Universität Leipzig

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Sigillum Iurid Facult Studii Lipsiensis

Geschichte

Gründung

Nachdem infolge von Streitigkeiten an der Karls-Universität Prag im Zusammenhang mit der Hussiten-Bewegung der böhmische König Wenzel IV. durch das sogenannte Kuttenberger Dekret die dortige böhmische Nation gegenüber den anderen Universitätsnationen bevorzugte, zogen 1409 etwa 1000 der dortigen deutschen Lehrkräfte und Studenten nach dem in der damaligen Markgrafschaft Meißen gelegenen Handelszentrum Leipzig, wo die Artistenfakultät den Lehrbetrieb aufnahm. Dieser wurde sofort von der Stadt ein Gebäude in der Petersstraße übereignet. Noch 1409 wurde das „Studium generale“ durch Papst Alexander V. bestätigt. Am 2. Dezember 1409 wurden Johannes Otto von Münsterberg zum Rektor gewählt und die Universitätssatzung verlesen.

Die Angehörigen der Universität gehörten nach ihrer Herkunft zu vier verschiedenen Nationen: der meißnischen (der wettinische Herrschaftsbereich), der sächsischen (Nord-/Nordwestdeutschland, Skandinavien, England), der bayrischen (Süd-/Südwestdeutschland, Süd- und Westeuropa) und der polnischen (Schlesien, Ostdeutschland, Osteuropa). Die Landesherren, Friedrich der Streitbare und Wilhelm der Reiche, bewilligten der Universität anfangs einen Jahresetat von 500 Gulden. Hieraus wurden je Universitätsnation fünf Magister bezahlt. Die übrigen mussten ihren Lebensunterhalt aus Studien- und Prüfungsgebühren sowie anderen Einkünften selbst bestreiten.

1415 wurde die medizinische, 1446 die juristische Fakultät gegründet. 1543 wurde die Universität durch Übernahme des ehemaligen Dominikanerklosters mit der Klosterkirche St. Pauli stark erweitert. Zwei Jahre später wurde diese durch Martin Luther als Universitätskirche geweiht.

Die Kollegien

In den Kollegien, der Universität oder Stiftungen gehörenden Häusern, fanden die Lektionen, Disputationen und andere wissenschaftliche Veranstaltungen statt und hatten die Magister ihre Wohnungen. Diese Häuser waren von Erhebungen, Steuern und Lasten sowie auch von der Gerichtsbarkeit des Rates der Stadt befreit.

Bereits 1409 schenkten die Landesfürsten der Universität zwei Häuser, die deshalb Fürstenkolleg genannt wurden: das Große Fürstenkolleg im Grundstückskomplex zwischen Ritterstraße und Stadtmauer (der heutigen Goethestraße) und das Kleine Fürstenkolleg in der Schloßgasse, das aber schon 1441 in die Ritterstraße umzog. Da die Kollegien für die Anforderungen des Lehrbetriebs nicht ausreichten, wurden von Magistern auch Häuser erworben oder angemietet, in denen sie wohnten und Vorlesungen hielten sowie auch Bursen für ihre Studenten einrichteten.

1416 kam als private Stiftung das sogenannte Frauenkolleg hinzu. Hier studierten nicht etwa Frauen, sondern es erhielt seinen Namen nach einer nahegelegenen Marienkapelle (Unserer Lieben Frau) und hieß eigentlich „Collegium Beatae Mariae Virginis“. Es befand sich auf der südlichen Seite am Ostende des Brühl und wurde erst in den 1850er Jahren für den Bau der Georgenhalle abgerissen. Ein weiteres Kolleg war das dem Frauenkolleg am Brühl gegenüberliegende Bernhardinerkolleg, das als Stiftung des Zisterzienserordens entstand, nur Studenten dieses Ordens vorbehalten war und deshalb zur Reformation verschwand.

1543/44 erhielt die Universität die Gebäude des säkularisierten Dominikanerklosters St. Pauli, welche dann Pauliner Kolleg genannt wurden.

Auf den Grundstücken zwischen Ritterstraße und Stadtmauer entstanden durch Ausbau, Umbau und Neubau weitere Einrichtungen der Universität, so 1513 das Neue Kolleg für die Philosophische Fakultät, das nach einer Erweiterung 1646, möglicherweise nach einem entsprechenden Anstrich, auch Rotes Kolleg hieß. Es blieb auch bei dem Namen, als das Gebäude 1881/92 nach Entwürfen von Arwed Roßbach mit der Front zur Ritterstraße „von Grund aus neu errichtet“ wurde. Der Bau zur Goethestraße hin wurde 1905 erneuert, fiel aber dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.

Entwicklung bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts

In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich die Einrichtung stetig weiter und war zeitweise die größte Universität Deutschlands. Neue Fakultäten und Lehrstühle wurden eingerichtet. 1725 begann Johann Christoph Gottsched als Privatdozent; der spätere Rektor und Professor für Poesie strahlte weit über die Universität aus. Persönlichkeiten, wie Lessing, Klopstock und Goethe, zog es nach Leipzig. Die wachsende Studentenzahl bedingte größere Räumlichkeiten, und so wurde 1836 am Augustusplatz das von Albert Geutebrück entworfene neue Hauptgebäude, das Augusteum, das eine Fassade nach einem Entwurf Karl Friedrich Schinkels trägt, eingeweiht. 1848, während der Märzrevolution, beteiligten sich sowohl Professoren als auch Studenten an Demonstrationen und Barrikadenbau. 1891 wurde die von Arwed Roßbach aufgeführte neue Universitätsbibliothek Bibliotheca Albertina eingeweiht. Wenige Jahre später wurde unter seiner Leitung der Universitätskomplex einschließlich der Fassade der Universitätskirche am Augustusplatz umgebaut.

Die Universität bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte sich die rechts-konservative Einstellung vieler Studenten und Professoren: Während der Novemberrevolution entfernten Studenten auf Anordnung des Rektors rote Flaggen auf dem Hauptgebäude und hissten die Fahne des Adelshauses der Wettiner; während des Kapp-Putsches besetzte ein studentisches Freiwilligenregiment die Innenstadt und schoss auf Putschgegner. Bereits 1931 gewann der Nationalsozialistische Studentenbund (NSDStB) die Wahlen zum Allgemeinen Studentenausschuss. Nach der nationalsozialistischen „Machtergreifung“ wurden 47 Angehörige des Lehrkörpers (11,8 %) aus rassistischen oder politischen Gründen vertrieben. Fünf von ihnen wurden Opfer des Holocaust, einer beging Suizid. Im November 1933 unterschrieben über 100 Professoren einen Aufruf zur Wahl Adolf Hitlers, der Rektor Arthur Golf beteiligte sich an der Großkundgebung dazu. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gehörte die Einrichtung zu den vier „großdeutschen“ Universitäten, die weiterhin unterrichten durften.

Durch eine Reform der Lehrerbildung im Freistaat Sachsen wurde die Lehrerbildung 1923/1925 auch mit ihren praktischen Anteilen über ein Pädagogisches Institut (Volksschullehrer, Leiter: Hans Volkelt) und ein Institut für praktische Pädagogik (höheres Lehramt, Leiter: Ernst Boehm) an die Universität angegliedert.

Nachdem bereits 1923 die (vormals Königliche Sächsische) Tierärztliche Hochschule aus Dresden nach Leipzig übergesiedelt und als Veterinärmedizinische Fakultät in die Universität aufgenommen worden war, kam es 1942/1943 zur Gründung der Reichsanstalt für Vitaminprüfung und Vitaminforschung auf dem Campus der Veterinärmedizinischen Fakultät.

Karl-Marx-Universität in der DDR

Bei Kriegsende waren durch Bombenangriffe 60 % aller Gebäude und 70 % aller Bücher vernichtet. Am 5. Februar 1946 fand die Wiedereröffnung der Universität statt. Auch die Universität Leipzig war von der Gleichschaltung der gesellschaftlichen Institutionen in der DDR betroffen. 1948 wurden der frei gewählte Studentenrat aufgelöst und die Mitglieder durch FDJ-Mitglieder ersetzt. Der Vorsitzende des Studentenrates, Wolfgang Natonek, und weitere Mitglieder wurden verhaftet und eingekerkert. Aber die Hochschule war auch Keimzelle des Widerstandes. So setzte sich die Belter-Gruppe mit Flugblättern für freie Wahlen ein. Der Kopf der Gruppe, Herbert Belter, bezahlte seinen Einsatz für die Demokratie mit seinem Leben und wurde 1951 in Moskau hingerichtet.

Für die entsprechende Erziehung von Studenten aller Fachrichtungen, später auch der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universität, gab es ab 1951 ein „Gesellschaftswissenschaftliches Institut“, 1960 umbenannt in Institut für Marxismus-Leninismus und 1969 erweitert zur „Sektion für Marxismus-Leninismus“. Die 1954 als Fakultät Journalistik gegründete Sektion Journalistik (auch „Rotes Kloster“ genannt) war der einzige universitäre Studiengang für Journalismus in der DDR. Diese gesellschaftswissenschaftlichen Studiengänge und Institute wurden nach der friedlichen Revolution in der DDR 1990 geschlossen.

1953 wurde die Universität von den neuen Machthabern in Karl-Marx-Universität Leipzig umbenannt. 1968 wurden das teilbeschädigte Augusteum einschließlich Johanneum und Albertinum sowie die unversehrte Paulinerkirche gesprengt, um Platz für eine Neubebauung zu machen. Von 1968 bis 1972 wurde das Uni-Hochhaus in Form eines aufgeschlagenen Buches gebaut, das zum dominanten Gebäude der Universität wurde. Die weitere Umgestaltung und Bebauung des Universitätscampus folgte in den Jahren 1973 bis 1978. Das Hauptgebäude der Universität wurde ein sozialistischer Bau, über dessen Eingang das Bronzerelief Aufbruch mit Karl Marx' Kopf angebracht wurde.

Bekannt wurden u. a. die „Leipziger Schule der Sprach- und Übersetzungswissenschaft“ (Otto Kade, Albrecht Neubert, Gerd Wotjak) und das „Lehrbuch des modernen Arabisch“ (Wolfgang Reuschel, Günther Krahl), das die bis dahin gründlichste deutschsprachige Beschreibung der modernen arabischen Schriftsprache enthält und in überarbeiteter Form auch nach 1990 in vielen Auflagen, darunter auch in englischer Sprache, erschienen ist. Zu erwähnen ist auch der Historiker Walter Markov, der u. a. (gemeinsam mit dem Franzosen Albert Soboul) Bedeutendes zur Erforschung der Geschichte der Französischen Revolution beigetragen hat.

Die Alma mater Lipsiensis nach der Wiedervereinigung

Seit 1990 befindet sich die Universität, die ab 1991 wieder ihren ursprünglichen Namen Alma mater lipsiensis trägt, im Umbau. 7000 von 12.000 Mitarbeitern wurden entlassen. 1992 wurde die Pädagogische Hochschule „Clara Zetkin“ (PH Leipzig) aufgelöst. Mit der Abgabe des Uni-Hochhauses an einen privaten Nutzer hat ein Großteil der Fakultäten neue Gebäude bezogen, die sich auf mehrere Standorte in der Stadt verteilen. Am historischen Zentrum der Universität, dem Augustusplatz, befinden sich neben Hörsaal- und Seminargebäude nur noch die Fakultäten für Wirtschaftswissenschaft sowie für Mathematik und Informatik. Der Wiederaufbau der im Krieg stark beschädigten Universitätsbibliothek, die in der DDR nur notdürftig gesichert worden war und immer mehr verfiel, wurde 2002 abgeschlossen.

Bis zum 600-jährigen Jubiläum der Universität 2009 sollte der innerstädtische Campus neu gestaltet werden. Im Jahre 2002 erhielt das Münsteraner Architektenbüro Behet + Bondzio den zweiten Preis im Architekturwettbewerb, wobei dessen Gestaltung der sensiblen Augustusplatzseite in der Öffentlichkeit höchst umstritten war. Einen ersten Preis vergab die Jury nicht. Eine Interessengruppe mit partieller Unterstützung der Landesregierung forderte den Wiederaufbau des Augusteums und der Paulinerkirche gegen den Widerstand der Universitätsführung und des größten Teils der Studenten sowie auch der Leipziger Bevölkerung, deren Meinung aber je nach Umfrage schwankte. Diese Streitigkeiten führten Anfang 2003 zu einem Eklat: Rektor Volker Bigl und die Prorektoren traten aus Protest gegen die Landesregierung zurück, nachdem sich schon vorher starke Spannungen wegen des sächsischen Hochschulvertrages über die zukünftige Hochschulfinanzierung aufgebaut hatten. Als Kompromiss konnte man sich auf die Durchführung eines zweiten Wettbewerbs, der nur die Augustusplatzfront der Universität betraf, einigen. Am 24. März 2004 entschied sich eine Jury für den Entwurf des niederländischen Architekten Erick van Egeraat, der von fast allen Seiten wohlwollend aufgenommen wurde. Er erinnert in der äußeren Form, aber stark verfremdet, an die ursprüngliche Kubatur des Gebäudekomplexes um die Paulinerkirche. Die Umbauarbeiten, die insgesamt 140 Millionen Euro kosten sollten, begannen im Sommer 2005 mit dem Bau der neuen Zentralmensa.

Im Jahr 2008 konnte sich die Universität bei der Exzellenzinitiative in Deutschland durchsetzen und erhielt die Förderung als Graduiertenschule mit dem Thema BuildMoNa. Leipzig School of Natural Sciences – Building with Molecules and Nano-objects. Auch bei der sächsischen Initiative konnte sich die Uni behaupten, dort versucht sie mit dem Projekt „Life“ Volkskrankheiten besser zu erforschen. Ebenfalls 2008 wurde das Bach-Archiv zum An-Institut erklärt.

600 Jahre Universität Leipzig (2009) bis heute

600 Jahre nach ihrer Gründung beging die Universität Leipzig 2009 ein Jubiläumsjahr. Über 300 wissenschaftliche und kulturelle Veranstaltungen gehörten zum Jubiläumsprogramm. Die Ausstellung „Erleuchtung der Welt. Sachsen und der Beginn der modernen Wissenschaften“ vom 9. Juli bis 6. Dezember 2009 zeigte auf, welchen Stellenwert die universitäre Leipziger Forschung und Lehre von Beginn an bis heute in Europa hat. Ein Konzert im Gewandhaus läutete am 9. Mai 2009 die Jubiläumsfeierlichkeiten ein. Unter anderem waren auch Auszüge aus Johann Sebastian Bachs „Festmusiken zu Leipziger Universitätsfeiern“ zu hören. Außerplanmäßig nutzten Studenten, die gegen die Studienbedingungen und die Bildungsreform protestierten, den Abend, um einen offenen Brief zu verlesen, der die Absage der Jubiläumsfeierlichkeiten forderte, Begründung: „Es gibt angesichts der herrschenden Bedingungen nichts zu feiern.“ Organisationen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) oder die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) nahmen das Universitätsjubiläum zu Anlass, ihre Jahresversammlungen und -tagungen 2009 in Leipzig abzuhalten. Anfang Dezember 2009, rund um das Gründungsdatum 2. Dezember, gab es eine Festwoche.

Zusätzlich wurden zum Jubiläum eine 10-Euro-Gedenkmünze, entworfen von Dietrich Dorfstecher, sowie eine Sonderbriefmarke der Deutschen Post, entworfen von Nadine Bill, mit einer Auflage von 309 Millionen Stück herausgegeben.

Im Juni 2013 beschloss der erweiterte Senat der Universität, statt des generischen Maskulinums (z.B. impliziert der Begriff Professor auch die Professorinnen) ein generisches Femininum, z.B. Professorin, in der Grundordnung zu verwenden.

Siegelmarken

Katalog der Siegelmarken mit einem Bezug zur Universität.

Text: Wikipedia

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