Ernst Kaltenbrunner

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Ernst Kaltenbrunner hier als SS-Brigadeführer (1938 oder früher)

Ernst Kaltenbrunner (* 4. Oktober 1903 in Ried im Innkreis, Oberösterreich; † 16. Oktober 1946 in Nürnberg) war ein österreichischer Nationalsozialist, sowohl in Österreich und später im nationalsozialistischen Deutschen Reich ein hochrangiger SS-Funktionär und von 1943 bis Kriegsende Chef der Sicherheitspolizei und des SD sowie Leiter des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA).

Kaltenbrunner gehörte zu den 24 im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof angeklagten Personen, wurde am 1. Oktober 1946 in zwei von drei Anklagepunkten schuldig gesprochen, zum Tod durch den Strang verurteilt und am 16. Oktober 1946 hingerichtet.

Leben

Jugend und Ausbildung

Ernst Kaltenbrunner wurde als Sohn des Rechtsanwalts Hugo Kaltenbrunner und dessen Frau Therese geboren. Seine Jugend und Volksschulzeit verbrachte er in Raab und nach dem Wechsel auf das Realgymnasium in Linz, wo er in der Schule seinen späteren Untergebenen Adolf Eichmann kennenlernte. Nach der 1921 abgelegten Matura begann er an der Technischen Hochschule Graz ein Chemiestudium, wechselte jedoch bald zu den Rechtswissenschaften und promovierte 1926 zum Dr. iur. Während seiner Studienzeit wurde er 1921 Mitglied der Burschenschaft Arminia Graz, deren Alter Herr er bis zu seinem Tode war.

NS-Karriere

Im Anschluss an das Studium absolvierte er das Rechtsreferendariat und war bis Sommer 1929 bei einer renommierten Anwaltskanzlei in Linz angestellt.[1] Kaltenbrunner gliederte sich aber nicht in ein bürgerliches Leben ein, sondern wirkte in paramilitärischen Gruppen wie dem österreichischen Heimatschutz mit. Ab Sommer 1929 war er für den Heimatschutz hauptberuflich tätig. Da diese jedoch Kaltenbrunners politisches Hauptziel, den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, in einer ihm nicht ausreichend erscheinenden Intensität betrieben, wechselte er im Oktober 1930 zur NSDAP (Mitgliedsnr. 300.179) und trat am 31. August 1931 der SS (SS-Nr. 13.039) bei. Ab 1932 war er in der Anwaltskanzlei seines Vaters tätig. Er wurde Rechtsberater beim SS-Abschnitt VIII (Linz) und machte sich als Verteidiger inhaftierter Parteimitglieder einen Namen.[2] Auch fungierte er während der Zeit vor dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich als Nachrichtenmann Heinrich Himmlers. Kaltenbrunner versorgte den Reichsführer SS mit Informationen zur politischen Situation in Österreich. 1934 heiratete er Elisabeth Eder.

Nach dem im Juni 1933 erlassenen NSDAP-Verbot in Österreich war Kaltenbrunner weiter illegal für die Partei tätig.[2] Nach dem gescheiterten Juliputsch im gleichen Jahr wurde er für einige Monate im Anhaltelager Kaisersteinbruch inhaftiert, danach wegen Hochverrats zu einer zehnmonatigen Haftstrafe verurteilt. Nach der Haftentlassung war er der Sekretär von Anton Reinthaller. Kaltenbrunner wurde 1935 Führer des im Geheimen fortbestehenden SS-Abschnitts VIII (Linz).

Im Fahrwasser des österreichischen NS-Funktionärs Arthur Seyß-Inquart gelang ihm der rasche Aufstieg in die Führungsriege des österreichischen Parteiflügels. Seyß-Inquart propagierte eine Politik der stillen Auflösung des Staates. Dies stand im krassen Gegensatz zu den brutalen Frontalmethoden der übrigen NS-Spitze in Österreich, die in Hitlers Augen dem Ansehen der Partei im Ausland schadeten. Im Zuge des Anschlusses wurde Kaltenbrunner im März 1938 zum „Staatssekretär für das Sicherheitswesen im Lande Österreich“ sowie Führer des SS-Oberabschnitts Donau (anfangs in Linz, später in Wien) ernannt. Zugleich wurde er Mitglied des deutschen Reichstags.

„Als Führer der SS in Österreich war Kaltenbrunner an der Nazi-Intrige gegen die Schuschnigg-Regierung beteiligt. In der Nacht des 11. März 1938, nachdem Göring den österreichischen Nationalsozialisten befohlen hatte, die Kontrolle der Österreichischen Regierung an sich zu reißen, umstellten 500 österreichische SS-Männer unter Leitung Kaltenbrunners das Bundeskanzleramt, und eine Sondereinheit, die unter dem Befehl seines Adjutanten stand, drang in das Bundeskanzleramt vor, während Seyß-Inquart mit dem Präsidenten Miklas verhandelte“

– Das Urteil von Nürnberg, S. 190.

Am 11. September 1938 machte ihn Heinrich Himmler zum Höheren SS- und Polizeiführer Donau, gleichfalls in Wien, und unterstellte ihm damit die gesamte SS und Polizei in den eingegliederten österreichischen Gebieten. Hier fühlte sich Kaltenbrunner, trotz seines Ranges als SS-Gruppenführer, kaltgestellt, da er sich in seinen Kompetenzen oft von der missgünstigen Führungsriege der SS um Obergruppenführer Reinhard Heydrich übergangen fühlte. Am 20. Juni 1940 wurde Kaltenbrunner Nachfolger des verstorbenen SS-Oberführers Otto Steinhäusl als Polizeipräsident von Wien. Die eigentliche Arbeit leistete jedoch sein Stellvertreter Leo Gotzmann, der ihm am 6. Januar 1941 auch offiziell im Amt nachfolgte.

Chef des Reichssicherheitshauptamtes

Am 30. Januar 1943 wurde Kaltenbrunner in Berlin in sein neues Amt als Chef der Sicherheitspolizei und des SD eingeführt. Kaltenbrunner trat hiermit die Nachfolge Himmlers an, der seit Heydrichs Tod am 4. Juni 1942 die Leitung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) neben seinen anderen Funktionen kommissarisch wahrgenommen hatte. Im Juni 1943 wurde Kaltenbrunner zum SS-Obergruppenführer und General der Polizei befördert. Als Leiter des RSHA war er der Chef des berüchtigten Gestapo-Amtes, des Reichskriminalpolizeiamtes und des Sicherheitsdienstes (SD), der für die Einsatzgruppen, die im Rücken der Ostfront bis Kriegsende rund 1.000.000 Menschen ermordeten, verantwortlich war.

„Als Chef des RSHA hatte Kaltenbrunner die Befugnis, Schutzhaft in Konzentrationslagern und die Entlassung aus Konzentrationslagern anzuordnen. Befehle dieser Art wurden normalerweise mit seiner Unterschrift ausgegeben. … Kaltenbrunner selbst befahl die Hinrichtung von Gefangenen … Am Ende des Krieges war Kaltenbrunner … … an der Vernichtung einer großen Anzahl von ihnen beteiligt mit der Absicht zu verhindern, dass sie von den alliierten Armeen befreit würden. … … Während des Zeitraumes, da Kaltenbrunner Chef des RSHA war, verfolgte dieses ein weitreichendes Programm von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. … … Das RSHA spielte eine führende Rolle bei der „Endlösung“ des jüdischen Problems durch Ausrottung der Juden“

– Urteil, S. 191/192. Ernst Kaltenbrunner als Zuschauer im Volksgerichtshof, 1944

Nach dem fehlgeschlagenen Attentat vom 20. Juli 1944 erschien er als erster SS-Mann im Bendler-Block und sorgte dafür, dass das Töten der Verschwörer, das auf Befehl von Friedrich Fromm ausgeführt wurde, sofort eingestellt wurde. Ihm und dem RSHA fiel daraufhin die Aufgabe zu, die Verschwörer festzunehmen und zu verhören.

Am 12. März 1945 gab Kaltenbrunner dem damaligen IKRK-Präsidenten Carl Burckhardt die Zusage, dass IKRK-Delegierten Zugang zu den Konzentrationslagern gewährt werden würde. Dies galt allerdings unter der Voraussetzung, dass diese Delegierten bis zum Ende des Krieges in den Lagern verblieben. Zehn Delegierte, unter ihnen Louis Häfliger (Mauthausen), Paul Dunant (Theresienstadt) und Victor Maurer (Dachau) erklärten sich zu einer solchen Mission bereit.

Gegen Ende des Krieges verschanzte sich Kaltenbrunner mit einigen letzten Getreuen in der sogenannten Alpenfestung bei Altaussee, in der bis zum bitteren Ende Widerstand geleistet werden sollte und in die viele prominente Nationalsozialisten geraubte Schätze gebracht hatten, um für die Zeit nach dem Krieg vorzusorgen. Dort wurde er am 12. Mai 1945 von einer amerikanischen Militärstreife aufgegriffen und verhaftet.

Verurteilung in Nürnberg

Nach seiner Festnahme wurde Kaltenbrunner zum Verhör zunächst nach England und im Anschluss daran nach Nürnberg gebracht, wo er vor das Internationale Militärtribunal (IMT) gestellt werden sollte. Dort sprach er von Misshandlungen in der englischen Haft und wirkte wie ein gebrochener Mann. Als man ihm die Anklageschrift überreichte (er wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen angeklagt), begann er zu weinen. Nach kurzer Zeit jedoch verwandelte sich Kaltenbrunner in einen Mann, der mit allen Mitteln um sein Leben kämpfte.

Im Rahmen des Prozesses beobachtete und untersuchte der amerikanische Gerichtspsychologe Gustave M. Gilbert die Angeklagten in ihren Zellen und bat sie, nachdem ihnen die Anklageschrift vorgelegt wurde, ihre Gedanken als Notizen an den Rand zu schreiben. Dies sollte ihren Charakter am besten wiedergeben. Die Notiz Kaltenbrunners, der in den Punkten 1, 3 und 4, also Verschwörung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und allgemeine Kriegsverbrechen (Deportation, Mord und Misshandlung, Plünderung) angeklagt war, lautete:

„Ich fühle mich nicht schuldig an irgendwelchen Kriegsverbrechen, ich habe nur meine Pflicht als Sicherheitsorgan getan und weigere mich, als Ersatz für Himmler zu dienen.“

Von Gilbert wurde ihm gemeinsam mit Fritz Sauckel und Julius Streicher ein "weit unterdurchschnittlicher IQ" bescheinigt [3]. Auf der Anklagebank nahm Kaltenbrunner nach einer Krankheit erst drei Tage nach den anderen Angeklagten Platz. Er galt bei seinen Mitangeklagten neben Joachim von Ribbentrop und Julius Streicher als der unbeliebteste,[4] mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Kaltenbrunners Verteidigungsstrategie bestand im Wesentlichen darin, jegliche Beteiligung an Verbrechen zu leugnen und zu behaupten, mit Exekutivämtern, wie der Gestapo, nichts zu tun gehabt zu haben. Er sei eher eine Art Geheimdienstbeauftragter mit ausschließlich repräsentativen Aufgaben gewesen. Notfalls leugnete er sogar seine eigene Unterschrift auf belastenden Dokumenten, die ihm von seinem Ankläger vorgehalten wurden. Der Internationale Militärgerichtshof in Nürnberg verurteilte Kaltenbrunner in seinem am 30. September und 1. Oktober 1946 verkündeten Urteil zum Tode durch den Strang. Das Urteil wurde am 16. Oktober 1946 um 01:15 Uhr vollstreckt.


Adresse der Wohnung: Giesebrechtstraße 12, Berlin

Text: Wikipedia

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