Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn

Aus veikkos-archiv
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn (SGU) war ein Straßenbahnbetrieb im damaligen südöstlichen Umland Berlins. Das Unternehmen betrieb eine etwa acht Kilometer lange Linie von Grünau bis zum Ortskern der Landgemeinde Schmöckwitz. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz wurde das Gebiet entlang der Strecke nach Berlin eingemeindet, die Strecke von der Berliner Straßenbahn übernommen und mit dem Netz der selbigen verbunden. Heute ist die Bahn ein Abschnitt der Linie 68 und zählt zu den schönsten Straßenbahnstrecken Berlins.


Verlauf

T6A2-Züge in der Wendeschleife Alt-Schmöckwitz

Ausgangspunkt ist der S-Bahnhof Grünau am Adlergestell. Die ursprüngliche Endhaltestelle befand sich auf der westlichen Straßenseite direkt vor dem Bahnhof, seit der Verbindung mit dem Berliner Straßenbahnnetz liegt sie auf der Ostseite. Nordöstlich schließt sich die von Schmöckwitz aus befahrbare Wendeschleife Wassersportallee an. Zwischenzeitlich war diese aus beiden Richtungen befahrbar, nachdem die Kehrgleise an der Haltestelle S-Bahnhof Grünau entfernt wurden.

Die Bahn führt zunächst entlang der Straße An der Uferbahn bis zum Langen See. Von dort aus geht es entlang der Regattastraße und der Sportpromenade bis zur Siedlung Karolinenhof. Parallel dazu befindet sich die Grünauer Regattastrecke. Die ursprüngliche Streckenführung ging von dort nach rechts direkt bis zum Adlergestell. Ab 1925 führte die Bahn geradeaus weiter über die Vetschauer Allee bis zum Adlergestell. Von dort aus geht es entlang des Adlergestells weiter in den Schmöckwitzer Ortskern. Auf Höhe des Beutenwegs befand sich die alte Endhaltestelle. 1952 wurde die Strecke bis zur Straße Alt-Schmöckwitz verlängert, in der sich die heutige Wendeschleife befindet. Zwischen der alten und neuen Endhaltestelle befindet sich das ehemalige Depot der Uferbahn, welches nur über eine Kehrfahrt von Alt-Schmöckwitz aus erreicht werden konnte.

Die Bahn verläuft größtenteils unabhängig vom Individualverkehr. Lediglich zwei kurze Abschnitte am Westrand von Karolinenhof sowie vor der Endhaltestelle Alt-Schmöckwitz verlaufen in der Straßenmitte. Die Bahn ist seit 1984 durchgehend zweigleisig.


Geschichte

Betrieb unter der SGU

Schmöckwitz war seit 1874 über einen Haltepunkt an der Görlitzer Bahn an das preußische Eisenbahnnetz angeschlossen. Die Station lag an der Grenze zur Gemeinde Eichwalde und war etwa fast drei Kilometer vom Ortskern entfernt zu erreichen. Um eine bessere Anbindung an die Eisenbahn Richtung Berlin zu erreichen, wurde daher 1902 das Projekt einer Straßenbahnverbindung von Schmöckwitz aus bekannt gegeben. Diese sollte jedoch nicht den direkten Weg nach Eichwalde nehmen sondern entlang der Dahme nach Grünau führen. Diese Streckenführung erlaubte einerseits die Anbindung der am Langen See angesiedelten Regatta- und Yachtclubs an die Straßenbahn, andererseits bestand so die Option einer Verbindung mit den Netz der Cöpenicker Straßenbahn, welche 1909 ihr Netz um eine Strecke zum Staatsbahnhof Grünau erweiterte.

Anfang 1911 begannen die Bauarbeiten, welche nach einem dreiviertel Jahr abgeschlossen waren. Zunächst plante die Schmöckwitz-Grünauer Uferbahn den Oberleitungsbetrieb, dieser kam infolge von Protesten der Landgemeinde Grünau nicht zustande, da diese in den Fahrdrähten eine Verschandelung der Landschaft sah. Es wurde daher der Betrieb mit Benzoltriebwagen erwogen. Die Eröffnung wurde trotz der fertigen Strecke auf das kommende Frühjahr verschoben, da die Uferbahn im Winter mit weniger Fahrgästen rechnete.

Am 9.März 1912 erfolgte schließlich die Eröffnung der zunächst 7,8 Kilometer langen Strecke. Der Betrieb wurde der Continentalen Eisenbahn- Bau- und Betriebsgesellschaft durchgeführt, nach 1914 von deren Nachfolger, der AG für Bahn-Bau und -Betrieb (BBB). Die Bahn war zunächst eingleisig und mit fünf Ausweichen ausgestattet. Von Grünau ging es zunächst zum Dahmeufer, von dort aus kurz vor Karolinenhof auf das Adlergestell. Entlang des Adlergestells und der Berliner Straße als Fortsetzung dieser (1958 ins Adlergestell einbezogen) ging es nach Schmöckwitz, wo sich kurz vor dem Ortskern die Endhaltestelle befand. An diese schloss sich die Betriebswerkstatt an. Das Verwaltungsgebäude der SGU befand sich am anderen Streckenende in Grünau direkt vor dem Empfangsgebäude des Bahnhofs.

Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich, dass der Betrieb mit den drei verfügbaren Benzoltriebwagen sich nicht für den starken Verkehr auf der Bahn bewährte. Die AEG begann daher ab dem 30. Mai 1912 mit der Montage von Oberleitungen. Rund zwei Monate später konnte der elektrische Betrieb am 27.Juli 1912 aufgenommen werden. Da noch keine eigenen Fahrzeuge zur Verfügung standen, lieh sich die SGU zunächst vier auf Lyrabügel umgerüstete Berolina-Triebwagen der Großen Berliner Straßenbahn. 1913 wurden diese durch von fünf zweiachsigen Triebwagen der Gottfried Lindner AG in Ammendorf ersetzt.

1920 übernahm die Berliner Straßenbahn mehrere Straßenbahnbetriebe der ehemalige Vororte, die nach dem Groß-Berlin-Gesetz eingemeindet wurden. Da der Vertrag zwischen der SGU und der BBB noch lief, fand hier allerdings noch keine Übernahme statt. Diese wurde am 1.Oktober 1924 durch den Nachfolgebetrieb Berliner Verkehrs-GmbH vollzogen. Am 20.Oktober 1924 erhielt die Bahn die Liniennummer 186.


Betrieb unter der BVG

Fahrgastandrang 1961 am S-Bahnhof Grünau

Am 1.März ging die Berliner Verkehrs-GmbH in der Berliner Straßenbahn-Betriebs-Gesellschaft auf. Diese baute die Strecke zweigleisig aus und errichtete zwischen Richtershorn und Adlergestell eine neue Trasse entlang der Vetschauer Allee. In Schmöckwitz wurde eine Wendeschleife um den Kaiser-Wilhelm-Platz (seit 1938 Alt-Schmöckwitz) herum angelegt und in Grünau die Verbindung mit dem Netz der ehemaligen Cöpenicker Straßenbahn hergestellt. Am 15.Mai 1926 waren die Arbeiten abgeschlossen. Die Linie 186 wurde mit der Linie 86 – der ehemaligen Cöpenicker Linie 2 – zur Linie 86 zusammengelegt, die zwischen dem Bahnhof Berlin-Köpenick und Schmöckwitz verkehrte. Die alten wurden abgezogen und durch leistungsfähigere Vierachser ersetzt. Das Depot wurde geschlossen und deren Arbeiten vom Betriebshof Köpenick in der Wendenschloßstraße übernommen.

1936 wird an der Haltestelle Schappachstraße am Westrand von Karolinenhof eine Kuppelendstelle angelegt, um Einsetzer, die anlässlich der Olympischen Sommerspiele zur Regattastraße Grünau verkehren, hier kehren zu lassen.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Verkehr eingeschränkt, aber bis April 1945 aufrecht erhalten. Die Sprengung der Grünauer Brücke in der nördlichen Regattastraße durch Wehrmachtstruppen legte schließlich den Betrieb lahm, da eine durchgehende Strecke nicht mehr zur Verfügung stand. Ab dem 27.Oktober 1945 wurde zunächst der Betrieb zwischen S-Bahnhof Grünau und Schmöckwitz wieder aufgenommen. Zuvor wurden einige Triebwagen per Tieflader auf den isolierten Abschnitt gebracht und die Wagenhalle in Schmöckwitz als Hilfsdepot reaktiviert. Der nördliche Abschnitt der Linie 86 wurde ab dem 24. Juni 1946 zwischen S-Bahnhof Köpenick und der Grünauer Brücke aufgenommen. Gleichzeitig wurde der Südast vom S-Bahnhof bis zur Grünauer Brücke verlängert. Der durchgehende Betrieb konnte ab dem 12. August 1948 wieder aufgenommen werden. Das Depot wurde zeitgleich wieder geschlossen.

In den Jahren 1980 bis 1981 erfolgte eine umfangreiche Erneuerung des Oberbaus und der Fahrleitungsanlagen. Die Kuppelendstelle Schappachstraße wurde in ein Wendedreieck umgebaut, damit auch Einrichtungswagen kehren können.

Nach 1990 geriet die Linie 86 – seit dem 23.Mai 1993 als Linie 68 unterwegs – mehr und mehr aufs Abstellgleis. Die rund 1000 Fahrgäste täglich sprachen zunehmend gegen einen wirtschaftlichen Betrieb, so dass im Jahre 2006 eine Kürzung der Linie bis zum Strandbad Grünau erwogen wurde. Der verbliebene Abschnitt nach Schmöckwitz sollte stattdessen mit Bussen direkt über das Adlergestell betrieben werden. Hauptgrund für die vorgesehene Einstellung war die notwendige Reparatur der veralteten Gleisanlagen; die Kosten hierfür beliefen sich nach ursprünglicher Aussage auf rund vier Millionen Euro. Nach Kritik seitens der Anwohner lenkte die BVG ein und garantierte nach einer Notsanierung in Höhe 600.000 Euro den Betrieb bis 2011. Bis dahin sei die Strecke komplett abgeschrieben. Aktuell (2011) werden die Kosten auf 18 Millionen Euro geschätzt, da die Strecke auf größeren Abschnitten durch ein Trinkwasserschutzgebiet verläuft. Der Berliner Senat ist bereit, zumindest einen Anteil (9,8 Millionen Euro) zu übernehmen, es steht aber noch die Entscheidung des Aufsichtsrates der BVG aus, ob sie den Restbetrag übernehmen wird. Es wurde ebenso erwogen, die Strecke auf ein Gleis zurückzubauen.


Betrieb

Depot

Wagenhalle Schmöckwitz vor dem Brand

Die Wagen wurden im Depot Schmöckwitz gewartet. Dieses befindet sich annähernd gegenüber der Einmündung Wernsdorfer Straße unmittelbar vor der Gleisschleife. Zum Einrücken mussten die Fahrzeuge zunächst vorfahren und dann in das Depot zurückdrücken. Ab 1912 standen zunächst vier Gleise in zwei Hallen zur Verfügung, in denen elf Wagen untergebracht werden konnten. Nach Errichtung der Wendeschleife 1926 konnten die beiden südlichen Gleise 1 und 2 auf Grund der geringen Gleisradien bis zur Wendeschleife nicht genutzt werden. Gleichzeitig wurde der Straßenbahnhof geschlossen und seine Aufgaben vom Betriebshof Köpenick übernommen. Die südliche Halle wurde daraufhin in ein Bootshaus umgewandelt, der nördliche Teil wurde zunächst vom Katastrophenschutz verwendet, später zog die Freiwillige Feuerwehr Schmöckwitz in die Anlage ein.

Von 1945 bis 1948 diente der Straßenbahnhof als Hilfsdepot 21 zur Wartung der Fahrzeuge, die auf dem vom Restnetz abgetrennten Streckenstück der Uferbahn verkehrten. Nach Wiederherstellung der Teltowkanalbrücke wurde das Depot erneut geschlossen. Später diente die zweigleisige Halle als Werkstatt des Denkmalpflege-Vereins Nahverkehr Berlin (DVNB), der hier seine historischen Fahrzeuge wartete. Die Anlage blieb weiterhin im Besitz der BVG. 2006 musste der DVNB ausziehen, da die BVG die Halle als Bootshaus verkaufen wollte. Die Fahrzeuge wurden zum Betriebshof Niederschönhausen verlegt, da dort größere Abstellmöglichkeiten bestanden. Die Fahrleitungen wurden anschließend abmontiert und die Gleisanschlüsse gekappt. Zwei Jahre später brannte das Depot am 30.August 2008 aus. Der dort noch aufbewahrte fahruntüchtige Maximum-Triebwagen 5403 vom Typ TDS 08/24]] wurde dabei stark beschädigt.


Fahrzeugeinsatz

TDE 61 an der Endhaltestelle Schmöckwitz

Die SGU nahm 1912 ihren Betrieb mit drei Benzoltriebwagen (Wagennummern 1–3), zwei zweiachsigen und vier vierachsigen Beiwagen (Wagennummern 21–22 und 23–26) auf. Nach Umstellung auf elektrischen Betrieb gelangten die Triebwagen zur Cuxhavener Straßenbahn. Zwischenzeitlich kamen die vier Berolina-Wagen 2320, 2322, 2348 und 2376 der Großen Berliner Straßenbahn zum Einsatz.

Nach 1913 lieferte Lindner fünf Triebwagen mit geschlossenen Plattformen aus. Die zweiachsigen Triebwagen mit den Nummern 1–5 waren bis zur Linienzusammenlegung 1926 auf der Uferbahn im Einsatz und kamen nach Einbau der Berliner Einheitsplattformen auf weniger ausgelasteten Linien zum Einsatz. Bei der BVG wurden die Triebwagen mit den Nummern 4351–4355 als Typ 13/26 geführt. Die Beiwagen erhielten die BVG-Nummern 1541–1546 und wurden zwischen 1926 und 1929 ausgemustert.

Nach Zusammenlegung der 186 mit der 86 kamen vorrangig vierachsige Triebwagen zum Einsatz, da diese für den starken Ausflugsverkehr mehr geeignet waren als die Zweiachser. Später war die Bahn Versuchsstrecke für die beiden Großraumwagen-Prototypen 52 und TDE 58. Nachfolger vom Typ TDE 61 kamen ab 1962 regelmäßig auf der 86 zum Einsatz. Nach ihrer Ausmusterung 1996 gelangten zunächst Tatrawagen des Typs T6A2, später des Typs KT4D zur Bahn. Zwischenzeitlich wurden diese von Niederflurbahnen des Typs GT6N unterstützt.



Text: Wikipedia

1. Bild: Wikipedia/Sebastian Wallroth

2. Bild: Wikipedia/Bundesarchiv, Bild 183-84399-0002 / Sturm, Horst / CC-BY-SA

3. Bild: Wikipedia/A. Savin

4. Bild: Wikipedia/Sebastian Wallroth

Liste der Autoren

Der Text und die Bilder sind unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Einzelheiten sind in den Nutzungsbedingungen von Wikipedia beschrieben.