Bad Kissingen

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Bad Kissingen ist eine Große Kreisstadt des gleichnamigen Landkreises und Sitz des Landratsamtes.

Reklamemarken und Siegelmarken

Verzeichnis der sortierten Reklamemarken und Siegelmarken mit einem Bezug zu Bad Kissingen.

Alfred Meyer-Waldeck

Amtliches Bayer. Reisebüro

Aug. Wahnschaffe

Deutsche Gesellschaft für Kaufmannserholungsheime

Kelle & Hildebrandt

Ludwig II. (Bayern)

Ludwik Lejzer Zamenhof

Maschinenfabrik Gebr. Benckiser

Sonstige

Geschichte

Anfänge

In vorgeschichtlicher Zeit wurde der Bad Kissinger Raum, im großen Gegensatz zum südlich angrenzenden Gebiet um Schweinfurt, nur in sehr begrenztem Umfang besiedelt. Die Lage einer jungsteinzeitlichen Siedlung in der im Norden Bad Kissingens gelegenen Flur Steingraben ist heute bebaut.[26] Daneben gab es nur vereinzelte Funde wie Silexgeräte in den heutigen Stadtteilen Arnshausen und Garitz sowie eines Steinbeils und einer Steinaxt.

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Kissingen am 21. Juni 801 als chizzicha in einer inzwischen verschollenen Schenkungsurkunde, in der ein Adeliger namens Hunger seinen Besitz zu Kissingen dem Kloster Fulda übereignete. Im 9. Jahrhundert entstand eine Abschrift der Urkunde in einem Kartular durch den Abt Rabanus Maurus. Auch diese Abschrift ist (seit dem Dreißigjährigen Krieg) verschollen, jedoch hat sich der Inhalt des Kartulars erhalten, da der Mönch Eberhardus vom Kloster Fulda ihn in seinen Codex Eberhardi aufnahm.

Mittelalter

Im Mittelalter war Kissingen noch ein unbedeutender Ort, kleiner als die beiden benachbarten Städte Münnerstadt und Hammelburg. Die Entwicklung zur den umliegenden Kleinstädten übergeordneten Behördenstadt begann erst spät (siehe: Bayerisches Königreich).

Im Jahr 907 wird Kissingen als Kizicha in einer Urkunde des ostfränkischen Königs Ludwig das Kind erwähnt. In dieser Urkunde wird der Tausch von Gütern zwischen dem Kloster Echternach und dem Kloster Fulda bestätigt. Dabei geht der Besitz in Kissingen vom Kloster Echternach an das Kloster Fulda über[27].

Für die Zeit zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert ist in Bezug auf Kissingen wenig Quellenmaterial überliefert. Fest steht, dass das Kloster Fulda durch eine von König Otto I. veranlasste Schenkung von Kirchengütern an den Vasallen Rudolf, einen Vorfahren der Markgrafen von Schweinfurt, zugunsten der Markgrafen an Macht verlor; später sollte diese auf das Geschlecht Henneberg übergehen. 1057 ehelichte Judith, eine Tochter von Markgraf Otto, dem letzten Markgrafen von Schweinfurt, den Grafen Boto von Kärnten. Über diese Heirat gingen diverse Besitzungen in und um Kissingen an Boto. Als er ohne Nachfahren starb, erbte seine Schwägerin Gisela (Judiths Schwester) seinen Besitz. Nach ihrem Tod ging dieser an das Geschlecht der Andechs-Meranier, dem auch die mit dem Henneberger Poppo VI. verheiratete Sophia von Istrien entstammte. Deren Sohn Otto von Botenlauben bewohnte später mit seiner Gattin Beatrix von Courtenay die für 1206 erstmals verbürgte Burg Botenlauben im heutigen Stadtteil Reiterswiesen; deren Name geht aller Wahrscheinlichkeit nach auf Boto von Kärnten zurück. Nach einer Theorie von Reinhard von Bibra stammt der Name möglicherweise auch von einem Grundbesitzer namens Boto, der das unterhalb der Burg befindliche Hofgut Botenlauben (aus dem später der Weiler Unterbodenlauben wurde, der mit Reiterswiesen zusammenwuchs) besaß und dieses im Jahr 797 dem Kloster Fulda schenkte. Dieses Hofgut wäre damit bereits vor der Burg entstanden und hätte bei deren Errichtung für ihre Namensgebung Pate gestanden.[28]

822 lässt sich die südlich des heutigen Golfplatzes gelegene Eiringsburg nachweisen. Der Besitzer der Burg namens Iring stellte eine Schenkungsurkunde aus, in der sie an das Kloster Fulda ging. 823 wurde das in der Kleinbracher Saaleschleife gelegene Kleinkloster Brachau erstmals bezeugt, heute als St. Dionysius-Klösterchen bekannt. Beim Wildpark Klaushof lag der für 1122 erstmals verbürgte Siedlung Bremersdorf. Bereits 1394 fand die Siedlung in der Auraer Zentordnung keine Erwähnung mehr, da sie vermutlich schon verlassen war. Von der Wüstung Bremersdorf sind neben dem Grundriss einer Kirche noch Spuren landwirtschaftlicher Nutzung vorhanden.

Trotz Verkauf der Botenlaube durch Otto von Botenlauben an den Würzburger Bischof Hermann I. von Lobdeburg blieb Kissingen im Besitz der Henneberger, das nun von den Auseinandersetzungen zwischen ihnen und dem Würzburger Klerus in Mitleidenschaft gezogen wurde. In dieser Zeit wurde 1279 Kissingen erstmals urkundlich als oppidum (Stadt) erwähnt,[29] danach 1293 als castrum cum oppido (Lager mit einer Stadt),[30] zuletzt 1317 als stat.[31] Das Stadtrecht bekam Kissingen schließlich 1296 vom späteren Kaiser Ludwig IV. dem Bayern und wurde 1396 vom Würzburger Bischof Gerhard von Schwarzburg bestätigt.[32] 1309 und 1319 machte der Konflikt zwischen den Hennebergern und der Kirche Wiederaufbauklauseln für Kissingen nötig; das 1319 entstandene Stadtbild änderte sich die nächsten Jahrhunderte nicht mehr. 1394 verkaufte Herzog Swantibor III. von Pommern Kissingen an das Hochstift Würzburg, dessen Gattin Anna hatte Kissingen 1374 von ihren Eltern geerbt.[33]

Im 15. und 16. Jahrhundert entwickelte sich in Kissingen ein geregeltes Stadtleben in Verwaltung mit dem Amtskeller als Vertreter des Bischofs, in Handel mit der Entwicklung von Jahrmärkten und in der Justiz mit der Ausübung von Gerichtsrechten, wobei in schwierigen Fällen das Stadtgericht von Münnerstadt als Beispiel diente.

Frühe Neuzeit Im Zuge des Bauernkriegs von 1525 versammelten sich auch in Kissingen viele wütende Bauern und bekamen Unterstützung durch den Kissinger Pfarrer Johannes Wüst. Ihr Zorn richtete sich gegen Fürstbischof Konrad II. von Thüngen, der zeitweise nach Heidelberg fliehen musste. Verwüstet wurden das Kloster Hausen, das Kloster Aura, das Kloster Frauenroth und das Schloss Aschach; die Botenlaube wurde zur Ruine. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, als Konrad II. im Hochstift ein Strafgericht durchführte, in dessen Zuge auch Pfarrer Johannes Wüst enthauptet wurde.

Bekannt wurde Kissingen vor allem durch die bereits 823 nachgewiesenen Heilquellen. Der erste nachweisbare Kurgast wurde schon 1520 verzeichnet,[34] im selben Jahrhundert festigte sich der Ruf als Heilort. Dabei spielte die Salzgewinnung in Hausen eine wichtige Rolle. Die Verhandlungen von Fürstbischof Friedrich von Wirsberg 1559 um die dortigen Salzsiedeanlagen mit dem Augsburger Kaspar Seiler und dem Nürnberger Berthold Holzschuhmacher als Pächter scheiterten. Dagegen hatten die Verhandlungen von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn 1576 mit dem Münnerstädter Bürger Jobst Deichmann langfristigen Erfolg. Im selben Jahr erließ Echter eine neue Stadtordnung. Als einer von mehreren prominenten Kurgästen besuchte zwischen 1573 und 1581 der Henneberger Graf Georg Ernst mehrmals die Stadt.

Im Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) kam 1632 der schwedische König Gustav II. Adolf in die benachbarte, protestantische Reichsstadt Schweinfurt, wo der Generalfeldmarschall der schwedischen Armee Karl Gustav Wrangel sein Hauptquartier errichtete. Nach dreijähriger schwedischer Zwischenregierung über das Hochstift Würzburg konnte die Situation durch Rückkehr des Fürstbischofs Franz von Hatzfeld 1634 vorübergehend entschärft werden. Dennoch standen die Schweden 1636 vor Kissingen und ließen sich nur durch eine Lösegeldzahlung von 3.000 Reichstalern von der Zerstörung der Stadt abbringen. Die Sage einer weiteren erfolgreichen Abwehr eines schwedischen Angriffs 1643 in der Kissinger Bienenschlacht ist historisch nicht belegt. Initialzündung für Kissingen: Neumann (rechts) und Boxberger (links) arbeiten zusammen; Rosengarten-Denkmal

1611 fiel ein Drittel der Kissinger Bevölkerung der Pest mit 284 Toten zum Opfer, weitere forderte der Dreißigjährige Krieg. Ein Verzeichnis der Ganzen Bürgerschaft von 1650 enthält nur noch 110 Namen.[35] Danach erholte sich die Bevölkerung auf 152 Bürger im Jahre 1682.[35] Das Handwerk in der Stadt wurde durch vom Fürstbischof erlassene Zunftordnungen gefördert.[36] So florierte beispielsweise das Kissinger Bäckerhandwerk dermaßen, dass die Bäcker aus dem benachbarten Neustadt an der Saale ihren Handel bedroht sahen.[36] Zudem wurde die Kissinger Wirtschaft durch den zunehmenden Kurbetrieb gefördert.

Aufstieg zum Weltbad

Friedrich Karl von Schönborn-Buchheim, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg (1729–1746) „wollte einen Kurort schaffen, der sich mit Karlsbad vergleichen konnte.“[3] Kissingen sollte im Spiel der großen Weltbäder einen Platz erhalten. 1737 beauftragte der Landesherr seinen Baumeister Balthasar Neumann, der glücklicherweise auch Stadtplaner war damit, die Fränkische Saale nach Südwesten zu verlegen. Das Ostufer war dem Pandur-Brunnen gefährlich nahe gerückt. Im Zuge der Bauarbeiten wurde die Rakoczi-Quelle im alten Flussbett (wieder)entdeckt, freigelegt und gefasst.[3] Der Apotheker, Stadtrat und zeitweilige Bürgermeister Kissingens Georg Anton Boxberger war Mitentdecker der Quelle, analysierte die chemische Zusammensetzung und erkannte die Heilkraft des Wassers. Das Boxberger-Neumann-Denkmal im Rosengarten erinnert an diese für die weitere Entwicklung des Kurbades entscheidende Zusammenarbeit.

Der durch die stadtauswärtige Verlegung der Saale gewonnene Platz sollte als zentraler Kurplatz genutzt werden und wurde zum Schutz vor Hochwasser um zwei Meter aufgeschüttet und mit Stützmauern eingefasst[3] (Bild siehe: Kurbauten). Dieses 1738 fertiggestellte Groß- und Schlüsselprojekt ermöglichte die nachfolgenden, weitläufigen Kurbauten und die Entwicklung Kissingens zum internationalen Bad.

Bayerisches Königreich

Bad Kissingen wird baulich vom Königreich Bayern bis heute wie kaum eine andere Stadt geprägt. Allein der Lage in Bayern und der Weitsicht ihrer Regenten, mit dem Talent für visionäre Stadtplanung, insbesondere von Ludwig I. von Bayern, verdankt die Kurstadt den Aufstieg aus der Provinz zum Weltbad, das schließlich zu europaweiter Bedeutung gelangte.

Anfang des 19. Jahrhunderts erfuhr in Folge der Napoleonischen Kriege das Kissinger Kurwesen einen Rückschlag. 1806 begann die Regentschaft von Ferdinand III. Erzherzog von Österreich-Toskana über das Großherzogtum Würzburg, zu dem Kissingen gehörte. Im Rahmen von Ferdinands Bemühungen um einen Aufschwung in der Kissinger Region erstellte der medizinische Rat Horch ein Gutachten, in dem Kissingen sich als Provinzbad herausstellte, das den damaligen Anforderungen des Kurwesens nicht gerecht werden konnte.[37] Eine Verbesserung der Situation trat erst 1814 mit der Eingliederung Frankens ins bayerische Königreich und die dadurch möglich gewordenen Investitionen der Wittelsbacher ein.

1824 wurden die Brüder Peter und Ferdinand Bolzano Pächter des Kurbetriebs.[38] Im 19. Jahrhundert avancierte Kissingen zum mondänen Badeort und wurde in der Regierungszeit Ludwigs I. ausgebaut. Die Zahl der Kurgäste vervielfachte sich von 173 im Jahr 1814 auf 2.200 im Jahr 1836.[39] Der berühmte bayerische Hofarchitekt Friedrich von Gärtner errichtete von 1834 bis 1838 den noch heute prägenden Arkadenbau. 1839 entstand ein neues Krugmagazin, von dem aus Tonkrüge mit Kissinger Heilwasser in die ganze Welt verschickt wurden. Die Entfestigung der Stadt ermöglichte um die heutige Ludwigstraße den großzügigen Ausbau zur Kurstadt.

Während des Mainfeldzugs im Rahmen des Deutschen Krieges kam es am 10. Juli 1866 in der Schlacht bei Kissingen zu einem verbissen geführten Gefecht zwischen bayerischen und preußischen Truppen, auch mitten im Kurviertel. Zahlreiche Gräber und Denkmäler erinnern an die Schlacht. Im Gefecht wurde die bayerische Armee durch große logistische Mängel geschwächt. So hatten nach dem Krieg die Kissinger Geschäftsleute Erfolg, als sie König Ludwig II. auf die Notwendigkeit eines Bahnhofs für Kissingen aufmerksam machten.[40] 1871 wurde die Eisenbahnlinie zwischen Schweinfurt und Kissingen eröffnet.[41]

Reichskanzler Fürst Otto von Bismarck, der mehrmals nach Kissingen zur Kur kam, entging hier 1874 nur knapp einem Anschlag, den Böttchergeselle Eduard Kullmann in der heutigen Bismarckstraße 16 verübte. Motiv war Bismarcks Kampf gegen die katholische Kirche im Kulturkampf (siehe: Bekannte Kurgäste in Bad Kissingen). 1883 beantragten Stadtmagistrat und Curcommission beim Kissinger Bezirksamt die Erhebung Kissingens zum Bad, damit „die Hauptbedeutung Kissingens ansprechend hervortritt“ und um die bis dahin häufigen Namensverwechslungen mit den Orten Kitzingen in Franken sowie Vlissingen in den Niederlanden künftig zu vermeiden.[42] König Ludwig II. entsprach diesem Antrag am 24. April 1883.[43] Ab 1890 war Bad Kissingen die erste Stadt Bayerns, die mit allen Häusern an die Kanalisation angeschlossen war.[44] Das Kissinger Beispiel war wegweisend für Bayern. 1907 stieg die Zahl der Kurgäste auf 28.000,[45] bei nur 5.000 Einwohnern. 1908 wurde Bad Kissingen kreisunmittelbare (kreisfreie) Stadt.[46] 1909 gab es ein Jahrhunderthochwasser. Zwischen 1910 und 1913 errichtete der Münchner Architekt Max Littmann, aufbauend auf der Architektur von Friedrich von Gärtner, Wandelhalle und Regentenbau.

Weimarer Republik Der Erste Weltkrieg beendete schlagartig die Belle Epoque. Mit Niedergang des Königreichs Bayern, des Deutschen Kaiserreichs, der Habsburgermonarchie und des Russischen Kaiserreichs, mit der deutschen und russischen Revolution, Kommunismus und neuen Republiken.

Das führte zu einer gesellschaftlichen Zäsur mit weitreichenden Folgen für internationale Kurbäder, wie Kissingen. Die große Zeit des Adels und der Bourgeoisie und damit der typischen, bisher das Kurleben prägenden Gäste war vorbei. Bad Kissingen ist seitdem ehemaliges Weltbad. Auch die Engländer blieben weg, dafür kamen die Schweinfurter Engländer, wie die Kissinger die Schweinfurter Tagestouristen titulierten.[47] Durch fortschreitende Technik wurden zudem Fernreisen für die Oberschicht bequemer und klassische mitteleuropäische Destinationen verloren an Bedeutung. All diese Entwicklungen führten nun und in den nachfolgenden Jahrzehnten zur Schließung von Luxusherbergen; so auch in Bad Kissingen, wie beispielsweise von Kaiserhof Victoria, Grand Hotel (Haus Collard), Fürstenhof, Hotel Krosse, Café Messerschmitt (Hotel) oder Ballinghaus. Während andernorts, wie z. B. in Wiesbaden, Grand Hotels in Wohnungen umgewandelt wurden oder in der Schweiz manche sogar bis heute leerstehen und verfallen, bewahrten viele geschlossenen Kissinger (Kur)Hotels durch spätere Nutzungen durch Sozialversicherungen oder durch private Kurheime und Sanatorien ihren hotelähnlichen Charakter. Mehrere Häuser wurden inzwischen wieder (teilweise) in Hotels zurückverwandelt, wie Kaiserhof Victoria, Bristol oder Dappers Hotel (siehe: Gegenwart).

Es kamen nach dem Ersten Weltkrieg sogar mehr Kurgäste als zuvor, aber andere; aus einer neuen sozialen Mittelschicht, wie Politiker, Bankiers, Beamte, höhere Angestellte und Privatiers. Dadurch stieg die Zahl der Kurgäste auf einen neuen Höchststand von 36.486 im Jahr 1922.

Mit Ende des Deutschen Kaiserreiches und der bayerischen Monarchie wurde die Bad Kissinger Magistratsverfassung 1919 durch einen Stadtrat ersetzt; das Stadtoberhaupt trägt seit 1928 den Titel Oberbürgermeister. Da die Verwaltung der wachsenden Stadt mehr Platz benötigte wurde 1929 im Heußleinschen Hof das Neue Rathaus eröffnet.[48] Das Alte Rathaus wird heute als Bürgerhaus genutzt.

Nationalsozialismus

Während der Zeit des Nationalsozialismus blieben viele ausländische Kurgäste der Stadt fern. Um der Wirtschaft neue Impulse zu geben, bemühte sich Oberbürgermeister Max Pollwein Militär in der Stadt anzusiedeln. 1937 wurde nach einjähriger Bauzeit die 8,2 ha große, nach Generalfeldmarschall Edwin Freiherr von Manteuffel benannte Manteuffel-Kaserne eröffnet. Am 1. April 1940 verlor Bad Kissingen seine Kreisunmittelbarkeit, erlangte sie aber am 1. April 1948 wieder.[49]

Nachdem der katholische Pallottinerpater Franz Reinisch in der Manteuffel-Kaserne den Fahneneid auf Hitler verweigert hatte, wurde er 1942 im Zuchthaus Brandenburg-Görden in Brandenburg an der Havel ermordet. Darauf weist ein Gedenkstein am Pater-Reinisch-Weg auf dem ehemaligen Kasernengelände hin.[50]

Im Zweiten Weltkrieg kam es über dem benachbarten Schweinfurt aufgrund der kriegswichtigen Wälzlagerindustrie, einer Schlüsselindustrie, zu den heftigsten Luftkämpfen Deutschlands.[51] Deshalb verlegten die Schwedischen Kugellagerfabriken vom dortigen Werk Teile der Verwaltung nach Bad Kissingen. Aus demselben Grund wurde das Fernmeldeamt von Schweinfurt in die Kurstadt verlegt (wo es bis zur Auflösung 1995 blieb), worauf bis heute die kürzere Telefonvorwahl Bad Kissingens (0971) gegenüber Schweinfurts (09721) hinweist.

Während des Krieges wurden viele Kriegsverwundete vor allem aus Schweinfurt, in Bad Kissingen versorgt. 1945 befanden sich 3.000 Verwundete in 30 Lazaretten. Da Bad Kissingen dennoch nicht zur Lazarettstadt erklärt wurde, was nach den Genfer Konventionen direkte Kriegsmaßnahmen ausgeschlossen hätte, leitete Oberst Karl Kreutzberg mit Unterstützung von General Hans von Obstfelder die kampflose Übergabe Bad Kissingens ein, die am 7. April 1945 erfolgte. Der Stadt waren größere Kriegsschäden erspart geblieben, Zeitzeugen berichten lediglich von einigen Bomben, die in Nähe des Schlachthofs fielen. Der größte Kriegsschaden war die teilweise Sprengung der nach Kriegsende wieder aufgebauten Ludwigsbrücke wenige Stunden vor der Übergabe.[52]

Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Bad Kissingen im Anschluss an eine konstituierende Sitzung vom 17. Juli 1945 der amerikanischen Militärregierung unter Captain Merle A. Potter unterstellt. Die Manteuffel-Kaserne wurde in Daley Barracks umbenannt, in der Soldaten der US-Armee stationiert wurden. Der Spitzname der Amerikaner für Bad Kissingen wurde analog zu L.A. (für Los Angeles) B.K. (sprich: bikey).

Bei den Gesprächen über die zukünftige Gestaltung Deutschlands, die schließlich zur Bildung der Bizone führten, war 1946 auch Bad Kissingen als Tagungsort für den zonenübergreifenden Länderrat im Gespräch, kam jedoch schließlich nicht zum Zug.[53]

Am 27. Januar 1947 wurde die erste freie Kommunalwahl durchgeführt. Aus dieser ging die CSU mit 12 Sitzen im Bad Kissinger Stadtrat als Sieger hervor; 1952 stellte sie mit Hans Weiß den jahrzehntelangen Oberbürgermeister der Stadt, der die gesamte Nachkriegszeit prägte.

Um einen Neubeginn des Kurbetriebs zu ermöglichen, zogen sich die Amerikaner aus der Kurzone zurück (u. a. hatte die Wandelhalle der Lagerung und Reparatur von Kriegsgerät gedient). Unter baulicher Mithilfe von US-Soldaten wurde 1954 am Finsterberg das damals weithin modernste Terrassenschwimmbad eröffnet, als Parkanlage mit über 10.000 Rosen. Im Eröffnungsjahr fanden die 66. Deutschen Schwimmmeisterschaften mit mehr als 1.000 Sportlern statt. Viele Heimatvertriebene kamen auch nach Bad Kissingen, weshalb 1950 Sonderbauprogramme begannen. Firmengründungen durch Heimatvertriebene schufen zahlreiche Arbeitsplätze.

Das Kurgastprofil hatte sich verlagert (siehe: Weimarer Republik). Die Sozialversicherungsträger errichteten Kurkliniken, die eingewiesenen Gäste wurden nun Sozialgäste genannt. Baden-Baden ließ hingegen keine Häuser von Sozialversicherungen zu und lief Bad Kissingen nun den Rang ab, das in Provinzialität abglitt und einen Teil seines gehobenen Klientels verlor. Die Sozialversicherungen brachten jedoch den Vorteil des ganzjährigen Kurbetriebs, während noch in den 1950er Jahren das Kurviertel im Winter verlassen war, mit heruntergelassenen Eisenrollos an den Geschäften. Die großen Neubauten der Sozialversicherungen wurden jedoch nicht stadtbildprägend, sondern hielten sich im Hintergrund, da das Kurviertel in historischer Zeit komplett bebaut wurde.

Nachdem der bayerische König Ludwig I. die 1830 gegründete Kissinger Spielbank 1849 schließen ließ, eröffnete der Bayerische Staat 1955 die neue Spielbank, die 1968 an ihren heutigen Standort verlegt wurde, dem Luitpold-Casino im Nordflügel des Luitpoldbades. Der 1961 gestartete Club Twister diente als Sprungbrett für spätere bekannte Künstler. Udo Lindenberg trat hier 1969 mit seiner ersten Band Free Orbit mehrmals wöchentlich auf. Um 1965 schloss das Luxusrestaurant Almstedt in der Ludwigstraße und Kissingen verlor sein erstes Restaurant.

Um 1970 kam es zu einem Bauboom, der bis heute das Bild der Stadtperipherie an mehreren Stellen prägt. Neben Kurkliniken von Sozialversicherungen wurden nun, auch als Folge von Fördergeldern, wieder große (Kur)Hotels, auch im Luxussegment errichtet, jedoch alle in Randlagen. Die Übernachtungszahlen überschritten schließlich die Zweimillionengrenze. Wie in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurden in der Folgezeit auch wieder einige große (Kur)Hotels geschlossen, wie beispielsweise am Staffelsberg, und einer anderen Nutzung zugeführt (während sich im 21. Jahrhundert der Trend wieder umkehrte, siehe: Gegenwart).

Gegenwart

Seit dem gänzlichen Abzug der zuletzt zur U.S. Army Garrison Schweinfurt gehörenden US-Einrichtungen aus Bad Kissingen 1993 entstanden auf dem Gelände der Daley Barracks u. a. die Städtische Musikschule und ein Kino. Die Gesundheitsstrukturreform von 1996 brachte drastische Einsparungen bei Kuren von Sozialversicherungen, was zu größeren Arbeitsplatzverlusten führte. Die Zahl der Übernachtungen sank von 1,9 Millionen (1995) auf 1,4 Millionen (1997 und 1998) bei 140.000 Gästeankünften. Mit der KissSalis Therme bekam 2004 die Kurstadt eine große Heilbadelandschaft, deren Thermalwasser aus dem Schönbornsprudel gespeist wird. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 logierte das Team aus Ecuador in der Stadt. Nach einem starken Hochwasser 2003 wurde 2007 ein Hochwasserschutzsystem im Kurgebiet fertiggestellt.[54] 2011 fand in Bad Kissingen der 6. Tag der Franken statt, der unter dem Motto Singendes, klingendes Franken stand. 2012 wurde Bad Kissingen von der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde mit dem Prädikat Rosenstadt ausgezeichnet.

Klassische Kurbäder mit historischem Ambiente wurden bei Privatgästen wieder beliebter, auch bei jüngeren Leuten. Da gleichzeitig durch die Gesundheitsstrukturreform die Zahl der Sozialgäste stark zurückgegangen war, wurden aus mehreren Häusern von Versicherungen und auch aus Sanatorien (Wellness)-Hotels. Nach Umwandlung der vormals staatlichen Kurverwaltung und des kommunalen Bäderbetriebs in die privatwirtschaftlich ausgerichtete Bayerisches Staatsbad Bad Kissingen GmbH gelang es deshalb, wie einstmals bis in die 1950er Jahre, wieder vermehrt Privatgäste im gehobenen Segment anzuziehen. 2003 zählte man als neuen Rekord 1,55 Millionen Übernachtungen bei knapp 190.000 Gästen. 2008 waren es 1,48 Millionen Übernachtungen bei 220.000 Gästen, bei allgemeinem Trend steigender Gästeankünfte bei kürzerer Verweildauer. 2018 besaß die Kurstadt wieder über 3.000 Hotelbetten und die Zahl der Hotels stieg auf 27.[55]


Text: Wikipedia

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