Tilsit

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Sowetsk (russisch Советск (Aussprache: [sɐˈvʲɛtsk]), auch als Sowjetsk transkribiert; deutsch Tilsit, litauisch Tilžė) ist eine Stadt in der russischen Oblast Kaliningrad, direkt an der litauischen Grenze. Sie hat 41.705 Einwohner (2010).

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Tilsit.

Geschichte

Geschichte bis 1914

Aus einer Lischke entwickelte sich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts das Handelszentrum der Region namens Tilsit. Herzog Albrecht verlieh ihm 1552 das Stadtrecht. Im Siebenjährigen Krieg war die Stadt von 1758 bis 1762 von russischen Truppen besetzt. Weltgeschichtliche Bedeutung erlangte Tilsit im Vierten Koalitionskrieg, als 1807 Frankreich mit Russland und Preußen den Frieden von Tilsit schloss. Unbehelligt von kriegerischen Auseinandersetzungen konnte sich die Stadt bis 1914 wirtschaftlich weiter entwickeln. Sie wurde zu einem bedeutenden Standort der Holzindustrie, nachdem schon im Mittelalter die Flößerei die Stadt ernährt hatte. Weltbekannt wurde Tilsits Käse, der Tilsiter.

Im Jahr 1658, vielleicht schon 1313, entstand eine erste Schiffsbrücke über die Memel. Die erste Steinbrücke wurde 1767 fertig. Die Straßen nach Königsberg und Memel wurden 1832 und 1853 gebaut. Auf Betreiben Heinrich Kleffels erhielt Tilsit 1865 Anschluss an die Preußische Ostbahn. Die Bahnstrecke Tilsit–Memel ging 1875 in Betrieb.

Im 19. und 20. Jahrhundert war Tilsit Sitz zahlreicher litauischer Verbände; denn im Umland sprachen damals die Hälfte der Einwohner die litauische Sprache. Dennoch stimmten 1921 von den über 1000 in der Stadt lebenden Litauern nur 42 für den Anschluss an Litauen.

Erster Weltkrieg

Als zu Beginn des Ersten Weltkriegs der Aufmarsch russischer Truppen gemeldet wurde, flohen viele Tilsiter nach Königsberg und Berlin. Oberbürgermeister Eldor Pohl verpflichtete die Stadträte und Stadtverordneten zu bleiben. Am 20. August wurden alle arbeitsfähigen Männer auf Schleppkähnen nach Königsberg gebracht, um sie vor einer drohenden Deportation nach Russland zu bewahren.[2] Ein Pionierkommando der preußischen Armee sollte die Königin-Luise-Brücke sprengen. Durch Telefongespräche mit dem Generalkommando des I. Armee-Korps wendete Pohl die Sprengung ab. Alle Militärpersonen verließen die Stadt. Am 25. August 1914 verhandelte eine Kosakenpatrouille mit dem Oberbürgermeister und seinem Vertreter auf der Straße. Am nächsten Tag rückten russische Infanterie und einige Schwadronen Kosaken mit ihrem Tross ein und bezogen Quartier in der leeren Dragonerkaserne. Die Soldaten gehörten zur Grenztruppe Tauroggen und kannten die Stadt. Es ergingen Alkoholverbot und Ausgangssperre. Pohl und Stadtrat Teschner mussten sich täglich beim Stadtkommandanten, Oberstleutnant Bogdanow, melden. Die städtische Polizei durfte weiter amtieren. Vollkommen abgeschlossen, erfuhr die Stadt von der Schlacht bei Tannenberg erst nach dem Abzug der Russen. Am 30. August rückte die russische 43. Infanterie-Division unter Generalleutnant von Holmsen in Tilsit ein. Der Stadt wurde eine Kontribution von 40.000 Mark auferlegt. Elf Stadtvertreter sollten als Geiseln ins Zarenreich verbracht werden. Der Weinhändler Paul Lesch schlug stattdessen die Einteilung der Stadt in zwölf Bezirke vor, für die jede Geisel mit Kopf und Vermögen haften sollte. Großfürst Nikolai Nikolajewitsch und General Paul von Rennenkampff waren einverstanden. Es blieb friedlich. Am 12. September 1914 von Königsberg und Memel angerückt, nahmen preußische Truppen alle 6000 Russen gefangen.[3] Der Artillerie-Hauptmann Fletcher verhinderte die Sprengung der Königin-Luise-Brücke. Nach ihm wurde der Platz vor der Deutschen Kirche benannt.

Zwischenkriegszeit

Nach dem Krieg wirkte sich die litauische Okkupation des Memellands negativ auf die Tilsiter Wirtschaft aus, weil die Stadt einen wichtigen Teil ihres Hinterlands verloren hatte.

Von 1895 bis 1945 war Tilsit ein selbständiger Stadtkreis im Regierungsbezirk Gumbinnen in Ostpreußen im Deutschen Reich. Die Verwaltung des Landkreises Tilsit, später Tilsit-Ragnit, befand sich ebenfalls in Tilsit.

Zweiter Weltkrieg

Bereits am 22. und 23. Juni 1941 sowie im Juni 1942 wurde Tilsit durch sowjetische Fernflieger attackiert. Den ersten schweren sowjetischen Bombenangriff während des Zweiten Weltkriegs musste die Stadt nachts am 20./21. April 1943 über sich ergehen lassen, dem im Juli und August 1944 weitere Großangriffe folgten. Ab Juli erfolgte die Evakuierung von Tilsit, zunächst von Frauen mit Kindern. Im Oktober 1944 war die Front bis an die Memel vorgerückt. Tilsit wurde zur Frontstadt erklärt, die restliche Zivilbevölkerung weitgehend ausgeschleust. Die seit dem Jahr 1900 von dem Unternehmen E-Werk und Straßenbahn Tilsit AG betriebene Straßenbahn stellte ihren Betrieb ein. Nach einem heftigen Artilleriebombardement, das – zusammen mit den schweren Bombenschäden – die Stadt bis zu 80 % zerstörte, wurde Tilsit am 20. Januar 1945 von sowjetischen Truppen eingenommen. Aufgrund des Potsdamer Abkommens kam die Stadt zusammen mit den nördlichen Teilen Ostpreußens vorbehaltlich eines Friedensvertrags zur Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik der Sowjetunion.

Sowjetunion

Seit 1946 trägt die nunmehr sowjetische Stadt den Namen Sowetsk (übersetzt etwa Rätestadt, von Sowjet „Rat“). Das nördliche Ostpreußen mit Sowetsk wurde als Oblast Kaliningrad aus militärischen Gründen hermetisch abgeriegelt. Die bisherige deutsche Wohnbevölkerung wurde, sofern nicht gegen Kriegsende evakuiert oder geflohen, bis 1947 vertrieben. Es wurden hauptsächlich Russen aus Zentralrussland und aus dem Gebiet des heutigen Föderationskreises Wolga sowie Weißrussen angesiedelt.

Russische Föderation

Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde die Oblast Kaliningrad zu einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen und Sowetsk zur Grenzstadt an der durch die Memel gebildeten russisch-litauischen Grenze. Gleichzeitig wurde die Absperrung der Oblast Kaliningrad aufgehoben und damit auch Sowetsk für ausländische Besucher erreichbar.



Text: Wikipedia

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