Schauspielhaus Potsdam

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche
Ansichtskarte des Schauspielhauses Potsdam
Siegelmarke der Intendantur der Königlichen Schauspiele

Für Aufführungen umherziehender Wanderbühnen stand der Bürgerschaft vormals eine ehemalige Fachwerkkirche am Stadtkanal zur Verfügung, die der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. den aus Russland stammenden Gardesoldaten orthodoxen Glaubens 1734 errichten ließ. Als sein Sohn Friedrich II. das Garderegiment auflöste und sich die Gemeinde dadurch dezimierte, wurde die Kirche ab 1750 als Komödiensaal für die Aufführungen der „Schuchschen-“ und „Wäserschen Gesellschaft“ umgenutzt. Mit zunehmender Baufälligkeit ließ Friedrich II. das Gebäude 1777 schließen, abbrechen und 1785 auf dem Grundstück „Am Kanal 29“, heute Yorckstraße, nach Plänen des Baumeisters Georg Christian Unger eine Montierungskammer errichten.

In der Regierungszeit Friedrich Wilhelms II. erhielten die Potsdamer Bürger eine neue, größere Spielstätte, die rund 700 Gästen Platz bot. Bis dahin waren nur noch zwei Theaterräume aus friderizianischer Zeit im Stadtschloss und im Neuen Palais vorhanden, die jedoch vorzugsweise zur Unterhaltung des königlichen Hofes dienten. In der Straße „Am Kanal“, die wegen der repräsentativen Hausfassaden und einer Bepflanzung mit Lindenbäumen entlang der Wasserstraße als die schönste in Potsdam galt, konnte das Grundstück der Wilhelmine Katharine von Bischoffwerder erworben werden. Der erste Bauabschnitt mit Zuschauerraum und Bühnenhaus erfolgte zwischen 1793 und 1795. Die Eröffnungsveranstaltung fand am 7. Oktober 1795 mit dem Stück „Maske für Maske“ von Johann Friedrich Jünger statt. Bereits ein Jahr später wurde das Gebäude im zweiten Bauabschnitt um einen Konzertsaal erweitert, der die ganze Breite der Rückfront im ersten Stock einnahm und für die Schauspieler ein angrenzendes Logierhaus errichtet, die heute noch erhaltene sogenannte „Schauspielerkaserne“ in der Friedrichstraße, heute Posthofstraße 17. Für den Erweiterungsbau wurden die Ziegel von der 1795 abgebrannten und 1796 abgetragenen St. Nikolaikirche verwendet.

Das 16-achsige Gebäude im frühklassizistischen Stil erstreckte sich mit seinen Längsseiten in das Grundstücksinnere. Die schmale Vorderfront, mit den drei rundbogigen Eingangstüren im Erdgeschoss, war dem Kanal zugewandt. Darüber erhob sich ein Portikus mit einer über zwei Etagen reichenden, leicht zurückgesetzten Fensterwand und vier vorgelagerten ionischen Säulen. Über den Fenstertüren des ersten Obergeschosses standen in Rundbogennischen die Büsten von Aristophanes und Sophokles, für die der Bildhauer und Stuckateur Constantin Philipp Georg Sartori die Entwürfe lieferte. Gemäß der Bestimmung des Theatergebäudes lautete die Inschrift auf dem Giebelbalken DEM VERGNÜGEN DER EINWOHNER. Das Feld im Dreiecksgiebel mit umlaufenden Balkenköpfen blieb leer. Die darunter liegende Attika schmückte ein Figurenfries nach dem Entwurf des Bildhauers Johann Gottfried Schadow, das die Brüder Johann Christoph und Johann Michael Christoph Wohler ausführten. Boumann beschrieb den Fries in einem Brief an den König wie folgt: Apollo stellt die Haupt-Person […] vor, und rührt die Leier, […] neben diesen Thalia die comische und Melpomene die tragische Muse, hierauf folgen die beiden alten Dichter Aechillus und Menander, […] neben Aechillus komt die Muse der Tonkunst, blast auf der Flöte, und die übrigen Musen tanzen dabei Hand in Hand, außer der Urania, welche nachdenkend an einer Säule steht […].

Friedrich Wilhelm IV. ließ mit Kabinettsorder vom 7. August 1850 Renovierungsarbeiten durchführen, die der Architekt Ludwig Ferdinand Hesse leitete. Der aus Dessau stammende Maler Franz August Schubert (1806–1893) erhielt den Auftrag, die Decke im Konzertsaal neu auszumalen. Das Gemälde zeigt[e] in der Mitte Apollo auf dem Adler des Zeus und an den Langseiten die Porträts der berühmtesten Komponisten des 18. Jahrhunderts: Haydn, Mozart, Gluck und Zelter. Die aus dieser Zeit stammenden Bühnenvorhänge waren auf der einen Seite mit dem Ausblick auf Syrakus, im Hintergrunde der Haupttempel des Stadtteils Nasos, […] gestaltet und auf der anderen Seite mit Schloß Windsor an der Themse her. 1927 wurde das Schauspielhaus durch den Einbau einer Drehbühne modernisiert.

Als die britische Royal Air Force die historische Altstadt am Abend des 14. April 1945 bombardierte, blieb das Schauspielhaus weitgehend unversehrt. Erst während der nachfolgenden Kampfhandlungen brannte es am 25. April durch sowjetischen Artilleriebeschuss aus. Im Zuge der Vorbereitungen zu den „8. Arbeiterfestspielen“ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) im Juni 1966 in Potsdam und der damit verbundenen Kampagne „Keine Ruine zu den Arbeiterfestspielen“, wurden die Gebäudereste mit der noch erhaltenen Vorderfront am 28. Mai des Jahres abgebrochen. Das zuvor geborgene Relief von Schadow kam nach Berlin in das Kronprinzenpalais Unter den Linden und ist seit 1969 im Treppenhaus des rekonstruierten Gebäudes in zwei Teilen angebracht.




Text: Wikipedia

Liste der Autoren

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.