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Tönning

Tönning (dänisch: Tønning, nordfriesisch: Taning, plattdeutsch: Tönn, Tönnen und Tünn) ist eine Stadt und ein Bade- und Luftkurort im Kreis Nordfriesland, Schleswig-Holstein.

Reklamemarken und Siegelmarken

Geschichte

Frühe Jahre: Tönning und Eiderstedt

Die Tönningharde (Tunnighen haeret, vgl. Harde)[5] wurde erstmals 1187 erwähnt. Sie war Teil der Uthlande. Bereits 1186 wurde die künftige St.-Laurentius-Kirche gegründet. Bischof Waldemar forderte in diesem Jahr von dem Ort die an die Kirche zu leistenden Zehnten. 1414 brannten die Dithmarscher Tönning nieder.

In den Jahren 1580 bis 1583 entstand unter Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf das Tönninger Schloss. Adolf war erster Herzog des neu gegründeten Herzogtums Schleswig-Holstein-Gottorf; im Rahmen dessen baute er das Schloss vor Husum und etwas später das Tönninger Schloss.

Tönnings Blüte als Stadt begann, als Einwanderer aus den Niederlanden für einen starken wirtschaftlichen Aufschwung in den Dreilanden sorgten. Sie führten vor allem die Käseproduktion im großen Stil ein; Tönning wurde wichtigster Ausfuhrhafen. Im Rekordjahr 1610 gingen drei Millionen Pfund Käse durch den Tönninger Hafen. Im Schnitt der Jahre 1607 bis 1624 waren es 2,7 Millionen Pfund jährlich.

Die Kleinstadt Tönning (Stadtrecht seit 1590) war Gerichtsort für den Ostteil Eiderstedts, ab 1630 tagte hier auch die Eiderstedter Landesversammlung. Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf baute die Verkehrswege aus. Während Tönning aus dem Hinterland vorher nur über Kleiwege erreichbar war, die bei Nässe unpassierbar wurden, baute er kleinere Kanäle nach Garding (Süderbootfahrt von Garding nach Katingsiel mit Abzweig nach Tönning) und nach Tetenbüll (Norderbootfahrt), während gleichzeitig bessere Entwässerungstechniken in der Gegend die Erträge der Landwirtschaft verbesserten. Im 17. Jahrhundert passierten jährlich 60.000 Pfund Weizen den Hafen; dazu kamen größere Mengen lebender Tiere, Fleisch und Wolle.

Der Hafen wurde 1613 in seiner heutigen Form gegraben. Er bot einen Anlegeplatz für die Schiffe, die Eiderstedts landwirtschaftliche Produkte nach ganz Westeuropa brachten.

1634–1714: Festung der Schleswig-Holstein-Gottorfer

Nach den Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges zog der Gottorfer Herzog Friedrich III., noch während der Krieg andauerte, nach Tönning und begann die Stadt zur Festung auszubauen.[6] Unter Aufwendung von 30 Tonnen Gold wurden regelmäßige Bastionen sowie mehrere „bombensichere“ Gewölbe erbaut und die Festung mit drei Toren, dem Oster-, Norder- und Westertor versehen. Im Süden bildete der Eiderstrom sowohl Tor als auch Abwehr. Zusammen mit der Rödemiser Schanze im Norden, Tielener, Sorgen- und Holmer Schanze im Osten sowie der südlich gelegenen Hamhus entstand so eine umfangreiche Festungsanlage. Sowohl das Herzogtum als auch die Bewohner Eiderstedts und der verbündete schwedische König bezahlten den Bau der Festung. Der eigentliche Sitz der Gottorfer in Gottorf lag entlang des großen Heerwegs durch Schleswig-Holstein und war so bei jeder kriegerischen Auseinandersetzung stark gefährdet. Erste Planungen, eine Ausweichresidenz auf der Insel Strand zu bauen, zerschlugen sich, als diese bei der Zweiten Groten Mandränke im Meer versank. Die Burchardiflut 1634 zerstörte 15 Gebäude und kostete 34 Menschenleben. Aber schon 1644 hatte sich die Stadt erholt. Tönning war von 1644 bis 1675 und erneut von 1692 bis 1714 Festungsstadt.

Die dänischen Truppen von König Friedrich III. belagerten die Festung 1659 im Rahmen eines weiteren Krieges mit den Gottorfern, konnten sie aber nicht erobern. 1675 gelang es dem König allerdings, den Gottorfer Herzog und Sohn Friedrichs Christian Albrecht zeitweise aus seinem Herzogtum zu vertreiben und Herrscher von Schleswig und Holstein zu werden. Im selben Jahr schleifte er die Festung.

Nachdem Christian Albrecht mit Hilfe des deutschen Kaisers und europäischer Verbündeter wieder sein Herzogtum zurückerhielt, baute er die Festung 1692 wieder auf. Er ließ die Zahl der Bastionen von ursprünglich neun auf elf erhöhen und verpflichtete erfahrene schwedische Festungsbauer unter der Leitung von Zacharias Wolf, der danach auch Festungskommandant wurde. Er baute 1709/10 das Zeughaus.

Im Großen Nordischen Krieg zwischen Schweden und Gottorf auf der einen und Dänemark, Russland, Polen und Sachsen auf der anderen Seite spielten sich die entscheidenden Schlachten im Gottorfer Raum in Tönning ab. 1700 marschierte der dänische König Friedrich IV. mit 14.000 Mann im Herzogtum Holstein-Gottorf ein. Am 22. April 1700 wurde die Festung Tönning eingeschlossen und belagert. Sie wurde in dieser Zeit von mehreren tausend Artilleriegeschossen getroffen, die große Verwüstungen anrichteten, konnte aber gehalten werden, bis der Einmarsch der mit den Gottorfern verbündeten Schweden in Holstein sie am 2. Juni 1700 befreite.

In der Folge wurde die Festung durch zusätzliche vorgeschobene Bastionen abermals verstärkt, was mit der verfeinerten Bautechnik den Einfluss des französischen Festungsbaumeisters Vauban sichtbar machte.[6]

Im Februar 1713 nahm Zacharias Wolf die flüchtenden schwedischen Truppen von Magnus Stenbock in der Festung auf, die vor den Truppen der Dänen, Russen und Sachsen Schutz suchten, nachdem sie die Dänen am 20. Dezember 1712 bei der Schlacht bei Gadebusch geschlagen hatten. Zusätzlich zur regulären Besatzung von 1.500 Mann zogen 11.000 Schweden mit 1.000 Pferden und sonstigem Anhang in die Stadt ein. Insgesamt 22.000 Menschen sollen sich zu dieser Zeit auf dem Quadratkilometer der vollkommen unvorbereiteten Festung befunden haben. Da es für so viele Menschen kaum Vorräte gab und schnell Seuchen ausbrachen, kapitulierte Graf Stenbock relativ schnell im Mai 1713 mit dem schwedischen Heer, das die Festung verließ. Die Festung Tönning wurde weiterhin belagert, da sich Dänemark und Gottorf weiterhin im Krieg befanden. Größere Schäden wie bei der ersten Belagerung entstanden aber mangels Artilleriebeschuss diesmal nicht. Erst im Februar 1714 gingen die Vorräte auch für die wesentlich kleinere reguläre Bevölkerungszahl zu Ende, so dass Zacharias Wolf die Festung aufgab. Gottorf war damit militärisch chancenlos gegen den dänischen König. Dieser wurde infolge des Krieges Herzog des gesamten Herzogtums Schleswig und begrenzte den Einfluss der Gottorfer auf die holsteinischen Anteile.

Der dänische König ließ danach die Festung endgültig schleifen und dabei auch das Tönninger Schloss abreißen.

Aufschwung durch den Eider-Kanal, Blüte während der Kontinentalsperre

Zum Hafen und der Schifffahrt gehören Werften oder Lastadien, wie sie zu dieser Zeit auch genannt wurden. H. Dreyer baute ab 1740 in Tönning Holzschiffe, die bis vor kurzem noch als Dawartz Schiffswerft Bestand hatte. J. Lexow gründete 1801 eine kleine Werft, die allerdings als Folge der Napoleonischen Kriege 1806 geschlossen wurde. Die von Schömer & Jensen 1890 gegründete Werft wurde 1904 als Eiderwerft weitergeführt und hier entstanden bis 1909 über 90 Neubauten für Reeder aus Tönning, Husum, Hamburg und für Behörden. Ab 1916 wurden unter dem Namen Tönninger Schiffswerft & Maschinenfabrik und als Werk der Werftgruppe Norddeutsche Union Werke weitere 20 Schiffe und zwei Schwimmdocks abgeliefert. 1923 wurde die Werft geschlossen und 1927 abgerissen. 1905 wurde von Hermann Fack, der aus der Schiffbauerfamilie Fack in Itzehoe stammte, in Tönning eine Werft gegründet. Bis 1910 wurden hier Ewer, Galeassen, Leichter und Fischkutter gebaut und an Reeder in Schleswig-Holstein abgeliefert.

Ein ehemaliger Speicher, das denkmalgeschützte große Packhaus aus dem Jahr 1783, erinnert an die Zeit des Eider-Kanals, der am 18. Oktober 1784 mit einer Probefahrt des Seglers Rendsburg eröffnet wurde.[7] Der zwischen Rendsburg und Kiel gebaute Kanal verband über die Eider erstmals die Nordsee mit der Ostsee über eine Verbindung, die für Seeschiffe passierbar war. Tönning als ein Binnenhafen vor der offenen Nordsee profitierte durch Schiffe, die hier anlegten und sich für die weitere Fahrt durch die Nordsee oder durch den Kanal und die Ostsee ausrüsteten. Unmittelbar im Anschluss an den Kanalbau entstanden eine Lohgerberei, eine Reepschlägerei, Stärkefabriken, zwei Brauereien und eine Ziegelei. Die Tönninger Händler selbst besaßen zwar keine Schiffe, waren aber erfolgreiche Schiffsaufkäufer und -makler.

Eine kurze Blüte erlebte die Stadt während der Elbblockade durch die Briten und der folgenden Kontinentalsperre Napoleons. Tönning lag im neutralen Dänemark und war dadurch nicht von der Kontinentalsperre betroffen. Zwischen 1803 und 1807 landete der gesamte für Hamburg bestimmte Verkehr in Tönning, von wo ihn die Kaufleute über Land weitertransportierten. Ab 1805 nutzte auch die Niederländische Ostindien-Kompanie den Kanal und den Hafen für ihre Transporte nach Kopenhagen und in den Ostseeraum. Die Stadt selbst musste sich erst auf diesen Ansturm vorbereiten. P. A. Nemnich beschrieb die Stadt 1805:[8] „Es fehlte an allem. Große Kosten wollte man für einen mutmaßlichen Augenblick nicht verwenden. Die Empfänger der Güter in Hamburg schrien laut über die Unordnung, Verwahrlosung und Verderb der Waren, Veruntreuung und Verschlimmbesserung des Transportes.“ Die Einwohnerzahl in Tönning verdreifachte sich in dieser Zeit.[9]

Ein weiterer Aufschwung ergab sich 1854 mit dem Bau der Bahnstrecke Flensburg–Tönning, auf der Vieh zur Verladung nach England antransportiert und englische Kohle in Gegenrichtung mitgenommen wurde. Nach kurzzeitigen Einbrüchen endete im Jahr 1886 der Viehexport wegen der Maul- und Klauenseuche endgültig.

Handelsherren aus ganz Europa kamen nach Tönning; der Hafen wurde für wenige Jahre einer der wichtigsten Häfen an der kontinentaleuropäischen Nordseeküste. Das Packhaus, das zusammen mit dem Eiderkanal entstand, beherbergt heute unter anderem die umfangreiche historische Sammlung der Gesellschaft für Tönninger Stadtgeschichte. 1867 wurde in Tönning ein Amtsgericht errichtet, das bis 1974 bestand.

Zurück an die Peripherie: nach dem Nord-Ostsee-Kanal

Tönnings Stellung als wichtiger Durchgangshafen endete, als 1895 der Kaiser-Wilhelm-Kanal (heute: Nord-Ostsee-Kanal) eröffnet wurde, der die Schiffe über die südlicher gelegene Elbe und nicht mehr über die Eider in die Nordsee führte.

Mit der Mobilmachung zum Ersten Weltkrieg wurde Tönning ein Militärstützpunkt zur Überwachung des Nordseeraums.[11]

Mit der Fertigstellung des Eidersperrwerks 1972 verlor der historische Hafen Tönning seine Bedeutung als Fischereihafen, da fast alle Fisch- und Krabbenkutter dorthin verlegt wurden. Der dortige Fischereihafen befindet sich aber auch auf Tönninger Stadtgebiet. Während die Rolle des Stadthafens immer mehr zurückging, etablierte sich der Tourismus als neues ökonomisches Standbein der Stadt.


Text: Wikipedia

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