Reichslandbund

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Der Reichs-Landbund (RLB) war der bedeutendste Interessenverband der deutschen Landwirtschaft während der Weimarer Republik.

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Geschichte

Der Reichs-Landbund entstand 1921 durch die Fusion der beiden großen protestantisch-rechtsgerichteten Landwirtschaftsverbände Bund der Landwirte (BdL) und Deutscher Landbund, um die agrarischen Interessen wirkungsvoller – etwa in Fragen der Zwangswirtschaft – gegen die erstarkenden Kräfte der Arbeiterschaft und Großindustrie durchsetzen zu können. Die Führung verfolgte einen antidemokratischen, nationalistischen Kurs mit einer Ablehnung der Weimarer Republik, wobei gleichzeitig unter dem bestehenden System möglichst viel Einfluss besonders für die Großagrarier und ostelbischen Junker gewahrt werden sollten. Ostelbische Großagrarier waren in Führungsgremien stark vertreten. Der Reichs-Landbund war die einflussreichste deutsche Bauernvereinigung während der Weimarer Republik. Besondere Schwerpunkte des Verbandes waren Pommern, Brandenburg, Schlesien, Thüringen, Ost-Hannover und Hessen. Lediglich in den katholischen Regionen des Reiches konnte der Reichs-Landbund nicht Fuß fassen. Hier dominierte die Vereinigung der deutschen Bauernvereine.

Der Reich-Landbund schuf eine ausgeprägte Organisation mit einer schlagkräftigen Zentrale mit zahlreichen Zeitungen. 1928 standen 190 Presseorgane dem Reichs-Landbund nahe und gehörten gar ihm bzw. den Mitgliederverbänden. 1924 gab es schon rund 500 Kreisgeschäftsstellen. Dadurch konnten in den Hochburgen auch große Teile der landwirtschaftlichen Bevölkerung stark beeinflusst werden, die nicht Mitglieder des Reichs-Landbundes waren.

Politisch stand der Reichs-Landbund nach der Gründung vor allem der republikfeindlichen Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nahe. Insbesondere 1924 unterstützte die Verband diese Partei besonders stark, förderte aber auch Kandidaturen von hochrangigen Mitgliedern in anderen Rechtsparteien, vornehmlich der Deutschen Volkspartei (DVP). Bei der Reichspräsidentenwahl 1925 unterstützte der Reichs-Landbund die Wahl Paul von Hindenburgs. In der Mitte der 1920er Jahre waren führende Reichs-Landbund-Mitglieder über die DNVP in der Regierung vertreten. Doch diese Phase der Mitarbeit währte nur kurz. Zollstreitigkeiten und die Agrarkrise verschärften die Distanz zum Staat und zur Republik. Die Unterstützung der Regierung hatte besonders in Hessen und Schlesien zu massiven Mitgliederverlusten geführt. So waren Landbundfunktionäre maßgeblich an der Landvolkbewegung 1927/28 beteiligt. Allerdings trennten sich mehrere Landbundführer von der DNVP, so Karl Hepp, einer der Präsidenten, oder Ernst Höfer, Vorsitzender des Thüringer Landbundes, und gründeten die Christlich-Nationale Bauern- und Landvolkpartei (CNBLP), die sich 1930 in Deutsches Landvolk umbenannte. Die neue Partei nahm der DNVP bei der Reichstagswahl 1928 10 Mandate ab. Innerhalb des Reichslandbundes kam es daraufhin zu erheblichen Turbulenzen. Der Kampf gegen andere Bauernorganisationen wurde weitgehend eingestellt. Um größeren Einfluss in der Agrar- und Weltwirtschaftskrise zu bekommen, wurde der Reichs-Landbund treibende Kraft zur Gründung einer Dachorganisation aller Bauernverbände. 1929 trat die Grüne Front ins Leben.

Der Reichs-Landbund unterstützte 1929 das von DNVP, NSDAP und anderen Rechtsverbänden initiierte Volksbegehren gegen den Young-Plan. Über ihr führendes Mitglied Martin Schiele beteiligte sich der Reichs-Landbund an der Regierung Heinrich Brüning, was zum Parteiausschluss Schieles aus der DNVP führte und dem Deutschen Landvolk (CNBLP) bei der Reichstagswahl von 1930 zu großen Gewinnen verhalf. Da jedoch die NSDAP nun mit dem Aufbau des „Agrarpolitischen Apparats“ vor allem auf dem Lande große Fortschritte erzielte, gewannen die Nationalsozialisten immer mehr Einfluss im Reichs-Landbund. Schon im Oktober 1930 musste Martin Schiele als Präsident des Reichs-Landbundes zurücktreten, der neue Vorstand rückte weiter nach rechts. Die Schiele-Anhänger wurde zurückgedrängt, die Nationalsozialisten gewannen an Boden. Andere Gruppen im Reichs-Landbund glaubten, durch ein Bündnis mit der NSDAP verlorenen Einfluss für die Landwirtschaft zurückgewinnen zu können. Die Agitation des Verbandes gegen die Regierung Brüning, die Demokratie und die Weimarer Republik verschärfte sich, sodass der Reichs-Landbund 1931 der Harzburger Front beitrat. Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 empfahl die Führung des Reichs-Landbundes eine Stimmabgabe für den deutschnationalen Stahlhelmführer Theodor Duesterberg oder Adolf Hitler, da Hindenburg sich nicht von seiner Unterstützung durch die SPD distanzierte.

Die Machtübertragung auf Hitler am 30. Januar 1933 wurde von der Führung begrüßt, sodass es bei der Gleichschaltung der Landwirtschaft und ihrer Erfassung im Reichsnährstand von seiten der größten Landwirtschaftsorganisation keinerlei Widerstand gab.


Präsidenten

1921–1924: Gustav Roesicke (geschäftsführend)

1921–1930: Karl Hepp

1926–1928: Eberhard Graf von Kalckreuth

1928–1930: Martin Schiele (geschäftsführend)

1930–1933: Eberhard Graf von Kalckreuth (geschäftsführend)

1930–1933: Heinrich Lind

1931–1933: Werner Willikens

1933: Wilhelm Meinberg (geschäftsführend)


Mitglieder

1923: etwa 1 Million

Die genaue Zahl kann nicht ermittelt werden, da die Zahl der angeschlossenen Verbände schwankte und auch zwischen Voll- und Zusatzmitglieder unterschieden wurde. Nach Eigenangaben waren zur Spitzenzeit angeblich 5,6 Millionen Mitglieder vorhanden. Nach einer eigenen Veröffentlichung mit Angabe der Mitglieder der angeschlossenen Verbände waren es 1923 rund 1 Million Mitglieder. Andere Angaben schwanken zwischen 0,8 und 1,7 Millionen Mitglieder.


Adresse: Dessauer Straße 26 (Berlin)


Text: Wikipedia

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