Sonneberg

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Sonneberg (ostfränkisch-regional Sumbarch) ist eine Stadt im fränkisch geprägten Süden Thüringens und Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Sonneberg.

Kaufhaus S. Speyer

Sonstige

Geschichte

Ursprung bis zum 14. Jahrhundert

„Das Schloss Sonneberg wurde auch als Burg Sonneberg oder das Haus zu Sonneberg in alten Dokumenten genannt. Im Jahre 480 erbaute Süne oder Süno, Herzog zu Franken, diese Burg wegen der Thüringischen Einfälle…“ so heißt es auf Seite 64 in der Topographie des Herzoglich-Sachsen-Koburg-Meiningischen Antheils an dem Herzogthum Koburg aus dem Jahre 1781. Diese nicht kritikfreie Darstellung fußt auf der Geschichte der Franken des Abtes Johannes Trithemius aus dem Jahr 1514.[4]

Wenngleich es keine gesicherten Hinweise des fränkischen Heerführers Sunno im Obermainland und der Errichtung einer Burg als Schutzwehr gegen die einfallenden Thüringer gibt, verweist dies auf erste Besiedlungen in diesem Gebiet bereits ab dem 5. Jahrhundert. Als das älteste Kulturdenkmal im Sonneberger Stadtgebiet gilt vielfach die sogenannte Cella Antiqua, eine in Sandstein gehauene Mönchszelle hinter dem Anwesen Gerichtssteig 1, die vermeintlich aus dem 9. Jahrhundert stammt.[5] Einziger Beweis für diese Deutung ist ein auf den 13. März 1361 datierter Eintrag in einem Lehensregister. Danach erhielt ein niederer Adeliger „kempnatam antiquam et camerum super cellam in castro Sunneberg“ – also die alte Kemenate sowie einen Wohnraum über einer Cella in der Burg Sonneberg – als Lehen. Diese Cella lag also innerhalb der Mauern des Schlosses, nicht in der Altstadt, in der die sogenannte Cella Antiqua liegt. Auch ist mit dem Wort Cella im zeitgenössischen Sprachgebrauch nicht notwendig eine einzelne Mönchszelle gemeint. Ebenso könnte der Eintrag auf eine Kapelle oder ein kleines Kloster Bezug nehmen. Thomas Schwämmlein verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass auch auf dem Coburger Burgberg ab dem 13. Jahrhundert eine kleinere monastische Gemeinschaft gesichert ist. Auf der Sonneberger Burg kann es demnach ein kleines Kloster gegeben haben, das in dem Lehensregister als Cella bezeichnet wurde. Die sogenannte Cella Antiqua in der Sonneberger Altstadt ist eher als Lagerraum deutlich jüngeren Datums anzusehen. Wahrscheinlich wurde in dem kühlen Sandsteinkeller Bier gelagert, das zu brauen den Bürgern der Stadt ab dem späten Mittelalter erlaubt war. Ein erhabenes Reliefkreuz, wie es in der Cella Antiqua zu finden ist, war bis 1994 auch in einer anderen Kelleranlage in der Altstadt anzutreffen. Dort war es wohl dazu gedacht, Gottes Segen für das in der Sandsteinhöhle gelagerte Bier zu erflehen.[5]

Der Name Sonneberg wurde 1207 erstmals urkundlich erwähnt. Er geht auf das Adelsgeschlecht der Herren von Sonneberg zurück, das im 12. und 13. Jahrhundert beurkundet ist und unterhalb der Burg Sonneberg eine Siedlung gründete, die ursprünglich aus dem Gutshof und zwei Weilern bestand, dem in der Herrnau vermuteten Dorf „Alt-Rötin“ und dem „Stätlein zu Rötin unter der Burg Sonneberg“. Die Herren von Sonneberg waren Ministerialen im Dienst der Herzöge von Andechs-Meranien, die als bayerisches Adelsgeschlecht eine herrschaftliche Verwaltung in der Region um Sonneberg und Coburg errichteten. Nach dem Ende des Herzogtums Meranien erwarben sie im Umland umfangreicheren Besitz und stifteten 1252 das Kloster Sonnefeld. Dieser Höhepunkt des Geschlechts läutete im weiteren Verlauf des 13. Jahrhunderts auch den Verfall ein, bis 1310 das Geschlecht in männlicher Linie ausstarb.[6]

Nach dem Aussterben der Sonneberger fiel die kleine Herrschaft 1317 an die Grafen von Henneberg. 1349 bestätigte und erweiterte die neue Landesherrin, die Regentin Jutta von Henneberg, die städtischen Rechte Sonnebergs mit einer Urkunde. 1353 fiel Sonneberg zusammen mit dem nahe gelegenen Coburg an die Wettiner. Rat und Bürgermeister hatten die Niedergerichte inne. Die an der Straße von Coburg nach Saalfeld gelegene Stadt mit der Johanniskirche war ummauert.[7]

15. Jahrhundert bis 19. Jahrhundert

Die katholische Pfarrei gehörte seit alters her zum Bistum Würzburg. 1526 wurde die Reformation in Sonneberg eingeführt. Bald darauf wurde die Lateinschule eröffnet.

Nach der „Leipziger Teilung“ 1485 kam die Pflege Coburg (so wurde das Gebiet, zu dem Sonneberg gehörte, genannt) an die ernestinische Linie dieses Hauses. Nachdem Coburg und somit Sonneberg zwischen 1542 und 1553 unter Herzog Johann Ernst von Sachsen schon einmal ernestinische Sekundogenitur war, kam es 1572 zur Abtrennung dieses Territoriums vom ernestinischen Gesamtstaat, und es entstand ein Fürstentum Sachsen-Coburg, das gemeinschaftlich von den Herzögen Johann Casimir und Johann Ernst regiert wurde. 1596 teilten beide dieses Fürstentum in Sachsen-Coburg und Sachsen-Eisenach. Nach dem Tod Johann Casimirs 1633 kurzzeitig unter Johann Ernst wieder vereint, kam es nach dessen Tod 1638 an Sachsen-Altenburg und 1672 an Sachsen-Gotha. Im Zuge der „Gothaischen Teilung“ 1680 entstand erneut ein Fürstentum Sachsen-Coburg unter Herzog Albrecht, das allerdings beträchtlich kleiner war als dessen Vorgänger.[8]

1699 verstarb Albrecht von Sachsen-Coburg ohne Erben, und es kam zu langwierigen Erbauseinandersetzungen. 1735 wurde dem Herzogtum Sachsen-Meiningen zwar die Stadt Sonneberg zugesprochen, diese verblieb aber weiter als Herzoglich-Sachsen-Coburg-Meiningischer Anteil beim Herzogtum Coburg. Erst 1826 erfolgte die Eingliederung nach Sachsen-Meiningen.

Seit 1500 ist der Abbau von Wetzsteinen und Schiefer für Schiefertafeln bezeugt. Aus der alteingesessenen Holzwarenherstellung entwickelte sich vom 16. Jahrhundert an die Herstellung des als „Nürnberger Tand“ bekannten Sonneberger Spielzeugs.[9] Um 1700 wurde mit der Firma Dressel, ab 1873 Firma Cuno & Otto Dressel, der größte Hersteller und Exporteur von Spielwaren in Sonneberg gegründet. Ab 1805 entwickelte sich Sonneberg durch die Einführung des Papiermachés vor allem in der Puppenherstellung zu einem Spielzeugproduktionszentrum mit Weltgeltung (siehe auch: F. M. Schilling). 1840 zerstörte ein Stadtbrand das alte Stadtzentrum um den Marktplatz in der heutigen Oberen Stadt. 1883 wurde im Haus Mühlgasse 4 die Industrieschule eröffnet, in der die künstlerische Porzellan-, Glas- und Spielzeuggestaltung gelehrt wurde.

20. Jahrhundert

Durch den Anteil der Sonneberger Produktion am Weltmarkt wurde um 1913 der Begriff „Weltspielwarenstadt“ geprägt. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden im Raum Sonneberg rund 20 % der auf dem Weltmarkt gehandelten Spielwaren vorwiegend in Heimarbeit[10] hergestellt. Neben dem Begriff Weltspielzeugstadt avancierte Sonneberg zur „Werkstatt des Weihnachtsmannes“. Die Spielwarenindustrie reagierte ab den 1870er Jahren auf die zunehmende Nachfrage bei gleichzeitig fallenden Verkaufspreisen nicht mit einem Übergang zur industriellen Herstellungsweise in größeren Fabriken unter Verwendung innovativer Techniken. Auch wenn die Exporte in die USA zwischen 1865 und 1885 um etwa 600 % stiegen, wiesen doch noch 1880 85 % der Betriebe gerade einmal vier Mitarbeiter auf.[11] Es war die Zahl dieser traditionell arbeitenden Klein- und Kleinstbetriebe, die als Antwort auf die vergrößerte Nachfrage gewaltig anstieg. 1880 waren es insgesamt noch 321 Unternehmen. 1899, knapp 20 Jahre später, 2395, ein Anstieg um 746 %.[11] In enger Kooperation vieler kleiner und spezialisierter Firmen und angeschlossener Heimarbeiter konnte das damals wichtigste lokale Produkt, Puppen, in unterschiedlichen Ausformungen, effektiv und kostengünstig ohne den Einsatz kostspieliger Investitionsgüter hergestellt werden.[12] Die Verteilung der Marktmacht in diesem System belastete aber Arbeiter in den Kleinbetrieben und – vor allem – Heimarbeiter und deren Familien mit einem brutalen, die Lebensbedingungen bestimmenden Kostendruck. Da in großer Zahl arbeitssuchende, sachkundige Handwerker vorhanden waren, mussten Verleger und Fabrikanten zudem nicht um Arbeitskräfte konkurrieren.[12] Um das für die Subsistenz absolut Notwendige erwirtschaften zu können, musste in der Regel die gesamte Familie der Heimarbeiter täglich viele lange Stunden bis zur völligen Erschöpfung arbeiten. Mehrere Indizien für die verzweifelte Lage großer Teile der Bevölkerung in dieser Zeit sind greifbar. Trotz verschiedener Versuche der Behörden, der grassierenden Kinderarbeit Herr zu werden, gelang es nie, die weit verbreitete dauerhafte Missachtung der Schulpflicht in Sonneberg zu bekämpfen. Die Heimarbeiter waren gezwungen, auch ihre Kinder heranzuziehen, um zum Familieneinkommen beizutragen. Gleichzeitig verwehrten sie ihnen damit die Möglichkeit, selbst Zugang zu Bildung zu erlangen. 50 % der erwachsenen Arbeiterinnen und Arbeiter verdienten 1905 weniger als 600 Mark im Jahr und blieben damit als Empfänger minimaler Einkommen steuerbefreit.[13] Das ungesunde Arbeitsumfeld, die extrem beengten Lebensumstände und die schlechte, mangelhafte Ernährung trugen erheblich dazu bei, dass die Zahl der an Tuberkulose Erkrankten in Sonneberg um ein Drittel höher lag als im Rest des Reiches.[12] In der Regel bewohnte eine Heimarbeiterfamilie einen Raum, in dem gekocht, geschlafen und – häufig mit gesundheitsschädlichen Stoffen – gearbeitet wurde.[14] In verschiedenen Teilen der Stadt, die überwiegend von Heimarbeitern bewohnt wurden, war die Durchseuchungsrate mit Tuberkulose daher sogar dreimal höher als im nationalen Mittel. Ein Drittel aller Todesfälle wurden dort durch die Lungenkrankheit verursacht.[12]

In der Folge erhielten Sozialdemokraten und später auch Kommunisten in Sonneberg überdurchschnittlich viele Wählerstimmen.[15] 1913 kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen protestierenden Heimarbeitern und der Polizei, die mit gezogenem Säbel gegen die Demonstranten vorging. Dennoch änderten sich die Lebensverhältnisse vieler Heimarbeiter bis in die späten 20er Jahre kaum.[16]

1901 wurde das Spielzeugmuseum eröffnet, das 1953 erweitert wurde. Seit 1919 wurden die umliegenden Vororte eingemeindet.

Bahnverbindungen bestanden seit 1858 nach Coburg, seit 1886 Richtung Lauscha (beides über die Bahnstrecke Coburg–Ernstthal am Rennsteig), seit 1901 nach Stockheim (Bahnstrecke Sonneberg–Stockheim) und seit 1910 nach Eisfeld (Bahnstrecke Eisfeld–Sonneberg). Im Jahr 1921 eröffneten die Siemens-Schuckertwerke in Sonneberg ihr Kleinbauwerk II, welches 1939 mit 987 Mitarbeitern Installationsmaterial wie Sicherungselemente und Schalter produzierte.

Eine letzte Blüte der Spielwarenindustrie führte in den 1920er Jahren zur Bebauung des Bahnhofplatzes mit repräsentativen Gebäuden. Zuerst errichtete die US-amerikanische Firma Halbourn ein sechsstöckiges Handelshaus, das seit 1925 der AOK gehört. Gegenüberliegend baute im Jahr 1926 die US-amerikanische Kaufhausgesellschaft F. W. Woolworth Company, die schon seit 1880 vor Ort einkaufte, zum Erwerb und Export von Spielwaren und Christbaumschmuck ein Handels- und Lagerhaus. Das fünfgeschossige Gebäude aus Eisenbeton mit eigenem Gleisanschluss wurde nach Plänen des Sonneberger Architekten Walter Buchholz errichtet. Das Bauwerk, im Zweiten Weltkrieg als Lagerhaus durch das Bekleidungsamt der Luftwaffe genutzt, wurde am 11. April 1945 vor dem Einmarsch US-amerikanischer Truppen in Brand gesetzt, nachdem es kurz vorher für die Bevölkerung zur Plünderung freigegeben worden war. Auf dem Trümmergelände wurde Ende der 1950er Jahre eine Grünanlage mit Gedenkstätte zum Tag der Befreiung und zur Deutsch-Sowjetischen Freundschaft errichtet. Die Gedenkstätte wurde nach der Wende eingeebnet. Gegenüberliegend vom Bahnhof errichtete die Stadt 1927–1928 nach Plänen von Karl Dröner ihr neues Rathaus mit einem 40 Meter hohen Rathausturm. In die gleiche Zeit fällt auch der Neubau des Einkaufshauses des US-amerikanischen Unternehmens S. S. Kresge & Co. aus New York City an der Gustav-König-Straße mit seiner expressionistischen Architektur, sowie im Jahr 1925 die Gründung der Sternwarte Sonneberg im Ortsteil Neufang durch Cuno Hoffmeister.

Schon vor Ausbruch der Weltwirtschaftskrise wurde die Stadt Sonneberg 1929 wegen Überschuldung zahlungsunfähig und unter Zwangsverwaltung gestellt.[17] Einschneidende Veränderungen brachte dann die Weltwirtschaftskrise nicht nur für die kommunalen Haushalte mit sich. Insbesondere die auf den Export ausgerichtete Spielwarenindustrie erlebte eine rapide Verringerung der Verkäufe. Sinkende Kaufkraft in den ebenfalls wirtschaftlich hart getroffenen USA, die wachsende Konkurrenz der billiger und effizienter produzierenden japanischen Spielwarenindustrie und schließlich Managementfehler – man versäumte, die Produktion der sich wandelnden Nachfrage anzupassen – führten zu einer radikalen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage.[15] Gegen Ende der Weimarer Republik wies die Stadt Sonneberg mit dem horrenden Wert von 50 % innerhalb Thüringens die höchste Arbeitslosenquote auf.[18] Die wirtschaftliche Notlage machte Teile der Bevölkerung in der Region besonders anfällig für die politische Propaganda der Nationalsozialisten. Hatten zu Beginn der Republik noch fast zwei Drittel der Stimmberechtigten für die Sozialdemokratie votiert, so konnte die NSDAP bei Wahlen nach Eintritt der Krise regelmäßig die absolute Mehrheit der Stimmen für sich gewinnen. Neben dem reichsweit mit der NSDAP sympathisierenden Lager der nationalen und protestantischen Bürgerlichen waren es im ehemals überwiegend „roten Thüringer Wald“ nun auch die vorher sozialdemokratischen und kommunistischen Arbeiter, die in großer Zahl nationalsozialistisch wählten.[15]

Bei Beginn der Zeit des Nationalsozialismus wurden Einwohner aus politischen, rassistischen und religiösen Gründen verfolgt, mit Gefängnis- und Zuchthausstrafen belegt oder in Konzentrationslager deportiert. Zu ihnen gehörte der Mitbegründer der KPD-Ortsgruppe Otto Bergner in Köppelsdorf, der mehrmals verhaftet, in das KZ Buchenwald überstellt und schließlich in das KZ-Außenlager Annener Gußstahlwerk verlegt wurde, wo er im März 1945 ums Leben kam. An ihn erinnert ein Straßenname. An den Arbeiter Adolf Wicklein, der vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und im Hof des Landgerichts Weimar hingerichtet wurde, weil er geflüchteten sowjetischen Kriegsgefangenen humanitäre Hilfe leistete, erinnerte bis 1990 eine Straße, die seitdem in Marienstraße rückbenannt wurde. In Köppelsdorf regte sich auch Widerstand aus evangelischen Kirchenkreisen gegen das Naziregime, insbesondere gegen die deutsch-christliche Kirchenleitung. Der Pfarrer Reinhard Metz setzte sich mit Predigten und Briefen für gemaßregelte Pfarrer ein. Ein Mitglied der Bekennenden Kirche (BK) stellte einen Raum in ihrem Fabrikgebäude Friedrichstraße 38 für bekenntnisgebundene kirchliche Jugendarbeit zur Verfügung. Die Juden der Stadt erlitten antisemitische Verfolgung und Deportation, die sie in die Emigration oder in die Vernichtungslager brachte, die nur wenige überlebten. Zwischen 1934 und 1943 wurden 687 Frauen und Männer aus Sonneberg und Umgebung Opfer von Zwangssterilisation.

Im Rahmen der Aufrüstung der Wehrmacht wurden ab 1935 Rüstungsbetriebe angesiedelt. Darunter war die Thüringer Zahnradwerke GmbH Sonneberg in Bettelhecken, eine Tochtergesellschaft des Leipziger Maschinenbauunternehmens G. E. Reinhardt. Ab 1937 stellte die Spielzeugfabrik Robert Hartwig Lastensegler (DFS 230, später Gotha Go 242) und die Stuttgarter J. C. Eckardt AG in einem neu errichteten Zweigwerk Bordinstrumente für die Luftwaffe her.

1937 kam das Luftwaffenbekleidungsamt (LBA (S)) nach Sonneberg, wofür ein großer Gebäudekomplex in der Stadtmitte erbaut wurde. Das Bauwerk entstand ab 1935 im zeittypischen neoklassizistischen Baustil, verfügte über einen großen Innenhof, einen eigenen Eisenbahnanschluss, eine Offiziersmesse und war insbesondere in der großen Eingangshalle mit marmornen Treppen und Wandfliesen repräsentativ ausgestaltet. Mit Aufträgen des Luftwaffenbekleidungsamts konnte das Unternehmen Cuno & Otto Dressel die zurückgehende Spielzeugherstellung durch Uniformschneiderei ersetzen. Das Luftwaffenbekleidungsamt wurde ab 1948 als Behördenhaus der Stadt und des Landkreises genutzt. Der markante Gebäudekomplex, der ab 1962 zum VEB Piko gehörte, wurde anders als das gleichzeitig entstandene Lenkwerk in Bielefeld nicht als Baudenkmal erfasst. 2003 erwarb die Stadt das heruntergekommene, leerstehende, fünfgeschossige Bauwerk und ließ es abreißen.

Während des Zweiten Weltkriegs mussten etwa 4300 Frauen und Männer vor allem aus der Sowjetunion, aber auch vielen anderen von Deutschland besetzten Nationen Zwangsarbeit vorrangig in der Rüstungsproduktion verrichten: in den Thüringer Zahnradwerken, in den Siemens-Schuckertwerken (SSW) in Oberlind, im Unternehmen Louis Siegel, bei J. C. Eckardt sowie bei Kopp & Solonot. In dem im September 1944 auf dem Reinhardt-Werksgelände (Hallstraße 39) eröffneten KZ Außenkommando Sonneberg des KZ Buchenwald arbeiteten unter menschenunwürdigen Bedingungen durchschnittlich 400 meist jüdisch-polnisch/ungarische Häftlinge.[19] Viele Häftlinge kamen im April 1945 auf dem Todesmarsch in Richtung des heutigen Tschechien ums Leben.[20] Entlang der zwei Routen wurden 1982 auf Veranlassung der SED-Kreisleitung Sonneberg[21] Metalltafeln angebracht die an sie erinnern.

Am 16. Februar 1945 erfolgte ein Luftangriff von 23 US-amerikanischen B-17-Bombern mit 800 Bomben (die Hälfte davon Brandbomben, die anderen High-Explosives-Sprengbomben) auf Sonneberg. Der Güterbahnhof und ein an die Bahnanlagen grenzendes Wohngebiet erhielten die meisten Treffer. 28 Zivilisten starben und Dutzende erlitten schwere Verletzungen. Wären nicht viele Bomben auf freies Gelände gefallen, wären noch mehr Opfer zu verzeichnen gewesen.[22]

Durch sowjetische Militärtribunale wurden 21 Jugendliche (ab 15 Jahren) in Sonneberg 1946/1947 unter „Werwolf“-Vorwurf zum Tode (dreimal vollstreckt) oder zu langjährigen Arbeitslager-Strafen verurteilt. Zehn der Jugendlichen kamen in sowjetischen Speziallagern um. Aus dem Bereich des heutigen Sonneberg (einschließlich der erfolgten Eingemeindungen) wurden insgesamt 77 Jugendliche verurteilt, davon wurden acht erschossen, 30 sind in Lagern verstorben.[23] Die Urteile der Militärtribunale entsprachen nicht den fundamentalen Anforderungen rechtsstaatlichen Vorgehens. Die Vergeltung für die grausamen Verbrechen der Wehrmacht bei der Strafverfolgung und Urteilsfindung hat häufig eine bedeutende Rolle gespielt.[24] Jedoch kann das Wirken der Militärtribunale nicht allein als Ausdruck sachlich in jedem Fall unbegründeten stalinistischen Terrors interpretiert werden. Häufig standen, insbesondere in den ersten Jahren nach dem Krieg, Personen vor Gericht, die sehr wohl in die Verbrechen des NS-Regimes involviert waren.[25] Die drei wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der Werwolf-Organisation zum Tode verurteilten jungen Männer der Geburtsjahrgänge 1928, 1927 und 1926 wurden Anfang bis Mitte der 1990er Jahre von den sowjetischen Behörden rehabilitiert.[26] Rehabilitiert wurde auch Rentner Martin Albin, der 1946 67-jährig wegen der angeblichen Produktion und Verteilung von Flugblättern sowie des Besuches antisowjetischer Versammlungen zum Tode verurteilt wurde.[27] Weitere Todesurteile müssen als mit hoher Wahrscheinlichkeit willkürlich angesehen werden. Die Opfer waren zum Zeitpunkt der Verurteilung keine Jugendlichen mehr. Der Werkzeugdreher Bernd Schilling war im Jahr 1921 geboren, der ehemalige Oberleutnant Arno Lotz 1924, der Schlosser Hermann Gemmer 1899.[28] Mit dem 1892 geborenen Adolf Greuling traf es den ehemaligen Ortsgruppenleiter der NSDAP in Oberlind. Dem ein Jahr zuvor geborenen Erich Wacher wurde unmittelbare Teilnahme an der wirtschaftlichen Ausbeutung des von deutschen Truppen besetzten sowjetischen Staatsgebiets vorgeworfen.[29]

Die Zahnradwerke wurden nach der Demontage 1946 vollständig zerstört und aufgegeben. Andere ehemalige Rüstungsbetriebe stellten die Produktion um und existierten unter neuer Firma weiter. So wurde beispielsweise die Uniformschneiderei des Dresselgeschäfts als VEB Herko Hersteller höherwertiger Herrenkonfektion, das Unternehmen Hartwig fertigte als VEB Radiogehäuse Holzgehäuse für Rundfunk- und Fernsehgeräte, Faltboote und Holzspielzeug, die Siemens-Schuckertwerke begannen als VEB IKA Oberlind mit der Produktion elektrischer Haushaltsgeräte oder der ehemalige Betrieb J. C. Eckardt stellte als VEB Feinmechanik Uhren und feinmechanische Geräte her.

1952 wurde das Land Thüringen aufgelöst und der Kreis Sonneberg dem Bezirk Suhl zugeordnet. Ab 1953 entstand der Stadtteil Wolkenrasen als Wohnsiedlung auf ehemals Oberlinder Flur. 1952 entstand der VEB Stern-Radio Sonneberg (vormals Elektro-Apparatefabrik Köppelsdorf) und 1956 der VEB Vereinigte Spielwarenwerke Sonneberg „sonni“ (ab 1981 VEB sonni Sonneberg, Stammbetrieb). 1971 wurden vier Volkseigene Betriebe zum „Kombinat Spielwaren Sonneberg – sonni“ zusammengeschlossen. 1978 gab es im Kreis Sonneberg elf „Volkseigene“ Spielwarenbetriebe und drei Kombinate, die „Plasta Werke Sonneberg“, das „Elektro-Keramische Kombinat Sonneberg“ und von 1974 bis 1981 das „Kombinat Piko Sonneberg“, danach „VEB Kombinat Spielwaren Sonneberg“.[30]

Während der DDR-Zeit wirkte sich die Lage unmittelbar an der innerdeutschen Grenze nachteilig auf die Entwicklung der Stadt aus, insbesondere zwischen 1961 und 1972, als das Stadtgebiet Grenzsperrgebiet war. Die angeordnete Abtrennung Sonnebergs von den bisher in vielfältiger Weise eng verbundenen Regionen des nördlichen Oberfrankens wurde von großen Teilen der Bevölkerung nicht ohne Zwang akzeptiert.[31]

Eine erhebliche Zahl Sonneberger Bürger wurde während des Bestehens der DDR zwangsweise aus ihrer Heimat umgesiedelt. Im Rahmen der sogenannten Aktion Ungeziefer wurden am 6. Juni 1952 insgesamt 381 Personen in den Landkreis Jena verbracht.[32] Die von den Behörden angegebenen Gründe für die Auswahl der betroffenen Personen wirken häufig skurril und waren wohl nicht selten von persönlichen Animositäten der lokalen Entscheider gefärbt. Die unmittelbaren Familienangehörigen der Ausgewählten – Ehepartner und Kinder – wurden ebenfalls aus dem Kreis ausgewiesen.[33] Konkret wurden 87 Personen im Kreis Sonneberg wegen angeblich „negativer Einstellung“ ausgesiedelt.[32] 29 wurde der Vorwurf gemacht, sie seien „Schieber und Grenzgänger“. Im DDR-Durchschnitt ungewöhnlich viele Personen, 23, mussten ihre Heimat verlassen, weil die Behörden sie wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas als unzuverlässig einstuften.[32] Zunächst hatten sogar 985 Personen, nach einer Kürzung der Liste auf Drängen übergeordneter Stellen dann 850 Menschen deportiert werden sollen.[32]

Viele Sonneberger entzogen sich durch Flucht in den Westen. 500 Personen aus dem Kreis verließen Anfang Juni ihre Heimat Richtung Westdeutschland.[34] Die Zwangsmaßnahmen lösten in der Bevölkerung Empörung aus und zogen spontane Protestaktionen nach sich. Eine große Zahl Sonneberger Bürger demonstrierte auf der Demarkationslinie.[32]

Im Oktober 1961 wurden erneut Einwohner des damaligen Kreises Sonneberg Opfer geplanter Deportationen. Die Maßnahmen, die überfallartig von einer sogenannten „Handlungsgruppe“ aus jeweils acht bis zwölf Repräsentanten verschiedener Gruppen der Exekutive durchgeführt wurden, verliefen mit unnachgiebiger Strenge. Grundsätzlich wurde auf medizinische Notlagen der Opfer, Kinderreichtum oder andere Hinderungsgründe kaum Rücksicht genommen.[35] Betroffen waren in der Stadt 33 Personen, in den Dörfern des Kreises 22 Menschen.[36]

Am 18. Februar 1990 wurde in Sonneberg – erstmals auf dem Gebiet der noch bestehenden DDR – 57 Jahre nach ihrem Verbot durch die Nationalsozialisten die Arbeiterwohlfahrt wiedergegründet. Im Vorfeld der deutschen Wiedervereinigung unterzeichneten an der Gebrannten Brücke die Innenminister Peter-Michael Diestel für die DDR und Wolfgang Schäuble für die BRD am 1. Juli 1990 den Vertrag über die Abschaffung der Grenzkontrollen an der innerdeutschen Grenze.

Nach der Wende wurden die Spielwarenbetriebe privatisiert oder reprivatisiert, sofern sie noch bestanden.[37]

21. Jahrhundert

2002 fand in Sonneberg der Thüringentag statt. Die Stadt wurde im Juli 2012 zunächst auf Probe Mitglied der europäischen Metropolregion Nürnberg, seit Oktober 2013 ist sie dauerhaftes Mitglied.[38]

Der 14. Tag der Franken wurde am 6. und 7. Juli 2019 vom Bezirk Oberfranken gemeinsam mit der bayerischen Staatsregierung und den beiden Ausrichterstädten Sonneberg und Neustadt bei Coburg erstmals länderübergreifend mit über 25 000 Besuchern gefeiert unter dem Motto: GEMEINSAM.FRÄNKISCH.STARK.

Sonneberg ist Standort mit einer engen Vernetzung mit Wasserstoffinitiativen in der Metropolregion Mitteldeutschland und er ist Mitglied der Europäischen Metropolregion Nürnberg. Somit besitzt Sonneberg eine „Scharnierfunktion“ zu den bedeutenden Wirtschaftsräumen zwischen Main und Elbe. Das HySon-Institut für Angewandte Wasserstoffforschung ist im Februar dieses 2021 aus einem Netzwerk von Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft hervorgegangen. Insgesamt sind es 50 Partner. Ihr gemeinsames Ziel darin, die Lücke zwischen Forschung und Anwendung zu schließen.[39] Zudem ist der Engpass an naturwissenschaftlich-technisch qualifizierten Fachkräften ist ein strukturelles Problem. Mit einem konsequenten MINT-Anstatz steuert Sonneberg gegen diesen Trend. Die Initiative „MINT-freundliche Stadt Sonneberg“ profiliert zu einer positiven Einstellung von jungen Menschen, Eltern, Lehrkräften sowie einer breiten Öffentlichkeit zum Thema MINT. Seit November 2020 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die besten regionalen MINT-Cluster. Auch Sonneberg hat mit seinem Cluster "MINT-freundliches Sonneberg - MINT-SON" einen solchen Zuschlag erhalten[40]. Sonneberg wird mit dem MINT-Ansatz und der Wasserstoffinitiative wieder Wissenschaftsstandort.


Text: Wikipedia

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