Staatstheater Stuttgart

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Die Staatstheater Stuttgart sind ein Drei-Sparten-Theater mit den Sparten Oper Stuttgart, Stuttgarter Ballett und Schauspiel Stuttgart in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart. Die Hauptspielstätten befinden sich im Schlossgarten und wurden 1909–1912 von Max Littmann als Doppeltheater mit Großem Haus (heute: Opernhaus) und Kleinem Haus (heute: Schauspielhaus) erbaut. Nach der Zerstörung des Kleinen Hauses im Zweiten Weltkrieg wurde dieses 1959 bis 1962 durch einen Neubau von Hans Volkart ersetzt. Das Große Haus wurde 1956 modernisiert und 1983/84 wieder in die ursprüngliche Gestalt zurückversetzt. 2001 wurden die Gebäude in Opernhaus und Schauspielhaus umbenannt.


Geschichte

Seit dem 17. Jahrhundert fanden Opern-, Ballett- und Schauspielaufführungen in Stuttgart im Festsaal des Neuen Lusthauses statt. Als erste Opernaufführung gilt das Singspiel Der Raub der Proserpina (1660) des Stuttgarter Hofkapellmeisters Samuel Capricornus.

Vier Jahre später sind feste Bühneneinrichtungen nachweisbar (1664). 1750 wurde das Neue Lusthaus zum Opernhaus sowie 1811 und 1845 zum Königlichen Hoftheater umgebaut. 1902 brannte es nieder. Von 1902 bis 1912 wurde in einem provisorischen Interimstheater gespielt.

1909 bis 1912 wurden die Theatergebäude am heutigen Standort vom Architekten Max Littmann aus München als Doppeltheater mit Großem und Kleinem Haus erbaut. Nach dem Sturz der Monarchie wurden die Königlichen Hoftheater umbenannt in Württembergische Landestheater. Seit 1924 stehen die Gebäude unter Denkmalschutz. Nach dem Zweiten Weltkrieg war nur noch das mit Säulen versehene Große Haus erhalten. Der Krieg hatte aber nicht nur Zerstörung hinterlassen, sondern veränderte auch das geistige und moralische Denken der Deutschen. Aufgrund der knappen Nahrungsmittel füllte der geistige Hunger Theater, Konzerte und Hörsäle.

1959 bis 1962 wurde durch die Architekten Hans Volkart, Kurt Pläcking und Bertam Perlia ein neues Kleines Haus errichtet. 1983 wurde im Gebäude der Neuen Staatsgalerie des britischen Architekten James Stirling das Kammertheater eröffnet. Bis 1984 wurde das Große Haus umfassend renoviert; die Gestaltung des Zuschauerraums, die durch einen Umbau in den 1950er Jahren fast ganz zerstört worden war, wurde dabei nach Originalplänen wieder dem Zustand von 1912 angenähert. 2001 wurden die Theater in Opernhaus und Schauspielhaus umbenannt. 2010 wurde die Studiobühne Nord im neu erbauten Probenzentrum der Staatstheaters eröffnet.


Brand des Alten Hoftheaters 1902 und Interimstheater

In der Nacht vom 19. auf den 20. Januar 1902 brannte das alte königliche Hoftheater nieder. Im Kern ging dieses Gebäude noch auf das Neue Lusthaus aus dem Jahr 1593 zurück. Bereits im Oktober 1902 konnte das Königliche Interimstheater als vorübergehende Spielstätte eröffnet werden, erbaut von Ludwig Eisenlohr senior. Das Interimstheater diente für die Zeit bis zur Eröffnung der neuen Theatergebäude 1912 als Spielstätte. Heute befindet sich an diesem Standort der Landtag von Baden-Württemberg. Darüber hinaus fanden in dieser Zeit Aufführungen im Wilhelma-Theater sowie zahlreiche Gastspiele, u.a. im Konzerthaus Ravensburg sowie in weiteren Städten des Deutschen Reichs statt.


Neubau der Königlichen Hoftheater - Wettbewerb

Nach ausführlichen Beratungsgesprächen im Frühjahr 1908 wurde beschlossen, dass an eine begrenzte Zahl von erfahrenen Theaterbauarchitekten eine Ausschreibung zum Wettbewerb stattfinden sollte. Die Arbeit des anerkannten Architekten Max Littmann wurde von dem Preisgericht von 23 eingereichten Entwürfen auf den ersten Platz gewählt. In der darauffolgenden Umsetzung konnte allerdings nicht das genaue Wettbewerbsobjekt realisiert werden, da der Architekt sich mit weiteren Bearbeitungen befassen musste. Der generelle Grundrissgedanke und die Grundidee des Aufbaus blieben jedoch erhalten.


Standortsuche

Als die Bauaufgabe festgestanden hatte, war alsbald klar, dass der Platz neben dem Alten Schloss in Stuttgart für den geplanten Theaterkomplex mit zwei Häusern nicht genügen würde und deshalb nach einem neuen Standort gesucht werden musste. Die alte Planmappe aus dem Archiv des Hauses Württemberg in Altshausen zeugt mit großformatigen Lageplänen und dem aus Pappe geschnittenen Grundriss des geplanten Theaters davon, dass man sich bei der Suche nach einem geeigneten Standort intensiv mit der Thematik auseinandersetzte. Als Standort wurde schließlich der Schlossgarten mit See gewählt. Dieser bot für das geplante Zwei-Häuser-System eine einwandfreie Gelegenheit der bewegten Gliederung um den See herum und steigerte gleichzeitig die Verwendbarkeit der Anlage.


Bauausführung

„Mit den neuen Hoftheatern in Stuttgart wurden zum ersten Male zwei Theater gleichzeitig im engem, organischem Zusammenhang nach künstlerischen Grundsätzen errichtet und damit ein neuer Typus geschaffen.“ – Max Littmann

Der Theaterbau in Stuttgart ist der größte von Littmann, er kann sogar als sein Hauptwerk bezeichnet werden. Max Reinhardt bezeichnete den Bau jedenfalls als das schönste Theater der Welt.

Baubeginn war im September 1909, Fertigstellung im Sommer 1912, am 14. und 15. September folgte die Eröffnungsfeier. Schon bald galt das neue Opernhaus als Zentrum des klassischen und modernen Musiklebens, an dem berühmte Sänger und Dirigenten und Regisseure wirkten und arbeiteten. Der damalige Bau bestand aus dem Großen und dem Kleinen Haus. Die beiden Gebäude wurden durch das Verwaltungsgebäude verbunden, dessen schlichte und ohne Aufwand auskommende bauliche Erscheinung auf eine gute, taktvolle Verteilung der Massen abzielte.

Max Littmann hatte nicht vor, mit dem Kleinen Haus eine Kopie des Großen Hauses zu schaffen, er wollte das Gemeinsame in der Baugesinnung durch ähnliche Proportionen kennzeichnen. Zur Gestaltung des Raumensembles beschäftigte Littmann renommierte Stuttgarter Künstler, die ihm bei der bildkünstlerischen Ausgestaltung behilflich waren.


Modernisierung und Wiederaufbau - Modernisierung des Großen Hauses

Das Große Haus überstand den Zweiten Weltkrieg weitgehend intakt, während das Kleine Haus durch eine Fliegerbombe im Herbst 1944 komplett zerstört wurde.

Nach dem Grundgesetz 1949 setzte eine Initiative ein, die zur Modernisierung und Umgestaltung des Opernhauses im Jahr 1956 führte. Man wollte durch den Wiederaufbau und die Veränderungen die geistige Weiterentwicklung in Deutschland demonstrieren. Und der Denkmalschutz, der nach dem Krieg die Orientierung verloren hatte, hielt sich großteils zurück.

Zu dieser Zeit gab es in mehreren Punkten Kritik an der Gestaltung des Großen Hauses, wie zum Beispiel an dem Farbklang der Innengestaltung von Grausilber, violett und honigfarbenen Stuhl- und Wandbespannungen. Littmann hatte durch diese Farbgebung damals eine kühle Distanz geschaffen. Des Weiteren war die Bühnenbeleuchtung nicht mehr zeitgemäß, da sie begrenzt an den Proszeniumslogen angebracht worden war. Die Akustik des Orchestergrabens wurde seit der Entfernung des in den 1920er Jahren angebrachten Schalldeckels als problematisch empfunden. Außerdem waren die Zugänge in den zweiten und dritten Rang durch einfache und enge Treppenhäuser erschwert und stellten ein Problem dar.

Bühnenbildner kritisierten ebenfalls den monumentalen Portalrahmen, der das Publikum von der Bühne trennte und eine erdrückende Wirkung hatte. Der Architekt Paul Stohrer machte sich bereits bei dem Wettbewerb um den Wiederaufbau des Kleinen Hauses einen guten Namen. Da er als künstlerisch einfallsreicher Architekt galt, wurde ihm die Modernisierung des Opernhauses anvertraut, um eine Balance zwischen alt und neu zu erschaffen.

Das Konzept der Umgestaltung sollte fünf Punkte im Großen Haus verbessern: Theatertechnik, Funktion, Gestaltung, Ideologie und Zeitgeschichte.

Stohrer ließ für das Orchester ein Hubpodium einbauen und den Portalrahmen mit patinierten Sperrholzplatten verkleiden, um die Trennung von Publikum und Bühne zu minimieren. Auch wollte man den Charakter des Hauses bewahren, ihm aber eine hellere freundlichere Atmosphäre verleihen. Die grausilbernen Rangbrüstungen wurden mit einem Weißgrau aufgehellt und die gelbgoldene Wandbespannung wurde durch eine silbergraue ersetzt. Die Speichen der Deckenrosette wurden mit weißgrauem Putz verdeckt, wodurch das Deckengemälde von Julius Mössel besser zur Geltung gebracht werden sollte. Das zuvor goldgelbe Gestühl wurde mit einem blauvioletten Stoff bespannt.

Nach den Umbauten waren die Ziele der Neugestaltung erreicht worden: festlicher, hellerer Innenraum, funktional verbessert und befreit vom Stuck. Nach der Entfernung von Stuck und Verzierungen las man zunächst durchgehend positive Kritiken in der Stuttgarter Lokalpresse. Aus heutiger Perspektive macht man den Zeitgeschmack der Nachkriegszeit für die Modernisierung der Innenarchitektur verantwortlich. Auch erhoffte man sich, dass die Entfernung des Stucks und der Verzierungen den Schall in alle Richtungen brechen ließe und so die Akustik im Opernhaus verbessert würde. Dies stellte sich jedoch als Irrtum heraus.

Kurz nach dem Umbau behauptete der Musikkritiker Otto Erich Schilling, dass der Klang feinfühliger und hellhöriger sei, was auch beabsichtigt war. Dennoch teilte der Spiegel ein Jahr später mit, dass sich die Akustik verschlechtert habe und es sogar Ensembles gebe, die ihren Vertrag mit dem Opernhaus kündigen wollten. Das Problem lag weniger im Zuschauerraum, als vielmehr auf der Bühne. Die Künstler nahmen ihre Stimmen und Instrumente verzerrt war. Durch die Polstergarnituren wurde die Reflexion des Schalls auf die Bühne vermindert. Nach den ganzen Problemen mit dem Klang schlug Prof. Keilholz vor, einen Schalldeckel an der Theaterdecke anzubringen, der in dieser Größe einmalig war. Nachdem immer mehr Spezialisten sich mit dem Thema beschäftigt hatten, wurde die Optik des Raumes eher verschlechtert als verschönert. Anstatt in einem festlichen Saal zu sitzen, befand man sich in einer Art dunkler Höhle. Im Nachhinein scheint es nun so, als wären die funktionalen, technischen und spielbedingten Gründe der Modernisierung nur der Anlass gewesen, das Große Haus demonstrativ von seiner Vergangenheit zu befreien.


Kleines Haus

Nach der Zerstörung des Kleinen Hauses im Jahr 1944 wurde über den Neubau des neuen Schauspielhauses in zwei Wettbewerben entschieden. Erbaut wurde er von 1959 bis 1962 von dem Architekten Hans Volkart. Volkart entwarf auch den Neubau des Kulissengebäudes an der Konrad-Adenauer-Straße, der ebenfalls 1962 eröffnet werden konnte.


Restaurierung des Großen Hauses

Technische Probleme, wie defekte oder zugewachsene Heizungsrohre, kurzschluss- und brandgefährdete Elektroleitungen, sowie renovierungsbedüftige Sanitärinstallationen waren 1970 Ausgangspunkt für Überlegungen, das Große Haus zu modernisieren. Die dafür notwendigen Maßnahmen erforderten erhebliche Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz.

1980 informierte die Bauverwaltung des Theaters den Verwaltungsrat darüber, dass die Modernisierung bis zu einem Jahr dauern könne. Daher habe man entschieden, diese in den 14-monatigen Theaterferien 1983/84 vorzunehmen. So entschloss man sich erneut dazu, einen Wettbewerb zu veranstalten, den der Verwaltungs- und Theaterbeirat am 31. Januar 1981 genehmigte.

Die Renovierung sollte einige zentrale Problem lösen, wie z.B. Modernisierung der Beleuchtungsanlagen und Verbesserung der Akustik. Aber auch der historische Bestand des Hauses sollte wieder hergestellt bzw. erhalten bleiben. Dies erschien zunächst schwierig angesichts der hohen finanziellen Anforderungen.

Für den Wettbewerb zur Vergabe der Bauaufgaben wurden acht Architekten aufgefordert, Entwürfe einzusenden. Sechs Entwürfe wurden abgegeben und beurteilt. Gewonnen hat den Architektenwettbewerb Gottfried Böhm, dessen Konzept die größtmögliche Rückgewinnung der Gestaltungselemente von Littmann mit eigenständigen Ergänzungen kombinierte, beispielsweise im Bereich des Proszeniums.

Zunächst wurde die Kassettendecke, welche die Modernisierung 1956 ohne größere Schäden überstanden hatte, wieder freigelegt und Pilasterordnungen wurden anhand der vorhandenen Unterlagen Littmanns wiederhergestellt. Ziel war es, ohne große Eingriffe in die Bausubstanz und durch die Freilegung der abgedeckten und verkleideten Originalgestaltung dem Theater seine festliche Atmosphäre zurückzugeben.

Ein Problem, was schon zu Littmanns Zeiten nicht gelöst wurde, war die Büffetfrage, die aber zur Zeit des Hoftheaters wahrscheinlich nicht so relevant war wie in den 1980er Jahren. Das Königsfoyer war provisorisch ausgestattet und wurde seiner Wertigkeit nicht gerecht. Daher musste eine Lösung für den sogenannten „Kalten Gang" gefunden werden. So verwendete man den Gang als Übergang und Terrasse zum Verwaltungsgebäude.

Der Bühnenrahmen, der gitterartig vor der Bühnenöffnung stand und sich so in den Wandfeldern zwischen den Pilastern fortsetzte, wurde zur Verklammerung von Bühnenbereich und Zuschauerraum. Dieses Konzept galt unter Architekten als faszinierend, für die Theatervertreter hatte die Portalstruktur einen zu starken Eigenwert.

Das Preisgericht des Wettbewerbs bemerkte zu Böhms Entwurf: „Die Arbeit liefert als Vision in der Verbindung eines historischen Raumes mit den Veränderungen unserer Zeit einen bemerkenswerten und entwicklungsfähigen Beitrag zur gestellten Aufgabe.“

Böhm löste auch das Problem mit dem kalten Gang, indem er einen aufwendigen zweigeschossigen, runden Pavillon plante und ihn mittels Brücken mit dem Foyer des ersten und des zweiten Rangs verknüpfte. Obwohl Böhm den Wettbewerb gewonnen hatte, wurde bei der finalen Umsetzung auf die Wünsche der Theaterleitung in Bezug auf den Proszeniumsrahmen eingegangen.

Ein Glücksfall war es, dass die Arbeitsgruppe des Bauamtes im Münchner Theatermuseum auf die Originalpläne Littmanns gestoßen war, in denen bis hin zu den kleinsten Dekorationen großformatige Details über die Stuttgarter Theatergebäude aufzeichnet waren. Vor dem Fund hatte man nur wenige Fotografien aus dem Jahr 1912 sowie beschreibende Texte. In einem Stahlschrank befanden sich zwei Schubladen mit ca. 2.000 Zeichnungen und Aquarellen von den Theatern in Stuttgart. Dieser Umstand, der auch etwaige Unsicherheiten beseitigen half, ersparte vor allem Zeit und Geld. Trotzdem kostete der Umbau für eine „bessere Gestaltung“ statt 4,5 Millionen DM nach dem Beschluss der Rückführung sowie dem Bau des Büffetpavillon 16,5 Millionen DM. Die Mehrkosten wurden zum einen durch den Einsatz des Fördervereins „Alte Oper Stuttgart e.V“, zum anderen durch die Übernahme des restlichen Betrags durch das Land Baden-Württemberg gedeckt. Der Bauplan, der bis ins kleinste Detail zeitlich abgestimmt war, um Verzögerungen zu verhindern, stand bereits acht Wochen vor Baubeginn fest. Bis zu 250 Bauarbeiter wirkten gleichzeitig an dem Umbau mit. Die folgenden Arbeiten wurden sofort in Angriff genommen:

Rekonstruktion der Stukkaturen

Wiederherstellung der Stuccolustrowände in den Foyers

originalgetreuer Nachbau sämtlicher Leuchten in Zuschauerraum und Foyer

Ausbildung von beweglichen Feldern des Architravs

Umbau des Bühnenportals

Rückverlegung der an der Seite der Bühne gelegenen Portaltürme

Erneuerung der Hubvorrichtung des Orchesterpodiums

Wiederherstellung der Wandbespannung

Anfertigung des Gestühls nach Mustern aus der Erbauungszeit

Neueinrichtung von WCs und Duschräumen

Umbau des Kammertheaters in einen Ballettübungssaal

Vergrößerung des Chorprobenraumes und Ausstattung mit neuen Stühlen



Text: Wikipedia

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