Adolph Saurer

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Die Adolph Saurer AG in Arbon am Bodensee war der bedeutendste Schweizer Hersteller von mittleren und schweren Lastwagen und zeitweise auch von Autobussen und Trolleybussen sowie Militärfahrzeugen.

Die heutige Saurer AG ist einer der grössten Textilmaschinenhersteller der Welt mit einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und fast 9000 Beschäftigten. Ein Drittel davon sind im zweiten Geschäftszweig Fahrzeuggetriebe-Bau tätig.

Die Saurer AG war seit Anfang 2007 eine Tochtergesellschaft der OC Oerlikon Corporation AG in Pfäffikon und gehört seit 2013 mit den Geschäftseinheiten Naturfasern und Textilkomponenten der chinesischen Jinsheng-Gruppe.

Reklamemarken

Verzeichnis der Reklamemarken von Adolph Saurer.

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1853 von Franz Saurer als Eisengiesserei für Haushaltswaren in St. Gallen gegründet. Nach dem Umzug nach Arbon im Kanton Thurgau begann ab 1869 die Produktion von Stickmaschinen. Ab 1877 ergänzte Franz Saurers Bruder Hippolyt als Kaufmann das Unternehmen. Unter Adolph Saurer entwickelte sich Saurer zum grössten Einzelunternehmen der Schweiz. 1913 verkaufte Karl Bleidorn die von ihm 1891 übernommene kleine Maschinenfabrik in Arbon, die er durch die Produktion von Handstick-, Fädel- und Nachstickmaschinen sowie Flügelpumpen zur Blüte führte, an Adolph Saurer. Das Aktienkapital der 1919/20 gegründeten Aktiengesellschaft Adolph Saurer Arbon betrug 30 Millionen Franken.

Der Personalbestand im Stammhaus Arbon ist ein Spiegel von Erfolg und Rückschlägen der dominierenden Maschinenfabrik der Nordostschweiz: Die Zahl der Beschäftigten verzeichnete von 1890 (264) bis 1920 (2918) eine starke Zunahme, sank 1922 (908) abrupt, erholte sich bis 1936 (1953), blieb ab 1937 (2414) bis 1950 (2865) relativ konstant und erreichte 1963 (4513) die grösste Mitarbeiterzahl. Der Grund für die relativ konstante Personalentwicklung seit 1937 dürfte die Überwindung der Weltwirtschaftskrise, das Friedensabkommen sowie die Rüstungsaufträge des Bundes gewesen sein. Der Zweite Weltkrieg hatte einen massiven Einbruch beim Auslandsgeschäft gebracht: Von den 1940 bis 1944 gefertigten 3235 Lastwagen konnten nur 234 ins Ausland, davon 11 nach Deutschland, verkauft werden[3].

Personenwagen

Es folgte die Produktion von mit Petroleum betriebenen Verbrennungsmotoren, die ab 1896 an Hersteller von Strassenfahrzeugen verkauft wurden.[4] Wahrscheinlich auf Hippolyts Betreiben begann ab 1897[5] die Herstellung von eigenen Automobilen. Das erste Modell war ein viersitziges Doppelphaeton mit einem Einzylinder-Gegenkolbenmotor von 6 PS (ca. 4,5 kW) Leistung im Heck. Der Antrieb erfolgte mittels Doppelketten auf beide Hinterräder. Das Fahrzeug hatte zunächst einen Lenkhebel als Steuer; bereits 1898 erhielt es ein Lenkrad. An diesem Automobil zeigte der französische Hersteller Société des Automobiles Koch Frères Interesse. Bereits ab 1898 entstand eine grössere Anzahl dieser Fahrzeuge in Paris unter Lizenz. Hauptsächlich die französische Armee und die Kolonialverwaltung waren Abnehmer.[6] Zumindest die Version von Koch lief mit Schweröl.[5]

1902 erschien mit dem Saurer Typ 24/30 PS ein Nachfolger mit vorn eingebautem Vierzylinder-T-Kopf-Motor, Vierganggetriebe und Kettenantrieb. Dieses Modell wurde zum Typ 30/35 PS mit 5,3 Liter Hubraum weiterentwickelt, ergänzt durch den noch grösseren Typ 50/60 PS mit 9,2 Liter. Die meisten dieser Fahrzeuge wurden bei C. & R. Geissberger in Zürich als Tourenwagen oder Chauffeur-Limousinen karossiert.[5]

Bereits 1908 entstand bei Saurer ein Dieselmotor, an dem Rudolf Diesel (1858–1913) selbst mitgearbeitet hat.[7] Der Einbau in ein Fahrzeug gelang damals allerdings noch nicht.[8]

Nutzfahrzeuge

1903 begann die Herstellung von Nutzfahrzeugen, die bald einen ausgezeichneten Ruf genossen. Dieser Erfolg führte dazu, dass sich das Unternehmen nach 1914[5] ganz auf diesen Bereich konzentrierte. Saurer fertigte neben Lastwagen auch Autobusse, die in der gesamten Schweiz weite Verbreitung fanden. Im Ersten Weltkrieg baute Saurer zudem Flugzeugtriebwerke.[9]

In relativ kurzer Zeit avancierte Saurer aufgrund diverser Innovationen zu einem Fahrzeughersteller von Weltruf und so wurden auch in einigen Ländern Saurer-Lastwagen in Lizenz hergestellt: In Österreich bei der Österreichische Saurer Werke AG, in Jugoslawien bei FAP FAMOS, in den USA bei der Saurer Motor Company in Plainfield (New Jersey) und in Frankreich. Saurer vergab auch zahlreiche Lizenzen zum Bau von Dieselmotoren, so zum Beispiel in den 1920er-Jahren an den seit den 1960er-Jahren zum Fiat-Konzern gehörenden italienischen Fahrzeughersteller OM in Mailand.

1928 erschien der erste wirklich brauchbare Diesel-Lastwagen auf dem Markt, für den Saurer anfänglich auf das Acro-Luftspeicherverfahren nach Herbert Akroyd Stuart (1864–1927) zurückgriff und bis 1934 zum Saurer-Kreuzstromverfahren zur direkten Treibstoffeinspritzung weiterentwickelte, ergänzt durch eine spezielle Verwirbelung der Verbrennungsluft. Darauf erhielt Saurer 1936 ein Patent.[9]

1929 wurde Saurer Mehrheitspartner bei Berna, dem zweiten grossen Nutzfahrzeughersteller der Schweiz, wobei die beiden Marken seit den 1970er-Jahren weitgehend baugleiche Fahrzeuge anboten, die praktisch nur noch am Namen zu unterscheiden waren. Saurer war in dieser Zeit weltweit mit führend bei der Dieselmotoren-Entwicklung und blieb dies noch bis weit in die 1980er-Jahre hinein. Noch in den 1920er-Jahren entstanden auch die ersten Saurer-Feuerwehrfahrzeuge.

Seit den 1930er-Jahren war Saurer der bedeutendste Hersteller von mittleren und schweren Lastwagen in der Schweiz, so dass diese im Schweizer Strassenbild in allen möglichen Varianten noch bis in die 1990er-Jahre gegenwärtig waren. Während des Zweiten Weltkriegs, in dem die Schweiz neutral blieb und damit nicht beteiligt war, baute Saurer zahlreiche Militärfahrzeuge für die Schweizer Armee.[10]

In der unmittelbaren Nachkriegszeit, im Jahr 1947, baute Saurer in geringer Stückzahl auch einen flüssiggekühlten V12-Flugmotor mit stehenden Zylindern vom Typ Saurer YS 3, der für den bei der Schweizer Dornier-Werken in Altenrhein entwickelten Jagdbomber Dornier D 3803 bestimmt war. Da es jedoch Probleme mit dem neuen Flugzeug gab (eine Parallel-Entwicklung zur Dornier D 3802, ihrerseits aus der französischen Morane-Saulnier M.S.406 abgeleitet), wurde es nicht zur Serienreife entwickelt und die noch in der Entstehung begriffene Flugmotorenproduktion wieder beendet.

Unterdessen ging das noch in den 1950er-Jahren erfolgreiche Exportgeschäft mit den Lastkraftwagen und Autobussen zurück, so dass das Unternehmen auch die Herstellung von Dieselmotoren für Triebwagen und Schiffe aufnahm [9] und sich im Nutzfahrzeugbereich noch stärker am Schweizer Markt orientierte. Saurer-Lastwagen mit besonders hoher Nutzlast für den Schweizer Markt verfügten seit den 1960er-Jahren dabei häufig (ähnlich wie zeitgenössische Lastwagen anderer Herkunft) über heute noch gebräuchliche Antriebsformeln, so etwa 8×4 mit zwei gelenkten Vorderachsen. Entwicklungsarbeit leistete Saurer auch bei der Konstruktion von Fahrgestellen, Achtgang- und Vorwählgetrieben und Flüssigkeitskupplungen.[9]

Dabei blieben Sattelzugmaschinen selten, aber weiterhin wurden Autobusse wie der Saurer 3DUK-50 und Lastwagen für die Schweizer Armee hergestellt. Ein weiteres Standbein wurden Trolleybusse und Saurer investierte auch in die Entwicklung einer Gelenk-Version.[9]

1982 wurde Saurer mit der Franz Brozincevic & Cie Wetzikon (FBW) zur Nutzfahrzeuggesellschaft Arbon & Wetzikon (NAW) zusammengeschlossen, Daimler-Benz war mit 40 % beteiligt, nachdem das deutsche Unternehmen die FBW zuvor übernommen hatte. Ab Anfang der 1980er-Jahre wurden so auch einige leichte Lastwagen-Typen von Daimler-Benz in Arbon als Saurer hergestellt und vermarktet, allerdings nahm die Nachfrage nach originalen Saurer-Fahrzeugen trotz nach wie vor anerkannt guter Qualität weiter ab, so dass die Entscheidung fiel, aus dem Bau von Nutzfahrzeugen auszusteigen.

Im Jahr 1983 wurde der letzte zivile Saurer ausgeliefert, 1987 erhielt die Schweizer Armee den letzten «10DM». Die Motoren-Forschungsabteilung von Saurer wurde um 1990 vom zur Fiat-Gruppe gehörenden italienischen Lastwagen-Hersteller Iveco übernommen. Danach wurden noch einige Autobusse unter dem Markennamen NAW hergestellt, bis auch dieses Unternehmen 2002 aufgelöst wurde. 1990 übernahm Saurer die Melco Industries.

Seit den 1990er-Jahren konzentriert sich Saurer als neue Saurer AG auf den Bau von Textilmaschinen und avancierte zu einem der weltgrössten Hersteller mit einem Umsatz von 1,6 Milliarden Euro und fast 9000 Beschäftigten. Ein Drittel davon sind im später hinzugekommenen zweiten Geschäftszweig Fahrzeuggetriebe-Bau tätig.

Die Saurer AG war seit Anfang 2007 eine Tochtergesellschaft von OC Oerlikon Corporation AG aus Pfäffikon. Am 3. Dezember 2012 verkaufte der Konzern OC Oerlikon seine Geschäftseinheiten Naturfasern und Textilkomponenten für rund 650 Millionen Franken an die chinesische Jinsheng-Gruppe[11][12]. Zur Übernahme gehören auch die Schweizer Standorte der traditionsreichen Textilmaschinenfirma Saurer in Arbon und Wattwil mit ihren ca. 180 Beschäftigten. Weltweit kommen 3800 Arbeitsplätze unter die Jinsheng-Gruppe. Bei Oerlikon blieb nur das Chemiefasergeschäft Barmag in Deutschland.


Text: Wikipedia

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