darf. Baader und andere hatten sich zuvor von bis zu 15 Wahlverteidigern gleichzeitig vertreten lassen. Beide Gesetze wurden bereits im Oktober 1977 gegen die RAF-Häftlinge angewandt.

Die Bundesregierung entschied sich, nicht auf die Forderungen der Entführer einzugehen. Am 13. Oktober 1977 wurde daraufhin die Lufthansamaschine Landshut mit insgesamt 87 Personen an Bord von einem Kommando der palästinensischen PFLP nach Mogadischu in Somalia entführt, um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken. Die Geiselnahme wurde am 18. Oktober 1977 gegen 0 Uhr MEZ durch die GSG 9 gewaltsam beendet. 86 Geiseln wurden bei dieser Aktion befreit und drei der vier Terroristen erschossen. Flugkapitän Jürgen Schumann war zuvor bereits bei einem Zwischenstopp vom Anführer der Terrorgruppe erschossen worden.

Wenige Stunden nach dieser Befreiungsaktion der Landshut-Geiselnahme begingen Baader, Ensslin und Raspe laut einem offiziellen Gutachten in der sogenannten Todesnacht von Stammheim kollektiven Selbstmord. Sie wurden am Morgen in ihren Zellen tot aufgefunden. Hanns Martin Schleyer wurde erschossen, als seine Entführer vom Tod der RAF-Spitze erfuhren. Seine Leiche wurde am 19. Oktober 1977 im französischen Mülhausen aufgefunden. Abgesehen von einer Aussage des umstrittenen Boocks gibt es keine Angaben der Beteiligten zur Identität der Schützen.

1978 gab es ein Ereignis, das nachweislich von staatlicher Seite inszeniert worden war: das so genannte Celler Loch. Der niedersächsische Verfassungsschutz sprengte am 25. Juli 1978 ein Loch in die Außenmauer der JVA Celle, um einen Befreiungsversuch vorzutäuschen, und schob dem einsitzenden, mutmaßlichen RAF-Mitglied Sigurd Debus Ausbruchswerkzeug unter. Angeblich sollten so V-Männer in die RAF eingeschleust werden. Die Aktion war von der Bundesregierung genehmigt. Am 11. Mai 1978 wurden Brigitte Mohnhaupt, Peter-Jürgen Boock, Sieglinde Hofmann und Rolf Clemens Wagner im jugoslawischen Zagreb verhaftet, durften jedoch im November in ein Land ihrer Wahl ausreisen, nachdem die Bundesregierung den Austausch von acht Exil-Kroaten verweigert hatte. Die Ausreise erfolgte in den Südjemen. Alexander M. Haig jr. im Januar 1981

Am Morgen des 25. Juni 1979 verübte die RAF einen Anschlag auf den NATO-Oberbefehlshaber in Europa Alexander Haig, als er auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz im NATO-Hauptquartier in Casteau, Belgien war. Die Terroristen hatten ein unter der Straße verlaufendes Rohr mit Sprengstoff gefüllt und die Ladung gezündet, als Haigs Wagenkolonne die Stelle passierte. Sein Mercedes wurde zwar getroffen und zerstört, jedoch konnten sich Haig und sein Fahrer unverletzt in Sicherheit bringen.

Die Bilanz der RAF der Jahre 1978 bis 1982 ist geprägt vom Leben im Untergrund und Fahndungsdruck. Viele Gruppenmitglieder hielten sich zwischenzeitlich u. a. im Nahen Osten auf. Die ständig konspirativ im Untergrund lebenden Mitglieder fanden kaum noch sichere Quartiere in der Bundesrepublik und wurden bis 1982 nach und nach verhaftet.

Mitglieder der zweiten Generation erfuhren in dieser Zeit organisatorische und finanzielle Hilfe aus der DDR. Zehn sogenannte RAF-Aussteiger tauchten mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unter. Noch vor der Wiedervereinigung wurden sie im Juni 1990 enttarnt, festgenommen und an die Bundesrepublik ausgeliefert.


Dritte Generation

Die dritte Generation, nach Informationen des Verfassungsschutzes ein Zusammenschluss von bis zu 20 Personen und 250 Unterstützern, wird für die Ausführung von Sabotageakten und für mehrere Mordanschläge verantwortlich gemacht, denen Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik und Wirtschaft zum Opfer fielen. Der harte Kern soll etwa 15 bis 20 Personen umfasst haben. In einer im Mai 1982 veröffentlichten Schrift (Mai-Papier) hatte die RAF eine Änderung ihrer Zielsetzung angekündigt. Dabei stand nicht mehr der Begriff „Big Raushole“ im Vordergrund, also die Befreiung der inhaftierten Mitglieder der ersten Generation, sondern präzise geplante Angriffe und Kooperationen mit anderen westeuropäischen Terrorgruppen des linken Spektrums, wie der Action Directe in Frankreich, den Brigate Rosse in Italien und den Cellules Communistes Combattantes in Belgien.

Die Mitglieder der „dritten Generation“ der RAF sind kaum bekannt. Nicht einmal die Hälfte der bis zu 20 Mitglieder der dritten RAF-Generation kennt die Bundesanwaltschaft mit Namen. Nur Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld werden dezidiert der Kommandoebene zugerechnet. Von den zehn Morden zwischen 1985 und 1993 ist lediglich einer der Täter bekannt. Anders als in den 1970er-Jahren war die RAF auch innerhalb der radikalen Linken isoliert und konnte kein Sympathisantennetz nutzen.

Am Morgen des 1. Februar 1985 wurde Ernst Zimmermann, Chef des Rüstungskonzerns MTU, in seinem Haus erschossen. Die Täter konnten nicht ermittelt werden. Am 8. August 1985 wurde der US-Soldat Edward Pimental von Birgit Hogefeld oder Eva Haule mit einem Schuss in den Hinterkopf getötet und seiner Identification Card beraubt. Die Karte wurde am 9. August 1985 benutzt, um für einen Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main Air Base zu gelangen. Bei dem Anschlag kamen ein US-Soldat und eine Zivilangestellte ums Leben, elf Personen wurden verletzt. Die Bekennerschreiben trugen die Embleme der RAF und der Action Directe. Der Mord an Pimental wurde in der linken Szene heftig kritisiert, weil er als einfacher Soldat, der lediglich wegen seiner Zutrittsberechtigung zur Luftwaffenbasis ins Visier der Terroristen geraten war, nicht dem Feindbild entsprach. Später bezeichnete die RAF den Mord als politischen Fehler.

Am 9. Juli 1986 wurde der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts zusammen mit seinem Chauffeur Eckhard Groppler in Straßlach durch einen Bombenanschlag des „Kommando Mara Cagol“ der RAF getötet. Der einzige dieser Tat Verdächtige war Horst Ludwig Meyer; er wurde 1999 in Wien von Polizisten erschossen.

Am 10. Oktober 1986 wurde der Diplomat im Auswärtigen Amt Gerold von Braunmühl vor seinem Wohnsitz in Bonn-Ippendorf von zwei Personen erschossen. Die Täter konnten bisher nicht identifiziert werden.

Am 30. November 1989 wurde der Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in Bad Homburg durch eine Bombe, die sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand befand, getötet. Sein Chauffeur wurde nur leicht verletzt. Die Täter konnten nicht ermittelt werden.

Am 1. April 1991 wurde der Präsident der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder, ermordet. Seine Ehefrau wurde verletzt. Auch in diesem Fall konnten der oder die Täter nicht ermittelt werden. Zehn Jahre später meldete das Bundeskriminalamt, dass durch eine DNA-Analyse von am Tatort gefundenen Haaren Wolfgang Grams als Beteiligter in Frage komme. Der Wert der Analyse geriet allerdings in die Kritik.

Anfang 1992 bot Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) den RAF-Häftlingen Haftentlassung an, wenn die Illegalen von weiteren Aktionen absähen. Die RAF ging indirekt darauf ein und erklärte, „die Eskalation zurücknehmen“ zu wollen. Heute ist bekannt, dass die so genannte Kinkel-Initiative einen Bruch unter den RAF-Häftlingen auslöste: Brigitte Mohnhaupt und andere wiesen das Angebot zurück; Karl-Heinz Dellwo, Lutz Taufer und andere wollten darauf eingehen.

In der Nacht vom 26. auf den 27. März 1993 kam es zu dem Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt. Über 200 Kilogramm Sprengstoff zerstörten drei Unterkunftsgebäude und den Verwaltungstrakt der im Bau befindlichen Anstalt; der Rest der Anlage wurde schwer beschädigt. Der materielle Schaden betrug 100 bis 120 Millionen DM. Die JVA konnte erst 1997 in Betrieb genommen werden. Der Tatbeteiligung verdächtigt wurden zunächst Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld. Als weitere Verdächtige gelten aufgrund von DNA-Spuren Daniela Klette, Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg.

Am 27. Juni 1993 fand ein GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen statt, um Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen. Der V-Mann Klaus Steinmetz hatte ein Treffen mit den beiden Gesuchten arrangiert. Obwohl über 100 Polizisten, darunter nahezu 40 GSG-9-Beamte und der V-Mann anwesend waren, gelang es nicht, Grams und Hogefeld geordnet festzunehmen. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem Grams und der 26-jährige GSG-9-Beamte Michael Newrzella starben; die Umstände des Todes von Grams sind umstritten. In der Folge trat Bundesinnenminister Seiters (CDU) von seinem Amt zurück. Generalbundesanwalt (und damit „oberster Terroristenjäger“) Alexander von Stahl - er hatte den Einsatz geleitet - wurde von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am 6. Juli 1993 in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Am 15. September 1999 wurden Andrea Klump und Horst Ludwig Meyer von der österreichischen Polizei aufgegriffen. Bei einem Schusswechsel kam Meyer ums Leben. Ihm wurde vorgeworfen, an der Ermordung von Beckurts mitgewirkt zu haben. Durch Meyers Tod kam es nicht mehr zu einem Prozess, der diesen Vorwurf hätte klären können.

1992 präsentierten die Journalisten Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker – zuerst in einem Fernsehbeitrag der ARD-Sendung Monitor, später in Buchform – die kontroverse These vom RAF-Phantom. Demnach seien die der dritten Generation zugeschriebenen Morde nicht von der RAF, sondern von Geheimdiensten begangen worden. Diese Verdächtigungen wurden von Kritikern als Verschwörungstheorie bezeichnet, zum Beispiel 2003 von dem Regensburger Politikwissenschaftler Alexander Straßner.


Auflösung

Am 20. April 1998 ging bei Reuters in Köln ein achtseitiges, als authentisch eingestuftes Schreiben ein, in dem die RAF ihre Selbstauflösung verkündete. Darin heißt es:

„Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungsaktion die RAF. Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.“

Die Erklärung endet mit dem Gedenken an die Toten aus den eigenen Reihen, einer Liste von 26 Namen aus der Bewegung 2. Juni, der Revolutionären Zellen und der RAF selbst. Die 34 Opfer der RAF werden in dieser nicht erwähnt, jedoch wird zu Eingang des Textes abermals und exemplarisch die Wahl Hanns-Martin Schleyers als Opfer gerechtfertigt. Den Schlusspunkt bildet ein Zitat von Rosa Luxemburg:

„Die Revolution sagt:

ich war

ich bin

ich werde sein“


Angeblich vierte Generation

Im Jahr 2001 kam das Gerücht auf, die RAF habe sich neu gegründet und neue Täter würden auf die immer noch vorhandene Logistik der alten RAF zugreifen. Das gilt jedoch weithin als Übertreibung. Nach dem Ermittlungsstand der Behörden ist lediglich bewiesen, dass zwei noch Gesuchte, die der dritten Generation zugerechnet wurden, ein Jahr nach der Selbstauflösung einen Geldtransporter überfielen.

Im November 2000 wurde der Haftbefehl gegen Ernst-Volker Staub und Daniela Klette vom Bundesgerichtshof wegen des Verdachts der Bildung einer neuen terroristischen Vereinigung und schweren Raubes erweitert. Beide hatten am 20. Juli 1999 einen Geldtransport in Duisburg mit einer Panzerfaust und einem Schnellfeuergewehr überfallen und dabei mindestens 1 Million DM erbeutet. Am 6. Februar 2001 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen der erneuten Gründung einer terroristischen Vereinigung gegen Staub und Klette ein. Es bestünden Anhaltspunkte für die Gründung dieser Gruppe im Jahre 1999. Diese Gruppe könne noch auf Infrastrukturen der alten RAF, insbesondere Waffenverstecke und konspirative Wohnungen zurückgreifen.

Seit der Mitteilung über die Eröffnung des Strafverfahrens wegen der Neugründung einer terroristischen Vereinigung 2001 wurde in der Öffentlichkeit nichts über den weiteren Verlauf oder weitere Hinweise auf das Bestehen dieser neuen Organisation bekannt.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia

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