Alte Schönhauser Straße 23/24

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Die Ärztin Franziska Tiburtius eröffnete 1876 mit ihrer Studienkollegin Emilie Lehmus an diesem Ort eine eigene Praxis.

Franziska Tiburtius

Leben

Geboren als Pächterstochter auf Rügen, absolvierte Tiburtius eine private Mädchenschule in Stralsund. Nach dem Schulabschluss war sie mehrere Jahre Gouvernante und Erzieherin beim Baron Lyngen in Werbelow (1860-66), Erzieherin im Hause des Herrn von Behr-Schmoldow (1867) sowie als Lehrerin in Rambin auf Rügen (1868) tätig. Im Jahre 1870 ging sie als Lehrerin nach London, anschließend war sie Lehrerin in Walton Rectory (Grafschaft Surrey, zwischen Epson u. Rygate). Nach dem Lehrerinnenexamen in Stralsund entschloss sie sich Medizin zu studieren – ein ungewöhnlicher Entschluss für eine Frau ihrer Zeit.

Aufgrund des in Deutschland herrschenden Studierverbotes für Frauen begab sich Tiburtius nach Zürich, da lediglich die Schweiz zur damaligen Zeit ihre Universitäten für Frauen geöffnet hatte und ihnen das Promotionsrecht bot. Motiviert zu diesem Entschluss hatte sie ihr Bruder Karl Tiburtius[1], vielleicht auch ihre spätere Schwägerin Henriette Hirschfeld-Tiburtius, die selbst in den USA studiert hatte.[2] Im Jahre 1871 nahm sie in Zürich ein Studium der Medizin auf und wurde 1876 zum Doktor der Medizin promoviert. Anschließend verbrachte sie noch einmal sechs Wochen bei ihrer Mutter in Rambin auf Rügen. Wie sie später in ihren Lebenserinnerungen schilderte, wurde Tiburtius bereits dort als Ärztin in Anspruch genommen; kurz vor ihrer Abreise schlugen ihr die Dorfbewohner vor, gleichsam als eine besoldete Gemeindeärztin dort zu bleiben. Sie nahm jedoch die professionelle Laufbahn wieder auf und ging als Volontärärztin nach Leipzig und anschließend an die Frauenklinik in Dresden. Trotz der in Zürich erteilten Berufszulassung erhielt sie in Dresden dennoch keine Approbation, worauf sie nach Berlin ging.

Wirken

In Berlin eröffnete Tiburtius mit ihrer Studienkollegin Emilie Lehmus eine eigene Praxis in der Alten Schönhauser Straße 23/24. Von ihrem Bruder übernahm sie den Posten des Hausarztes im Viktoria-Stift des Lette-Vereins.[3] Als erste deutsche Ärztinnen mit eigener Praxis sahen beide sich jahrelang öffentlichen Anfeindungen und Vorbehalten der männlichen Ärzteschaft ausgesetzt. Sie durften zwar praktizieren, jedoch mussten sie sich als „Dr. med. in Zürich“ ausweisen, wonach sie dem Status nach Heilpraktiker waren. Der Titel „Arzt“ wurde ihnen nicht zugestanden, da dieser an eine deutsche Approbation gebunden war. Mit einer weiteren Studienkollegin, der deutschen Ärztin Agnes Hacker (1860-1909), eröffnete Franziska Tiburtius dessen ungeachtet im Jahr 1908 die Chirurgische Klinik weiblicher Ärzte. In dieser Poliklinik wurden insbesondere Frauen aufgenommen, die keiner Krankenkasse angehörten. An Bedürftige wurde kostenlos Arznei ausgegeben.

Tiburtius engagierte sich für die Frauenbewegung und insbesondere für die Aufhebung des Studierverbots für Frauen in Deutschland. Jedoch wurden erst im Jahre 1908 Frauen als Studierende an preußischen Universitäten in der Medizin und ab 1914 zur Approbation zugelassen.

1908 setzte sich Franziska Tiburtius zur Ruhe. In der Folgezeit bereiste sie unter anderem Amerika, Nordafrika sowie Ziele innerhalb Europas. Sie verstarb 1927 in Berlin.

Franziska Tiburtius gilt als die erste deutsche promovierte Ärztin der neueren Zeit. Ihr abwechslungsreiches Leben schrieb sie in ihrer Autobiographie Erinnerungen einer Achtzigjährigen nieder. Darin berichtet sie unter anderem von ihrer Kindheit auf Rügen.


Text: Wikipedia

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