Brüdernkirche (Braunschweig)

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Brüdernkirche (Braunschweig)

Die evangelische Brüdernkirche „St. Ulrici-Brüdern“ in Braunschweig ist eine ehemalige Franziskanerkirche, die ursprünglich den Heiligen Maria, Franziskus und Bernward geweiht war. Sie war Zentrum einer zum Teil erhaltenen Klosteranlage.


Franziskanerkloster

Nach der 1491 entstandenen Sachsenchronik Cord Bothes sollen bereits im Jahr 1209 Franziskaner durch Kaiser Otto IV. in Braunschweig angesiedelt worden sein. Die Informationen, er habe dem Orden im Jahre 1215 eine Kapelle errichtet, sind jedoch nicht urkundlich belegt. Beide Daten sind aufgrund der Ordensgeschichte der Franziskaner allerdings ausgeschlossen. Der Ordensgründer Franz von Assisi erhielt erst 1209 mit seinen ersten zwölf Gefährten durch Papst Innozenz III. in Rom die kirchliche Bestätigung seiner Gemeinschaft. Die ersten Brüder erreichten frühestens 1217, wahrscheinlich erst 1219 Deutschland, aber wurden als Ketzer vertrieben. 1221 sandte Franz von Assisi erneut Brüder nach Deutschland, die sich im Raum Salzburg, Regensburg und im Rhein-Main-Gebiet niederließen.

1223 kamen einige Franziskaner mit Bruder Johannes de Plano Carpini nach Hildesheim und erreichten dann auch die Städte Braunschweig, Halberstadt, Goslar und Magdeburg. In den Jahren danach entstand am nördlichen Rand der Braunschweiger Altstadt ein Franziskanerkloster. Die Franziskanerbrüder begannen 1242 mit dem Bau einer eigenen Kapelle, der ursprünglichen Brüdernkirche, von der jedoch nichts mehr erhalten ist. Vom damaligen Kloster sind lediglich einige Rundbogenfenster im Südflügel des Kreuzganges erhalten.

Aufgrund des großen Bedürfnisses der Bevölkerung nach Gottesdienst, Seelsorge und medizinischer Versorgung war die Kapelle schnell zu klein und wurde im 14. und 15. Jahrhundert durch einen Neubau im gotischen Stil ersetzt. Das Jahr 1350 brachte mit der großen Pest, die neben der Bevölkerung auch einen Großteil der Ordensleute dahin raffte, die erste Bauunterbrechung. Es folgten weitere Seuchen und Hungersnöte, so dass der Kirchenneubau erst 1451 fertiggestellt war. Der Hohe Chor wurde jedoch schon 1361 durch Bischof Heinrich von Hildesheim geweiht. Bis 1522 wurden außerdem die Konventsgebäude und der dreiflügelige gotische Kreuzgang fertiggestellt.

Schon im Jahr 1458 konnte im neu errichteten Remter (Kapitelsaal und Refektorium) das Jahreskapitel der Ordensprovinz mit 300 Brüdern abgehalten werden. Im Anschluss an die Baumaßnahmen wurden die Räumlichkeiten des Franziskanerklosters auch vom Rat der Stadt in Anspruch genommen, so dass dem Kloster während der Reformation eine Schlüsselrolle zukam.


Reformationszeit

Eine jahrelange Entwicklung war vorausgegangen, bevor Johannes Bugenhagen (1485-1558), engster Mitarbeiter und Beichtvater Martin Luthers, am 21. Mai 1528 (Himmelfahrt) in der Brüdernkirche seine erste Predigt hielt. Begonnen hatte die Reformation in Braunschweig mit einem Benediktinermönch aus St. Aegidien namens Gottschalk Kruse, der bei Martin Luther studiert hatte. Die Zustimmung zur Reformation wurde in der Bevölkerung immer größer und nach der Predigt Bugenhagens, die ebenfalls großen Zustrom hatte, blieb er in Braunschweig und erarbeite mit dem "Geistlichen Ministerium", der "Pfarrschaft" und dem Rat die "Braunschweiger Kirchenordnung". Da die Räumlichkeiten des Klosters schon zuvor dem Rat zur Verfügung standen, fand auch die Erarbeitung der neuen reformatorischen Kirchenordnung, die am 28. September 1528 vom Rat der Stadt angenommen wurde, dort statt. Den Franziskanern war bereits nach Ostern 1528 die Predigt und jegliche andere öffentliche Tätigkeit verboten worden. Dadurch, dass ihnen mit dem Verbot des öffentlichen Auftretens auch der "Bettel" untersagt war, der die wirtschaftliche Grundlage von Bettelorden war, verließen sie Ostern 1529 endgültig die Stadt. Dabei nahmen sie wertvolle Dokumente wie beispielsweise die Stiftungsurkunden mit, wodurch die Entstehungsgeschichte der Brüdernkirche nur lückenhaft belegt und die Erforschung des Franziskanerordens in Braunschweig erschwert ist. Die Brüdernkirche hatte durch ihren Zustrom und die daraus resultierende neue Bauart als Hallenkirche großen Einfluss auf die Pfarrkirchen der Stadt Braunschweig, die ebenfalls in solche umgewandelt wurden. Dadurch gab es in Braunschweig mehrere für die neue Form des lutherischen Gottesdienstes geeignete Kirchen. Bugenhagen zu Ehren wurde 1902 ein Denkmal an der Westseite der Brüdernkirche aufgestellt, das während des Zweiten Weltkriegs zerstört wurde. Im Jahre 1970 wurde neben dem Chor eine neue Bronzestatue des Reformators errichtet.

Die Brüdernkirche und das Kloster standen nach der Reformation zunächste leer bis die Brüdernkirche 1544 Pfarrkirche der St. Ulrici-Gemeinde wurde, deren ursprüngliches Gotteshaus auf dem Kohlmarkt in diesem Jahr abgerissen worden war. Die Klostergebäude wurden zunächst von der Kirchengemeinde als Wohnungen genutzt.


16. bis 19. Jahrhundert

In der nachreformatorischen Zeit wurden in der Kirche einige bauliche Veränderungen vorgenommen, die zur allgemeinen Entwicklung im protestantischen Kirchenbau passten. Die Klosterbauten wurden von der Stadt zu unterschiedlichen Zwecken verwendet. Im Jahre 1569 wurde im Remter des Klosters das Zeughaus der fünf Weichbilde eingerichtet, das in den darauf folgenden Jahren erweitert wurde. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde das Paulinerkloster am Bohlweg zum nunmehr fürstlichen Zeughaus umgebaut, so dass das vormalige städtische Zeughaus langsam verfiel und zeitweilig noch für Zwecke der Garnison verwendet wurde.

Im Jahre 1753 wurde die Bibliothek des Geistlichen Ministeriums mit den Büchern der Liberei in der Brüdernkirche vereinigt. Die Bibliothek verblieb in der Sakristei der Brüdernkirche, bis sie 1863 in das Neustadtrathaus überführt wurde.


Restaurierung, Zerstörung und Wiederaufbau

Zwischen 1861 und 1865 wurde die Brüdernkirche durch Carl Tappe und 1903/1904 durch Max Osterloh restauriert. Während des Zweiten Weltkriegs, insbesondere durch den Bombenangriff vom 15. Oktober 1944, wurden die Brüdernkirche und das ehemalige Kloster stark zerstört. Das Dach wurde völlig zerstört und große Teile der Klosteranlage waren nicht mehr vorhanden. Das Erdgeschoss der Sakristei konnte als erster Raum wieder als Notkirche verwendet werden, also der Bereich der Anlage, der vermutlich schon den ersten Bettelmönchen zur Verfügung stand. Nach 1945 wurde sowohl die Kirche als auch das ehemalige Kloster in mehreren Bauabschnitten wieder in Stand gesetzt, so dass der Hohe Chor im Jahr 1957 wieder eingeweiht werden konnte und im Jahr 1978 die gesamte Kirche. Vom mittelalterlichen Klosterkomplex sind der Kreuzgang, die Sakristei und eine kleine Kapelle mit Polygonschluss erhalten. Die Kirche enthält noch das Chorgestühl aus dem 14. Jh., den Hochaltar und ein Reliefbild des hl. Franziskus. Außerdem ist der teilweise erhaltene Lettner von 1592/94 heute im Eingangsbereich aufgestellt und das Taufbecken aus der 1544 abgerissenen Ulricikirche ist ebenfalls erhalten.



Text: Wikipedia

Bild: Wikipedia/Brunswyk

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