Apolda

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Apolda ist die Kreisstadt des mittelthüringischen Landkreises Weimarer Land.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Apolda.

Aug. Opel

Glockengießerei Schilling

Sonstige

Geschichte

Frühgeschichte und Mittelalter

Jubiläums-Glocke von 1976 mit der Aufschrift Glocken aus Apolda im Rathaus von Apolda: Anlass zum Guss war das Jubiläum 150 Jahre Glockengießerei Ulrich und Schilling (seit 1826) – auch ist die Jahreszahl 1722 vermerkt als Verweis auf Apoldas ersten Glockengießermeister Johann Christoph Rose. Gegossen von Peter Schilling, gestaltet von Horst Jährling. Das von August Baudert am Heidenberg geleitete Arbeiter-Bildungshaus

Bereits für den Zeitraum von 4600 bis 2000 v. Chr. liegen erste Nachweise für Siedlungen im heutigen Stadtgebiet von Apolda vor. Sowohl in der Bronzezeit als auch in der Eisenzeit wurden dort mehrere Siedlungen angelegt. Seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. lebten Germanen aus dem Stamm der Hermunduren in dem Gebiet. Sie waren aus dem Elbe-Havel-Gebiet zugewandert. Ab dem 8./9. Jahrhundert ließen sich slawische Gruppen an der mittleren Saale und der Ilm nieder. Zu diesem Territorium gehörte das Gebiet der heutigen Stadt Apolda. Dieses Land an der Ostgrenze des Fränkischen Reiches war mehrheitlich von Thüringern, die sich aus Hermunduren und Turonen zusammensetzten, besiedelt.

Erstmals urkundlich bezeugt ist der Ort als Appolde 1119.[7] Es wurde eine Siedlung mit zwei Kirchen, der Martinskirche und der Sankt-Johannis-Kapelle, erwähnt, die Graf Wichmann aus dem Geschlecht der Edelherren von Querfurt dem Mainzer Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken schenkte. Der Name der Stadt kann als mittelhochdeutsche Bezeichnung für eine Gegend, in der es viele Äpfel gibt verstanden werden. Später wurde der Ort Apollde, Apolle, Apolleda oder Appulen genannt. Der mittelhochdeutsche Stadtname bestand aus den Silben Appul = Apfel und -(e)de = Gebiet. Vier Jahre später, 1123, wurde eine Burg mit einem in ihrem Schutz stehenden Dorf in einer Urkunde genannt, in der „Ditterich von Abbolde“ Erwähnung als Ministerialer fand.[8] Das Alter dieser Burg ist umstritten. Bisweilen wurde dort der Sitz der Grafen des Gaues Husitin vermutet, es gibt dafür keine Belege. Die Ergebnisse aktueller archäologischer Ausgrabungen sind noch nicht veröffentlicht.

In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde die Burg Stammsitz eines Geschlechts von Ministerialen des Mainzer Erzbischofs, in dem die Ämter des Vicedominus von Erfurt und des erzbischöflichen Mundschenks erblich waren. Um 1175 teilte sich das Geschlecht in die beiden Linien der Vitzthume (abgeleitet von Vicedominus) und der Schenken von Apolda. Unter ihrer gemeinsamen Herrschaft entwickelte sich die Siedlung in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Stadt, deren Herren bis 1348 beide Linien blieben. Die Schenken von Apolda besaßen 1260 eine eigene Münzstätte. Die Münzen wurden Apoldsche Schenken genannt. 1289 erhielt die Burgsiedlung Apolda das Stadtrecht sowie ein eigenes Wappen und Siegel. Ihre Einwohner wurden in einer Urkunde als „Stadtbürger“ bezeichnet. Die Stadt wurde später ummauert und besaß zwei Tore.[9]

1348 verzichteten die Schenken von Apolda zugunsten der Vitzthume auf ihre Rechte an der Stadt. Bald darauf, am Ende des 14. Jahrhunderts, starb die Linie der Schenken im Mannesstamme aus. Die Vitzthume ließen sich gleichzeitig von den Wettinern mit Apolda belehnen, wodurch die Oberlehnsherrschaft praktisch an die Wettiner überging. Infolge der Leipziger Teilung gelangte Apolda 1485 an das ernestinische Sachsen. Das Erzbistum Mainz hielt seine Ansprüche als Oberlehnsherrschaft noch einige Jahrhunderte aufrecht und gab sie erst 1666 auf.

In der Mitte des heutigen Marktplatzes wurde gegen Ende des 13. Jahrhunderts zunächst ein kleines Rathaus errichtet. Die älteste erhaltene Gemeindeverfassung entstand 1440; sie ist im sogenannten Roten Buch überliefert. Erst im 15. Jahrhundert hatte sich in der Stadt anstelle der Schultheißen der erste Rat der Stadt mit zwei Ratsmeistern, mehreren Ratsmännern und Viertelsmeistern gebildet. 1524 büßte die Burg bei einem großangelegten Umbau unter anderem die Sankt-Johannis-Kapelle ein.

Reformationszeit und Dreißigjähriger Krieg

1528 wurde durch die Visitatoren Melanchthon, Myconius und Schurff die Reformation in der Stadt eingeführt und verbreitet. Bereits im 16. Jahrhundert war Apolda weit über das ummauerte Stadtgebiet hinaus gewachsen. Um die Martinskirche hatte sich eine Vorstadt gebildet, die um das Jahr 1530 größer als die Rechtsstadt war. Die Bewohner der Vorstadt wurden zwar zu den Einwohnern gezählt, hatten jedoch im Vergleich zu den „Instädtern“, die innerhalb der Stadtbefestigung wohnten, weniger Rechte. Dies bekamen sie besonders an Markttagen zu spüren. Sie durften erst einkaufen, wenn es am Rathaus angezeigt wurde, das heißt, wenn ein Strohbündel („Wisch“) oder später eine Fahne abgenommen worden war. Das Gebiet um Schulplatz, Goerdelerstraße, Bernhard-Prager-Gasse, Teichgasse und Lindenberg gehörte zur Vorstadt.

Wirtschaftlich war Apolda eine abseits von wichtigen Handelswegen wie der nördlich verlaufenden Hohen Straße gelegene Ackerbürgerstadt mit lokaler Bedeutung als Markt für die nähere Umgebung. Von 1558 bis 1559 wurde unter Christof von Vitzthum das heutige Rathaus an der Ostseite des Marktplatzes errichtet. Im Erbzinsregister erschien 1593 der Name David der Strickermann. Von ihm wird behauptet, dass er den Grundstein zur Wirk- und Strickwarenindustrie in Apolda legte, indem er den Apoldaern das Strumpfstricken mit fünf Nadeln beibrachte.[9][10][11] Ihm zu Ehren wurde ein neuer Brunnen errichtet[12] und am 4. Mai 2013 auf dem neugestalteten Schulplatz eingeweiht:[13] Vor der strickenden Figur dreht sich über einem Brunnen-Sockel auf hochquellendem Wasser eine große Kugel.[14]

Vorher dem Herzogtum Sachsen-Weimar zugeordnet, unterstand Apolda seit der Ernestinischen Teilung 1603 sowohl Weimar als auch dem Herzogtum Sachsen-Altenburg. 1634 kam es ganz zu Altenburg, und ab 1672 gehörte es zum neugegründeten Herzogtum Sachsen-Jena, wurde jedoch nach dessen frühem Erlöschen 1691 wieder Teil Sachsen-Weimars (ab 1741 Sachsen-Weimar-Eisenach).

Im Dreißigjährigen Krieg plünderten 1632, 1635, 1636 und 1639 Kriegshorden und Soldaten die Stadt. Nach dem Aussterben der Apoldaer Linie der Vitzthume 1631 zogen die Ernestiner die Stadt als erledigtes Lehen ein und übergaben sie 1633 der Universität Jena als Dotalgut. Die Universität übte bis 1837 die Gerichtsrechte in Apolda aus und verfügte nach dem weitgehenden Abbruch der Burg bis zum Übergang an die Stadt 1922 über das Landgut. 1674 wurde der Renaissancebau des Rathauses barock umgestaltet und ein Turm angefügt.

Wirtschaftliche Entwicklung im 18./19. Jahrhundert

Bald nach Einführung des Strumpfwirkerstuhls an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert entstand in Apolda eine Strumpfmanufaktur, die bestimmend für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt werden sollte. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sie sich zu einem der bedeutendsten wirtschaftlichen Unternehmen im Herzogtum Sachsen-Weimar. Die Zahl der Wirkerstühle stieg bei einer ungefähr gleichbleibenden Zahl von etwa 3500 Einwohnern rasant von zehn im Jahr 1700 auf 780 im Jahr 1779 an. Gleichzeitig wurde die Stadt nach Norden und Osten erweitert und die alte Stadtbefestigung mit den beiden Türmen kurz vor und nach 1800 weitgehend abgerissen. Ende des 18. Jahrhunderts kam es jedoch zu einer tiefen Krise, die die Stadtentwicklung lange Zeit lähmte. Ursache war die Abhängigkeit vom Export in die Gebiete außerhalb des Herzogtums und die gleichzeitige merkantilistische, Ein- und Ausfuhren von Waren hemmende Wirtschaftspolitik.

1722 errichtete Johann Christoph Rose die erste Glockengießerei, um die Glocken für die geplante neue Kirche zu gießen. Eine davon, die sogenannte Wintzersche Vermächtnisglocke, wird noch in der Lutherkirche geläutet. Die nachfolgenden Glockengießerfamilien Ulrich und Schilling machten Apolda als Glockenstadt weltweit bekannt. 1878 wurde Franz Schilling senior Inhaber der Glockengießerei Carl Friedrich Ulrich. Diese spezialisierte sich, ab 1911 unter dem Namen Franz Schilling Söhne, auf Glockenspiele. Sie schuf Geläute für Kirchen in Asien, Afrika, Europa und Amerika. Das Handelshaus Christian Zimmermann & Söhne wurde 1789 gegründet. Damit begann allmählich der Aufschwung des Textilgewerbes in der Stadt, der erst Mitte des 19. Jahrhunderts deutlich zunahm. Großen Einfluss hatten 1833 die Gründung des Deutschen Zollvereins, der Anschluss der Stadt an das Eisenbahnnetz und die Verwendung der Dampfmaschine.

Der Bau des Eisenbahnviadukts über den Krebsbach 1845/46 bildete die Voraussetzung für die Anbindung Apoldas an die Thüringer Bahn von Halle nach Erfurt und wirkte sich überaus positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt aus. Die Eisenbahnlinie war zunächst in größerer Distanz zu Apolda geplant worden (über Niederroßla und Mattstedt), um die teure Überbrückung des Krebsbachtals zu vermeiden. Nachdem die Apoldaer Unternehmer sich jedoch bereit erklärt hatten, für befristete Zeit eine Abgabe auf jeden Zentner Fracht zu zahlen, lenkte die Erbauergesellschaft ein. Sie ordnete an, die Eisenbahnlinie über Oberroßla und Heusdorf zu bauen, und verzichtete auf die Abgabe. Stattdessen schlug die Regierung Sachsen-Weimar-Eisenachs, die an der Gesellschaft beteiligt war, vor, die Abgabe für einen wohltätigen Zweck zu erheben. Schließlich wurde das 1854 eröffnete Krankenhaus damit finanziert.

Am 17. Januar 1863 wurde, aufgrund einer Stiftung von 225 Bänden und 5000 Talern des 1860 verstorbenen Bürgers Gottlob Müller, in Apolda eine Stadtbibliothek eröffnet. Im selben Jahr fand der erste Apoldaer Hundemarkt statt. Später wurde dort unter anderem der in Apolda gezüchtete Dobermannpinscher präsentiert.

Eine große Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt hatte Ende des 19. Jahrhunderts die Umstellung der Strumpffabrikation auf die Herstellung von modischen Strick- und Wirkwaren. Damit einher gingen ein weiteres Wachstum der Stadt und die Errichtung zahlreicher öffentlicher Bauten, Fabrikgebäude und Wohnhäuser, sowohl in Blockrandbebauung im Stil des Historismus für die Arbeiterschaft als auch von Villen und Siedlungshäusern.

Nach dem Fall des Sozialistengesetzes, mit dem soziale Forderungen der aufstrebenden Arbeiterklasse für zwei Jahrzehnte unterdrückt worden waren, entfalteten sich in Apolda breite Aktivitäten der nunmehr zugelassenen SPD und der Gewerkschaften. Maßgeblichen Anteil daran hatte der Wirkermeister August Baudert, der 1891 den Deutschen Textilarbeiterverband gründete und in der Gewerkschaft verankerte. Neben seinem Beruf war er bei der Arbeiterzeitung „Tribüne“ tätig und gestaltete als Redakteur deren Beilage „Freie Presse für Apolda und Umgebung“. Er gründete in Apolda den SPD-Ortsverein, unter dessen Dach sich zahlreiche soziale und kulturelle Aktivitäten sammelten, wie ein Arbeiter-Radfahrerklub, der Verein Freie Sänger, die Freien Turner usw. Eine intensiv betriebene Öffentlichkeitsarbeit ließ in Apolda prominente Redner auftreten wie August Bebel, Wilhelm Liebknecht und Karl Liebknecht. 1893 eröffnete Baudert am Heidenberg ein Arbeiterlokal mit dem programmatischen Namen „Vorwärts“, das sich zum Kultur- und Bildungshaus der Apoldaer Arbeiter entwickelte. Baudert wurde mehrfach als Abgeordneter der SPD in den Sachsen-Weimarischen Landtag gewählt, später auch in den Deutschen Reichstag. Um die Jahrhundertwende bekamen bei den Reichstags- und Landtagswahlen unter seiner Führung die Sozialdemokraten die meisten Stimmen und konnten die bürgerlichen Kandidaten schlagen. Auch wenn Baudert 1906 nach Weimar zog, trug die unter seiner Anleitung getragene Bildungsarbeit unter der Arbeiterschaft noch weitere Jahrzehnte Früchte, denn bis in die Mitte der 1920er Jahre war das sozialdemokratische Milieu in der Apoldaer Arbeiterschaft bestimmend.

Bis zur Jahrhundertwende verstärkte sich der Zuzug jüdischer Familien in Apolda. Lebten 1880 erst zwölf Juden in Apolda, waren es 1885 schon 39 und 1895 dann 47. Am 1. Oktober 1899 wurde die Israelitische Religions-Gemeinschaft zu Apolda gegründet, der die meisten jüdischen Bürger angehörten. 1905 waren es bereits 63 Mitglieder. Die Gemeinschaft stellte 1901 einen Antrag auf Umwandlung in eine Israelitische Kultusgemeinde, der jedoch vom Staatsministerium des Großherzogtums Sachsen abgelehnt wurde. Die religiösen Feiern hielten die Juden in einem Betsaal im Obergeschoss des Bürgervereins ab. Die Religionsgemeinschaft bestand nur bis zum Jahr 1925/1926. Die evangelische Lutherkirche und die katholische St.-Bonifatius-Kirche wurden 1894 geweiht.

Von der Jahrhundertwende bis zum Zweiten Weltkrieg

Das Gesicht der Stadt veränderte sich 1910 durch den Bau eines weiteren repräsentativen Gebäudes, des Stadthauses, in dem die Städtische Sparkasse ihren Sitz hatte. Mit der Gründung der Thüringer Elektrizitäts- und Gas-Werke AG in Apolda und der Inbetriebnahme des Elektrizitätswerkes begann 1902 die Versorgung Apoldas mit elektrischem Strom. 1904 wurde der Bismarckturm an der Leipziger Straße errichtet. Die Automobilproduktion der Firma A. Ruppe und Sohn (ab 1912 Apollo-Werke AG) begann. Apolda war zu einer Industrie- und Handelsstadt geworden, und die Einwohnerzahl stieg von etwa 4.000 vor dem Bau der Eisenbahn auf über 20.000 zur Jahrhundertwende an.

Am Ende des Ersten Weltkriegs trauerten die Apoldaer Bürger um 687 Gefallene. Durch fehlende Exportmöglichkeiten, Rohstoffmangel und Kriegseinwirkungen ging die Produktion in der Apoldaer Textilindustrie stark zurück. 1914 bis 1918 waren insgesamt 4079 militär- und landsturmpflichtige Apoldaer Bürger zum Kriegsdienst einberufen worden. In der Novemberrevolution wurde wie in vielen deutschen Städten am 9. November 1918 in Apolda ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet, unter dem Vorsitz des Arbeiters Hermann Ulrich (SPD). Er behielt sich vor, so lange zu bestehen, „bis durch allgemeine Reichs- und Städtewahlen andere Organe eingesetzt sind.“ Der Rat bestand bis 1919. Ebenfalls am 9. November 1918 dankte in Weimar der letzte Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach ab. Während des Ersten Weltkriegs sank die Einwohnerzahl von 23.532 im Jahr 1914 auf 18.975 im Jahr 1918. Hauptursache dafür, dass viele Apoldaer ihre Heimatstadt verließen, war die hohe Arbeitslosigkeit. Neben Kleidung und Wäsche fehlte es an den notwendigsten Lebensmitteln. Viele Bürger starben an Unterernährung. Außerdem breitete sich die Tuberkulose aus, wovon hauptsächlich die Kinder betroffen waren. So wie in vielen deutschen Städten bestand in Apolda Wohnungsnot. Während der Kriegsjahre war die Bautätigkeit wegen fehlender Fachleute und Materialmangel zum Erliegen gekommen, unmittelbar nach Kriegsende fehlte das Geld.

Bis 1920 gehörte Apolda zu Sachsen-Weimar-Eisenach und war Teil des damaligen Kreises Weimar. 1922 wurde die Gemeinde Nauendorf als erste der umliegenden Ortschaften an Apolda angegliedert. Zeitgleich wurde Apolda kreisfreie Stadt. In der Herressener Promenade wurde das Städtische Schwimm- und Sonnenbad eröffnet. 1922/1923 wurde die Ringallee als Apfelbachpromenade angelegt. Am 5. Mai 1923 gelang dem Glockengießer Heinrich Ulrich der Guss der größten freischwingenden Glocke der Welt, der Petersglocke für den Kölner Dom.

Von 1926 bis 1932 wurde die Stadt von einem bürgerlichen Stadtrat regiert, wobei die Konservativen nach massiven Zugewinnen der Nationalsozialisten 1929 nur noch zusammen mit diesen die Mehrheit bildeten. Vier Tage vor Hitlers Machtantritt, am 26. Januar 1933, konnte sich bereits ein nationalsozialistischer Stadtrat bilden. Im selben Jahr bekannten sich 80 jüdische Bürger bei einer Volkszählung zu ihrem Glauben. 1936, nach dem Erlass der Nürnberger Gesetze, zählten die NS-Machthaber aber 114. Die Apoldaer Juden wurden aus der Stadt vertrieben, wanderten notgedrungen aus oder wurden in Konzentrationslagern ermordet. Es gelang nur wenigen von ihnen, sich zu verstecken und nach dem Ende des Krieges nach Apolda zurückzukehren. Den Toten und den Widerstandskämpfern widmete die Stadt ein Denkmal für die Opfer des Faschismus.[15] Relikte von NS-Architektur Freiherr-vom-Stein-Straße: „Reichsnährstand“/„Reichswehrstand“

Gedenktafel für US-Befreier im Rathaus

Lange vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Apolda durch die führenden Nationalsozialisten, insbesondere den damaligen Oberbürgermeister Julius Dietz, zu einem nicht unbedeutenden Rüstungsstandort ausgebaut. Er ließ zwischen 1936 und 1939 fünf Rüstungsbetriebe in der Stadt ansiedeln. Die Friedrich Goetze AG in Burscheid bei Köln errichtete in der stillgelegten Firma Stieberitz & Müller die Eisenwerk GmbH Apolda, in dem bis zu 300 Beschäftigte Kolbenringe, Dichtungen und anderes für Militärfahrzeuge herstellten. Die Spinnhütte AG Celle richtete hinter dem Schlachthof an der Celler Straße (heute Nordstraße) den Betrieb der Spinnhütte ein, in dem Seidenkokons zur Herstellung von Fallschirmseide verarbeitet wurden. Hier waren 1940 bis zu 500 Personen beschäftigt. Die erforderlichen Rohstoffe dafür wurden durch die Anlage von ausgedehnten Maulbeerplantagen in Apolda und in den Dörfern im Umkreis der Stadt gewonnen. Weitere rüstungswichtige Betriebe waren die Rheinmetall Borsig AG mit Werk 1 in der Adolf-Hitler-Straße und Werk 2 (L-Werk) in der Utenbacher Straße und die Total Foerstner KG in der Tirpitzstraße (heute Auenstraße). Im Zweiten Weltkrieg bestand das KZ-Außenlager Apolda, ein Außenlager des KZ Buchenwald.

Der erste US-amerikanische Bombenangriff auf Apolda erfolgte am 21. November 1944. Zehn Boeing B-17 „Flying Fortress“ warfen auf die Stadt als Ausweichziel 25 Tonnen Bomben ab. Es waren 13 Todesopfer zu beklagen, ein Teil von ihnen wurde zwischen Soldaten auf der Kriegsgräberstätte des Friedhofs beigesetzt. Unter den Opfern war der Franzose Andre Lafon, der als ehemaliger Kriegsgefangener im Juni 1944 „in Zivil übernommen“ wurde und im Lager Baumbach in der heutigen Straße Faulborn wohnte. Im Nachruf auf die Opfer des Luftangriffs wurde er nicht erwähnt, da die Thüringer Gauzeitung nur Deutsche berücksichtigte. Der zweite Angriff am 2. April 1945 verursachte Beschädigungen an Häusern. Das einzige Todesopfer dieses Angriffs war ein 15-jähriges Mädchen.

Eine kritische Situation für die Stadt entstand am 11. April 1945, als von der Wehrmachtsführung ein „Kampfkommandant“ nach Apolda beordert wurde, der die Stadt „bis zum Äußersten“ verteidigen sollte, was einen militärischen Angriff auf die Einwohner bedeutet hätte. Nach einer Beratung mit städtischen Amtsträgern entschloss sich Kommandant Ludwig Edinger, diesen Befehl zu verweigern. Auf die Gefahr hin, sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen, unterschrieb er einen Revers, den OB Julius Dietz am nächsten Tag dem Befehlshaber der US-Truppen in Niederrossla bei Apolda aushändigte.[16] Nach der kampflosen Übergabe wurde Apolda vom 12. April bis zum 1. Juli 1945 von amerikanischen und am 2. Juli 1945 nach den Beschlüssen der Konferenz von Jalta von sowjetischen Truppen besetzt.

Unter dem Vorwurf von „Werwolf“-Tätigkeit wurden im Dezember 1945 19 Apoldaer Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren durch ein sowjetisches Militärtribunal zu hohen Haftstrafen und zum Tode verurteilt. Von den 13 Todesurteilen wurden fünf vollstreckt. Vier Jugendliche verstarben in sowjetischen Speziallagern.[17]

Sowjetische Besatzungszone und DDR-Zeit

Ein Antifaschistisches Komitee, das sich bereits zur Zeit der US-Besatzung verdeckt getroffen hatte, wurde nach der Machtübertragung an die Sowjetische Militäradministration aktiv. Schlüsselstellungen in Polizei und Verwaltung wurden von Nicht-NS-Belasteten eingenommen. Der Stadtrat beschloss am 9. August 1945 einstimmig die Schaffung eines Jugend- und Kulturamtes. Zum Vorsitzenden wurde der kommunistische Jugendfunktionär Ernst Horn bestimmt, der auch in Apolda den antifaschistischen Jugendausschuss leitete und später eine Ortsgruppe Apolda der Freien Deutschen Jugend (FDJ) gründete.[18]

Im Rahmen der Bodenreform wurde das Gut Apolda-Heusdorf aufgeteilt, das anfangs als Benediktinerinnenkloster und später als großherzogliches Kammergut Heusdorf gedient hatte, bevor es 1922 infolge der Gründung des Landes Thüringen (1920) und der damit durchgeführten Kreisneuordnung- und -einteilung zum Staatsdomäne erhoben wurde.[19] Von 1945 bis 1948 ließen Enteignungen und Verstaatlichungen in Landwirtschaft, Industrie und Handel eine völlig neue Wirtschaftsstruktur entstehen.

Im Zuge des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 gab es in Apolda Streiks in den Großbetrieben und eine Demonstration auf dem Marktplatz. Belagerungen von Kreisgericht, Untersuchungshaftanstalt und SED-Parteileitung durch aufgebrachte Menschenmengen, die durch Einsatz von mehreren LKW mit sowjetischen Soldaten und Abgabe von Warnschüssen niedergeschlagen wurden.[20][21][22]

Die meisten der privaten Strick- und Wirkwarenbetriebe wurden von 1956 bis 1958 in Produktionsgenossenschaften des Handwerks gezwungen. 1972 wurden die Betriebe der Textilindustrie enteignet und verstaatlicht. Danach existierten in Apolda noch sieben staatlich geleitete große Trikotagenbetriebe, unter ihnen der VEB Thüringer Obertrikotagen mit mehr als 2800 Beschäftigten. Am 29. August 1983 kam es zu einem Großbrand in der Strickereihalle des VEB Thüringer Obertrikotagen; sie wurde ab März 1984 bis 1986 wieder aufgebaut. Ab 1972 wurde über die damalige Lehrstellenangebotsliste (für jeden Schulabgänger eine Lehrstelle) versucht, viele Jugendliche für eine Ausbildung in diesem Betrieb zu gewinnen. Erwachsene Fachkräfte wurden mit dem Angebot einer Neubauwohnung und durch ganz massive Anwerbepraktiken geworben. Die ersten freien und demokratischen Kommunalwahlen vom 6. Mai 1990 ergaben eine christlich-liberale Koalition.

Apolda wurde 1950 wieder in den Landkreis Weimar eingegliedert. 1952 wurde dieser geteilt und Apolda Kreisstadt des (kleineren) Ostteils des Altkreises im neugebildeten Bezirk Erfurt. Der Kreis Apolda war damit der östlichste Kreis im Bezirk Erfurt. In Apolda wurde im selben Jahr das Glockenmuseum eröffnet. Die Firma Schilling und Söhne goss die Oder-Neiße-Friedensglocke für die Stadt Frankfurt (Oder). 1964 fand ein Lauf der Motocross-Weltmeisterschaft in Apolda statt. Austragungsort war die Moto-Cross-Rennstrecke „Am Tannengrund“ in der Schötener Promenade. Zu jener Zeit erlebte der Motocross in Apolda seinen Höhepunkt.

Schon zu Beginn der 1950er Jahre entstanden die ersten Wohnungsbauten durch die Arbeiter-Wohnungsbau-Genossenschaft (AWG) in der Utenbacher und weiteren Straßen. 1963 waren an der Jenaer Straße ähnliche Wohnungsneubauten in Blockbauweise entstanden. Ab 1972 wurde ein neuer Stadtteil gebaut, Apolda–Nord. Es entstanden Neubauwohnungen in Plattenbauweise, die alle mit Fernheizung versorgt wurden. Außerdem wurde der Busbahnhof in der Nähe des Stadtzentrums errichtet. In der Innenstadt verfielen die Altbauten. Es kam zum Abriss der schlimmsten Ruinen meistens ohne einen Neubau an der gleichen Stelle. Auf dem Lindenberg und um die Lutherkirche wurde fast die Hälfte der Häuser abgerissen. Ab 1984 wurden weite Teile der Innenstadt zur Fußgängerzone umgestaltet, wie beispielsweise die Goerdelerstraße, die Teichgasse, die Johannisgasse, der Alexander-Puschkin-Platz und Teile der Bahnhofstraße.

Während der friedlichen Revolution gegen die SED-Diktatur fand am 13. November 1989 eine Demonstration und anschließend eine Kundgebung mit 5000 Teilnehmern, am 20. November eine mit 1100 Teilnehmern statt. Vor der Kreisdienststelle der Staatssicherheit wurden Kerzen aufgestellt.[23]

Apolda im wiedervereinigten Deutschland

Innerhalb der ersten vierjährigen Legislaturperiode des Stadtparlaments wurden Investitionen von mehr als 600 Millionen Mark getätigt und von Privatinvestoren über 1520 neue Arbeitsplätze geschaffen. Es folgten die Errichtung der Gewerbegebiete an der B 87 und bei Heusdorf, die Umstellung der Gasversorgung von Stadt- auf Erdgas und die Bebauung des Wohngebiets Am Schötener Bache. Am Brauhof, am Schlossaufgang und im unteren Teil der Jenaer Straße entstand eine große Baustelle, da dort eine Tiefgarage, zwei Banken, ein Lebensmittelmarkt, das „Hotel am Schloß“ und mehrere kleine Häuser mit Ladenlokalen gebaut wurden. Am Schlossberg musste eine etwa 12 Meter hohe Stützmauer errichtet werden, um Gefahren abzuwehren. Bei den Ausschachtungsarbeiten wurden Reste einer Siedlung aus der Eisenzeit gefunden.

Der Kreis Apolda bestand bis 1994, als er mit dem Kreis Weimar-Land ohne die kreisfreie Stadt Weimar zum neuen Landkreis Weimarer Land mit Apolda als Kreisstadt zusammengelegt wurde.

Vom 15. bis 16. Mai 1998 fand in Apolda das 4. Bornfest statt. Zu diesem Anlass wurde der neu entstandene Bürgerbrunnen auf dem Brauhof eingeweiht. Ab 1904 befand sich dort ein gusseiserner Brunnen, aus dessen Mittelsäule Wasser sprudelte. Einige Jahrzehnte vorher stand an der gleichen Stelle ein Holzbottich. Dann gab es auf dem Brauhof viele Jahre keinen Brunnen mehr.

Im selben Jahr beschloss der Stadtrat die Renovierung des Rathauses. Nachdem der erste Bauabschnitt, auf den später zwei weitere Bauabschnitte folgten, beendet war und bereits eine Million Mark verbaut worden waren, feierten die Bürger der Stadt am 20. Juli 1999 die Übergabe des Hauptgebäudes nach einer sehr umfassenden Rekonstruktion. Der alte Eingang zum Rathaus sowie die Eingangshalle wurden wiederhergestellt; die Turmuhr wurde erneuert.

Am 18. August 2000 wurde die Brücke der Bundesstraße 87 über die Bahnstrecke der Thüringer Bahn im Westen Apoldas freigegeben. Der bis dahin vorhandene beschrankte Übergang an dieser verkehrsreichen Bahnstrecke hatte den Autoverkehr sehr behindert. Seitdem dient die B 87, die über drei Stadtein- beziehungsweise -ausfahrten mit Apolda verbunden ist, als Umgehungsstraße. Die Brücke hat eine Länge von 75 Metern und ist ungefähr 12 Meter hoch. Die Kosten betrugen etwa 7 Millionen Mark.

2005 bis 2010 wurden mehrere Wohngebäude mit insgesamt 550 Wohneinheiten im Neubaugebiet Apolda Nord im Zuge des Stadtumbaus Ost abgerissen.

In den frühen Morgenstunden des 17. Februar 2010 wurden durch einen Großbrand in der historischen Innenstadt sechs Fachwerkhäuser beschädigt beziehungsweise zum Teil so stark beschädigt, dass sie abgerissen oder grundsaniert werden mussten. Es entstand ein Schaden in einstelliger Millionenhöhe. Als Ursache des Brandes wurde von den ermittelnden Behörden Brandstiftung angegeben. Die Täter sind jedoch nicht gefasst worden.

Vom 29. April bis zum 4. September 2017 fand die 4. Landesgartenschau des Freistaats Thüringen in Apolda statt[24]. Im gleichen Jahr war Apolda vom 9. bis zum 11. Juni Gastgeber des 16. Thüringentages[25].

Am 6. Oktober 2018 kam es im Rahmen des Rechtsrock-Konzert Rock gegen Überfremdung III zu massiven Ausschreitungen von Neonazis gegen die Polizei. Die Veranstaltung wurde aus diesem Grund vorzeitig aufgelöst.[26]


Text: Wikipedia

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